Merkel in ernster Besorgnis

Ukraine-Krise Merkel in ernster Besorgnis

Die Kanzlerin hat in einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko ihre ernste Besorgnis über Meldungen ausgedrückt, die von erneuten russischen Truppenbewegungen auf ukrainisches Gebiet sprechen. Die von den Separatisten abgehaltenen Wahlen in der Ostukraine erkennt die Bundesregierung nicht an.

3 Min. Lesedauer

Die Kanzlerin telefonierte am Freitag mit dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko. Dabei informierte sie sich über die aktuellen Entwicklungen in der Ostukraine, insbesondere über die sich aufgrund anhaltender Kämpfe weiter verschlechternde humanitäre Lage in den von den Separatisten kontrollierten Gebieten.

Die Bundeskanzlerin drückte ihre ernste Besorgnis über jüngste Meldungen aus, die von erneuten russischen Truppenbewegungen auf ukrainisches Gebiet sprechen. Merkel und Poroschenko bekräftigten die Notwendigkeit, eine umfassende Waffenruhe und alle weiteren Punkte der Minsker Vereinbarung umgehend umzusetzen.

Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz stellte am Freitag mit Blick auf die Beziehungen zu Russland klar, die Bundeskanzlerin stehe "in einem sehr engagierten Austausch mit dem russischen Präsidenten." Ihm gegenüber habe sie "ihre Haltung in Bezug auf die Ukraine-Krise immer wieder deutlich gemacht." Wichtig sei jetzt, dass der Gesprächsfaden nicht abreiße und das Ukraine-Problem konstruktiv gelöst werde.

Weitere Sanktionen prüfen

Bundeskanzlerin Angela Merkel will Konsequenzen aus der illegalen Abstimmung im Osten der Ukraine ziehen: "Wir sollten uns noch einmal die Listung von bestimmten Persönlichkeiten anschauen, die jetzt aufgrund dieser illegitimen Wahlen in der Ostukraine Verantwortung haben", hatte sie am Mittwoch, den 5. November, in Berlin erklärt.

An den übrigen Sanktionen werde Deutschland festhalten, denn derzeit gebe es "natürlich keinerlei Möglichkeit, verhängte Sanktionen jetzt zu erleichtern oder aufzuheben." Zunächst müsse man zum Minsker Abkommen zurückkehren und "schnellstmöglich einen wirklichen Waffenstillstand schaffen", forderte die Kanzlerin. Immerhin seien "jeden Tag viele, viele Tote" zu beklagen, weit über 300 in den letzten Tagen und Wochen.

Keine Anerkennung

Bereits am 3. November hatte Regierungssprecher Steffen Seibert die Abstimmung vom Wochenende als verfassungswidrig kritisiert: "Diese sogenannten 'Wahlen' widersprechen dem Buchstaben und dem Geist der Minsker Vereinbarungen und sie sind weder im Einklang mit dem ukrainischen Recht noch mit der ukrainischen Verfassung durchgeführt worden."

Außenminister Frank-Walter Steinmeier hatte sich von Indonesien aus ähnlich geäußert: Die Minsker Vereinbarung müsse "die Richtschnur und der Maßstab für alle Bemühungen um eine Entspannung des Konflikts sein". Souveränität und territoriale Einheit der Ukraine dürften nicht angetastet werden.

Die ukrainische Zentralregierung hat für den 7. Dezember 2014 Kommunalwahlen im Raum Donezk und Lugansk angesetzt. In diesem Gebiet üben derzeit Separatisten die Regierungsmacht aus. Sie hatten am 2. November sogenannte Republikswahlen durchgeführt.

Über die Hohe Außenbeauftragte Federica Mogherini hatte die Europäische Union bereits am 2. November erklärt, dass die EU weder die Abstimmungen noch ihre Ergebnisse akzeptieren werde.

"Wahlen" ohne rechtliche Wirkung

Nach Angaben des Regierungssprechers könnten die sogenannten Wahlen "keinerlei rechtliche Relevanz" entfalten und daher auch nicht zur Stabilisierung der Lage oder zur Stärkung der territorialen Integrität beitragen. "Im Gegenteil: Sie erschweren die Krise erneut", so Steffen Seibert in der Regierungspressekonferenz vom 3. November.

Nach bisher vorliegenden Erkenntnissen seien die Abstimmungen in Donezk und Lugansk zudem auch in der Durchführung "überaus fragwürdig" gewesen, sagte der Sprecher. Es sei von fehlenden Wahllisten die Rede, auch seien die Wahlbezirke nicht klar identifiziert gewesen. Außerdem lägen die Angaben zur Wahlbeteiligung teilweise über der Anzahl der Bevölkerung, die nach den Kampfhandlungen noch in den von pro-russischen Separatisten besetzten Gebieten leben.

Fragwürdiges Demokratieverständnis

Zum Teil seien Ergebnisse auch bereits vor der Auszählung bekanntgegeben worden - "was eine besondere Form von Demokratieverständnis verrät", kritisierte Seibert. Es sei unverständlich, dass offizielle russische Stimmen die Wahlen nun respektieren oder anerkennen: "Das widerspricht dem Bemühen, über eine Umsetzung der Minsker Vereinbarungen vom 5. September dieses Jahres zu einer Verbesserung der Lage in der Ukraine zu kommen", stellte der Regierungssprecher klar.

"Wir bedauern die Entwicklung dieses Wochenendes, weil diese sogenannten Wahlen, in der Art und Weise, wie sie abgehalten worden sind, erkennbar kein Schritt sind, um Frieden und Stabilität in die Ostukraine zu bringen."

Russland dringend gefordert

Es bleibe daher, so Seibert, die "dringende Forderung der Bundesregierung an Russland", alles für die Umsetzung des Minsker Protokolls und die Umsetzung eines umgehenden Waffenstillstands zu tun. Der Konflikt müsse unter Wahrung der territorialen Integrität der Ukraine beendet werden. Seibert sagte, Berichte über eine erneute Verlegung von Kämpfern und Waffen von Russland in Richtung Lugansk und Donezk "muss man natürlich sehr eingehend beobachten. Das macht auch Sorge."