Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in einer Regierungserklärung die Kernpunkte der Arbeit ihrer Regierung benannt: solide Finanzen, Investitionen in die Zukunft, die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts sowie die Verantwortung in Europa und der Welt. Kompass sei die Soziale Marktwirtschaft.
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Der Mensch stehe im Mittelpunkt ihrer Arbeit - und der Arbeit der Bundesregierung, sagte die Bundeskanzlerin im Bundestag. Leitende Werte seien Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, politische Stabilität und Wohlstand.
Merkel: "Deutschland geht es so gut wie lange nicht mehr." Die Wirtschaft wachse, die Arbeitslosigkeit sei zurückgegangen, es gebe die höchste Zahl an Beschäftigten seit der Wiedervereinigung. Dennoch dürfe man die Hände nicht in den Schoß legen.
Steuererhöhungen erteilte Merkel eine klare Absage.
Von der Sozialen Marktwirtschaft als Auslaufmodell spreche keiner mehr. Vom kranken Mann Europas sei erst recht keine Rede mehr, betonte die Kanzlerin.
Merkel sieht Deutschland dank wiedergewonnener Stärke als Wachstumsmotor und Stabilitätsanker in Europa. Deutschland sei stärker aus der europäischen Staatsschuldenkrise herausgekommen. Das liege ganz besonders am guten Zusammenspiel der Sozialpartner, der Arbeitgeber und Gewerkschaften. Deshalb bleibe die Soziale Marktwirtschaft "unser Kompass".
Merkel zeigte sich überzeugt, dass sich Werte auch im weltweiten Wettbewerb behaupten würden. Notwendig sei allerdings, mit der Dynamik Schritt zu halten und konsequent zu investieren, beispielsweise in Bildung sowie Forschung und Entwicklung.
Zugleich betonte Merkel, dass es Deutschland nur gut gehe, wenn es auch Europa gut gehe. Die europäische Staatsschuldenkrise sei noch nicht dauerhaft und nachhaltig überwunden, warnte sie. Die Bundeskanzlerin will daher auch bei der notwendigen Regulierung der Finanzmärkte nicht nachlassen. So eine verheerende weltweite Finanzkrise wie 2008/2009 solle sich nicht wiederholen.
Es müsse Fortschritte geben, die diesen Namen auch wirklich verdienten. "Wer ein Risiko eingeht, der haftet auch für die Verluste. Und nicht mehr der Steuerzahler", betonte die Kanzlerin. Deshalb müssten Finanzakteure durch eine Finanztransaktionssteuer zur Verantwortung gezogen werden. Auch die wirtschaftspolitische Koordinierung in Europa sei nach wie vor mangelhaft, so Merkel weiter.
Zur Umsetzung der Energiewende appellierte die Bundeskanzlerin an Wirtschaft, Verbände und Parteien, an einem Strang zu ziehen und das Gemeinwohl im Blick zu behalten. Deutschlands Abkehr vom konventionellen Energiemix sei einzigartig. Es gäbe kein anderes vergleichbares Land, das eine solche radikale Änderung anpacke. Eine überwältigende Mehrheit in Deutschland unterstütze diese "Herkulesaufgabe", die eine echte "nationale Kraftanstrengung" darstelle.
"Ich bin überzeugt, wenn die Energiewende gelingt, wird sie ein Exportschlager", so die Kanzlerin. Und weiter: "Wenn sie einem Land gelingen kann, dann ist es Deutschland." Die Energiewende sei nur zu erreichen, wenn die deutsche Industrie im Wettbewerb bestehen könne und Strom erschwinglich bleibe. Merkel sagte, mit den Eckpunkten zum Erneuerbare-Energien-Gesetz sei eine gute Grundlage geschaffen worden. Die Novelle solle in der Kabinettsitzung am 9. April beschlossen werden.
Merkel verteidigte zugleich den geplanten Abbau der Förderung von Ökostrom. Die Erneuerbaren Energien hätten heute einen Anteil von 25 Prozent an der Stromerzeugung. Damit hätten sie die Nische verlassen und seien Teil der Stromwirtschaft.
Merkel verteidigte auch die Rentenpläne der großen Koalition. Schon bei der Einführung der Rente mit 67 sei eine vorzeitige Rente nach 45 Beitragsjahren berücksichtigt worden. Jetzt werde dies modifiziert.
Die Menschlichkeit einer Gesellschaft zeige sich im Umgang mit Schwachen, gerade wenn sie alt oder krank seien. Gerecht sei es auch, dass Mütter einen zusätzlichen Rentenpunkt für Kinder erhielten, die vor 1992 geboren wurden. Die sozialen Sicherungssysteme müssten zugleich zukunftsfest bleiben.
Am Morgen hatte das Bundeskabinett das Rentenpaket auf den Weg gebracht. Es geht dabei um Verbesserungen bei der Mütterrente. Außerdem wurde der abschlagfreie Renteneintritt mit 63 Jahren nach 45 Beitragsjahren, die Aufstockung der Renten für Erwerbsgeminderte und bessere Reha-Leistungen beschlossen.
Zur Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns führte Merkel aus, dass der nachvollziehbare Wunsch nach würdiger Bezahlung Menschen nicht in die Arbeitslosigkeit führen dürfe. Die Kanzlerin betonte auch die Notwendigkeit, die Tarifhoheit zu stärken.
Zugleich sollten Frauen und Männer gleiche Chancen haben. Ab 2016 werde es eine Frauenquote von mindestens 30 Prozent für die Vorstände von DAX-Unternehmen geben.
Deutschland sei offen für Fachkräfte aus dem Ausland und werde die Möglichkeiten nutzen, die die Freizügigkeit in Europa biete, erklärte Merkel. Es dürfe aber nicht zu einem Missbrauch und einer faktischen Einwanderung in die Sozialsysteme kommen.
Die Bundesregierung habe hierzu einen Staatssekretärs-Ausschuss eingerichtet, um Fragen zu klären und gegebenenfalls Hilfsmöglichketen des Bundes anzubieten.
"Wir wollen, dass das Internet eine Verheißung bleibt", so die Bundeskanzlerin. Deshalb wolle die Bundesregierung das Netz schützen "vor Zerstörung von innen durch kriminellen Missbrauch und durch intransparente, allumfassende Kontrolle von außen".
Der bisherige rechtliche Rahmen für eine vernünftige Balance von Freiheit und Sicherheit reiche nicht mehr aus. Internationale Vereinbarungen gebe es noch nicht, sagte Merkel auch mit Blick auf die umfassenden Datensammlungen - vor allem des US-Geheimdienstes NSA. Merkel räumte ein, dass in den Gesprächen mit den USA über die Befugnisse der Geheimdienste die Ansichten noch "weit auseinander" lägen.
Die Bundesregierung werde eine digitale Agenda erstellen. "Wir arbeiten an einer europäischen Datenschutzverordnung", so Merkel
Für die Bundeskanzlerin ist die Arbeit der Nachrichtendienste zum Schutz der Bürger unerlässlich. Es gehe aber um Fragen der Verhältnismäßigkeit und den Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Angriffen auf ihre Privatsphäre. Darüber rede Deutschland mit den USA.
"Ein Vorgehen, bei dem der Zweck die Mittel heiligt, bei dem alles, was technisch machbar ist, auch gemacht wird, verletzt Vertrauen, es sät Misstrauen" betonte die Kanzlerin. Am Ende gebe es nicht mehr, sondern weniger Sicherheit. Vertrauen sei der Kern der Zusammenarbeit.
Dennoch warnte Merkel vor unüberlegten Schritten, wie etwa einem Aus für das geplante Freihandelsabkommen. Die deutsch-amerikanische und die transatlantische Partnerschaft blieben von überragender Bedeutung. Deutschland könne sich keinen besseren Partner wünschen als die USA.
Kein Konflikt kann allein militärisch gelöst werden, betonte die Regierungschefin. Die Bundesregierung sei bereit, sich auch nach 2014 weiter in Afghanistan zu engagieren. Dies solle im Rahmen einer militärischen Ausbildungsmission sowie beim wirtschaftlichen Wiederaufbau des Landes erfolgen.
Zu den Einsätzen der Bundeswehr in Afrika erklärte Merkel, das Engagement in Mali solle verstärkt werden. Die Frage einer Unterstützung der Verbündeten bei ihrem Engagement in der Zentralafrikanischen Republik werde geprüft.
Ein Kampfeinsatz der Bundeswehr werde nicht erfolgen. Denkbar sei beispielsweise eine Unterstützung im medizinischen Bereich. Es kommt stets auf die Vernetzung von zivilen und militärischen Mitteln an.
Die Bundeskanzlerin erinnerte daran, dass es in diesem Jahr 100 Jahre her sei, dass der Erste Weltkrieg ausbrach, und vor 75 Jahren der Zweite Weltkrieg. Heute bestimme nicht mehr geheime Diplomatie die Geschicke Europas, sondern alle 28 EU-Länder gemeinsam.
"Wir Deutschen und wir Europäer sind heute zu unserem Glück vereint", sagte Merkel abschließend. Deutschland übernehme Verantwortung und die neue Bundesregierung wolle dazu beitragen, dieses Glück zu bewahren.