Nahostkonflikt
Die Bundesregierung blickt mit großer Sorge auf die erneute Eskalation im Gazastreifen. Es muss zügig wieder zu einer Waffenruhe kommen, die konsequent umgesetzt wird. Die Hamas ist aufgefordert, alle Geiseln freizulassen. Ziel muss ein Ende des Krieges sein.
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Demonstranten in Israel: Auch die Gedanken der Bundesregierung sind bei den festgehaltenen Geiseln und ihren Angehörigen.
Foto: Mostafa Alkharouf/Anadolu via AFP
Am 7. Oktober 2023 hat die Hamas Israel mit tausenden Raketen angegriffen. Etwa 1200 Menschen wurden getötet und mehr als 200 Geiseln verschleppt, darunter auch Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft. „Am Morgen des 7. Oktober ist Israel in einem Alptraum aufgewacht.“ So hatte Bundeskanzler Olaf Scholz den menschenverachtenden Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel beschrieben. Das Leid der Bevölkerung auf allen Seiten ist unermesslich, die Zahl der zivilen Opfer gewaltig, insbesondere im Gazastreifen.
Schnelle Rückkehr zum Waffenstillstand nötig
Die Bundesregierung hat sich seit dem Überfall der Hamas auf Israel beharrlich für einen Waffenstillstand eingesetzt, der in einem ersten Schritt zur Freilassung von Geiseln, darunter auch Deutsche, geführt hatte. Die erneute Eskalation im Gazastreifen nach der hart verhandelten Waffenruhe sieht Kanzler Scholz mit Sorge – vor allem auch wegen der zivilen Opfer in Gaza und der Geiseln, die noch im Gazastreifen sind. Was es jetzt braucht, ist eine schnelle Rückkehr zum zuvor ausgehandelten Waffenstillstand. Auch die klare Aufforderung des Bundeskanzlers an die Hamas bleibt bestehen: „Lassen Sie die Geiseln endlich frei!“
Umso länger der Krieg dauert, wurde auch klar: Israel hat viele militärische Ziele im Kampf gegen die Hamas erreicht, aber die zivilen Opferzahlen und das menschliche Leid im Gazastreifen sind gewaltig. Auch nach dem Ende der ersten Phase der Waffenruhe ist es wichtig, dass die Bewohner des Gazastreifens weiter zuverlässig mit humanitärer und medizinischer Hilfe versorgt werden. Die Bundesregierung steht bereit, weiter zu helfen.
Für die zweite Phase der Waffenruhe müssen nun die Gespräche zügig geführt werden. Es muss zu einem dauerhaften Ende des Krieges kommen. Daher betonte Scholz: „Die Hamas ist aufgerufen, ihre Waffen ein für alle Mal niederzulegen. Der Terror der Hamas muss enden.“
Die Gedanken der Bundesregierung sind weiterhin bei den festgehaltenen Geiseln und ihren Angehörigen. Nach dem Tod einer deutsch-israelischen Mutter und ihrer Söhne sagte der Kanzler auf X: „Die Hamas hat Leid und Tod in unzählige Familien gebracht. Ich fühle mit allen, die mit dieser schrecklichen Gewissheit umgehen müssen.”
Außenministerin Baerbock ruft alle Seiten zu Zurückhaltung auf
Außenministerin Annalena Baerbock rief vor ihrer Reise in den Libanon wegen des abrupten Endes der Waffenruhe alle Seiten zu größter Zurückhaltung, zur Einhaltung des humanitären Völkerrechts und zu einer Rückkehr zu Gesprächen auf. Die Wiederaufnahme der Kämpfe habe die greifbare Hoffnung so vieler Israelis und Palästinenser auf ein Ende des Leids in Gaza zerschlagen. Das setze, so Baerbock, auch die positiven Bemühungen der arabischen Staaten für eine friedliche Lösung in Gaza ohne die Hamas aufs Spiel.
Unterstützung der Waffenruhe im Libanon
Die Bundesregierung blickt auch weiterhin mit großer Sorge auf die Eskalation des Nahostkonflikts im Libanon, bei der zahlreiche unschuldige Zivilisten verletzt wurden oder zu Tode gekommen sind. Hoffnung bietet ebenfalls der Waffenstillstand zwischen Israel und der Hisbollah vom November 2024, den es nun weiter umzusetzen gilt: „Wichtig ist, dass sich alle an das Vereinbarte halten, damit die Menschen auf beiden Seiten der Grenze wieder in Sicherheit leben können“, so der Kanzler.
Außenministerin Baerbock bekräftigte auch die Unterstützung Deutschlands für die libanesische Armee und die Bevölkerung des Libanons. Die libanesische Armee hat jetzt den Auftrag, die volle Kontrolle im Gebiet südlich des Litani-Flusses zu übernehmen und für Stabilisierung an der Grenze zu Israel zu sorgen.
Bundesregierung steht eng an der Seite Israels
In seiner Regierungserklärung am 12. Oktober 2023 machte der Bundeskanzler klar: „In diesem Moment gibt es für Deutschland nur einen Platz: den Platz an der Seite Israels.“ Die Geschichte Deutschlands und die aus dem Holocaust erwachsene Verantwortung mache es Deutschland zur immerwährenden Aufgabe, für die Existenz und die Sicherheit Israels einzustehen. Entsprechend dieser Maxime handelt die Bundesregierung. Der Deutsche Bundestag sprach am selben Tag parteiübergreifend seine Solidarität mit Israel aus.

Kanzler Scholz kündigte im Bundestag ein hartes Vorgehen gegen Antisemitismus und Gewaltverherrlichung in Deutschland an: „Es ist hier eine klare Kante angebracht.“
Foto: Bundesregierung/Kugler
Israel hat das Recht, sich gegen diese barbarischen Angriffe zu verteidigen, seine Staatsbürger zu schützen und die Angreifer zu verfolgen. Die Bundesregierung unterstützt Israel. Aber auch die palästinensische Zivilbevölkerung leidet unter dem Terror der Hamas. Es braucht dringend mehr humanitäre Hilfe für den Gazastreifen: kontinuierlich und verlässlich.
Geschichte des Nahost-Konflikts: Eine der zentralen Auseinandersetzungen im Nahen Osten ist der ungelöste Konflikt zwischen Israelis und Palästinenserinnen und Palästinensern. Nach dem Ende des britischen Mandats über Palästina proklamierte Ben Gurion am 14. Mai 1948 den Staat Israel. Seitdem kam es immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Nachbarstaaten. Dabei geht es auch um die Zukunft eines eigenen Staats für Palästinenserinnen und Palästinenser.
Seit dem Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel bemüht sich die Bundesregierung intensiv darum, dass sich die Lage nicht zu einer Krise ausweitet, die den ganzen Nahen Osten erfasst. In vielen Gesprächen wirkt die Bundesregierung darauf hin, die Lage zu entschärfen und dass alle von der Hamas genommenen Geiseln freikommen. Aber auch darauf, dass mehr humanitäre Hilfe in den Gazastreifen kommt.
Zwei Mal reiste der Bundeskanzler dazu nach Israel und in die Region. Mehrere Male hat Außenministerin Baerbock bereits Israel besucht, immer auch verbunden mit Gesprächen in Ägypten, Jordanien, Libanon, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Wirtschaftsminister Robert Habeck, Entwicklungsministerin Svenja Schulze, Verteidigungsminister Pistorius sowie Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger machten sich bei ihren Reisen in die Region einen Eindruck von der Lage und führten Gespräche.
Dabei geht es zunehmend auch um die weitere Perspektive für Gaza, denn Terror kann nicht allein mit militärischen Mitteln bekämpft werden. Wenn es gelingt, den Waffenstillstand dauerhaft zu gestalten, kann es in der dritten Phase um Fragen wie Verwaltung und Wiederaufbau gehen. Die Bundesregierung begrüßt Initiativen zum Wiederaufbau des Gazastreifens.
Für sie steht fest: Nur eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung kann diese Perspektive einer nachhaltigen Lösung des Nahostkonfliktes öffnen. Dies muss für Gaza und die Westbank gelten. Eine zentrale Rolle kommt dabei einer reformierten Palästinensischen Autonomiebehörde zu.
Zwei-Staaten-Lösung: Deutschland ist überzeugt: Nur eine für beide Seiten akzeptable, verhandelte Zwei-Staaten-Lösung kann zu einem dauerhaften Frieden zwischen Israelis und Palästinensern führen. Dabei kommt es auf Verhandlungen an: Sie sollen schließlich zu einem unabhängigen, demokratischen und lebensfähigen palästinensischen Staat führen – Seite an Seite in Frieden und Sicherheit mit Israel.
Klar ist: Die Bekämpfung der Hamas ist ein legitimes Ziel. Doch kann dies nicht die hohe Zahl ziviler Opfer rechtfertigen: „Wir können nicht daneben stehen und riskieren, dass Palästinenserinnen und Palästinenser Hunger leiden“, so der Bundeskanzler.
Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist katastrophal. Auch nach dem Ende der ersten Phase der Waffenruhe ist es wichtig, dass die Bewohner des Gazastreifens weiter zuverlässig mit humanitärer und medizinischer Hilfe versorgt werden. Die Hilfs- und Warenlieferungen nach Gaza müssen daher wieder ermöglicht werden.
Gleichzeitig sollten wie geplant Gespräche zu Phase 2 geführt werden. Denn der Waffenstillstand bietet die Chance für ein dauerhaftes Kriegsende und die Verbesserung der schlechten humanitären Lage im Gazastreifen. Deutschland steht daher weiter bereit, die UN-Organisationen vor Ort umfassend zu unterstützen, so Außenministerin Baerbock.
Die Bundesregierung ist auch bereits einer der größten Geber humanitärer Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit für die palästinensischen Gebiete. Die wurden zuletzt erneut aufgestockt. Deutschland unterstützte aber auch konkret die Bereitstellung von Hilfsgütern über den Luft- und Seeweg, darunter Sonderflüge mit Hilfslieferungen für die Zivilbevölkerung in Gaza und Schiffslieferungen von Zypern aus. Dazu gehörte auch der Abwurf von Lebensmitteln aus der Luft.
Hilfen für die Palästinensischen Gebiete: Die Bundesregierung leistet humanitäre Hilfe zur Bewältigung akuter Notlagen. Ziel ist es, Menschen ein Überleben in Würde und Sicherheit zu bieten und Leid zu lindern. Entwicklungszusammenarbeit hingegen zielt auf die langfristige und nachhaltige Verbesserung von wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und politischen Verhältnissen ab. Seit Jahrzehnten gehört Deutschland zu den größten Gebern humanitärer Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit für die Palästinensischen Gebiete.
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) setzt die Entwicklungszusammenarbeit mit den Palästinensischen Gebieten an die aktuellen Entwicklungen angepasst fort.
Dabei muss immer sichergestellt werden, dass die Hilfen nicht in die Hände der Hamas geraten. Die Bundesregierung hat daher die gesamte Entwicklungszusammenarbeit einer Prüfung unterzogen. Dabei sind keine Hinweise darauf festgestellt worden, dass Mittel durch Terrororganisationen missbraucht werden und die bestehenden Kontrollmechanismen haben sich als robust erwiesen.
Das BMZ wird auch in Zukunft Verdachtsfällen nachgehen und auf jegliche Verstöße konsequent reagieren. Aus diesem Grund haben das BMZ und das Auswärtige Amt nach Vorwürfen an UNRWA in Gaza die Zusammenarbeit nach umfassender und unabhängiger Prüfung fortgesetzt.
Das Schicksal der Geiseln, die von der Hamas in den Gazastreifen verschleppt wurden, und ihre Befreiung, sind zentrales Thema für Kanzler Scholz und die Bundesregierung.
Die Bundesregierung ist mit allen Beteiligten im Gespräch und setzt sich mit ihren Partnern für die Umsetzung des Waffenstillstands- und Geiselabkommens ein: „Jetzt muss die Einigung konsequent umgesetzt werden. Alle Geiseln müssen freigelassen werden. Auch die sterblichen Überreste müssen den Familien für einen würdevollen Abschied übergeben werden“, so Bundeskanzler Scholz.