Minsker Abkommen umsetzen

Ukraine-Krise Minsker Abkommen umsetzen

Verletzungen des Waffenstillstands, Berichte über russische Waffenlieferungen an Separatisten - die jüngsten Entwicklungen in der Ostukraine stimmen Bundeskanzlerin Merkel besorgt. Die richtige Grundlage, um die Lage zu verbessern, bleibe die Minsker Vereinbarung: Diese müsse umfassend umgesetzt werden.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel findet es "bedenklich", dass die territoriale Integrität der Ukraine verletzt wird und das Minsker Abkommen nicht eingehalten wird. Am Rande ihres Besuchs in Neuseeland zeigte sich die Kanzlerin auch beunruhigt über Berichte von Waffenlieferungen an Separatisten im Osten der Ukraine.

In der Regierungspresskonferenz am Freitag ergänzte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz, die Bundesregierung beobachte die Entwicklung "mit großer Sorge". Sie habe "immer wieder darauf hingewiesen und darauf hingewirkt", dass die Minsker Vereinbarungen einzuhalten seien. Dementsprechend habe man auch immer wieder "an alle beteiligten Kräfte appelliert", erinnerte Wirtz.

Auch jetzt könne sie den mehrmaligen Appell der Bundeskanzlerin an Russland, "dass die Einflussmöglichkeiten auf die pro-russischen Separatisten wahrgenommen werden", nur wiederholen. Die Kanzlerin werde die Gelegenheit nutzen, dies auch beim G20-Gipfel anzusprechen.

Bilaterales Treffen möglich

Bundeskanzlerin Merkel reiste am Freitag weiter nach Brisbane zum G20-Gipfel. Sie kündigte an, dass die jüngste Entwicklung in der Ukraine auch Thema des Gipfels sein wird. Ob es auch zu einem Gespräch zwischen Merkel und dem russischen Präsidenten Putin kommt, ließ die Kanzlerin noch offen, sagte aber: "Es gibt durchaus Chancen, dass es zu einem Treffen kommt".

In der Regierungspresskonferenz am Freitag erklärte die Regierungssprecherin Wirtz hierzu: "Ich halte ein solches Treffen nicht für ausgeschlossen." Sie könne dies aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht bestätigen.

Konflikt im Gespräch entschärfen

Wirtz hob das Engagement der Kanzlerin hervor. Es sei bekannt, dass Merkel "seit Wochen und Monaten, im Grunde genommen seit Beginn der Krise", im Gespräch mit dem russischen Präsidenten sei. In diesen Gesprächen lege die Kanzlerin auch "immer wieder die Interessenlage der deutschen Bundesregierung, der europäischen Partner" dar, sagte die Sprecherin.

Dabei nehme sie natürlich auch zur Kenntnis, was Putin zu sagen habe. Insofern sei der Bundeskanzlerin besonders wichtig, "dass dieser Gesprächsfaden nicht abreißt, um auf diese Weise auch einen Teil dazu beizutragen, die Situation an der ukrainisch-russischen Grenze zu entspannen", betonte Wirtz.

Am Montag diskutieren in Brüssel die Außenminister der EU-Staaten die Lage in der Ukraine und das Verhältnis der Europäischen Union zu Russland. Am Dienstag plant Außenminister Frank-Walter Steinmeier dann, zu Gesprächen nach Russland und in die Ukraine zu reisen. Das sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer.

Aufforderung zur Einhaltung der Waffenruhe

Schäfer warnte, in dieser "Phase, in der sich die Wörter wieder gegenseitig aufschaukeln" und in der man militärische Bewegungen beobachten könne, müssten "alle kühlen Kopf bewahren." Der Waffenstillstand sei seit September zwar nie wirklich eingehalten worden. Gleichwohl sei er "ein richtiges und von uns unterstütztes Mittel zur Beruhigung der Lage", betonte der Sprecher.

Hierzu gebe es keine Alternative, denn es gebe "sicher keine militärische Lösung - für wen auch immer." Daher Schäfers "eindringlicher Appell an alle": "Mit Worten miteinander zu sprechen - in der Kontaktgruppe oder in anderen Formaten -, aber jedenfalls nicht aufeinander zu schießen."

Minsker Vereinbarung bleibt Grundlage

Am Dienstag hatte die Kanzlerin mit dem ukrainischen Staatspräsidenten Petro Poroschenko telefoniert. Beide teilten die Sorge über eine Zunahme der Verletzungen des Waffenstillstandes und über Berichte, wonach die Separatisten in der Ostukraine weitere Waffen aus Russland erhielten. Das erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert im Anschluss an das Gespräch.

Seibert bekräftigte, die Minsker Vereinbarung sei weiter die richtige Grundlage für eine Verbesserung der Lage und müsse umfassend umgesetzt werden. Dazu gehörten auch die Überwachung der russisch-ukrainischen Grenze und der Abzug von illegalen bewaffneten Einheiten, militärischem Gerät sowie Kämpfern und Söldnern vom Hoheitsgebiet der Ukraine.

Russland müsse selbst seinen Beitrag zur Umsetzung leisten und auf die Separatisten in diesem Sinne einwirken, statt zur Erosion der Minsker Vereinbarung beizutragen. Ziel bleibe eine souveräne Ukraine mit voller territorialer Integrität, die über ihr eigenes Schicksal entscheiden könne. Eine neue Eskalation gelte es ebenso zu vermeiden wie einen gefrorenen Konflikt, so der Regierungssprecher.

Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz betonte in der Regierungspressekonferenz am Mittwoch die Verantwortung Russlands: "Die Bundesregierung hat immer wieder deutlich gemacht und immer wieder an den russischen Präsidenten appelliert, dass er seine Einflussmöglichkeiten auf die Separatisten nutzt und damit auch sicherlich zu einer Deeskalation vor Ort beiträgt."

Truppenbewegungen in der Ukraine

In den vergangenen Tagen waren aus der Ukraine Meldungen über neue Truppenbewegungen bekannt geworden. Zugleich scheinen die Kampfhandlungen wieder zugenommen zu haben. Mit Blick auf den Winter und die humanitäre Lage wies Kanzlerin Merkel erneut auf die Notwendigkeit eines Waffenstillstands hin.

"Wir sind nicht mit dem zufrieden, was eigentlich im Minsker Abkommen stand, weil wesentliche Teile dieses Abkommens nicht umgesetzt sind", erklärte Merkel am Dienstag am Rande der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem pakistanischen Ministerpräsidenten Nawaz Sharif. Die Bundeskanzlerin wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es keine richtige Waffenruhe gebe. Die Markierungslinie sei immer noch nicht so gezogen, dass es beiderseitiges Einverständnis darüber gebe. Sie werde das sowohl mit dem ukrainischen Präsidenten wie auch mit dem russischen Präsidenten besprechen.

Sanktionen bleiben auf der Tagesordnung

Vor dem Hintergrund der nicht-legitimen Wahlen in der Ostukraine am 2. November fuhr Merkel fort, "dass wir uns einmal anschauen, ob es in Bezug auf die Listung von Personen, die gerade mit diesen illegalen Personen zu tun haben, noch Handlungsbedarf besteht." Dieser Prozess sei jetzt im Gange. Darüber hinaus seien im Augenblick keine weitere Wirtschaftssanktionen geplant. "Wir fokussieren uns darauf, endlich - auch mit Blick auf den Winter und auf die humanitäre Lage - einen Waffenstillstand hinzubekommen."

Regierungssprecherin Wirtz sagte, die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung über einzelne Maßnahmen laufe noch. "Alles Weitere muss man jetzt sehr genau beobachten - und, wie gesagt: mit einer großen Sensibilität und Bereitschaft, notwendigenfalls auch andere, weitere Maßnahmen zu treffen."

Krise friedlich lösen

Am Montag, den 10. November, hatte Regierungssprecher Seibert bekräftigt, dass Deutschland alles unternehme, um in der Ukraine den Weg hin zu Freiheit und einer friedlichen Stabilisierung der Lage zu unterstützen. Ziel aller Bemühungen sei "eine Lage, in der die Menschen in der gesamten Ukraine ihrem Leben nachgehen können ohne Angst vor permanenter Eskalation, vor Krieg und vor wirtschaftlicher Not", so Seibert.

Das sei seit langem die Haltung der Bundesregierung. Er fügte hinzu: "Aber wir benennen eben auch Unrecht als solches. Wir benennen es ganz klar, wenn das internationale Recht gebrochen wird."

Deutschland sei nicht allein, sondern handele gemeinsam mit seinen europäischen und transatlantischen Partnern. Die Welt habe in der Ukraine eine schwere Krise zu lösen. Deutschland - "die Kanzlerin, der Außenminister" - bemühe sich, an der Lösung dieser Krise auf der Basis der territorialen Integrität und Souveränität der Ukraine zu arbeiten, sagte Seibert.