Geiselfreilassung und Waffenstillstand in Gaza
Nach mehr als zwei Jahren Krieg in Gaza herrscht nun ein Waffenstillstand. Die letzten Geiseln sind in Freiheit. Deutschland tritt für Israel ein – und wird sich weiter einbringen, damit der Weg zum Frieden gelingt.
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Zum zweiten Jahrestag des Hamas-Angriffs auf Israel am 7. Oktober versammelten sich Menschen zum Gedenken der Opfer am Brandenburger Tor in Berlin.
Foto: picture alliance/dpa
Nach zwei langen Jahren sind die letzten Geiseln aus der Gefangenschaft der Hamas wieder in Freiheit. „Endlich. Nach 738 Tagen kehren die Geiseln zurück – darunter auch Deutsche. Zwei Jahre Angst, Schmerz und Hoffnung liegen hinter ihnen. Heute können Familien ihre Liebsten endlich wieder in die Arme schließen“, schrieb Bundeskanzler Friedrich Merz auf X.
Nun müssten auch die ermordeten Geiseln heimkehren, damit ihre Familien in Würde Abschied nehmen können. „Dieser Tag ist ein Anfang: der Beginn von Heilung und ein Schritt auf dem Weg zu Frieden im Nahen Osten“, so der Kanzler.
Dank an US-Regierung und Partner in der Region
Der Bundeskanzler nahm in Ägypten an der Unterschriftenzeremonie zum Frieden in Gaza teil. „Dieser Tag, der 13. Oktober 2025, ist ein historischer Tag”, sagte Kanzler Merz vor Ort. Der Krieg in Gaza sei zu Ende – nach zwei Jahren Blutvergießen, nach dem 7. Oktober 2023, diesem barbarischen Terrorangriff der Hamas. Es sei gelungen, den Konflikt jedenfalls für heute zu beenden, so der Kanzler. „Wir sind hier in Sharm el-Sheikh, um ein großes Dokument zu unterzeichnen. Damit beginnt eine Phase – so hoffen wir es jedenfalls alle – des Friedens und des guten Miteinanders in der Region”, sagte Merz.
Der Kanzler dankte US-Präsident Donald Trump und der US-Regierung für die Friedensinitiative, das Engagement und die klare Haltung in diesem Konflikt und den Partnern in Katar, Ägypten und der Türkei für ihre Vermittlung. Dank gebühre auch der israelischen Regierung, die den Weg zum Frieden frei gemacht hat. Lesen Sie hier das Pressestatement im Wortlaut.
Deutschland wird sich weiter einbringen
Der Bundeskanzler und Außenminister Johann Wadephul sind in engem Austausch mit Deutschlands Partnern. Deutschland wird sich weiter einbringen, damit der Weg zum Frieden gelingt – das unterstrich der Kanzler am 10. Oktober in einer Erklärung zum Waffenstillstand in Gaza.
Dazu hat Kanzler Merz sieben Punkte erklärt:
- Deutschland steht bereit, in den nächsten Tagen bei der medizinischen und psychologischen Versorgung der freigelassenen Geiseln zu unterstützen.
- Die Bundesregierung wird sofort zusätzliche Mittel für humanitäre Hilfe in Höhe von 29 Millionen Euro bereitstellen. Weitere Maßnahmen werden folgen.
- Gemeinsam mit Ägypten wird Deutschland zu einer internationalen Wiederaufbaukonferenz für Gaza einladen. Im Fokus sollen die drängendsten Bedürfnisse wie der Wiederaufbau der Wasser- und Energieversorgung und die medizinische Versorgung stehen.
- Deutschland ist bereit, Verantwortung in dem von Präsident Trump vorgeschlagenen Friedensrat zu übernehmen.
- Teil des Friedensplans ist, dass Palästinenser in Zukunft den Gazastreifen selbst verwalten können. Deshalb wird Deutschland helfen, den dringend notwendigen Reformprozess in der palästinensischen Autonomiebehörde zu befördern.
- Die Bundesregierung wird sich dafür einsetzen, dass die Missionen der EU zur Unterstützung des Grenzschutzes und zur Unterstützung der palästinensischen Zivilpolizei und der Justiz verstärkt werden.
- Ein andauernder Frieden wird durch eine internationale Stabilisierungsmission abzusichern sein, die von allen Parteien anerkannt wird. Die Bundesregierung will helfen, den rechtlichen Rahmen für eine solche Präsenz zu schaffen, etwa durch eine Resolution des Sicherheitsrates.
Bundesregierung steht eng an der Seite Israels
Die Bundesregierung folgt dabei einem klaren Kompass – auch das hat Bundeskanzler Merz deutlich gemacht. „Deutschland tritt für die Existenz und die Sicherheit Israels ein. Wir sind überzeugt, dass die Zwei Staaten-Lösung die beste Aussicht auf eine Zukunft eröffnet, in der Israelis und Palästinenser in Frieden und Sicherheit leben können.“
Deutschland setzt große Hoffnungen in den Friedensprozess und unterstützt nachdrücklich den Friedensplan von Präsident Trump. „Gelingen die ersten wichtigen Schritte zum Frieden, ist das ein großer Erfolg. Daran müssen wir dann anknüpfen“, sagte der Kanzler. Wichtig ist, dass der Waffenstillstand hält und humanitäre Hilfe die Menschen in Gaza erreicht.
Der 7. Oktober 2023 hat tiefe Wunden gerissen
Der Angriff der Hamas auf Israel hatte sich am 7. Oktober zum zweiten Mal gejährt. Mehr als 1.000 Bürgerinnen und Bürger Israels starben, 250 wurden als Geiseln verschleppt. Der Kanzler in einer Videobotschaft : „Der 7. Oktober 2023 hat tiefe Wunden gerissen. Er ist als schwarzer Tag in die Geschichtsbücher des jüdischen Volkes eingegangen.“
Besorgt über Leid in Gaza
„Israel hat das Recht, sich gegen den Terror der Hamas zu verteidigen" – das hatte Merz Anfang August in einer Erklärung zur Entwicklung in Gaza deutlich gemacht. Gleichzeitig bleibe die Bundesregierung zutiefst besorgt über das fortdauernde Leid der Zivilbevölkerung im Gazastreifen. Das menschliche Leid auf allen Seiten sei inzwischen unermesslich.
Kritik an Siedlungsprojekten
Die Bundesregierung ist für eine verhandelte Zweistaatenlösung. Die Anerkennung eines palästinensischen Staates stehe gegenwärtig aber nicht zur Debatte, machte der Bundeskanzler deutlich. Für Deutschland könne diese nur einer der abschließenden Schritte auf dem Weg zu einer Zweistaatenlösung sein. Gleichwohl dürfe die israelische Regierung es nicht unmöglich machen, dass ein solcher Staat eines Tages entsteht. Die Bundesregierung fordert die israelische Regierung dringend auf, keine weiteren Schritte hin zu einer Annexion des Westjordanlands zu unternehmen.
Bleibende historische Verantwortung
Deutschland trete für die Existenz und die Sicherheit Israels ein. Dies gehöre zum unveränderlichen Wesenskern deutsch-israelischer Beziehungen. Es sei Ausdruck bleibender historischer Verantwortung, so Kanzler Merz in seinem Telefonat mit dem israelischen Präsidenten Itzchak Herzog.
Geschichte des Nahost-Konflikts: Eine der zentralen Auseinandersetzungen im Nahen Osten ist der ungelöste Konflikt zwischen Israelis und Palästinenserinnen und Palästinensern. Nach dem Ende des britischen Mandats über Palästina proklamierte Ben Gurion am 14. Mai 1948 den Staat Israel. Seitdem kam es immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Nachbarstaaten. Dabei geht es auch um die Zukunft eines eigenen Staats für Palästinenserinnen und Palästinenser.
Zwei-Staaten-Lösung: Die Bundesregierung hält an der Überzeugung fest, dass nur eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung dauerhaft Frieden und Sicherheit für Israelis und Palästinenser bringen wird. Die Anerkennung eines palästinensischen Staats betrachtet sie weiter als einen der abschließenden Schritte auf dem Weg zur Verwirklichung einer Zwei Staaten-Lösung. Ihre Hilfe zur Schaffung der Voraussetzungen palästinensischer Staatlichkeit setzt die Bundesregierung fort. Dazu gehört die Unterstützung der Autonomiebehörde.
Seit dem Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel bemüht sich Deutschland intensiv darum, dass sich die Lage nicht zu einer Krise ausweitet, die den ganzen Nahen Osten erfasst.
Zuletzt reiste Außenminister Johann Wadephul am 5. Oktober 2025 in die Region, führte Gespräche in Katar und beim Golfkooperationsrat in Kuwait. In Israel traf Wadephul den istraelischen Außenminister Gideon Sa'ar, um mit ihm über die Umsetzung des US-Friedensplans zu sprechen. Er machte deutlich, dass Deutschland die Verhandlungen, die Freilassung aller Geiseln und die Verbesserung der Lage in Gaza weiter unterstützen werde.
Bereits anlässlich seines Antrittsbesuchs in Israel hatte Außenminister Wadephul Gespräche mit der israelischen Regierung geführt. Dort traf er unter anderem Ministerpräsident Netanjahu sowie Angehörige von Geiseln, die von der Hamas verschleppt wurden, und reiste in die palästinensischen Gebiete. „Wir verurteilen den brutalen Terrorangriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 auf das Schärfste und unterstützen Israel dabei, seine Sicherheit zu gewährleisten. Sich gegen diesen Terror zu verteidigen, ist Israels Recht”, hatte Wadephul bereits vor seiner Abreise nach Israel gesagt.
Ende Juli war Wadephul auf Beschluss des Sicherheitskabinetts erneut nach Israel und in die Palästinensischen Gebiete gereist, um dort mit seinen Gesprächspartnern über die dramatisch verschärfte Lage zu beraten. Ziel bleibt ein anhaltender und dauerhafter Frieden unter der Voraussetzung einer verhandelten Zwei-Staaten-Lösung. Diese sei die einzige realistische Perspektive, mit der Israelis und Palästinenser in Zukunft Seite an Seite, in Sicherheit und in Würde leben können, und die einzige Chance auf nachhaltigen Frieden in der Region, bekräftigte der deutsche Außenminister.
Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier machte sich bei seiner jüngsten Reise in die Region aus Anlass des 60. Jubiläums deutsch-israelischer Beziehungen einen Eindruck von der Lage und führte Gespräche.
Zunehmend geht es auch um die weitere Perspektive für Gaza – denn Terror kann nicht allein mit militärischen Mitteln bekämpft werden. Wenn es gelingt, einen Waffenstillstand dauerhaft zu gestalten, stehen Fragen wie die der Verwaltung und des Wiederaufbaus an. Die Bundesregierung begrüßt Initiativen zum Wiederaufbau des Gazastreifens.
Klar ist: Die Bekämpfung der Hamas ist ein legitimes Ziel. Doch gleichzeitig muss die humanitäre Lage im Gaza-Streifen grundlegend verbessert werden. Die Hilfs- und Warenlieferungen nach Gaza müssen daher ermöglicht, Bewohner des Gazastreifens weiter mit humanitärer und medizinischer Hilfe versorgt werden.
Die Bundesregierung hat im August 2025 in Zusammenarbeit mit Jordanien eine Luftbrücke für humanitäre Hilfsgüter über Gaza durchgeführt – in enger Abstimmung mit Frankreich und Großbritannien. Transportflugzeuge der Luftwaffe warfen insgesamt 717 Paletten mit knapp 381 Tonnen dringend benötigter Hilfsgüter ab – vor allem Nahrungsmittel und medizinische Versorgungsgüter.
Den Umfang der zukünftigen Unterstützung des UN-Hilfswerks UNRWA--United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East macht die Bundesregierung von umfassenden Reformen abhängig.