Nachhaltig umsatteln für mehr Lebensqualität

Elektrische Lastenräder im Trend Nachhaltig umsatteln für mehr Lebensqualität

Ob für den wöchentlichen Großeinkauf oder das Picknick im Park - Lastenräder mit Elektroantrieb sind beliebt. Wer sich kein eigenes Rad anschaffen will, kann nun in Köln einen von 50 "Lasteseln" mieten. Und auch die Post setzt zunehmend auf kleine Elektro-Fahrzeuge, um Briefe und Pakete schnell und schadstoffarm auszuliefern.

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Ein Elektro-Lastenfahrrad

Große Lasten, aber kein CO2: Elektrische Lastenräder können auf kurzen Strecken das Auto ersetzen.

Foto: picture alliance / dpa

Wer in einem dichtbesiedelten Stadtteil wohnt, kennt den abendlichen Kampf um die Parklücke. In Innenstädten und Ballungsgebieten blockiert der Lieferverkehr mit unzähligen Kleintransportern enge Gassen und Plätze.

Auch deshalb steigen immer mehr Bürger aufs Fahrrad um. Rund 82 Prozent der Bevölkerung nutzen es regelmäßig. Auf Distanzen von bis zu 15 Kilometern ersetzt es zunehmend das eigene Auto. "Kinderkutschen" - also Fahrräder mit Anhängern - gehören inzwischen zum Stadtbild.

Ein Rad für alle Fälle

Der bislang europaweit größte Verleiher für elektrische Lastenräder ist Donk-EE aus Köln. Mit ihrem Namen spielt die Firma auf den englischen Begriff "donkey", zu deutsch: Esel, und die Erneuerbaren Energien, kurz EE, an. Fünfzig Elektroräder stehen bei 35 Stationen und Servicepartnern im Kölner Stadtgebiet zum Ausleihen bereit.

Ob als Einkaufswagen, Umzugshelfer oder Kinderkutsche: bis zu 100 Kilo lassen sich mit dem Lastenesel transportieren. Und das vollkommen CO2-frei. Denn alle Donk-EEs werden mit Ökostrom geladen. Bei einer Reichweite von bis zu 75 Kilometern erreichen sie eine Geschwindigkeit von bis zu 25 km pro Stunde. Das Mindestalter beträgt 18 Jahre. Ein Führerschein ist nicht erforderlich.

Das Projekt Donk-EE ist auf drei Jahre angelegt und wird mit rund 200.000 Euro aus Mitteln der Nationalen Klimaschutzinitiative des Bundesumweltministeriums gefördert. Das Ziel ist herauszufinden, ob sich die elektronischen Lastenräder in Köln tatsächlich durchsetzen. Die Betreiber rechnen für diesen Zeitraum mit insgesamt 24.000 Fahrten und einer Einsparung von 30 Tonnen CO2.

Gute Idee für die Verkehrswende

Der Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Jochen Flasbarth, lobte Ende April bei einer Vorstellung des Projekts in Köln Donk-EE als Vorreiter für die urbane Verkehrswende. "Wir brauchen gute Ideen für weniger Autos auf den Straßen. Das Fahrrad als gewerbliches Lieferfahrzeug auf der Kurzstrecke kann dabei helfen, das Klima zu schützen und zugleich die Lebensqualität in der Stadt erhöhen", so Flasbarth. "Ich kann mir gut vorstellen, dass der elektrische Packesel Donk-EE zum Trendsetter wird."

Die letzte Meile wird grüner

Tatsächlich haben Lastenräder im Wirtschaftsverkehr ein großes Potential. Verkehrsforscher des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums haben 2016 herausgefunden, dass Lastenräder langfristig bis zu 23 Prozent der Fahrten auf der letzten Meile der Transportkette übernehmen können.

Die Erfahrungen aus der Praxis geben den Forschern recht. Seit Dezember 2016 nutzt ein Versandhändler für Büroprodukte Elektro-Lastenräder, um Kunden innerhalb des Berliner S-Bahn-Rings zu beliefern. Die Vorteile liegen dabei auf der Hand: Die Zustellung auf kurzen Strecken ist schneller, Feinstaub- und Stickoxidbelastung in der Innenstadt sinken. Nach den guten Erfahrungen in Berlin setzt der Versender auch in Nürnberg und in Hamburg auf die Auslieferung mit Lastenrädern.

Mit Elektromobilität in eine grüne Zukunft

Auch Post-Zusteller haben die Potentiale der E-Mobilität erkannt: Rund 3.000 sogenannte Streetscooter mit Elektroantrieb fahren derzeit für die Deutsche Post durch Ballungsräume. Sie sind einfach zu beladen und befördern Briefe und Pakete. 500 Haushalte pro Tag beliefert ein Zusteller in Vinxel, einem kleinen Ort bei Königswinter.

Die Deutsche Post setzt seit einigen Jahren auf Elektromobilität. Als einer der größten Flottenbetreiber in Deutschland treibt sie den Umstieg auf E-Fahrzeuge voran. "Bis 2025 sind 70 Prozent unserer Zustellung grün", versprach Post-Vorstand Jürgen Gerdes am 10. August in einem Interview mit dem Tagesspiegel.

Wegen ihres geringen Verbrauchs und der einfachen Zuladung sind die Streetscooter auch bei anderen Nutzern sehr begehrt. Gut die Hälfte der Interessenten sind Kommunen, Handwerksbetriebe und Großabnehmer wie der Fischhändler Deutsche See. Weil die Nachfrage so groß ist, müssen Kunden derzeit vier bis zwölf Wochen auf ihr Fahrzeug warten.

Verzicht aufs Auto verbessert Lebensqualität

Weniger Autos, ein leistungsfähiger und günstiger öffentlicher Nahverkehr, gute und sichere Fahrradwege – das wünschen sich viele Menschen. 91 Prozent der Deutschen sind überzeugt, dass das Leben besser wird, wenn der Einzelne nicht mehr auf ein Auto angewiesen ist. Das ist das Ergebnis einer Studie des Bundesumweltministeriums.

"Die Menschen sind bereit, auf das Auto zu verzichten, aber sie brauchen gute Alternativen", erklärte Umweltministerin Barbara Hendricks bei der Vorstellung der Studie im April. Ziel sei eine Stadt der kurzen Wege, für neue Radwege und nachhaltige Mobilität, so die Ministerin.