Internationales Recht einhalten

Merkel auf der Sicherheitskonferenz Internationales Recht einhalten

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz hat die Kanzlerin die Rolle der internationalen Staatengemeinschaft bei der Bewältigung der aktuellen Herausforderungen unterstrichen. Zur Ukraine-Krise erklärte sie: "Wir wollen die Sicherheit in Europa gemeinsam mit Russland gestalten, nicht gegen Russland."

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Bundeskanzlerin Angela Merkel hält auf der 51. Münchner Sicherheitskonferenz eine Rede.

Merkel: Wer Sicherheit und Stabilität will, muss die Regeln der internationalen Gemeinschaft akzeptieren.

Foto: Bundesregierung/Steins

Nach dem Meinungsaustausch zwischen Bundeskanzlerin Merkel, dem französischen Staatspräsidenten Hollande und Russlands Präsident Putin am Freitagabend galt das besondere Interesse des Publikums dem Ukraine-Konflikt.

Ob diese Gespräche Erfolg hätten, sei ungewiss, erklärte Merkel. Aber Hollande und sie seien überzeugt, dass es auf jeden Fall wert sei, diesen Versuch zu wagen. "Ich glaube, wir schulden es allein schon den betroffenen Menschen in der Ukraine."

Russland habe die nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffene Friedensordnung verletzt, deren Bedeutung Merkel zu Beginn ihrer Rede hervorhob. Die territoriale Integrität der Ukraine werde durch Russland ebenso missachtet wie ihre staatliche Souveränität, das Völkerrecht werde gebrochen. Dieses Verhalten stehe klar im Widerspruch zur Schlussakte von Helsinki, betonte die Kanzlerin.

Sicherheit gemeinsam gestalten

"Deshalb macht die EU gemeinsam mit unseren transatlantischen Partnern deutlich, dass eine Politik, die auf eine gewaltsame Veränderung der Grenzen in Europa abzielt, im 21. Jahrhundert keinen Platz haben darf." Niemand habe, so Merkel, ein Interesse an einer neuen Spaltung in Europa und schon gar nicht an einer Konfrontation mit dem Risiko unkontrollierbarer Eskalation.

"Wir wollen Sicherheit in Europa gemeinsam mit Russland gestalten, nicht gegen Russland", betonte Merkel. Das gelte für die europäische und die transatlantische Sicherheitsordnung, aber auch für die Bewältigung gemeinsamer internationaler Herausforderungen, von der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen bis hin zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus.

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Video Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel auf der Münchener Sicherheitskonferenz 2015

Minsker Abkommen mit Leben erfüllen

Merkel unterstrich in diesem Zusammenhand die Bedeutung der internationalen Ordnung. Das setze allerdings den Willen aller Beteiligten voraus, an den Grundprinzipien dieser Ordnung festzuhalten. Dazu müsse Russland auch in der Ukraine-Krise seinen Beitrag leisten.

"Militärisch ist diese Krise nicht zu lösen", betonte die Kanzlerin. Waffenlieferungen an die Ukraine erteilte Merkel in der anschließenden Diskussionsrunde eine Absage. Fortschritte, die die Ukraine brauche, könnten durch noch mehr Waffen nicht erreicht werden, betonte sie.

"Wer langfristig Sicherheit, Stabilität und das Wohlergehen seiner Bevölkerung sichern will, muss als Teil der internationalen Gemeinschaft die Regeln dieser internationalen Gemeinschaft akzeptieren. Wir in Europa werden uns gemeinsam mit unseren Partnern immer für unsere Werte und die europäische Friedensordnung einsetzen", fuhr Merkel in ihrer Rede fort.

Besondere Rolle der OSZE

Wichtige Rollen sprach die Kanzlerin der Nato und insbesondere der OSZE zu. Als ein Forum für Dialog und Vertrauensbildung in Europa habe die OSZE im letzten Jahr ihre Werte nachdrücklich unter Beweis gestellt.

Um zur Vertrauensbildung und Kooperation zurückzukehren, werde es entscheidend darauf ankommen, dass sich alle Teilnehmerstaaten zu den OSZE-Prinzipien bekennen, "und zwar in Wort und Tat", so Merkel.

Einsatz für Freihandelsabkommen

Die Einbindung wirtschaftlicher Interessen ist aus Sicht der Kanzlerin ebenfalls wichtiger Bestandteil zur Lösung der Konflikte. Protektionismus und Abschottung bezeichnete Merkel als "gescheiterte Rezepte der Vergangenheit". Sie passten nicht in die heutige, von Freihandelsabkommen geprägte Zeit.

"Deshalb werden wir uns von deutscher Seite auch mit aller Entschiedenheit für den Abschluss eines Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten von Amerika einsetzen, denn wir wollen nicht zusehen, wie der gesamte asiatische Raum ein Freihandelsabkommen nach dem anderen abschließt und Europa hier zurückfällt", so Merkel.

Die Bundeskanzlerin unterstrich in diesem Zusammenhang das langfristige Ziel, einem gemeinsamen Wirtschaftsraum von Wladiwostok über Lissabon bis Vancouver näher zu kommen. Die dazu notwendige Gespräche auch zwischen der EU-Kommission und der Eurasischen Union unterstützt die Kanzlerin. Voraussetzung für solche Gespräche und erst recht für den Erfolg sei aber natürlich die Überwindung der Ukraine-Krise auf der Grundlage des internationalen Rechts.

Kampf gegen den islamistischen Terror

Unter den vielfältigen Konfliktherden hob die Kanzlerin besonders die Situation in Syrien und im Irak sowie in Nigeria hervor: "Die Implosion der staatlichen Ordnung in Syrien hat gravierende Auswirkungen auf die Region. Die Terrorgruppe IS bedroht die Stabilität Syriens, des Irak und der ganzen Region. IS verfolgt und ermordet alle Menschen, die sich seinem Herrschaftswillen nicht unterwerfen, und agiert dabei grenzüberschreitend."

Ähnliches sei derzeit in Westafrika zu beobachten. Die Terrorgruppe Boko Haram nutze die Schwäche staatlicher Strukturen aus, profitiere von der tatsächlichen oder vermeintlichen Benachteiligung breiter Bevölkerungsschichten, und tyrannisiere unschuldige Menschen über die Landesgrenzen Nigerias hinweg mit barbarischem Terror.

Merkel begrüßte, dass sich die internationale Staatengemeinschaft - zahlreiche arabische und muslimische Staaten eingeschlossen - diesem Morden entschlossen entgegen stelle. Deutschland nutze unter anderem auch die gegenwärtige deutsche G7-Präsidentschaft dazu weiterhin, um intensiv daran zu arbeiten, den Strom aus Finanzen und Kämpfern für den internationalen Terrorismus nachhaltig einzudämmen, versicherte die Kanzlerin

Weiter internationale Unterstützung für Afghanistan

Zur Situation in Afghanistan erklärte Merkel: "Wir haben vor allem unser wichtigstes Ziel erreicht: Von Afghanistan geht heute keine internationale terroristische Bedrohung mehr aus." Die alltägliche Sicherheitslage für die Menschen in Afghanistan sei aber alles andere als befriedigend: Korruption und Drogenwirtschaft seien nicht ausreichend eingedämmt und ein echter Versöhnungsprozess stehe weiter aus.

Deshalb müsse alles daran gesetzt werden, das Erreichte zu erhalten und weiterzuentwickeln. "Der afghanische Sicherheitssektor wird auch über 2016 hinaus substanzielle internationale Unterstützung benötigen und nicht nur finanzielle", ist Merkel überzeugt.