Elf99 startet: Jugendsendung mit Auftrag

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1. September 1989 - Auf dem Weg zur Deutschen Einheit Elf99 startet: Jugendsendung mit Auftrag

1. September 1989: Im DDR-Fernsehen startet eine neue Jugendsendung: „Elf99“. Geplant als FDJ-Veranstaltung im Westgewand entwickelt das Format eine ganz eigene Dynamik. Immer häufiger werden Themen kritisch hinterfragt, die Opposition kommt zu Wort. Erstmals berichtet ein Fernsehteam aus der Villensiedlung der SED-Führung in Wandlitz bei Berlin.

2 Min. Lesedauer

Am 1. September 1989, zu Beginn des politisch heißen Herbstes in der ehemaligen DDR, erschien das 'Elf 99'-Logo erstmals auf den Bildschirmen. Seitdem sorgten Rekord-Einschaltquoten für eine zunehmende Konkurrenz zu althergebrachten Jugendsendungen …

Jugendsendung-Elf99

Foto: picture-alliance/dpa/Lehmann

Neue Sendung soll DDR-Jugendliche für den Staat begeistern

In der Sowjetunion stehen die Zeichen auf Glasnost, in Polen auf Demokratie. Der DDR laufen im Sommer 1989 die Menschen weg. Ihrem Staatsfernsehen die Zuschauer. Es schwindet das Interesse an einem Programm, das einfach nicht berichtet, was die Menschen bewegt.

Das Zentralkomitee der SED entschließt sich zur Flucht nach vorn. Wenigstens beim Fernsehen. Ein neues Jugendprogramm soll die Begeisterung der DDR-Jugendlichen für Westmedien und -stars aufgreifen und sie für die sozialistische Sache nutzen.

Jugendsendung mit ideologischen Auftrag

Nach der Postleitzahl des Studios in Berlin-Adlershof wird das neue Magazin „Elf99“ getauft. Die Redaktion führt verschiedene Formate zu einer Sendung zusammen: Reportagen, Musikvideos, Sport, Diskussionen. Zunächst einmal, später sogar zweimal pro Woche.

Der ideologische Auftrag ist klar. Auch „Elf99“ soll die Überlegenheit des Sozialismus demonstrieren und das westliche System gehörig in Misskredit bringen. Nur interessanter und bunter soll es jetzt sein, überzeugender.

Aufwand und Geld spielen keine Rolle. Das vielköpfige Team verfügt über ein großes modernes Studio nach westlichem Standard. Die lange verpönte Musik des Klassenfeinds ist plötzlich erlaubt. Sogar amerikanische Spielfilme wie „Dirty Dancing“ werden gezeigt.

Von der Propaganda zur offenen Kritik

Doch was als FDJ-Veranstaltung im Westgewand geplant worden war, entwickelt seine eigene Dynamik. Mit den Menschen im Land wird auch die Redaktion von „Elf99“ zusehends mutiger. Statt der üblichen Propaganda gibt das Jugendmagazin nun offener Kritik Raum, traut sich nachzufragen.

"Wir waren letztendlich nicht mehr anzuhalten", erzählt die ehemalige Elf99-Moderatorin Victoria Herrmann. "Wir haben das gemacht, wovon wir überzeugt waren."

In den Wochen vor dem Fall der Mauer und in den Monaten danach sendet „Elf99“ erstmals unzensierte Interviews. Die Opposition kommt zu Wort. Die Reporter bemühen sich um Blicke hinter die Kulissen des DDR-Staatsapparats. Bis heute unvergessen: die Reportage aus dem Villenviertel der SED-Führung vor den Toren Berlins und der Bericht vom Sturm auf das Ministerium für Staatssicherheit.

Nach der Wende existiert "Elf99" noch einige Jahre im Privatfernsehen weiter, kann sich am Markt aber nicht auf Dauer durchsetzen. Sein eigentliches Ziel, junge Menschen endlich wieder für die DDR zu begeistern, hat das Magazin bekanntlich nie erreicht. Damit wäre wohl jedes Programm überfordert gewesen. Doch Elf99 bleibt bis heute unvergessen als eine Sendung, die offen, kritisch und manchmal frech, den Sozialismus in der DDR in Frage stellte.