Flucht über Bonner Vertretung

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11. Januar 1989 - Auf dem Weg zur Deutschen Einheit Flucht über Bonner Vertretung

11. Januar 1989: Nach mehreren Tagen der "Besetzung" verlassen mehr als 20 DDR-Bürger die Ständige Vertretung Westdeutschlands in Ostberlin. Ihnen wird Straffreiheit und eine zügige Bearbeitung ihrer Ausreiseanträge zugesagt.

2 Min. Lesedauer

"Besetzung" soll Ausreise beschleunigen

Begonnen hat es am 2. Januar 1989: Zunächst besetzen vier DDR-Bürger die Bonner Vertretung in Ostberlin. Sie wollen dadurch ihre Ausreise beschleunigen. Schnell wächst die Zahl auf über 20 Personen an.

Zeitgleich besetzen Ausreisewillige auch die Bonner Botschaft in Prag. Damit nimmt das Problem der Botschaftsbesetzungen zu, obwohl die Führung in Ostberlin zum Jahreswechsel eine rechtliche Regelung über Reise- und Ausreisemöglichkeiten für DDR-Bürger geschaffen hat.

Schon seit 1984 haben DDR-Bürger in regelmäßigen Abständen die bundesdeutsche Vertretung in Ostberlin "besetzt". Sie alle wollen dadurch ihren Wunsch durchsetzen, möglichst schnell nach Westdeutschland ausreisen zu können. Im Laufe der Jahre flüchten mehrere hunderte Menschen in die Ständige Vertretung. Mitunter müssen sie tagelang auf ihre Ausreise in die Bundesrepublik warten.

"Besetzungen" stören diplomatische Beziehungen

Die Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten verschlechtern sich durch die "Besetzungen" über die Jahre zusehends. Die DDR-Regierung wirft der westdeutschen Bundesregierung eine "Einmischung in souveräne Rechte der DDR" und "Erpressung" vor. Im Bonner Kanzleramt spricht man offiziell von einer "nicht unbeachtlichen Störung des innerdeutschen Verhältnisses". Dennoch erreichen die "Botschaftsbesetzer" ihr Ziel: Sie bleiben nach der Besetzung straffrei. Und nach und nach können alle ausreisen.

Das gilt auch für die Flüchtlinge im Januar 1989. Zwar versichert die DDR-Führung, sie werde sich nicht unter Druck setzen lassen. Dennoch können die Ausreisewilligen am 11. Januar die Bonner Vertretung verlassen, ohne Strafe fürchten zu müssen – und mit der Aussicht, dass ihre Ausreiseanträge zügig bearbeitet werden.

Ansturm immer neuer Flüchtlinge im Jahr 1989 – dramatische Zustände

In den folgenden Monaten kommt es zu einem rasanten Anstieg der Flüchtlingszahlen in der Bonner Vertretung in Ostberlin: Im August 1989 verharren dort etwa 130 DDR-Bürger. Die Räumlichkeiten der Vertretung geben für die vielen Flüchtlingen aber keine menschenwürdigen Bedingungen her. Es herrschen dramatische Zustände. Daher signalisiert die DDR-Regierung, dass diese 130 Bürger die letzten seien sollen, die über die Vertretung nach Westdeutschland ausreisen dürfen.

DDR-Regierung überfordert

Die DDR-Führung reagiert fast schon verzweifelt und appelliert Anfang August in der Nachrichtensendung "Aktuellen Kamera" an die Bürger der DDR: "Nach dem Völkerrecht haben Vertretungen der BRD keinerlei Rechte und Obhutspflichten gegenüber Bürgern der DDR." Am 8. August schließt die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in Ostberlin ihre Tore für neue Flüchtlinge.