Die Staats- und Regierungschefs der EU haben sich auf eine Lösung zur Migration geeinigt. Sie planen Aufnahmezentren innerhalb und außerhalb der EU - auf freiwilliger Basis. Mit Griechenland und Spanien hat Deutschland eine politische Vereinbarung über die Rückführung von Migranten geschlossen.
Die Staats- und Regierungschefs haben am frühen Freitagmorgen Schlussfolgerungen zur Migration verabschiedet. Das sei eine "gute Botschaft", sagte die Bundeskanzlerin nach den intensiven Beratungen. Es warte zwar noch eine Menge Arbeit am gemeinsamen Asylsystem, "aber ich bin optimistisch nach dem heutigen Tag, dass wir wirklich weiter arbeiten können".
Hinsichtlich der Sekundärmigration hat sich der Europäische Rat darauf geeinigt, dass die Mitgliedstaaten "alle erforderlichen internen Rechtssetzungs- und Verwaltungsmaßnahmen gegen diese Migrationsbewegungen treffen und dabei eng zusammenarbeiten". Die Kanzlerin stellte klar: "Kein Asylbewerber hat das Recht, sich das Land innerhalb der Europäischen Union auszusuchen, in dem es ein Asylverfahren gibt." Auf der anderen Seite brauche man "natürlich auch Solidarität mit den Ankunftsländern".
Zusätzlich werden die Vereinbarungen aller Mitgliedsstaaten durch Abkommen zwischen einigen Mitgliedstaaten gestützt. So hat Deutschland mit Griechenland und Spanien am Rande eine politische Vereinbarung über die Zusammenarbeit in der Migrationspolitik geschlossen. Beide Staaten sind bereit, solche Asylsuchende wiederaufzunehmen, die von deutschen Behörden an der deutsch-österreichischen Grenze festgestellt werden und einen Eintrag in der Fingerabdruckdatei Eurodac haben: Dies bedeutet, dass die jeweilige Person bereits dort als schutzsuchend registriert wurde. Im Gegenzug sagte Deutschland sagte zu, offene Fälle von Familienzusammenführungen in Griechenland und Spanien "schrittweise" abzuarbeiten.
Zudem müsse man zur besseren Ordnung der Sekundärmigration die Rücküberführungen beschleunigen. Mit Blick auf die Nachbarstaaten Deutschlands in der EU kündigte Merkel an: "Hier haben wir mit einer Vielzahl von Ländern vereinbart, dass wir entsprechende Verwaltungsvereinbarungen abschließen werden, wo wir effizientere, schnellere Rücküberstellungsverfahren machen".
In diesem Zusammenhang schlug Merkel eine Änderung des § 5 Asylgesetz im Sinne beschleunigter Verfahren vor – wie es bereits bei Menschen aus sicheren Herkunftsländern gelte. In diesen Katalog könne man auch Menschen mit Eurodac-Eintrag aufnehmen, zumal diese bereits in einem sicheren Staat leben könnten.
Die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates sehen zudem vor, Anreize für die lebensgefährliche Flucht über das Mittelmeer zu unterbinden. In diesem Zusammenhang fordert der Europäische Rat den Ministerrat und die Kommission auf, das "Konzept regionaler Ausschiffungsplattformen in enger Zusammenarbeit mit den betreffenden Drittstaaten sowie dem UNHCR und der IOM zügig auszuloten". Die Kanzlerin hat Wert darauf gelegt, in Partnerschaft mit Afrika zu arbeiten, weil man nur so "wirklich Win-win-Situationen" erzeugen könne.
Bis 2020 soll zudem die gemeinsame Grenzschutzagentur Frontex zum Schutz der Außengrenzen materiell und finanziell besser ausgestattet werden. "Ich glaube, das ist eine sehr wichtige Botschaft", sagte die Kanzlerin. Frontex leistet auch Unterstützung bei der Rückführung irregulärer Migranten.
Auf dem Gebiet der EU, so die Schlussfolgerungen des Rates, sollen die geretteten Menschen entsprechend des Völkerrechts in kontrollierten Zentren übernommen werden. Die Zentren sollen in den Mitgliedsstaaten auf rein freiwilliger Basis eingerichtet werden. Dort soll eine rasche und gesicherte Abfertigung mit voller Unterstützung durch die EU ermöglicht werden. Außerdem soll unterschieden werden - zwischen irregulären Migranten, die rückgeführt werden, und Personen, die internationalen Schutz benötigen und für die der Grundsatz der Solidarität gelten würde.
Seit dem Höhepunkt der Zuwanderung nach Europa 2015 ist die Zahl der in Deutschland ankommenden Migranten massiv gesunken: Laut Angaben der Organisation für Migration (IOM) in Genf waren es in der ersten Jahreshälfte 2018 gut 54.300 Menschen - verglichen mit fast 187.000 im (gesamten) vergangenen Jahr und 390.000 Menschen im Jahr 2016. Die meisten erreichen Europa über das Mittelmeer. Es gibt weiterhin illegale Migration und das kriminelle Geschäft der Schleuser währt an.
Der Europäische Rat hat am Freitag Vormittag über den Reformbedarf der Wirtschafts- und Währungsunion beraten.
Bei ihrem Treffen in Meseberg hatten Deutschland und Frankreich zentrale Maßnahmen innerhalb eines Fahrplans beraten, um die Eurozone weiter zu stärken und zu vertiefen. Nun haben erstmals die Staats- und Regierungschefs über diese Vorschläge diskutiert.
Es gäbe Einigkeit, so die Kanzlerin, dass die Vollendung der Bankenunion voraussetze, dass Risiken im Bankensektor abgebaut werden. "Erst dann können wir zu einem gemeinsamen Sicherheitsnetz kommen", so Merkel. Das solle im Rahmen des ESM vorbereitet werden. Parallel dazu soll der Euro-Rettungsfonds ESM zu einem europäischen Währungsfonds ausgebaut werden.
Schließlich wollen die Staats- und Regierungschefs die Wettbewerbsfähigkeit und Konvergenz der Eurozone stärken, "denn wir wissen, dass eine Währung nur zusammen bleiben kann, wenn wir auf Dauer Konvergenz und gleiche Schlagkraft garantieren können".
Im Bereich der Sicherheit und Verteidigung haben die Staats- und Regierungschefs mit dem Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg gesprochen und über die Zusammenarbeit der Europäischen Union mit der Nato diskutiert. "Die Schlussfolgerungen zeigen, dass wir im Bereich der Strukturierten Zusammenarbeit und im Bereich der Verteidigungspolitik ungewöhnlich viel erreicht haben“, so die Bundeskanzlerin. Das sei schnell, effizient und auch sehr präzise.
"Insgesamt also sehr arbeitsreiche Stunden", resümierte die Kanzlerin auch im Blick auf die Einigung bei der Migration, aber es habe "substanzielle Entwicklungen" gegeben.
Aufgabe des Europäischen Rates (ER) ist es, der EU die für ihre Entwicklung erforderlichen Impulse zu geben und die allgemeinen politischen Zielvorstellungen und Prioritäten festzulegen. Der Rat kümmert sich also in der Regel nicht um das Alltagsgeschäft, sondern um die großen zukunftsbestimmenden Fragen.