Auf knapp 4.000 Seiten hat der Naturforscher Alexander von Humboldt alles festgehalten, was ihn auf seiner Entdeckungsreise 1799 bis 1804 durch Mittel- und Südamerika beschäftigte. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat die neun Bände erworben. Unterstützt wurde sie dabei vom Bund.
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Fast sechs Jahre lang war Alexander von Humboldt (1769-1859) unterwegs: Er bestieg Gipfel, durchkämmte Dschungel und befuhr Flüsse – begleitet von nur einem Mann und unter Bedingungen, die heute kaum vorstellbar sind.
Und er führte Buch darüber: Auf knapp 4.000 Seiten hielt der Universalgelehrte fest, was er sah, berechnete und welche Erkenntnisse er daraus zog. Eine "Vermessung der Welt", die bis heute Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ebenso wie Künstlerinnen und Künstler in aller Welt fasziniert.
Neben seinen Briefen sind die Tagebücher Alexander von Humboldts die bedeutendsten originalen Dokumente seiner Amerika-Reise in den Jahren 1799 bis 1804. Sie enthalten neben schriftlichen Aufzeichnungen vor allem in französischer und deutscher Sprache zahlreiche Skizzen und Zeichnungen sowie eingeklebte Erinnerungsstücke.
In neun Bänden zusammengefasst sind sie weit mehr als die Dokumentation einer großen Forschungsreise. Humboldts Aufzeichnungen gelten zu Recht als die zweite, die wissenschaftliche Entdeckung Amerikas.
Ein Schatz, den die Stiftung Preußischer Kulturbesitz im vergangenen Jahr erwerben konnte. Zusammen mit Bundesforschungsministerin Johanna Wanka begrüßte Kulturstaatsministerin Monika Grütters heute diesen Neuzugang in der Berliner Staatsbibliothek.
Die Tagebücher seien so außerordentlich wertvoll, "weil sie vor allem ein überaus sympathischer, weil weltläufiger und zutiefst menschlicher Teil unseres Preußischen Erbes sind", erklärte Grütters.
Unermüdlicher Wille zur Erkenntnis, Mut, Offenheit und schöpferische Neugierde auf alles Unbekannte und Neue hätten von Humboldt angetrieben.
"Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben" lautet ein Zitat, das dem Naturforscher zugeschrieben wird.
"Einem solchen Geist der Ignoranz wollen wir mit dem Humboldt-Forum entgegenwirken", beschrieb Grütters den Anspruch des kulturellen Großprojekts, das zurzeit in Berlins Mitte entsteht. "Die Neugier auf das Fremde, das Andere soll im stadträumlichen Bezug zu den Zeugnissen unserer europäischen Kunst- und Kulturgeschichte gegenüber auf der Museumsinsel Gestalt annehmen", fuhr die Kulturstaatsministerin fort.
Bundesforschungsministerin Wanka bezeichnete die Neuerwerbung als "Glücksfall für die Forschung". Alexander von Humboldt sei einer der letzten großen Universalgelehrten gewesen, "die in der Suche nach wissenschaftlicher Erkenntnis nach dem großen Ganzen gefragt haben", so Wanka.
Das Bundesforschungsministerium wird ein Forschungsprojekt der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) und der Universität Potsdam fördern, um die Tagebücher inhaltlich und materiell zu erschließen. Sein Reiz liege vor allem darin, dass über die traditionellen Grenzen einzelner wissenschaftlicher Fächer hinweg Zusammenhänge hergestellt werden können, erklärte Wanka.
So faszinierend von Humboldts Reiseberichte sind, so spannend ist auch die Geschichte ihrer Erwerbung durch die Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Eigentümer waren bis vor kurzem Nachkommen Wilhelm von Humboldts. Sie boten die Bücher im Ausland zum Verkauf an und nahmen Kontakt mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz auf, die die Tagebücher schließlich erwarb. Geholfen haben dabei nicht nur die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien und das Bundesforschungsministerium, sondern auch das Land Berlin, die Kulturstiftung der Länder sowie zahlreiche private Förderer.
"Die Geschichte dieses Erwerbs, die an überraschenden Wendungen wahrhaftig nicht gänzlich frei ist, zeigt exemplarisch: Wir müssen alles nur Erdenkliche unternehmen, um national wertvolles Kulturgut hier in Deutschland zu halten und seine Abwanderung ins Ausland zu verhindern", sagte Kulturstaatsministerin Grütters.
Die derzeit geltenden Regelungen wiesen immer noch erhebliche Defizite auf, erklärte sie. "Deshalb werden wir noch in dieser Legislaturperiode ein neues Gesetz vorlegen, um Glanzstücke wie die Humboldt-Tagebücher für unsere Kulturnation - und damit meine ich vor allem für kommende Generationen - zu bewahren, zu schützen und zu sichern!"