Land zwischen den Meeren: Erneuerbare Energien als Zukunftsträger

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Abschlusspressekonferenz zum Antrittsbesuch des Bundeskanzlers in Schleswig-Holstein  Land zwischen den Meeren: Erneuerbare Energien als Zukunftsträger

Bei seinem Antrittsbesuch in Schleswig-Holstein sprach Bundeskanzler Merz mit Ministerpräsident Daniel Günther über die Rolle des Landes für die Energiewende. Sein Aufenthalt zeigte: Der Norden verbindet Geschichte, Vielfalt und Zukunftsenergie.

  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Montag, 3. November 2025
Bundeskanzler Merz und Ministerpräsident Daniel Günther stehen sich im Rednerpult gegenüber.

Bundeskanzler Merz und Ministerpräsident Günther tauschten sich auch zu Fragen der Arbeitsmarktpolitik und Arbeitsmarktintegration aus.

Foto: Bundesregierung / Sandra Steins

Im Rahmen seiner Antrittsreise durch alle 16 Bundesländer besuchte Bundeskanzler Friedrich Merz Schleswig-Holstein. Im Fokus des Antrittsbesuchs standen die Energiewende und innovative Umsetzungsmodelle sowie die Stärkung der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie. 

Gemeinsam mit Ministerpräsident Daniel Günther war der Kanzler beim Energieversorger GP-Joule in Husum zu Gast und nahm an einer Kabinettssitzung im Husumer Rathaus teil. Ein Besuch des Schifffahrtsmuseums in Husum bot Einblicke in die Historie der maritim geprägten Region.

Der Bundeskanzler sagte, das Land werde nicht nur als Land zwischen zwei Meeren bezeichnet, es sei vielmehr geprägt von der geografischen Lage zwischen Ost- und Nordsee – als Brücke zum europäischen Norden. Schleswig-Holstein sei „das einzige Bundesland Deutschlands mit drei anerkannten Minderheiten: Friesen, Dänen und deutsche Sinti und Roma”. Es sei „ein Land, das schon über viele Jahrzehnte und vielleicht sogar länger Integrationsfähigkeit gezeigt hat.” 

Mit seinem Besuch in Schleswig-Holstein setzt der Bundeskanzler seine Reihe der Antrittsreisen in die Bundesländer fort und knüpft an den letzten Termin in Sachsen an. Bis zum Ende des Jahres möchte der Kanzler alle 16 Bundesländer besucht haben. Ziel ist es, die erfolgreiche und enge Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern auszubauen. Zu Gast war der Kanzler außerdem bereits in Baden-Württemberg , Brandenburg , Niedersachsen , Nordrhein-Westfalen, Bayern sowie im Saarland und dem Land Bremen .

Das Wichtigste in Kürze: 

  • Wichtiger Standort für Sicherheits- und Verteidigungsindustrie: In Schleswig-Holstein sind rund 30 zum Teil weltweit führende Unternehmen der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie ansässig. Der Kanzler betonte, Schleswig-Holstein sei ein starker Partner zur Stabilisierung der deutschen und europäischen Sicherheit. Der Ausbau der deutschen Verteidigungsindustrie sei auf Bundesebene zwingend erforderlich, um die Verteidigungsfähigkeit zu verbessern und den Frieden und Freiheit zu sichern. Gleichzeitig setze sich die Bundesregierung auch auf EU-Ebene für Reformen ein. Der Kanzler kündigte an, den Ausbau der Verteidigungsfähigkeit in Deutschland weiter zu fördern und entsprechende Mittel bereitzustellen.
  • Vorbild beim Ausbau erneuerbarer Energien: Der Kanzler lobte das Bundesland für seine Vorreiterrolle beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Mehr als den eigenen Bedarf decke Schleswig-Holstein bereits durch erneuerbare Energien ab. Um diesen Sektor auch bundesweit weiter zu optimieren, arbeite die Bundesregierung an einer Reform des Fördermechanismus. Wichtig seien nun Speicherkapazitäten, Wasserstofftechnologien und die Weiterentwicklung zur Methanolerzeugung. Die Bundesregierung treibe die Anerkennung einer solchen Energiepolitik auch auf europäischer Ebene voran.
  • Bedeutung einer Work-and-Stay-Agentur: Im Kabinett wurde über Fragen der Arbeitsmarktpolitik und der Arbeitsmarktintegration beraten. In diesem Zusammenhang betonte der Kanzler die Bedeutung der Einführung einer Work-and-Stay-Agentur, um Asylverfahren und Arbeitsmigration voneinander zu trennen – mit dem Ziel, Zuwanderung gezielter zu steuern. Eine Umsetzung treibe er auf Bundesebene voran. 

Lesen Sie hier das gesamte Pressestatement:

Ministerpräsident Daniel Günther:

Herzlich willkommen! Ich begrüße Sie zur Pressekonferenz zum Abschluss der Kabinettssitzung der schleswig-holsteinischen Landesregierung, in der wir heute einen besonderen Gast hatten, den Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Lieber Friedrich, noch einmal herzlich willkommen in Schleswig-Holstein. Danke für die tollen Gespräche, für die letzten Stunden, die wir hier zusammen verbracht haben, jetzt in Husum, vorher in Reußenköge bei dem spannenden Unternehmen GP Joule, wo wir dir ein bisschen zeigen konnten, was wir Starkes in Schleswig-Holstein haben. Gerade hier an der Westküste sind erneuerbare Energien ein wichtiges Thema, was wir, glaube ich, mit diesem Besuch unterstreichen konnten.

Im Kabinett hatten wir gerade – das will ich ausdrücklich sagen – eine hoch spannende Diskussion zu unterschiedlichen Themen. Ich finde, das Signal, das davon ausgeht, als Bundeskanzler in alle Länder zu reisen und in den Kabinetten Rede und Antwort zu den unterschiedlichen Themen zu stehen, ist nicht nur ein gutes Zeichen, sondern es zeigt auch, wie wichtig es dir ist, dass Bund und Länder gerade in diesen herausfordernden Zeiten versuchen, soweit wie möglich an einem Strang zu ziehen.

Natürlich haben wir unterschiedliche Interessen in vielen Bereichen, aber uns eint, dass wir Deutschland voranbringen wollen, dass wir gerade in diesen herausfordernden Zeiten Verantwortung übernehmen wollen. Deswegen waren das gerade spannende 75, 80 Minuten, die wir miteinander über die verabredeten Themen diskutiert haben.

Wir konnten vonseiten der Landesregierung deutlich machen, was uns beim Thema Verteidigungsbereitschaft in Deutschland am Herzen liegt. Wir konnten darstellen, welche Vorzüge wir in Schleswig-Holstein in den unterschiedlichen Bereichen haben, auch mit unserer wehrtechnischen Industrie, dass wir Kompetenzen im Land haben, mit der wir euch bei der Ausstattung der Bundeswehr unterstützen wollen. Natürlich brauchen wir auch Unterstützung von unseren befreundeten Ländern, was die Verteidigungsfähigkeit der NATO angeht. Da haben wir in Schleswig-Holstein Kompetenzen durch tolle Unternehmen, und das konnten wir als Landesregierung gut in diesem Gespräch platzieren.

Wir haben im Kabinett auch Fragen der Energiepolitik besprochen. Welche Möglichkeiten gibt es, hier erneuerbare Energien weiter zu unterstützen, um zu zeigen, dass man auch beim Thema Wärme aus erneuerbaren Energien, beim Thema Mobilität, vorangehen kann? Das, was exemplarisch GP Joule herausragend zeigt, ist auch in vielen anderen Bereichen möglich.

Wir haben deutlich zum Ausdruck gebracht, dass wir uns beim Thema wirtschaftliche Entwicklung auch Unterstützung des Bundes erhoffen. Wir bekommen sie schon. Durch das Thema Sondervermögen haben wir viele Möglichkeiten, auch im eigenen Land in unsere Infrastruktur zu investieren. Aber gerade hier an der Westküste spüren wir bei Themen wie der Marschbahn, über die wir gesprochen haben, die A20 insgesamt – eine wichtige zukünftige Verkehrsader; morgen wirst du in Mecklenburg-Vorpommern sehen, wie weit dort die A20 schon seit 30 Jahren ist…. Wir brauchen gerade in Schleswig-Holstein dieses Verbindungsstück ‑ über die Elbe über Bad Segeberg hinaus. Da erhoffen wir uns natürlich, sobald wir Baureife haben, Unterstützung auf Bundesebene. Ich glaube, dieses Signal konntest du auch aussenden ‑ ‑ ‑

Bundeskanzler Friedrich Merz:

Ja.

Ministerpräsident Günther:

‑ ‑ ‑, dass der Bund hier mit uns Seite an Seite arbeitet. Insgesamt haben wir an der Westküste natürlich mit der B, in anderen Bereichen auch, Unterstützung, die wir von Seiten des Bundes brauchen. Ich glaube, das konnten wir in der Kabinettssitzung eben deutlich platzieren.

Ein wichtiges Thema, das auch dir am Herzen liegt, ist die Frage: Wie schaffen wir es auch beim Thema Arbeitsintegration, deutliche Fortschritte zu erzielen? – Ich glaube, wir sind da an eurer Seite, wenn es um das Thema Steuern und Begrenzen geht. Da ist die Bundesregierung, auch mit dir an der Spitze, schon weite Schritte gegangen. Aber genauso wichtig ist es, dass wir den Menschen in unserem Land Perspektiven geben, dass sie dort auch in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Ich glaube, das schafft Akzeptanz in unserem Land, wenn wir es schaffen, dass die Menschen für ihren eigenen Lebensunterhalt sorgen können. Ob man da wirklich auf jede kleinste Deutschkenntnis Wert legen muss, bevor sie in den Arbeitsmarkt kommen, ich glaube, darüber lohnt es sich ein bisschen zu streiten. Ich glaube, vieles lernt man auch, wenn man erst einmal im Betrieb unterwegs ist. Da findet dann Integration statt.

Ich glaube, dass wir die Punkte gut in dem Gespräch platzieren konnten. Von daher sage ich noch einmal: Herzlichen Dank, nicht nur für den Besuch, sondern auch für das spannende Gespräch eben. Ich glaube, wir haben viele Themen, bei denen wir als Land Schleswig-Holstein wirklich Seite an Seite mit der Bundesregierung stehen.

Bundeskanzler Friedrich Merz:

Vielen Dank, Daniel Günther, Herr Ministerpräsident! Ich freue mich sehr, dass ich heute in Schleswig-Holstein sein kann und dass wir heute auch eine Kabinettssitzung an der Westküste des Landes gemacht haben, hier in der Stadt Husum, die ja mal von Theodor Storm – ich glaube, in seinem Gedicht „Die Stadt“ - die „graue Stadt am Meer“ genannt worden ist, aber eine Stadt, die schon ein gewaltiges Entwicklungspotenzial zeigt, nicht zuletzt durch den Ausbau der regenerativen Energien, durch einen sehr großen Windpark, der hier an der Küste direkt steht und der auch über ein Bürgerbeteiligungsmodell wie an anderer Stelle in Schleswig-Holstein auch eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung besitzt. Das wünschte ich mir auch an anderer Stelle in Deutschland. Schleswig-Holstein geht da mit gutem Beispiel voran. 

Wir haben uns natürlich auch über die Energiepolitik unterhalten, aber zunächst einmal vielleicht einige ganz allgemeine Bemerkungen zu Schleswig-Holstein: Schleswig-Holstein wird als Land zwischen zwei Meeren bezeichnet; es ist aber auch die Brücke zwischen Ostsee und Nordsee sowie die Brücke zum europäischen Norden – einer Region, die immer schon eine faszinierende Region war und mit der auch Schleswig-Holstein sehr enge Beziehungen hatte, die aber heute auch im Fokus unserer sicherheitspolitischen Herausforderungen steht. Die Ostsee und Nordsee müssen gleichermaßen – vielleicht die Ostsee noch etwas mehr – im Fokus unserer sicherheitspolitischen Anstrengungen stehen.

Gleichwohl, Schleswig-Holstein ist mehr als Verteidigungsindustrie. Schleswig-Holstein ist ein Land mit großer kultureller Vielfalt. Es ist im Übrigen, wenn ich es richtig sehe, auch das einzige Land, das drei anerkannte Minderheiten in seinen Reihen weiß, nämlich die Friesen, die Dänen und die deutschen Sinti und Roma. Von daher ist es auch ein Land, das schon über viele Jahrzehnte und vielleicht sogar länger Integrationsfähigkeit gezeigt hat.

Wir haben uns in der Tat über einige sehr konkrete Themen unterhalten. Die Verteidigungsindustrie in Schleswig-Holstein hat einen sehr starken Fußabdruck. Es gibt hier rund 30 Unternehmen der Verteidigungsindustrie, die zum Teil internationale Bedeutung haben. Sie sind starke Partner nicht nur der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch der gesamten europäischen Politik, wenn es um das geht, was wir erreichen wollen ‑ nämlich eine Verteidigungsfähigkeit herzustellen, die unsere Sicherheit auf Dauer gewährleistet. Der Ausbau der deutschen Verteidigungsindustrie sichert nicht nur Frieden und Freiheit, sondern er sichert auch Arbeitsplätze und Spitzentechnologie in Deutschland. Das wollen wir zügig weiter verbessern. Dafür stellen wir auch eine Menge Geld zur Verfügung.

Wir setzen uns auch auf europäischer Ebene für die Anerkennung einer Energiepolitik ein, die uns in Deutschland ermöglicht, schnell voranzukommen. Die beiden Themen, um die es dabei geht, sind Ihnen bekannt: Das ist zum einen das Thema Kraftwerkstrategie und das ist zum anderen das Thema Industriestrompreis. Ich hoffe, dass wir da noch in diesem Jahr zu Lösungen kommen. Es bleibt aber dabei, der Ausbau der regenerativen Energien ist ein sehr wichtiger Bestandteil unserer zukünftigen Energiepolitik. Da ist Schleswig-Holstein Spitzenreiter. Das Land deckt durch die Erzeugung von Strom aus regenerativen Energien bereits mehr als den eigenen Bedarf ab. Wir müssen jetzt noch Speicherkapazitäten haben. Wir müssen Wasserstofftechnologie entwickeln, bis hin zur Methanolerzeugung. Das habe ich mir auch alles eben in dem Unternehmen angeschaut. Das fand ich sehr interessant, und das interessiert mich auch technologisch wirklich sehr.

Vor diesem Hintergrund noch einmal ganz herzlichen Dank! Wir haben im Kabinett eine gute Diskussion gehabt, auch über die Frage der Arbeitsmarktpolitik und der Arbeitsmarktintegration. Wir sind uns dankenswerterweise einig, dass wir das schneller und besser voranbringen wollen, als uns das in der Vergangenheit gelungen ist. Auf der einen Seite geht es natürlich darum zu veranlassen, dass diejenigen, die hier kein dauerhaftes Bleiberecht haben, die Bundesrepublik Deutschland verlassen. Auf der anderen Seite geht es darum, diejenigen, die wir für unseren Arbeitsmarkt brauchen, nach Deutschland zu holen und sie hier zu integrieren.

Ich habe deshalb im Kabinett noch einmal auf unser Bemühen hingewiesen, eine Work-and-Stay-Agentur zu gründen. Das hat ja mehr als nur einen rein administrativen Hintergrund. Der konkrete und wichtige Hintergrund ist: Wir wollen die Asylverfahren von den Verfahren der Integration in den Arbeitsmarkt auch administrativ sehr früh trennen, sodass man nicht erst in ein Asylverfahren gehen muss, um in Deutschland zu arbeiten, sondern von vornherein zwei voneinander getrennte Verfahren bestehen. Wir sind da in der Bundesregierung sehr weit, und wir hoffen, dass wir das im nächsten Jahr auch entsprechend umsetzen können.

Noch einmal herzlichen Dank! Das war wirklich eine sehr gute Diskussion. – Ich freue mich jetzt auf Ihre Fragen.