"Landwirten und Saisonarbeitern sollten wir danken"

Interview: Als Student auf dem Hopfenfeld "Landwirten und Saisonarbeitern sollten wir danken"

Der Uni-Betrieb ist eingeschränkt, klassische Studentenjobs aktuell rar - Niklas Sperle, Student in Regensburg, nutzt die Corona-Zeit und packt bei einem Hopfenbauer in Siegenburg mit an. Im Interview berichtet er über seine Arbeit auf dem Feld, Muskelkater als Dauerzustand und warum Landwirten und Saisonarbeitern mehr Anerkennung entgegengebracht werden sollte.

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Niklas Sperle bindet auf dem Feld Hopfen an. 

Auf dem Hopfenfeld von Familie Lederer: "Der Anfang ist Knochenarbeit", findet Niklas Sperle.

Foto: Patrick Fischer/BMR e.V.

Normalerweise würde Niklas Sperle jetzt in der Uni sitzen. Der 24-Jährige studiert Bauingenieurwesen in Regensburg. Aufgrund der Corona-Pandemie kann der Uni-Betrieb jedoch nicht wie gewohnt stattfinden, Studentenjobs sind eingeschränkt. Deshalb unterstützt er gemeinsam mit seiner Freundin die heimische Landwirtschaft. Beide arbeiten auf dem Hopfenfeld von Familie Lederer in Siegenburg.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Hopfenbauern zu unterstützen?

Niklas Sperle: Wir haben in der Tageszeitung gelesen und auch im Radio davon gehört, dass Landwirte dringend Unterstützung suchen. Deshalb haben wir uns auf der Plattform "Das Land hilft" angemeldet. Da wir in einer Hopfenhochburg leben, haben sich innerhalb einer Woche zwölf Landwirte bei uns gemeldet, die Hilfe suchten. Letztendlich entschieden wir uns für Familie Lederer, weil sie uns eine sehr nette Anfrage geschrieben haben.

Was hat Sie dazu motiviert?

Sperle: Natürlich wollen wir Geld verdienen. Die normalen Studentenjobs, wie in der Gastronomie aushelfen, fallen gerade weg. Auf der anderen Seite fehlen Saisonarbeitskräfte aufgrund der Einreisebeschränkung. Das kann man gut miteinander verbinden: Wir brauchen das Geld und die Landwirte die Hilfe. Zudem hilft man regional und genau denen, die die Hilfe so dringend brauchen. Es profitiert also jeder davon und obendrein macht es sogar Spaß.

Wie sieht ein Tag bei einem Hopfenbauer aus?

Sperle: Wir starten um 8 Uhr auf dem Feld. Wir werden mit dem Traktor in kleinen Gruppen - so wie wir zur Arbeit kommen - aufs Feld gefahren. Damit werden Sicherheitsabstände eingehalten. Da der Hopfen in Reihen mit zwei bis drei Meter Abstand wächst, wird der Abstand auch auf dem Feld von vornherein sichergestellt. Gegen 10 Uhr folgt eine Brotzeit, Mittagessen gegen halb eins. Wir werden von der Familie sehr gut versorgt: Brotzeit, Mittagessen, jeden Tag wird frischer Kuchen gebacken. Nach dem Mittagessen geht es wieder auf die Felder raus. Bis 18 Uhr wird gearbeitet. Wer möchte kann dann auch noch mit Familie Lederer zu Abend essen. Verhungern wird hier keiner. Wir wurden alle sehr herzlich von der Familie aufgenommen. Es ist eine sehr gute Atmosphäre. Das beste: Man kann zwischendurch auch mal die Ruhe genießen. Also genau das, was man in der Stadt nicht hat.

Wie funktioniert das Anleiten des Hopfens?

Sperle: Der Hopfen ist bis zu 1,50 Meter lang. Wir nehmen die drei stärksten Stränge der Pflanze und wickeln diese gleichmäßig um einen Draht, der acht Meter in die Höhe reicht. An diesem Draht wird die Hopfenpflanze hochwachsen. Alles was neben den drei Strängen übrig bleibt, wird rausgerissen oder mit dem Hopfenmesser abgeschnitten, so dass nur die drei kräftigsten Stränge wachsen und der Ertrag dementsprechend profitabel wird.
Für das Anleiten also das Anbinden bleiben nur 14 Tage Zeit. Denn Hopfen wächst sehr schnell: Innerhalb von drei Monaten erreicht er die acht Meter. Ist er schon jetzt zu lang, kann er nicht mehr an die Drähte gebracht werden. Dann kann man dem Hopfen nicht mehr helfen.

Ein paar Arbeiter stehen oder knien in einem weiten Hopfenfeld.

Der Hopfen wächst in Reihen mit zwei bis drei Metern Abstand - Abstand halten ist bei der Arbeit auf dem Feld kein Problem.

Foto: Patrick Fischer/BMR e.V.

Hand aufs Herz: Wie anstrengend ist der Job?

Sperle: Es sind zwei anstrengende Wochen. Man muss sich bei jeder Pflanze hinknien und wieder aufstehen. Das hört sich einfach an. Doch wenn man das acht Stunden lang macht, geht es schon ins Kreuz, in den Nacken und in die Beine. Nach dem ersten Tag, dem Tag der Einführung, hatte ich schlimmen Muskelkater in den Oberschenkeln. Ich konnte kaum aufstehen. Die Knie schmerzen, da man sich in den Acker hineinknien muss. Mit der Dauer tut das weh. Am Abend weiß man, was man getan hat. Wenn wir jetzt ein Bier trinken, dann wissen wir auch wie viel Arbeit dahintersteckt. Wobei unser Job ja nur einen kleinen Teil der Arbeit abbildet. Es geht dann noch mit der Ernte und Produktion weiter. Der Anfang aber ist auf jeden Fall Knochenarbeit.

Abgesehen von der Erfahrung, welche Erkenntnis nehmen Sie mit?

Sperle: Die Arbeit der Landwirte sollte auf jeden Fall respektiert werden. Vielleicht gar nicht nur die der Landwirte, sondern vor allem auch die der Gastarbeiter, die jedes Jahr aus Polen, Rumänien oder Kroatien zu uns kommen. Sie machen diesen harten Job, damit wir unser Bier trinken oder Spargel essen können - denen sollten wir auf jeden Fall danken.

Bereits mehr als 1.200 landwirtschaftliche Betriebe haben über die Plattform "Das Land hilft" Helferinnen und Helfer gefunden. Stand 5. Mai zählt die Plattform knapp 63.000 Inserate, davon suchen rund 400 Betriebe helfende Hände. Einige Landwirte haben das Inserat "zur Sicherheit" noch online, falls die aktuellen Helfer nicht mehr kommen können. Andere suchen erst ab Juli Hilfe.