Bundeskanzler Scholz in Ostafrika
Kanzler Scholz ist für drei Tage nach Äthiopien und Kenia gereist. Dabei ging es um viele wichtige Themen: die Bekämpfung des Klimawandels, aktuelle Konflikte und die wirtschaftliche Zusammenarbeit. In Nairobi traf der Kanzler Kenias Staatspräsidenten Ruto – besonders freute er sich über eine Ankündigung zum Klimaschutz.
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„Wir müssen uns einstellen auf eine Welt, die multipolar sein wird und in der viele Länder des globalen Südens eine große Bedeutung bekommen werden“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz bei seiner Ankunft in Ostafrika. Bei einer dreitägigen Reise nach Äthiopien und Kenia ist er er mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Kultur ins Gespräch gekommen. Es war seine erste offizielle Reise in die Region und seine zweite nach Afrika. Am Freitag traf der Bundeskanzler den kenianischen Staatspräsidenten William Ruto in Nairobi.
Kenia: Wichtigster Partner in Ostafrika
Deutschland und Kenia pflegen eine langjährige Freundschaft – Deutschland hatte die Republik nach ihrer Unabhängigkeit 1963 als erstes Land anerkannt. Ganz in diesem Zeichen empfing Kanzler Scholz den Staatspräsidenten vor erst sechs Wochen in Berlin.
Dies steht aber auch für die gute und freundschaftliche Zusammenarbeit über die vergangenen Jahrzehnte: Beide Länder haben, so der Kanzler, „das bilaterale Verhältnis weiterentwickelt, in multilateralen Foren zusammengearbeitet, aber vor allem auch die Freundschaft zwischen unseren beiden Völkern und Gesellschaften vorangebracht.“ Es sei daher nun richtig, wie beide betonten, dieser Partnerschaft einen strategischen Rahmen zu geben. Entsprechend groß waren die Themen: von der Bekämpfung des Klimawandels, über die sicherheitspolitischen Rolle Kenias bis hin zur wirtschaftliche Zusammenarbeit und Fachkräfteeinwanderung.
„Ein inspirierender Klimachampion“
Ganz besonders gefreut hat sich der Kanzler dabei über die Ankündigung Rutos, dem internationalen Klimaclub beizutreten – einer deutschen G7-Initiative, die die ambitionierte und schnelle Umsetzung des Pariser Klimaabkommens vorantreibt. Scholz unterstrich, dass Kenia bereits jetzt eine führende Rolle im Bereich Klimaschutz habe. Der Kanzler zeigte sich beeindruckt, dass in Kenia bereits mehr als 90 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energieträgern produziert wird und bis 2030 100 Prozent erreicht werden sollen. Damit habe Kenia eine große Strahlkraft in Afrika und darüber hinaus.
Dies unterstütze Deutschland auch. Im vergangenen Jahr vereinbarten Deutschland und Kenia beispielsweise eine Klima- und Entwicklungspartnerschaft, mit der die Zusammenarbeit in den Bereichen Erneuerbare Energien, Wasserstoff und Dürre-Resilienz in der Landwirtschaft vertieft werden soll. Nun sagte der Kanzler auch weitere finanzielle und technische Unterstützung für die Ausrichtung des Afrikanischen Klimaschutzgipfels durch Kenia zu, ebenso für das Geothermiekraftwerk Olkaria.
Besuch des Geothermiekraftwerks Olkaria
Das Geothermiekraftwerk am Lake Naivasha besuchte der Bundeskanzler als letzte Station seiner Reise am Samstag. Es handelt sich um das größte in Afrika. Mit der neuen Zusage weiterer 45 Millionen Euro für den Ausbau der Kapazitäten des Kraftwerks beläuft sich die deutsche Unterstützung daran auf insgesamt 215 Millionen Euro.
Am Kraftwerk Olkaria verwies der Kanzler auf die Möglichkeit, neben Strom auch Wasserstoff zu produzieren und grüne Düngemittel herzustellen – was für die wirtschaftliche Entwicklung vor Ort wichtig sei und gleichzeitig gute Auswirkungen auf die Klimabilanz des Landes habe. „Für uns in Deutschland spielt Geothermie auch eine Rolle“, sagte der Kanzler. Die Technologie könne gut eingesetzt werden, wie die Einweihung einer Anlage in Schwerin vor Kurzem zeige.
Fotoreihe: Bundeskanzler Scholz in Kenia
„Ein stabilisierender Akteur in einer sehr unruhigen Region“
Einig war sich Scholz mit Ruto auch in der Bewältigung regionaler und globaler Konflikte. Gleichzeitig sei der Kanzler auch überzeugt, dass Initiativen für Frieden und Stabilität in Afrika, die von den afrikanischen Staaten selbst geführt werden, ganz besonders wichtig seien.
Deutschland wisse es daher sehr zu schätzen, was Kenia an Vermittlungsbemühungen auf den Weg gebracht habe. Der Bundeskanzler unterstrich hier unter anderem das jüngste Engagement Kenias im Konflikt im Sudan, wo nun auch unbedingt ein Übergang zu einer zivilen Regierung gelingen müsse. Diese Bemühungen seien unverzichtbare Unterstützungsleistungen, die Deutschland gerne unterstütze, so der Kanzler.
Zusammenarbeit bei Wirtschaft und Fachkräfteeinwanderung
Auch die wirtschaftliche Zusammenarbeit und Fachkräfteeinwanderung waren Thema. Unternehmen beider Länder seien gut vernetzt, so Scholz. Er begrüßte es daher, dass Kenia bereit sei, sich dem „Compact with Africa“ anzuschließen, einer Initiative der deutschen G20-Präsidentschaft zur Stärkung privater Investitionen.
Es bestehe ebenso großes Potenzial für die Fachkräftemigration in vielen Bereichen der Wirtschaft, ein Thema das auch der kenianische Staatspräsident unterstrich. Deutschland wolle daher verstärkt reguläre, legale Zuwanderungsmöglichkeiten für jene schaffen, die in Deutschland arbeiten wollen.
Afrikanische Union: Eine Partnerschaft auf Augenhöhe
Bereits am Donnerstag war Bundeskanzler Scholz in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba mit dem Präsidenten der Kommission der Afrikanischen Union, Moussa Faki Mahamat, zusammengekommen. Scholz stellte in Aussicht, dass ein Sitz der AU in der G20 „in nicht allzu ferner Zeit“ liege: „Das gebietet der Respekt vor dem Kontinent und seinen vielen Staaten und auch seiner wachsenden Bevölkerung.“
Im Zentrum des Gesprächs standen die verschiedenen Konflikte in den Regionen Afrikas – allen voran der Konflikt im Sudan. Scholz betonte die zentrale Rolle der AU in der friedlichen Konfliktbeilegung und sicherte die deutsche Unterstützung zu. Dabei verwies er auf die bereits bestehenden deutschen Beiträge in anderen regionalen Konflikten, etwa in Libyen oder der Sahelregion.
Letztlich gehe es ihm „um einen neuen Aufbruch im Nord-Süd-Verhältnis“, betonte Scholz. Dies bedeute, auch die afrikanischen Länder ganz neu in den Blick zu nehmen und Partnerschaften auf Augenhöhe zu begründen. Der russische Angriff auf die Ukraine und seine Folgen für die ganze Welt haben gezeigt, wie wichtig internationale Zusammenarbeit ist. Deutschland werde daher – auch in den Vereinten Nationen – dazu beitragen, dass die Ernährungssicherheit in Afrika gewährleistet ist. Dazu gehöre, dass die Abhängigkeit eines Kontinents wie Afrika von Importen von Düngemitteln beendet werden müsse.
Fotoreihe: Bundeskanzler Scholz in Äthiopien
Deutsches Engagement auf dem Afrikanischen Kontinent
Die Bundesregierung verstärkt in verschiedenen Regionen Afrikas ihr außen-, verteidigungs- und entwicklungspolitisches Engagement. Bereits im Mai 2022 hatte Bundeskanzler Scholz bei einer mehrtägigen Reise die drei west- und südafrikanischen Staaten Senegal, Niger und Südafrika besucht. Schwerpunkte waren die Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen wie auch die verstärkte sicherheitspolitische Unterstützung und Entwicklungszusammenarbeit.
Auch in der Sahel-Region, die immer stärker von den Auswirkungen des Klimawandels, von Ressourcenknappheit, einem rasanten Bevölkerungswachstum und militärischen Konflikten betroffen ist, wird sich Deutschland künftig verstärkt einbringen. Dazu gehört die letztmalige Verlängerung des Minusma-Einsatzes der Bundeswehr in Mali, die Intensivierung der zivilen Unterstützung für die Region (unter anderem durch die Sahel-Plus-Initiative) und ein verstärktes Engagement im Sicherheitsbereich in Ländern wie Niger, Mauretanien und den Staaten am Golf von Guinea.
Äthiopien: Gespräche über Fortsetzung des Friedensprozesses
Ebenfalls traf Bundeskanzler Scholz in Äthiopien Premierminister Abiy Ahmed, den Leiter der Interimsverwaltung der Provinz Tigray, Gatchew Reda, und die äthiopische Staatspräsidentin Sahle-Work. Bei den Gesprächen wirkte er auf die Fortsetzung des Friedensprozesses im Land hin.
Es sei gut, so Scholz, dass es gelungen sei, den Krieg zu deeskalieren. Aber: „Es sind noch lange nicht wieder ordentliche Verhältnisse eingetreten.“ Daher müsse der Prozess der Aufarbeitung der Verbrechen fortgesetzt und die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Volksgruppen in Äthiopien weiter gefördert werden.
Erst im November 2022 einigten sich die Konfliktparteien in der Region Tigray auf eine Waffenruhe nach langjährigem Konflikt mit zahlreichen Toten und schwersten Menschenrechtsverletzungen. Zudem war die Situation im Sudan ein wichtiges Gesprächsthema.