FAQ zum Ausbau der Stromnetze
Der Baubeginn der Gleichstromverbindung SuedLink und die kurz bevorstehende Fertigstellung der Westküstenleitung zeigen, dass die Energiewende weiter Fahrt aufnimmt. Das ist eine gute Nachricht für die Versorgungssicherheit in Deutschland insgesamt – und insbesondere für zwei Bundesländer im Süden. Wie kommt der Stromnetzausbau voran?
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Robert Habeck (2.v.r), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz beim offiziellen Spatenstich des Stromübertragungsprojekts „Suedlink“.
Foto: picture alliance/dpa/Charisius
„Mit dem SuedLink wird der Süden Deutschlands zukünftig von den großen Windstrommengen aus dem Norden profitieren können. Damit stärken wir die Versorgungssicherheit in Deutschland und auch die unserer Nachbarländer“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zum offiziellen Baustart. Die anstehende Fertigstellung der Westküstenleitung sei zudem ein Zeichen dafür, wie stark das Land sein kann.
SuedLink soll 2028 in Betrieb gehen
Nach dem Baustart des ersten Konverters im Juli im Umspannwerk Leingarten bei Heilbronn geht damit nun auch der erste Leitungabschnitt von SuedLink in den Bau. Die Stromleitung SuedLink soll 700 Kilometern lang werden und 2028 in Betrieb gehen. „SuedLink garantiert sichere Stromversorgung in Bayern und Baden-Württemberg“, so Minister Habeck.
Geplant ist im ersten und technisch wohl herausfordensten Bauabschnitt ein ca. 5,2 Kilometer langer begehbarer Tunnel unter der Elbe in Schleswig-Holstein mit einem Innendurchmesser von ca. 4 Metern. Vorhabenträger ist der Übertragungsnetzbetreiber TenneT.
SuedOstLink in Realisierungsphase
Neben SuedLink ist mit dem Konverter in Wolmirstedt bei Magdeburg auch die Gleichstromleitung SuedOstLink in der Realisierungsphase. Diese etwa 540 Kilometer lange Stromautobahn soll ab 2027 große Mengen Strom aus den Windparks in Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sowie aus Offshore-Windparks im Norden zuverlässig nach Bayern transportieren.
Westküstenleitung kurz vor Fertigstellung
Schon kurz vor der Fertigstellung ist die neue Westküstenleitung zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark. „Die Westküstenleitung ist ein besonders herausforderndes Projekt. Umso mehr freue ich mich, dass die Leitung nun fertig gestellt wird und zur Entlastung der Stromnetze in der Region beitragen kann,“ sagte Minister Habeck beim Besuch des Umspannwerks Heide West in Schleswig-Holstein. Die kurzen Planungszeiten müsse man auch deutschlandweit umsetzen: "Wir brauchen eine Halbierung der Planungs- und Genehmigungszeiten für den Netzausbau", so Habeck.
Die 137 Kilometer lange Westküstenleitung unterstützt die großflächige Verteilung des in Schleswig-Holstein und in der Nordsee produzierten Windstroms. Die Gesamtinbetriebnahme ist 2024 geplant und soll den Stromtransport aus den Windregionen Dänemarks deutlich verbessern und damit auch das Europäische Stromnetz verstärken.
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Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Um Klimaneutralität im Stromsektor zu erreichen, müssen in den nächsten zwei Jahrzehnten viele tausende Kilometer zusätzlicher Stromnetze gebaut werden. Der wachsende Anteil von erneuerbaren Energien an der Stromproduktion schafft neue Herausforderungen für das Netz: Strom muss teilweise über weite Strecken von den Stromerzeugern zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern gelangen. So wird etwa der erneuerbare Strom aus Windenergie vorrangig im Norden und Osten sowie auf See erzeugt, wo der Wind besonders stark weht. Die größten Stromverbraucher – allen voran große Industriebetriebe – befinden sich aber im Süden und Westen Deutschlands. Der im Norden erzeugte Strom aus Windkraft muss dorthin transportiert werden. Neue Stromautobahnen wie der „SuedOst“- und der „SuedLink“ werden dazu beitragen, die Versorgung von mehreren Millionen Privathaushalten und Unternehmen in Süddeutschland zu sichern.
Auch der Ausbau der Verbindungen zu den europäischen Nachbarn wird immer wichtiger, denn die Energiewende ist zunehmend europäisch eingebettet. So können etwa Wasserkraft in Skandinavien und den Alpenländern mit Windkraft und Photovoltaik in Deutschland verbunden werden.
Die Höchstspannungsleitung ist wichtig, um die Systemstabilität im deutschen und europäischen Übertragungsnetz zu gewährleisten. Die EU hat den „SuedOstLink“ deshalb auch als „Projekt von gemeinsamem Interesse“ eingestuft. Dies unterstreicht die Relevanz neuer Stromautobahnen wie „SuedLink“ oder „SuedOstLink“ für die Energiewende.
Das Bundesbedarfsplangesetz enthält eine Liste der Höchstspannungsleitungen, die ausgebaut oder neu errichtet werden müssen. Die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf zum Ausbau des Übertragungsnetzes stehen damit gesetzlich fest.
Mit dem Bau der Konverter beginnen die Bau- und Realisierungsphasen von „SuedLink“ und „Sued-OstLink“. In den Konvertern können bis zu zwei Gigawatt des aus Windenergie erzeugten Wechselstrom in Gleichstrom umwandelt werden. Gleichstrom lässt sich besser über lange Strecken zu den Verbauchern transportieren. Die Kapazität entspricht etwa der von 600 bis 700 Windrädern, die unter Volllast Strom produzieren, so der Sued-Ostlink-Betreiber 50 Hertz.
Mit dem schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien muss der Ausbau der Stromnetze Hand in Hand gehen. Damit die Vorhaben schneller vorankommen, hat die Bundesregierung bereits viel auf den Weg gebracht. Sie arbeitet weiter daran, Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und zu erleichtern.
So hat sie mit ihrem „Osterpaket“ 2022 wesentliche Rahmenbedingungen im Energiewirtschaftsrecht auf den Weg gebracht. Die Netzbetreiber müssen ihre Netzplanung an das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 anpassen.
Die Planungs- und Genehmigungsverfahren werden verkürzt: So genügt es etwa nach dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz, die Verfahrensunterlagen elektronisch auszulegen. Bei neuen Stromautobahnen – so genannten Höchstspannungs-Gleichstromleitungen – kann unter bestimmten Voraussetzungen auf die Bundesfachplanung verzichtet werden. Weitere Regelungen erleichtern bei bestimmten Projekten den vorzeitigen Baubeginn parallel zum Zulassungsverfahren.
Mit den jüngsten Änderungen im Raumordnungsgesetz und im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung werden weitere Hürden beseitigt: Bei Genehmigungsverfahren kann unter bestimmten Voraussetzungen auf Umweltverträglichkeits- und artenschutzrechtliche Prüfungen verzichtet werden.
Das Bundeswirtschaftsministerium und die Übertragungsnetzbetreiber arbeiten daran, die Transportkapazitäten in den Stromnetzen kurz- und mittelfristig zu optimieren, um die Versorgungssicherheit insbesondere in Süddeutschland zu erhöhen und das Stromnetz robust zu halten.
Das deutsche Stromübertragungsnetz ist insgesamt etwa 35.000 Kilometer lang. Darüber werden die privaten Haushalte, das Gewerbe und die Industrie rund um die Uhr mit Strom versorgt.
Nach derzeitigem Stand beträgt der Netzausbaubedarf knapp 14.000 Kilometer. Davon sind knapp 2.000 Kilometer neue Stromleitungen bereits fertiggestellt und in Betrieb. Rund 3.400 Kilometer befinden sich noch vor dem Genehmigungsverfahren, 1.500 Kilometer sind im Raumordnungs- oder Bundesfachplanungsverfahren. 5.400 Kilometer sind in der Planfeststellung. Rund 1.500 Kilometer befinden sich gerade im Bau.
Den Ausbaubedarf und konkrete Ausbaumaßnahmen für die kommenden Jahre ermitteln die Übertragungsnetzbetreiber mit dem Netzentwicklungsplan Strom (NEP Strom). Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass der NEP erstmals das Klimaneutralitätsnetz 2045 in den Blick nimmt. Die Bundesnetzagentur hat dafür den Szenariorahmen 2023-2037/2045 genehmigt und damit die Grundlage zur Ermittlung des Ausbaubedarfs im Stromübertragungsnetz bis 2037 und 2045 geschaffen. Die Übertragungsnetzbetreiber haben am 12. Juni 2023 ihren zweiten Entwurf für den NEP 2037/2045 veröffentlicht.
Große Stromautobahnen sind vorrangig als Erdkabel zu planen. Das wurde bereits im Jahr 2015 mit dem Gesetz zum Energieleitungsbau festgelegt. Erdkabel sind zwar teurer, erhöhen aber die Akzeptanz, da der Eingriff in die Landschaft deutlich geringer ist. Für den SuedOstLink, die erste Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitung, steht der komplette Erdkabel-Trassenkorridor fest, so 50 Hertz.
Die vier Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland sind TenneT, 50Hertz Transmission, Amprion und TransnetBW. Sie sorgen für den sicheren Betrieb der Infrastruktur der Übertragungsnetze und deren Instandhaltung. Sie bauen Stromleitungen aus und gewähren Stromhändlern und -lieferanten diskriminierungsfrei Zugang zu diesen Netzen.
Kontrolliert werden sie von der Bundesnetzagentur, die zum Beispiel den Netzausbau und die Entgelte für die Nutzung der Netze genehmigt.
Ein immer größerer Anteil des deutschen Energiebedarfs wird bereits durch erneuerbare Energien, gedeckt: 2022 stieg ihr Anteil auf 46,2 Prozent des Bruttostromverbrauchs. Bis 2030 sollen es mindestens 80 Prozent werden. Allein in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt soll bis 2035 mehr als doppelt so viel erneuerbarer Strom erzeugt werden wie bisher, prognostiziert die Bundesnetzagentur.
Bis zum Jahr 2030 soll die installierte Leistung von Windenergie auf See auf mindestens 30 Gigawatt und bis 2045 auf mindestens 70 Gigawatt steigen. Mit dem Windenergie-auf-See-Gesetz hat die Bundesregierung die Voraussetzungen geschaffen. Um den Ausbau von Windkraftanlagen an Land weiter voranzubringen, hat das Bundeswirtschaftsministerium im Austausch mit den Ländern und der Branche eine „Wind-an-Land-Strategie“ entwickelt. Damit sollen Planung, Genehmigung und Bau von Windkraftanlagen beschleunigen werden.
Den bereits erfolgreichen Ausbau der Solarenergie will die Bundesregierung ebenfalls weiter beschleunigen.