Nahostkonflikt
Seit dem Angriff der Hamas auf Israel vor einem Jahr droht die Lage weiter zu eskalieren. Deutschland steht an Israels Seite. Zugleich ist klar: Die humanitäre Lage ist katastrophal und die Kämpfe müssen enden. Deutschland hilft diplomatisch und humanitär.
8 Min. Lesedauer
- Das tut die Bundesregierung diplomatisch
- Das tut die Bundesregierung humanitär
- Das tut die Bundesregierung zur Befreiung der Geiseln
- Das tut die Bundesregierung militärisch
„Am Morgen des 7. Oktober ist Israel in einem Alptraum aufgewacht.“ So hatte Bundeskanzler Olaf Scholz den menschenverachtenden Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel beschrieben. Die Hamas fiel in das Land ein. Sie feuerte tausende Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel, bei einem Musik-Festival wurden mehr als 250 junge Menschen regelrecht hingerichtet, Dutzende Israelis als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt, auch Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft. Noch immer wird Israel mit Raketen beschossen. Das Leid der Bevölkerung auf allen Seiten ist unermesslich, die Zahl der zivilen Opfer gewaltig, insbesondere im Gazastreifen.
Ein Jahr seit dem Hamas-Angriff
Auch ein Jahr nach dem Angriff der Hamas auf Israel sind die Gedanken der Bundesregierung weiter bei den festgehaltenen Geiseln und ihren Angehörigen. Mit dem Angriff hat die Hamas zugleich aber auch eine Katastrophe für das palästinensische Volk ausgelöst. Die Bundesregierung setzt sich deshalb weiterhin beharrlich für einen Waffenstillstand ein. Das sagte der Bundeskanzler in „Kanzler Kompakt“.
Eine solche Vereinbarung würde es ermöglichen, dass die Geiseln endlich freikommen, dass mehr humanitäre Hilfe in den Gazastreifen gebracht wird und dass den Menschen eine Atempause verschafft wird von einem nun seit fast einem Jahr andauernden Krieg.
Empfehlungen für deutsche Staatsangehörige in Israel, den Palästinensischen Gebieten, in Libanon und Iran: Sie sind gerade in Israel, den Palästinensischen Gebieten, im Libanon oder Iran? Sie machen sich Sorgen um eine/n Angehörigen? Hier finden Sie wichtige Informationen im Zusammenhang mit den aktuellen Geschehnissen im Nahen und Mittleren Osten.
Diplomatie gegen einen regionalen Flächenbrand
Mit den erneuten iranischen Raketenangriffen kurz vor dem Jahrestag „droht eine weitere Eskalation der ohnehin angespannten Lage im Nahen Osten“, macht der Bundeskanzler in einem Statement deutlich. „Iran riskiert damit, die ganze Region in Brand zu setzen – das gilt es unter allen Umständen zu verhindern. Hisbollah und der Iran müssen ihre Attacken auf Israel unverzüglich einstellen.“ Nur dank der israelischen Luftverteidigungskräfte und seiner Verbündeten sei es gelungen, den Angriff Irans weitgehend abzuwehren. Im April hatte Iran Israel erstmals direkt angegriffen.
Die Bundesregierung blickt auch mit großer Sorge auf die jüngste Eskalation des Nahostkonflikts im Libanon, bei der zahlreiche unschuldige Zivilisten verletzt wurden und zu Tode gekommen sind. Diese Auseinandersetzung zwischen Israel und der Hisbollah darf nicht zu einem regionalen Flächenbrand werden. Denn das hätte furchtbare und langfristige Konsequenzen für die Menschen in der gesamten Region. Die Bundesregierung ist überzeugt: Eine diplomatische Lösung für den Konflikt muss möglich sein. Die Bundesregierung ist Teil des Aufrufs mehrerer Staaten zu einer sofortigen 21-tägigen Waffenruhe auf beiden Seiten der libanesisch-israelischen Demarkationslinie.
Bundesregierung steht eng an der Seite Israels
In seiner Regierungserklärung am 12. Oktober 2023 machte der Bundeskanzler klar: „In diesem Moment gibt es für Deutschland nur einen Platz: den Platz an der Seite Israels.“ Die Geschichte Deutschlands und die aus dem Holocaust erwachsene Verantwortung mache es Deutschland zur immerwährenden Aufgabe, für die Existenz und die Sicherheit Israels einzustehen. Entsprechend dieser Maxime handelt die Bundesregierung. Der Deutsche Bundestag hat am selben Tag parteiübergreifend seine Solidarität mit Israel ausgesprochen.
Israel hat das Recht, sich gegen diese barbarischen Angriffe zu verteidigen, seine Staatsbürger zu schützen und die Angreifer zu verfolgen. Die Bundesregierung unterstützt Israel dabei mit militärischer und medizinischer Ausrüstung.
Aber auch die palästinensische Zivilbevölkerung leidet unter dem Terror der Hamas. Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist katastrophal. In allen Gesprächen rufen Bundeskanzler und Außenministerin dazu auf, den Zugang und die Versorgung mit humanitärer Hilfe für die Menschen im Gazastreifen erheblich zu verbessern.
Geschichte des Nahost-Konflikts: Eine der zentralen Auseinandersetzungen im Nahen Osten ist der ungelöste Konflikt zwischen Israelis und Palästinenserinnen und Palästinensern. Nach dem Ende des britischen Mandats über Palästina proklamierte Ben Gurion am 14. Mai 1948 den Staat Israel. Seitdem kam es immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Nachbarstaaten. Dabei geht es auch um die Zukunft eines eigenen Staats für Palästinenserinnen und Palästinenser.
Umso länger der Krieg dauert, ist aber auch klar: Israel hat viele militärische Ziele im Kampf gegen die Hamas erreicht und zivile Opferzahlen und menschliches Leid im Gazastreifen sind gewaltig. Der erschütternde Fund sechs toter israelischer Geiseln Anfang September hat einmal mehr verdeutlicht: Ein Waffenstillstand, der den Weg zur Befreiung aller Geiseln der Hamas öffnet, muss jetzt oberste Priorität haben. Dahinter sollten andere Erwägungen zurücktreten.
Ein Abkommen wird es auch ermöglichen, dass mehr humanitäre Hilfe in den Gazastreifen gebracht wird und den Menschen eine Atempause von dem bald ein Jahr andauernden Krieg verschafft wird. Zudem kann ein solches Abkommen erheblich zur Deeskalation der regionalen Lage beitragen.
In vielen Gesprächen setzen sich daher der Bundeskanzler und die Außenministerin dafür ein, die destruktive Spirale von Vergeltungsgewalt zu durchbrechen, Spannungen abzubauen und sich konstruktiv für Deeskalation einzusetzen.
Das tut die Bundesregierung diplomatisch
Seit dem Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel bemüht sich die Bundesregierung daher intensiv darum, dass sich die Lage nicht zu einer Krise ausweitet, die den ganzen Nahen Osten erfasst. In vielen Gesprächen wirkt die Bundesregierung darauf hin, die Lage zu entschärfen und dass die von der Hamas genommenen Geiseln freikommen. Aber auch darauf, dass mehr humanitäre Hilfe in den Gazastreifen kommt.
Zwei Mal reiste der Bundeskanzler dazu nach Israel und in die Region. Dabei handelt der Bundeskanzler geschlossen mit seinen Ministerinnen und Ministern. Mehrere Male hat Außenministerin Annalena Baerbock bereits Israel besucht, immer auch verbunden mit Gesprächen in Ägypten, Jordanien, Libanon, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Wirtschaftsminister Robert Habeck, Entwicklungsministerin Svenja Schulze, Verteidigungsminister Pistorius sowie Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger machten sich bei ihren Reisen in die Region einen Eindruck von der Lage und führten Gespräche.
Dabei geht es zunehmend auch um eine Perspektive für den "Tag danach". Denn: Terror kann nicht allein mit militärischen Mitteln bekämpft werden. Stattdessen braucht es einer positiven Perspektive für die Palästinenserinnen und Palästinenser. Für die Bundesregierung steht fest: Nur eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung kann diese Perspektive einer nachhaltigen Lösung des Nahostkonfliktes öffnen. Dies muss für Gaza und die Westbank gelten. Eine zentrale Rolle kommt dabei einer reformierten Palästinensischen Autonomiebehörde zu.
Zwei-Staaten-Lösung: Deutschland ist überzeugt: Nur eine für beide Seiten akzeptable, verhandelte Zwei-Staaten-Lösung kann zu einem dauerhaften Frieden zwischen Israelis und Palästinensern führen. Dabei kommt es auf Verhandlungen an: Sie sollen schließlich zu einem unabhängigen, demokratischen und lebensfähigen palästinensischen Staat führen – Seite an Seite in Frieden und Sicherheit mit Israel.
Das tut die Bundesregierung humanitär
Klar ist: Die Bekämpfung der Hamas ist ein legitimes Ziel. Doch kann dies auf Dauer nicht die hohe Zahl ziviler Opfer rechtfertigen: „Wir können nicht daneben stehen und riskieren, dass Palästinenserinnen und Palästinenser Hunger leiden“, so der Bundeskanzler bei seinem Besuch in die Region.
Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist katastrophal. Dies gilt insbesondere für den Süden. Es braucht dringend mehr humanitäre Hilfe für den Gazastreifen: kontinuierlich und verlässlich. Dazu gehört auch, dass die Bereitstellung von Hilfsgütern von Israel nach Gaza und deren Verteilung dringend und massiv verbessert werden.
Ein wichtiger Schritt zur Linderung der Not ist, dass es jetzt zu einem Waffenstillstands- und Geiselabkommen kommt. Bis dahin trägt Deutschland weiter seinen Teil dazu bei, die humanitäre Not zu lindern. Die Bundesregierung ist bereits einer der größten Geber humanitärer Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit für die palästinensischen Gebiete. Die wurden zuletzt erneut aufgestockt. Deutschland unterstützte aber auch konkret die Bereitstellung von Hilfsgütern über den Luft- und Seeweg.
Dazu gehören sowohl Sonderflüge mit Hilfslieferungen für die Zivilbevölkerung in Gaza als auch Schiffslieferungen von Zypern aus in den Gazastreifen. Dazu gehört aber auch der Abwurf von Lebensmitteln aus der Luft. Von Mitte März bis Ende Mai beteiligte sich Deutschland auch an Luftabwürfen für die notleidende Bevölkerung in Gaza. Insgesamt wurden über 315 Tonnen Hilfsgüter abgesetzt.
Hilfen für die Palästinensischen Gebiete: Die Bundesregierung leistet humanitäre Hilfe zur Bewältigung akuter Notlagen. Ziel ist es, Menschen ein Überleben in Würde und Sicherheit zu bieten und Leid zu lindern. Entwicklungszusammenarbeit hingegen zielt auf die langfristige und nachhaltige Verbesserung von wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und politischen Verhältnissen ab. Seit Jahrzehnten gehört Deutschland zu den größten Gebern humanitärer Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit für die Palästinensischen Gebiete.
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) setzt die Entwicklungszusammenarbeit mit den Palästinensischen Gebieten an die aktuellen Entwicklungen angepasst fort. Schwerpunkt bildet dabei eine Initiative für Beschäftigung und Stabilität in den Palästinensischen Gebieten.
Dabei muss immer sichergestellt werden, dass die Hilfen nicht in die Hände der Hamas geraten. Die Bundesregierung hat daher die gesamte Entwicklungszusammenarbeit einer Prüfung unterzogen. Das Ergebnis: Es sind keine Hinweise darauf festgestellt worden, dass Mittel durch Terrororganisationen missbraucht werden und die bestehenden Kontrollmechanismen haben sich als robust erwiesen.
Das BMZ wird aber auch in Zukunft Verdachtsfällen nachgehen und auf jegliche Verstöße konsequent reagieren. Aus diesem Grund haben das BMZ und das Auswärtige Amt nach Vorwürfen an UNRWA in Gaza die Zusammenarbeit nach umfassender und unabhängiger Prüfung fortgesetzt.
Das tut die Bundesregierung zur Befreiung der Geiseln
Das Schicksal der Geiseln, die von der Hamas in den Gazastreifen verschleppt wurden, und ihre Befreiung, sind zentrales Thema für Kanzler Scholz und die Bundesregierung. Das Auswärtige Amt hat dafür auch einen Sonderstab eingerichtet.
In all seinen Gesprächen macht Scholz deutlich, dass die Bundesregierung alles in ihrer Macht Stehende tut, dass die Geiseln freikommen. Um dies sicherzustellen, setzt sich die Bundesregierung mit ihren Partnern für ein Waffenstillstands- und ein Geiselabkommen ein. Dahinter sollten andere Erwägungen zurücktreten.
Das tut die Bundesregierung militärisch
Die diplomatischen Bemühungen sollen dazu beitragen, die Lage im Nahen Osten zu deeskalieren. Aber Deutschland setzt die Zusage, fest an der Seite Israels zu stehen, auch auf andere Weise um: So beschloss Bundesverteidigungsminister Pistorius unter anderem, Israel Sanitätsmaterial zur Verfügung zu stellen und gab zwei zur Ausbildung der Bundeswehr geleaste Drohnen an Israel zurück.
Gleichzeitig ist für die Bundesregierung und unsere Partner aber auch klar: Israels Selbstverteidigung muss den Bestimmungen des humanitären Völkerrechts entsprechend ausgeübt werden. Die zivilen Opferzahlen und das menschliche Leid im Gazastreifen sind gewaltig. Es muss deutlich mehr geschehen, um die Zivilbevölkerung und zivile Infrastruktur zu schützen. Der Bundeskanzler und der israelische Ministerpräsident besprechen daher immer wieder auch die notwendigen Bemühungen zum größtmöglichen Schutz von Zivilistinnen und Zivilisten.
Reise- und Sicherheitshinweise: Israel befindet sich formell im Kriegszustand. Das Auswärtige Amt hat eine Reisewarnung für Israel, die gesamten Palästinensischen Gebiete, Iran und Libanon ausgesprochen. Lesen Sie hier die Reise- und Sicherheitshinweise für Israel.