Eine Regierung verschwindet

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7. November 1989 - Auf dem Weg zur Deutschen Einheit Eine Regierung verschwindet

7. November 1989: Der Ministerrat der DDR tritt geschlossen zurück. Unter dem Druck der Straße legen sämtliche Regierungsmitglieder ihre Ämter nieder, am nächsten Tag wird das Politbüro folgen.

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Welle der Rücktritte rollt

In dürren Worten verkündet Regierungssprecher Wolfgang Meyer das Ende: "Ich möchte Sie darüber informieren, dass der Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik beschlossen hat, zurückzutreten." Mit einem Aufruf wendet sich der Ministerrat ans Volk: Alle sollen ihre Kräfte dafür einsetzen, die lebenswichtigen Funktionen im Land aufrechtzuerhalten.

Eine Regierung tritt geschlossen zurück. Ein dramatisches Ereignis – das allerdings von vielen nur beiläufig zur Kenntnis genommen wird.

Viele der Eliten hätten mittlerweile vollkommen resigniert, sagt der ehemalige Bürgerrechtler und heutige Bundestagsabgeordnete Arnold Vaatz.

Doch in Volkskammer und Politbüro toben seit Wochen Machtkämpfe. Eine Welle von Rücktritten überrollt die DDR, in den eigenen Reihen suchen Genossen nach Verantwortlichen für Misswirtschaft und Volkszorn.

Junge Funktionäre machen sich bereit für den Aufstieg, während die alte Garde manchen Versuch unternimmt, sich zu halten: Erich Honecker sei an allem schuld. Mitten im Strudel der Ereignisse tritt nun die Regierung zurück. Die letzte Handlung dieses Ministerrates ist die Abschaffung der Wehrkunde an den Schulen.

Verwalten statt walten: Bereits in "besseren" Zeiten ist der Ministerrat unter seinem Vorsitzendem Willi Stoph keine Regierung, die unbehelligt regieren kann. Tatsächlich ist dieser Rat aus Fachministern, Vorsitzendem und Stellvertretern nie mehr als ein Verwaltungsinstrument der "Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands" (SED). Ihren Weisungen und Wünschen hat der Rat zu folgen. Das sieht auch die Verfassung vor. Die DDR: ein Staat der Arbeiter und Bauern unter Führung der Partei. Der Ministerrat: die Regierung der DDR unter Führung der Partei. Das Politbüro der SED ist es, das politische Entscheidungen trifft – und in Wirklichkeit regiert.

Politbüro sortiert sich um

Einen Tag später, am 8. November, tritt auch das Politbüro zurück. Beinahe stündlich ändert sich die Lage in der DDR, als auch dieser tonangebende Kreis der SED die Ämter niederlegt. Jedoch: Ein "neues" Politbüro steht schon bereit. Egon Krenz lässt sich als Vorsitzender bestätigen. Sieben Mitglieder des Honecker-Politbüros bleiben, nur eine Handvoll frischer Gesichter schart sich um einen alten Kern. Neu dabei ist auch Hans Modrow , künftig Vorsitzender des neuen Ministerrates der DDR.

Für einen jedoch ist kein Platz mehr: Willi Stoph, den bisherigen Ministerratsvorsitzenden. Seit Jahrzehnten gehört er zu den führenden SED-Funktionären, bereits seit 1950 ist er Mitglied des SED-Zentralkomitees. Ab 1992 muss er sich gemeinsam mit Honecker und weiteren Mitgliedern von SED und Politbüro für die Todesschüsse an der Mauer verantworten. Wegen Verhandlungsunfähigkeit wird sein Verfahren am Berliner Landgericht eingestellt.