Sollen Namen von NS-Opfern in Ausstellungen oder Datenbanken genannt werden? Staatsministerin Grütters plädiert dafür, diese Frage differenziert zu betrachten. "Wir wollen den Opfern ihre Identität und Würde zurückgeben", betont sie. Andererseits gebe es schutzwürdige Interessen vor allem der Angehörigen.
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Werden die Schicksale von NS-Opfern in Ausstellungen, Gedenkbüchern und Datenbanken aufgearbeitet, geschieht dies in der Regel anonymisiert. In welchem Umfang personenbezogene Daten öffentlich gemacht werden dürfen, ist bis zu einem gewissem Grad Auslegungssache. In Berlin diskutierten Fachleute auf einer Konferenz über die rechtlichen, moralischen und ethischen Aspekte der öffentlichen Nennung von Namen der NS-Opfer.
Die Opfer seien ihres Namens - "dieses Stück ihres Seins und ihrer Seele" - beraubt worden, "sie wurden Teil einer anonymen Masse", so Kulturstaatsministerin Grütters zum Auftakt des Symposiums "Den Opfern einen Namen geben - Gedenken und Datenschutz" im Berliner Dokumentationszentrum Topographie des Terrors.
Angesichts der unfassbaren, abstrakten Zahl der Opfer helfe die Konfrontation mit dem Schicksal des einzelnen Opfers, die Dimension des Leids zu begreifen. Deshalb sei die Diskussion über die namentliche Nennung von Opfern des Nationalsozialismus, insbesondere von Opfern der NS-"Euthanasie so wichtig, betonte Grütters.
Im Kern gehe es um die Frage, so Grütters, ob Namen und weitere Daten von Opfern des Nationalsozialismus zugänglich gemacht und veröffentlicht werden dürfen - und wenn ja, wie und in welchem Umfang. "Einerseits wollen wir den Opfern ihre Identität und ihre Würde zurückgeben und damit unserer immerwährenden Verantwortung für ein würdiges Gedenken gerecht werden. Andererseits dürfen wir dabei die legitimen und schutzwürdigen Interessen insbesondere der Angehörigen nicht ausblenden", erklärte die Kulturstaatsministerin.
So könne die damalige Bewertung von Krankheit und Behinderung oder die Zugehörigkeit eines nahen Verwandten zu einer bestimmten Opfergruppe bis heute ein Stigma sein, mit dem der Familienname nicht in Verbindung gebracht werden solle. Das Geschehene niemals zu vergessen, bleibe "unsere Pflicht und Verantwortung. Deswegen werden wir Widersprüche und Spannungen als Folgen einer intensiven Auseinandersetzung mit unserer Vergangenheit immer wieder aushalten müssen", so Grütters.
Den Austausch unter Experten sieht die Kulturstaatsministerin als wichtigen Beitrag zum angemessenen Erinnern an die Opfer. "Es ist notwendig, dass wir gemeinsam Grundlagen erarbeiten", um so einen Konsens im Umgang mit Namen und Daten der NS-Opfer zu ermöglichen, für die Praxis im Bundesarchiv wie auch für die Arbeit der Gedenkstätten.
Die Konferenz "Den Opfern einen Namen geben - Gedenken und Datenschutz" wird von der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas und der Stiftung Topographie des Terrors in Zusammenarbeit mit dem Bundesarchiv veranstaltet. Sie wurde von der Staatsministerin angeregt und aus ihrem Haushalt finanziert.