Rede von Kanzler Scholz im Bundestag
Auch in Deutschland sind die Folgen des Krieges in der Ukraine täglich zu spüren. Energie- und Lebensmittelpreise steigen. Kanzler Scholz erläuterte in seiner Regierungserklärung, wie Bürgerinnen und Bürger entlastet werden. Zudem sagte er der Ukraine weiter Unterstützung zu – auch mit modernsten Flugabwehrsystemen. Die Rede des Kanzlers im Überblick.
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„Millionen Bürgerinnen und Bürger fragen sich jeden Tag: Komme ich hin mit meinem Geld? Reicht es noch am Monatsende?“, so Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner Haushaltsrede im Deutschen Bundestag. Das seien gravierende Fragen, auf die es eine klare Antwort brauche. Scholz erläuterte, wie die Bundesregierung die Bürgerinnen und Bürger angesichts der steigenden Preise entlastet - insgesamt um mehr als 30 Milliarden Euro.
- Die Pendlerpauschale wird rückwirkend ab Januar erhöht.
- Die EEG-Umlage wird ab Juli gestrichen, damit die Stromrechnung günstiger wird.
- Der Zuschuss zu den Heizkosten gilt ab Juli für Menschen mit kleinem Einkommen, Wohngeldempfängerinnen und Studierende mit BAföG.
- Der Kinderbonus sowie der Sofortzuschlag kommen von Armut betroffenen Kindern und Jugendlichen zugute.
- Einmalig erhalten alle Beschäftigten 300 Euro zum Ausgleich für gestiegene Energiekosten.
- Ab Juni gilt eine Steuersenkung auf Benzin und Diesel sowie das 9-Euro-Ticket.
„Diese Entlastungen kommen jetzt an, in den nächsten Tagen und Wochen“, betonte Scholz. Für Unternehmen habe die Bundesregierung ein Schutzschild errichtet mit Zuschüssen, Bürgschaften oder günstigen Krediten.
„Auch Rentnerinnen und Rentner profitieren von Entlastungspaketen“
Rentnerinnen profitierten ebenfalls von sinkenden Stromrechnungen, vom Tankrabatt oder dem 9-Euro-Ticket, sagte der Kanzler. Zudem stiegen ab Juli die Renten so hoch wie seit Jahrzehnten nicht: um 6,12 Prozent im Osten und 5,35 Prozent im Westen, so der Kanzler.
Konzertierte Aktion mit den Sozialpartnern
„Bei allem, was wir heute und auch künftig tun, ist eins klar: Kreditfinanzierte Dauersubventionen sind keine Lösung“, mahnte Scholz. Im nächsten Jahr wolle die Bundesregierung die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse wieder einhalten. Ziel müsse also sein, den Inflationsdruck nachhaltig zu mildern.
„Wir brauchen eine gezielte Kraftanstrengung in einer ganz außergewöhnlichen Situation“, kündigte Scholz an. Die Bundesregierung werde Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, ihre Gewerkschaften sowie Arbeitgeber zu einer konzertierten Aktion zusammenrufen. Gemeinsam soll es um Lösungen gehen, wie mit der aktuellen Preisentwicklung umgegangen werden kann.
„Stehen vor einer zweiten industriellen Revolution“
Faire Löhne seien das eine, aber viele Bürgerinnen und Bürger stellten sich grundsätzlichere Fragen: Wie sicher ist der Arbeitsplatz, wenn Energie teurer wird und Lieferketten unsicherer? Wie geht es weiter mit dem Industrieland Deutschland? „Wir wissen alle, dass wir vor einer zweiten industriellen Revolution stehen“, sagte Scholz. Zwei Dinge seien entscheidend, so der Kanzler:
- Versorgungssicherheit: Dafür müsse Deutschland unabhängig von russischem Gas werden – mit vier neuen Flüssiggasterminals, neuen Bezugsquellen, Wasserstoff als Energiequelle.
- Massiver Ausbau erneuerbarer Energie: Dafür habe die Bundesregierung bereits ein Osterpaket verabschiedet. Zwei weitere Pakete folgten im Sommer und Herbst, sagte Scholz.
Sorgen und Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger im Mittelpunkt
Die Bundesregierung stelle die Sorgen und Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt ihrer Politik, betonte Scholz. „Die aktuell größte Sorge ist ganz unbedingt der furchtbare Krieg, den Russland gegen die Ukraine begonnen hat“, so der Kanzler.
„Uns alle schmerzen die Opfer dieses verbrecherischen Krieges“, sagte der Kanzler. Der Krieg dauere schon fast 100 Tage. Und „mit jedem Tag steigen die Opferzahlen“.
„Putin darf und wird diesen Krieg nicht gewinnen“
Präsident Putin dürfe es nicht gelingen, mit einem brutalen militärischen Einsatz ein Land oder Teile davon zu erobern. „Das ist Imperialismus, und den werden wir in Europa nicht akzeptieren“, so der Kanzler.
Scholz sprach im Bundestag auch über die Waffenlieferungen an die Ukraine. „Wir liefern kontinuierlich, von Beginn dieses Krieges an. Unmittelbar nach Kriegsbeginn haben wir diese Entscheidung getroffen und mit einer langjährigen Staatspraxis in Deutschland gebrochen.“ Eines stellte Scholz im Hinblick auf deutsche Waffenlieferungen klar: „Deutschland muss sich da nicht verstecken“.
Bundeskanzler Scholz hob besonders das abgestimmte Vorgehen mit den Vereinigten Staaten hervor. „Es ist aus meiner Sicht eine wirklich beeindruckende Qualität unserer transatlantischen Beziehungen, dass wir intensiv miteinander abgestimmt sind, dass wir uns sorgfältig absprechen, dass wir gemeinsam handeln“, betonte Scholz. US-Präsident Joe Biden hatte zuletzt in einem Gastbeitrag für die „New York Times“ erläutert, in welcher Form die USA und ihre Verbündeten die Ukraine unterstützten. Darin kündigte Biden die Lieferung weiterer moderner Waffensysteme für die Ukraine an. Zugleich betonte er, die USA würden die Ukraine zu Schlägen außerhalb ihrer Landesgrenzen weder ermutigen noch befähigen.
Die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine im Überblick:
- Wenige Tage nach Kriegsausbruch hat Deutschland Flugabwehrraketen und Panzerabwehrwaffen geliefert.
- Dazu kommen bislang mehr als 15 Millionen Schuss Munition, 100.000 Handgranaten, mehr als 5.000 Panzerabwehrminen.
- Außerdem wurden umfangreiches Sprengmaterial geliefert, Maschinengewehre, dutzende Lastwagenladungen mit Gütern zur Drohnenabwehr, für Mobilität, Kommunikation und zur Verpflegung und Versorgung Verwundeter.
- Gemeinsam mit Dänemark wurden der Ukraine auf ihren Wunsch hin 54 modernisierte, gepanzerte Truppentransporter geliefert.
- In den kommenden Wochen wird Deutschland der Ukraine, eng abgestimmt mit den Niederländern, zwölf der modernsten Panzerhaubitzen der Welt liefern.
- Die Ukraine hat einen Vertrag mit der Rüstungsindustrie über die Gepard Flak-Panzer unterzeichnet. Die rund dreiwöchige Schulung läuft dieser Tage an.
- In Brüssel hat Kanzler Scholz mit dem griechischen Ministerpräsidenten Mitsotakis verabredet, dass Griechenland Schützenpanzer aus ehemaligen NVA-Beständen an die Ukraine liefern wird und Deutschland dafür die griechischen Bestände mit deutschen Schützenpanzern auffüllt.
- Die Bundesregierung hat zudem ganz aktuell entschieden, mit dem System IRIS-T das modernste Flugabwehrsystem zu liefern, über das Deutschland verfügt.
- Ferner wird Deutschland der Ukraine ein hochmodernes Ortungsradar liefern, das feindliche Haubitzen, Mörser und Raketenartillerie aufklärt.
Milliarden-Investitionen in die Bundeswehr
Bei der Bundeswehr müssten frühere Versäumnisse aufgeholt werden, so der Kanzler. Ziel des Sondervermögens von 100 Milliarden Euro sei eine „leistungsfähige und fortschrittliche Bundeswehr“. Sie werde „dann wohl die größte konventionelle Armee im europäischen Nato-System sein“, sagte der Kanzler und ergänzte: „Das ist die richtige Antwort auf die Zeitenwende!“
„In diesen unsicheren Zeiten sorgen wir mit dem Haushalt 2022 und dem Sondervermögen Bundeswehr für Sicherheit und zugleich stellen wir die Weichen für den Aufbruch in die Zukunft“, betonte der Kanzler.
Diese Ausgaben planen die einzelnen Ministerien
Der Bundestag hat dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz einen Etat über 13,12 Milliarden Euro bewilligt. Der Haushalt ist stark geprägt von den Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. „Die russische Wirtschaft ist hart getroffen durch die Sanktionen und einen wesentlichen Teil davon trägt die deutsche Wirtschaft“, sagte Bundesminister Robert Habeck im Deutschen Bundestag. „Das hat Konsequenzen für mein Ministerium und für den Haushalt.“
Eine der drängenden Herausforderungen besteht darin, Deutschland möglichst schnell unabhängig von russischen Energielieferungen zu machen. Das erfordert mehr Mittel, zum Beispiel für die Anschaffung schwimmender Flüssiggas-Terminals. Dafür sind in den kommenden Haushaltsjahren insgesamt 2,7 Milliarden Euro eingeplant.
Knapp die Hälfte des Etats – mehr als fünf Milliarden Euro – ist für den Bereich „Innovation, Technologie und neue Mobilität“ vorgesehen. Weiterhin bewilligt der Bundestag die Förderung von Luft- und Raumfahrt sowie des Bereichs „Energie und Nachhaltigkeit“. Für die Mittelstandsförderung sind 1,09 Milliarden Euro eingeplant.
Der Etat des Bundesfinanzministeriums sieht Ausgaben von 8,8 Milliarden Euro vor. Fast die Hälfte des Geldes - 4,04 Milliarden Euro – wird für Personalausgaben aufgewendet. Die Zollverwaltung benötigt zur Erfüllung ihrer Aufgaben 3,11 Milliarden Euro, das Informationstechnikzentrum Bund (ITZBund), das IT-Leistungen für Behörden und Organisationen des Bundes erbringt, erhält 1,13 Milliarden Euro. Für das Bundeszentralamt für Steuern stehen 782,47 Millionen Euro zur Verfügung
Bundesfinanzminister Christian Lindner stellte bei der Vorstellung seines Etats erneut klar: Die Schuldenbremse gilt. Die geplante Rückkehr zur Einhaltung der Schuldenregeln werde auch Druck von der Inflation nehmen. „Wir antworten auf die sicherheitspolitische Zeitenwende mit einer Stärkung der Streitkräfte. Zeitgleich antworten wir auf die ökonomische Zeitenwende der Inflation durch die Rückkehr zu soliden Haushalten und dem Ende immer neuer Schulden“, betonte Lindner.
„Mit den zusätzlichen Mitteln und neuen Stellen stärken wir alle Politikbereiche des Bundesinnenministeriums, besonders die Bereiche Kriminalitätsbekämpfung, Bevölkerungsschutz und Cybersicherheit“, betonte Ministerin Nancy Faeser in ihrer Rede. Das bedeute mehr Sicherheit für die Menschen in Deutschland, so die Ministerin. Der Haushalt 2022 sieht ein Gesamtvolumen von knapp 15 Milliarden Euro vor.
Trotz der stark angespannten Haushaltslage wird das Ministerium in wichtigen Bereichen der inneren Sicherheit, des Bevölkerungsschutzes, des Sports, der Digitalisierung und der Migrations- und Integrationspolitik deutlich gestärkt. Damit einhergehen zudem 1.828 neue Stellen für das Ministerium und seine Behörden. Das ist mehr als eine Verdopplung des von der Vorgängerregierung vorgesehenen Stellenzuwachses. Darüber hinaus werden mit dem Ergänzungshaushalt 250 Millionen Euro zusätzlich für die Bedarfe bereitgestellt.
Die Mittel sollen unter anderem für folgende Vorhaben eingesetzt werden:
- Im Bereich gesellschaftlicher Zusammenhalt unter anderem für den Ausbau der Maßnahmen zur Extremismusprävention und zur Bekämpfung des Rechtsextremismus sowie für die Fortsetzung der Förderung von jüdischen Einrichtungen und Minderheiten
- Im Bereich Digitalisierung, IT- und Cybersicherheit unter anderem für die weitere Umsetzung des Online-Zugangsgesetzes, die Dienstekonsolidierung, den Ausbau der Netze des Bundes sowie die digitale Souveränität der Verwaltung
- Im Bereich Migration/Integration unter anderem für Ausbau und Optimierung der Integrationskurse und die Stärkung der humanitären Aufnahme.
- Im Bereich Sicherheit insbesondere für die Ausstattung der Polizeibehörden, die Umsetzung des IT-Sicherheitsgesetzes 2.0 sowie die „Interoperabilität“ der EU-Informationsarchitektur im Justiz- und Innenbereich.
- Entscheidende Aufwüchse beinhaltet der Haushalt auch im Bereich Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Hier wurden zum Beispiel Mehrbedarfe des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (für die Modernisierung der Warnstrukturen) sowie des Technischen Hilfswerks (für die neuen Logistikzentren) berücksichtigt.
- Zusätzliche Mittel sind auch im Bereich Sport vorgesehen, insbesondere für Projekte des Ministeriums und für Sicherheitsbelange im Zusammenhang mit der Fußball-Europameisterschaft der Männer 2024 in Deutschland.
Weitere Informationen finden Sie hier beim Deutschen Bundestag.
Außenministerin Annalena Baerbock hob in ihrer Haushaltsrede hervor, dass angesichts der Lage in der Ukraine die Mittel für humanitäre Hilfe um 35 Mio. Euro aufgestockt wurden. Sie betonte zugleich, dass man sich darauf einstellen müsse, weitere Mittel bereitzustellen.
Mit Blick auf den Ukrainekrieg und auf die neue Strategie Putins erklärte sie: „Wir schauen nicht weg, wir machen es uns nicht einfach. Wir verteidigen die Menschen in der Ukraine, so wie wir das können, mit Waffenlieferungen.“ Dazu seien neben einem langen Atem bei der Unterstützung der Ukraine weitere Waffenlieferungen nötig, vor allem Artillerie, Drohnen und Flugabwehr.
Die zugesagte Lieferung des hochmodernen Boden-Luftverteidigungssystems IRIS-T werde zwar Zeit in Anspruch nehmen, aber damit sei auch das langfristige Signal verbunden, dass die Bundesregierung die Ukraine dauerhaft verteidigen werde, ohne sich selbst an dem Krieg zu beteiligen.
Die Ministerin betonte, dass die Bundesregierung mit der Unterstützung der Ukraine auch die europäische Friedensordnung und das internationale Recht verteidige. Daher brauche die Ukraine eine europäische Perspektive.
„Mehr militärische Fähigkeiten allein werden nicht reichen, um in dieser gefährlichen neuen Welt zu bestehen“, betonte Baerbock. Russland führe auch einen hybriden Krieg, einen Kornkrieg, einen Krieg mit Desinformationen. Daher sei es wichtig, dass auch die Mittel für Cybersicherheit, Krisenvorsorge, Ertüchtigung und Stabilisierung deutlich gestärkt worden seien.
Die im Haushalt vorgesehenen Mittel von 2,7 Mrd. Euro für humanitäre Hilfe seien neben der Ukraine unter anderem auch für den Sahel, Syrien, Jemen und Afghanistan vorgesehen. Mit dem Haushalt für Auswärtiges sende man das Signal an die Partnerinnen und Partner: „Deutschland übernimmt außenpolitische Verantwortung auf Basis von Werten und mit Entschlossenheit. Und vor allen Dingen: Unsere Partnerinnen und Partner können sich auf uns verlassen“, so die Außenministerin.
Der Haushalt des Bundesjustizministeriums sieht Ausgaben von 937,98 Millionen Euro für das Ministerium und 35,91 Millionen Euro für das Bundesverfassungsgerichts vor. Neu im Etat des Bundesjustizministeriums ist die Zuständigkeit für die Stiftung Datenschutz. Die Zuschüsse an die Stiftung waren bisher über den Haushalt des Bundesinnenministeriums geflossen. Zudem soll ein Zuschuss in Höhe von zwei Millionen Euro zum Stiftungskapital gezahlt werden.
Zudem wird der Generalbundesanwalt personell gestärkt. Zwei Referate mit Bezug zum Krieg in der Ukraine sollen entstehen und unter anderem die Strukturermittlung wegen Kriegsverbrechen unterstützen. „Ich bin stolz darauf, dass wir es möglich gemacht haben, den Generalbundesanwalt in dieser Weise zu stärken“, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann.
„Es gilt in diesen schwierigen Zeiten, unsere Gesellschaft zusammenzuhalten“, betonte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil in seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag. Zentral dafür seien ein robuster Arbeitsmarkt, anständige Löhne und ein starker Sozialstaat.
Der ab Oktober geltende Mindestlohn von zwölf Euro sei für sechs Millionen Menschen in Deutschland eine spürbare Verbesserung, erklärte der Minister. Die Bundesregierung wolle auch die Tarifbindung stärken. Deshalb werde sie dafür sorgen, dass Aufträge des Bundes künftig nur noch an Unternehmen gehen, die Tariflöhne zahlen, so Heil.
Ziel der Bundesregierung ist es zudem, den Sozialstaat zu stärken und weiterzuentwickeln. Als Beispiel nannte Heil die Einführung des Bürgergeldes zum 1. Januar des kommenden Jahres. Außerdem werde die Bundesregierung mit einem Rentenpaket dafür sorgen, „dass die Renten auch langfristig für alle Generationen stabil sind und die Menschen sich auf die Rente verlassen können“.
Mit 161,1 Milliarden Euro ist der Etat des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales der mit Abstand größte Einzelplan des Bundeshaushalts. Der Großteil der Ausgaben entfällt auf die Rentenversicherung sowie die Grundsicherung. Dafür sieht der Regierungsentwurf 116,15 Milliarden Euro vor.
40,84 Milliarden Euro davon gehen als Zuschuss an die allgemeine Rentenversicherung, 11,05 Milliarden Euro an die Rentenversicherung in den neuen Ländern. Die Beitragszahlungen für Kindererziehungszeiten, die sogenannte Mütterrente, summieren sich auf 16,82 Milliarden Euro. 40,61 Milliarden Euro sind für die Grundsicherung für Arbeitsuchende eingestellt. Für die Eingliederung in Arbeit sieht der Entwurf 4,81 Milliarden Euro vor.
Wegen des Ukraine-Krieges steht der Verteidigungshaushalt in diesem Jahr besonders im Mittelpunkt. Denn der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine zeigt, wie wichtig gut ausgestattete Streitkräfte sind.
Nach einer langen Zeit des Sparens steigt seit einigen Jahren der Verteidigungsetat wieder. Nunmehr sieht der sogenannte Einzelplan 14 für das Verteidigungsministerium für das Haushaltsjahr 2022 rund 50,4 Milliarden Euro für die Bundeswehr vor. Das sind rund 3,5 Milliarden Euro mehr gegenüber dem vergangenen Jahr. Der Verteidigungshaushalt schafft damit die wesentliche Grundlage dafür, die Bundeswehr einsatzbereiter und damit Deutschland wehrhafter zu machen.
„Wer in Freiheit leben will, braucht militärische Stärke, um die Freiheit zu verteidigen,“ so Verteidigungsministerin Christine Lambrecht in ihrer Rede vor dem Deutschen Bundestag. Gebraucht wird eine leistungsfähige Bundeswehr, die sich selbst verteidigen kann und ein verlässlicher Bündnispartner ist.
Um den erhöhten Finanzbedarf zur Stärkung der Fähigkeiten in der Landes- und Bündnisverteidigung zu decken, berät der Bundestag zusätzlich über das Sondervermögen Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro. Damit sollen vor allem komplexe mehrjährige Vorhaben finanziert werden.
Der Bundestag hat auch dem Haushalt des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zugestimmt. Es wurden Mittel in Höhe von rund 7,1 Milliarden Euro bewilligt.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir zeigte sich in seiner Rede zufrieden über den beschlossenen Haushalt für Landwirtschaft und Ernährung. Dieser sei ein gutes Beispiel für Kompromissbereitschaft und Pragmatismus. „Wir verbinden auf der einen Seite Planungssicherheit in der agrosozialen Sicherung mit neuen Ideen im Ökolandbau. Wir investieren in Forschung, in die Entwicklung und in die Digitalisierung“, so Özdemir. Der Minister hob auch hervor, wie wichtig und dringend die Transformation der Landwirtschaft sei. „Unsere Politik muss Ernährung sichern und sie muss gleichzeitig dem Erhalt der Höfe dienen.“
Mit den nun bewilligten Mitteln sollen unter anderem Betriebshilfen für die deutsche Fischerei, eine klimafreundliche Umgestaltung der Tierhaltung, eine nachhaltige Waldbewirtschaftung und die Eiweißpflanzenstrategie finanziell unterstützt werden. Mit dieser Strategie soll Deutschland, gerade vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine, unabhängiger bei der Futtermittelversorgung werden.
Rund 12,6 Milliarden Euro umfasst der Haushalt des Familienministeriums in diesem Jahr. Mit 10,8 Milliarden Euro ist der ganz überwiegende Teil der Mittel für gesetzliche Familienleistungen vorgesehen. Größter Einzelposten ist mit 7,7 Milliarden Euro auch in diesem Jahr das Elterngeld.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus betonte in ihrer Rede im Bundestag, dass die Bundesregierung Familien aber zusätzlich aufgrund der Belastungen durch den Ukraine-Krieg und die Pandemie weiter entlaste. Es sei wichtig, „dass wir den sozialen Zusammenhalt und die soziale Gerechtigkeit miteinander organisieren“. Sie nannte in diesem Zusammenhang den Sofortzuschlag für Familien mit wenig Einkommen, den 100-Euro-Kinderbonus, den Heizkostenzuschuss und das 9-Euro-Ticket. Es sei wichtig, „Druck aus dem Kessel“ zu nehmen.
Als weitere Schwerpunkte nannte Paus Investitionen in Perspektiven ukrainischer Flüchtlinge und die Stärkung der Demokratieförderung. „Wie robust und widerstandsfähig unsere Gesellschaft gegenüber äußeren Krisen ist, das bemisst sich an ihrer Stärke im Inneren.“ Darin investiere das Familienministerium und genau damit mache man Deutschland stark, so Paus.
Dem Bundesgesundheitsministerium stehen insgesamt 64,36 Milliarden Euro zur Verfügung. Es hat damit nach dem Ministerium für Arbeit und Soziales den ausgabenstärksten Einzeletat.
Der Großteil der zusätzlichen Ausgaben sind für die Bewältigung der Corona-Pandemie vorgesehen. So wachsen die „Leistungen des Bundes an den Gesundheitsfonds für SARS-CoV-2-Pandemie verursachte Belastungen“ um 8,3 Milliarden Euro auf 30,03 Milliarden Euro. Darin enthalten ist unter anderem die Kostenübernahme für Corona-Tests in Höhe von 3,9 Milliarden Euro. Die Ausgaben für die Beschaffung von Impfstoffen werden um 830 Millionen Euro auf 7,09 Milliarden Euro angehoben.
„Wir dürfen nicht erneut unvorbereitet wie im letzten Herbst in die Krise gehen“, warnte Bundesgesundheitsminister Lauterbach. Als Vorbereitung auf den Herbst arbeite die Bundesregierung unter anderem an einem Impfkonzept, einer neuen Teststrategie und einer Behandlungsstrategie der Krankheit.
Der Einzelplan 12 des Haushalts ist traditionell der größte Investitionshaushalt des Bundes. Dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr stehen in 2022 36,1 Milliarden Euro zur Verfügung. Die Investitionen sollen 21,82 Milliarden Euro betragen.
Auf die Bundesfernstraßen entfallen Ausgaben von 12,18 Milliarden Euro. Für die Bundesschienenwege sind 9,95 Milliarden Euro vorgesehen. Eine Milliarde Euro soll wie im vergangenen Jahr bereitgestellt werden, um die Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden zu verbessern.
Für den Ausbau der digitalen Infrastruktur stehen in 2022 456,16 Millionen Euro zur Verfügung. Zudem ist ein Sondervermögen Digitale Infrastruktur (Einzelplan 60) vorgesehen, mit dem unter anderem Gigabit- und Mobilfunknetze ausgebaut werden und in das in diesem Jahr über 2,6 Milliarden Euro fließen sollen. „Unser Ziel ist eine Mobilität, die den unterschiedlichen Bedürfnissen der Menschen gerecht wird“, so Bundesverkehrsminister Volker Wissing in seiner Bundestagsrede. „Vor allem aber werden wir die Digitalisierung nutzen und dafür sorgen, dass Daten sicher bereitgestellt, ausgetauscht, verknüpft und genutzt werden können.“
Insgesamt 2,2 Milliarden Euro stehen dem Bundesumwelt- und Verbraucherschutzministerium zur Verfügung. Für wesentliche Bereiche im Umwelt- und Verbraucherschutz wie dem Natur-, dem Meeres- und dem Artenschutz sieht der Haushalt zusätzliche Mittel vor.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke betonte, dass es angesichts der weltweiten Klimakrise und des Artenaussterbens notwendig sei, den Umwelt- und Naturschutz finanziell zu stärken. „Ambitionierter Umweltschutz ist eine Investition in die Zukunft, sichert unsere Lebensgrundlagen und zahlt sich für uns und kommende Generationen aus: Wir reduzieren damit als Gesellschaft unsere Anfälligkeit für die Folgen der Klimakrise, stärken gesunde Ökosysteme, schonen Ressourcen und gehen gegen die Verschmutzung von Wasser, Böden und der Luft vor“, sagte die Ministerin.
Weitere Informationen zu den geplanten Ausgaben finden Sie hier beim Ministerium.
20,3 Milliarden Euro – dieser Betrag ist seitens der Bundesregierung 2022 für Bildung und Forschung vorgesehen. Bundesministerin Bettina Stark-Watzinger sprach in ihrer Rede im Bundestag von einem „klaren Mittelaufwuchs“. Sie betonte: „Damit halten wir unsere Zusagen und sorgen für Investitionen in die Zukunft“.
Der vorliegende Haushalt setze die richtigen Prioritäten. Stark-Watzinger nannte in diesem Zusammenhang Investitionen in Forschung, „die uns hilft, den Klimawandel noch besser zu verstehen und die richtigen Entscheidungen zu treffen“. Mehr Geld werde auch für die Forschung zu Energietechnologien und grünem Wasserstoff ausgegeben. Besonders gefördert würden zudem die Schlüsseltechnologien: KI, Quanten, Cybersecuritiy, Mikroelektronik und Biotechnologie.
Als ein Beispiel für Investitionen im Bildungsbereich nannte die Ministerin die BAföG-Reform, die bereits auf den Weg gebracht wurde. Hierfür stehen in dieser Legislaturperiode 2,3 Milliarden Euro bereit. Ein weiteres Vorhaben: das Startchancen-Programm. Damit würden mehr als 4.000 allgemein- und berufsbildende Schulen gestärkt, so Stark-Watzinger.
Der Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sieht Ausgaben in Höhe von 13,35 Milliarden Euro vor. Ein wesentlicher Teil davon wird für die Unterstützung der Ukraine und die Bewältigung der globalen Folgen des Kriegs, etwa für die Ernährungssicherheit, aufgewendet. Damit stehen dem Ministerium 2022 ähnlich viele Mittel zur Verfügung wie im Corona-Krisenjahr 2021.
Bundesentwicklungsministerin Swenja Schulze erläuterte in ihrer Haushaltrede die politischen Schwerpunkte der Entwicklungszusammenarbeit für dieses Jahr: „Durch den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine sehen wir alle die traurige Notwendigkeit für Entwicklungszusammenarbeit hier in Europa.
Der BMZ-Haushalt 2022 ermöglicht Deutschland aber auch, sich für die Bewältigung der weltweiten Kriegsfolgen zu engagieren.“ Der Krieg in der Kornkammer Ukraine treibe Lebensmittelpreise weltweit und treffe die Ärmsten am schwersten, betonte Schulze. „Wir müssen dringend gegensteuern, um die größte Hungersnot seit dem Zweiten Weltkrieg abzuwenden.“
Der Etat des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen konzentriert sich darauf, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen sowie nachhaltig, klimafreundlich und altersgerecht zu bauen. Dafür sind Ausgaben von knapp fünf Milliarden Euro vorgesehen. „Das neue Bauministerium ist vor allem ein Investitionsministerium in die Zukunft der Gesellschaft“, betont Ministerin Klara Geywitz. „Eines unserer Hauptziele ist es, mehr Wohnraum zu schaffen – vor allem solchen, den sich alle Menschen leisten können.“
Die Bundesregierung unterstützt den sozialen Wohnungsbau der Länder in den Jahren 2022 bis 2026 mit 14,5 Milliarden Euro. „Das ist ein großer Beitrag, auch um die Knappheit von bezahlbarem Wohnraum in den Ballungsgebieten zu entspannen“, so Geywitz. Weitere Mittel fließen in die Auszahlung des Baukindergelds, des Wohngelds sowie für die Städtebauförderung und Stadtentwicklung, unter anderem für die Sanierung kommunaler Einrichtungen für Sport, Jugend und Kultur.
Die Bundesregierung will erreichen, dass jedes Jahr 400.000 neue Wohnungen entstehen, davon 100.000 Sozialwohnungen. „Wir müssen alles tun, um die Art und Weise, wie wir bauen, effizienter zu gestalten, damit diese Wohnungen dann tatsächlich auch schnell gebaut werden können“, so Bundesministerin Geywitz. „Wir müssen die Produktivität der Bauwirtschaft erhöhen: Neben Bagger und Zement müssen in Zukunft auch Software und künstliche Intelligenz ihren Platz am Bau haben.“
Im Herbst will die Bundesregierung mit den Bundesländern einen Pakt zur Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung schließen. Klimaschutz und Wohnungsneubau müssen Hand in Hand gehen. Das soll mithilfe nachhaltiger Baustoffe und moderner Bauformen gelingen. Auch die Anpassung von Städten an den Klimawandel ist eine wichtige Aufgabe: Hier fließen 176 Millionen Euro über den Energie- und Klimafonds für mehr Stadtgrün und Speichermöglichkeiten für Wasser.
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