"Wir haben uns diesen Tag nicht gewünscht, denn wir verlieren einen wichtigen Mitgliedstaat", so Kanzlerin Merkel zum Antrag Großbritanniens auf Austritt aus der EU. Die Bundesregierung werde sich dafür einsetzen, dass die Folgen des Brexit für EU-Bürger in Großbritannien möglichst gering ausfallen.
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Am Freitagmorgen wurde der Entwurf der Leitlinien des Europäischen Rates über den Austritt Großbritanniens an die EU-Mitglieder übermittelt. "Alle Mitgliedstaaten – so auch Deutschland – werden diesen Entwurf nun sehr sorgfältig prüfen." Das sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Die Leitlinien werden Seibert zufolge dann unter den 27 Mitgliedstaaten beraten und sollen bei einem Sondertreffen des Europäischen Rates am 29. April beschlossen werden.
Der britische EU-Botschafter in Brüssel, Tim Barrow, hatte am Mittwoch (29. März) in Brüssel das offizielle Austrittsgesuch Großbritanniens an den Präsidenten des Europäischen Rats, Donald Tusk, übergeben. Es ist das erste Mal in der Geschichte des vereinten Europas, dass ein Mitgliedstaat aus der EU austreten will. Das britische Volk hatte am 23. Juni 2016 für den Brexit votiert.
Das britische Schreiben bringe mehr Klarheit darüber, "wie sich die britische Seite den weiteren Weg vorstellt und welche Ziele Großbritannien in den Verhandlungen verfolgen will", hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch in Berlin geäußert.
"Die Bundesregierung hat sich auf diesen Prozess gut vorbereitet und sie wird sich zu allen aufkommenden Fragen natürlich positionieren", bekräftigte Merkel. "Wir als Europäische Union werden die kommenden Gespräche fair und konstruktiv führen", so die Kanzlerin.
Die britische Premierministerin Theresa May habe ihr am Dienstagabend (28. März) in einem Telefonat zugesichert, dass auch die britische Regierung in diesem Geiste an die Verhandlungen herangehe. "Ich wünsche, dass Großbritannien und die EU enge Partner bleiben", sagte die Kanzlerin, schon weil man gemeinsame Werte teile. "Auf Basis dieser Werte und fairer Regeln streben wir ein ausgewogenes Verhältnis von Rechte und Pflichten an."
Auch Außenminister Sigmar Gabriel äußerte sich am Mittwoch: "Großbritannien bleibt unser Nachbar, wie die Europäische Union für die Briten. Wir brauchen einander", hob er hervor. "Wir sollten alles tun, um auch in Zukunft gute und freundschaftliche Beziehungen mit London zu pflegen."
Es sei daher gut, "dass auch die Briten klar gemacht haben, sich eine starke Europäische Union zu wünschen." Für Deutschland sei es klare Richtschnur für die Verhandlungen, "dass das Europa der 27 beieinander bleibt, und wir das große europäische Einigungswerk nicht nur bewahren, sondern weiterentwickeln und uns auch für künftige Stürme rüsten", so Gabriel.
Kanzlerin Merkel zeigte sich sicher: "Die Europäische Union ist eine historisch einmalige Erfolgsgeschichte. Sie bleibt es auch nach dem Austritt Großbritanniens. Dafür tragen wir Sorge."
Nun muss die EU mit Großbritannien ein Abkommen verhandeln, in dem die Einzelheiten des Austritts geregelt werden, möglichst innerhalb von zwei Jahren. Denn mit der Übergabe des Austrittsgesuchs beginnt eine Zwei-Jahres-Frist, so steht es in Artikel 50 des EU-Vertrages. Demnach endet spätestens im März 2019 die britische EU-Mitgliedschaft – es sei denn, der Europäische Rat und Großbritannien beschließen einstimmig, die Frist zu verlängern.
Die Vorbereitungen für die Austrittsverhandlungen der EU mit Großbritannien laufen. So hat die EU-Kommission Michel Barnier zu ihrem Chefunterhändler für die Verhandlungen mit Großbritannien ernannt.
Auch die Bundesregierung trifft Vorbereitungen: Am 18. Januar tagte zum ersten Mal der Kabinettsausschuss "Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union". Vorsitzende ist die Bundeskanzlerin, stellvertretender Vorsitzender ist Außenminister Gabriel.
Im Vertrag über die Europäische Union ist das Recht eines Mitgliedstaates verankert, aus der EU auszutreten. In Artikel 50 des EU-Vertrages ist das Austrittsverfahren festgelegt.
Die nächsten Schritte nach dem Brexit-Antrag erklärt auch dieses Facebook-Video anschaulich.