Energiewende weiter voranbringen

Energie Energiewende weiter voranbringen

Sicher, bezahlbar und umweltfreundlich - so soll die Energie der Zukunft sein. Das ist auch Ziel der neuen Bundesregierung. Schon im Frühjahr 2014 will sie Eckpunkte für eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vorlegen.

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Windkraftanlage hinter Rapsfeld

Erneuerbare Energien ausbauen

Foto: picture-alliance/ ZB

Der für die Energiewende zuständige Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel kündigte an, dass es bei der Energiewende zu keinen Verzögerungen kommen dürfe: "Wir werden jetzt sehr zügig die Gespräche mit der Europäischen Kommission und danach auch mit den Ländern aufnehmen. Ich denke, dass wir bis spätestens Ostern entsprechende Eckpunkte vorlegen können."  

Gabriel betonte, energieintensive Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stünden, sollten auch künftig von der Öko-Strom-Umlage befreit werden. Viele andere, die noch durch die alte Bundesregierung eine Befreiung bekommen haben, würden sie allerdings nicht brauchen, so der Minister. 

Reform des EEG 

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist das zentrale Instrument, um den Ausbau der erneuerbaren Energien im Strommarkt zu fördern. Noch bis zum Sommer 2014 soll es eine Novelle des Gesetzes geben, um die Förderkosten zu drosseln. Grundsätzlich hat sich die Koalition darauf geeinigt, den Einspeisevorrang beizubehalten und Bestandsschutz für Altanlagen zu gewähren. 

Der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien soll künftig in einem gesetzlich festgelegten Rahmen erfolgen: 40 bis 45 Prozent bis zum Jahr 2025, 55 bis 60 Prozent bis 2035. Jährlich wird überprüft, ob die Ziele erreicht werden (Monitoring). Eine besondere Rolle spielen Kosteneffizienz, Wirtschaftlichkeit, Netzausbau und die Sicherung von Reservekapazitäten. Wichtig ist es, den europäischen Strommarkt einzubeziehen. 

Auf der Basis dieser Korridore wird sich die Bundesregierung mit den Ländern auf eine abgestimmte Planung für den Ausbau der einzelnen erneuerbaren Energien verständigen. Eine breite Bürgerbeteiligung und der Dialog mit der Europäischen Kommission sowie den Mitgliedstaaten soll gewährleisten, dass die Ausbauziele erreicht werden. 

Kosten begrenzen 

Die Bundesregierung will Ausmaß und Geschwindigkeit des Kostenanstiegs durch einfachere Vergütungssysteme und stabile Kosten bremsen. Für alle Technologien ist eine kontinuierliche Degression der Fördersätze vorgesehen. Die Bonusregelungen kommen auf den Prüfstand. 

Nach langjähriger Förderung durch das EEG sollen die erneuerbaren Energien perspektivisch ohne Förderung am Markt bestehen. Daher wird die Koalition die erneuerbaren Energien weiter in den Strommarkt integrieren. Künftig sollen Neuanlagen ab 5 Megawatt ihren Strom direkt vermarkten. Ab 2017 gilt das für alle Neuanlagen.

Vergütungen anpassen 

Bei der Förderung der Photovoltaikanlagen haben sich die Reformen der letzten Jahre, die die Förderung gedeckelt haben, bewährt. Für Biomasseanlagen soll es eine Begrenzung überwiegend auf Abfall- und Reststoffe geben. Dies dient dem Schutz der Natur, vermeidet die "Vermaisung" der Landschaft und entschärft Nutzungskonkurrenzen. 

Auch bei Windenergieanlagen an Land gilt es, Überförderungen abzubauen. Besonders gute Standorte sollen künftig durch entsprechende Modelle wirtschaftlicher genutzt werden. Für den Wind auf See geht es um realistische Ausbaumöglichkeiten: Der Ausbaupfad wird bis zum Jahr 2020 auf 6,5 Gigawatt festgelegt. Für den weiteren Ausbau bis 2030 sollen durchschnittlich zwei Windparks pro Jahr mit einer Leistung von ungefähr je 400 Megawatt ans Netz gehen, um 2030 einen Ausbau von 15 Gigawatt zu erreichen. 

Neue Rolle der konventionellen Kraftwerke 

Die Versorgungssicherheit ist ein wichtiges Kriterium der Energiewende. Jederzeit muss in Deutschland so viel Strom erzeugt werden, wie von Verbraucherinnen und Verbrauchern abgenommen wird. Daher sind auf absehbare Zeit die konventionellen Kraftwerke – Braunkohle, Steinkohle, Gas – unverzichtbar. 

Auf dem Weg ins Zeitalter der erneuerbaren Energien benötigt das Land  hocheffiziente und vor allem flexible konventionelle Kraftwerke. Dazu wird die Bundesregierung die rechtlichen und finanziellen Bedingungen für die umweltfreundliche Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) so gestalten, dass ihr Anteil auf 25 Prozent bis 2020 steigt. Noch 2014 sollen die Rahmenbedingungen für KWK, insbesondere das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz, überprüft und angepasst werden. 

Solange keine anderen Möglichkeiten wie Speicher oder Nachfragemanagement ausreichend und kostengünstig zur Verfügung stehen, kann Stromerzeugung aus Wind- und Sonnenenergie nicht allein zur Versorgungssicherheit beitragen. Ein Entwicklungspfad für den konventionellen Kraftwerkspark lässt sich jedoch nicht beschreiten, wenn der Ausbau der erneuerbaren Energien nicht klar umrissen ist. 

Damit die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und die Stromnachfrage besser korrespondieren, ist sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite mehr Flexibilität nötig. Dazu gehören ein entsprechendes Strommanagement, intelligente Zähler, spezielle Tarife, Speicher und die Verbesserung der Netzreserve. 

Effizienz  - zweite Säule der Energiewende 

Energie sparen und so wirksam wie möglich verwenden: Die Bunderegierung will die Energieeffizienz stärken. Sie unterstützt einen sektorübergreifenden Ansatz, der Gebäude, Industrie, Gewerbe und Haushalte umfasst und dabei Strom, Wärme und Kälte gleichermaßen in den Blick nimmt. 

In einem Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz will die Koalition noch 2014 die Ziele, die Instrumente, die Finanzierung und die Verantwortung der einzelnen Akteure zusammenfassen. Er wird mit einem jährlichen Monitoring von einer unabhängigen Expertenkommission überprüft. Aus dem Energie- und Klimafonds sollen entsprechende Effizienzmaßnahmen in der Wirtschaft, durch Handwerk und Mittelstand, Kommunen und Haushalten gefördert werden. 

In einem ersten Schritt soll das Programm der Kreditanstalt für Wiederaufbau zur energetischen Gebäudesanierung aufgestockt, verstetigt und deutlich vereinfacht werden. Weitere Schwerpunkte sind die Umsetzung der EU-Energieeffizienz-Richtlinie und die Förderung einer fachlich fundierten und unabhängigen Energieberatung. Dabei will die Bundesregierung die kostenlose Energieberatung für Haushalte mit niedrigen Einkommen ausbauen. Investitionen in energiesparende Haushaltgeräte sollen erleichtert und die Energie-Kennzeichnung von Produkten (beispielsweise Haushaltsgeräten) weiter entwickelt werden. 

Wärmemarkt für die Erneuerbaren öffnen 

Die Umgestaltung des Wärmemarkts ist ein langfristiger Prozess und mitentscheidend für eine erfolgreiche Energiewende. Ziel bleibt, bis zum Jahr 2050 einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand zu haben. Dazu müssen der Energieverbrauch der Gebäude adäquat gesenkt und gleichzeitig der Ausbau erneuerbarer Energien zur Wärmenutzung vorangetrieben werden. 

Eine wichtige Maßnahme: das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz auf der Grundlage des Erfahrungsberichtes und unter Berücksichtigung von europäischem Recht fortzuentwickeln sowie mit den Bestimmungen der Energieeinsparverordnung abzugleichen. 

Im Gebäudebestand soll der Einsatz von erneuerbaren Energien weiterhin freiwillig sein. Käufer und Mieter sollen besser und transparenter über die energetische Qualität eines Gebäudes informiert werden. Das bewährte Marktanreizprogramm wird fortgeführt. Außerdem soll nicht im Stromnetz benötigter Strom aus erneuerbaren Energien, der sonst abgeregelt werden müsste, für weitere Anwendungen genutzt werden - etwa im Wärmebereich.

Netzausbau verlässlich und langfristig planen 

Netzausbau und Ausbau der Erneuerbaren gehören zusammen. Damit beides synchron läuft, soll der Netzausbau zukünftig auf Basis des gesetzlich geregelten Ausbaupfads für erneuerbare Energien erfolgen. 

Für den Ausbau des Übertragungsnetzes stellt der Bundesbedarfsplan auch in Zukunft das zentrale Instrument dar. Mit Blick auf den erforderlichen Netzausbau gilt es, Offshore-Windenergie schrittweise in einem geordneten Verfahren auszubauen (Offshore Netzentwicklungsplan). Entstehende Anbindungskapazitäten sollen effektiv genutzt werden können. 

Neue Technik für den Netzausbau wird ebenso an Bedeutung gewinnen wie die Modernisierung der vorhandenen Verteilnetze. Bereits 2014 will die Bundesregierung verlässliche Rahmenbedingungen für den sicheren Einsatz von intelligenten Messsystemen (Stromzähler) für Verbraucher, Erzeuger und Kleinspeicher auf den Weg bringen. Dazu gehören neben Datenschutzvorgaben auch Regelungen zum Einbau von intelligenten Zählern für ein intelligentes Last- und Erzeugungsmanagement. 

Energieforschung konsequent auf Energiewende ausrichten 

Keine Energiewende ohne Forschung und Entwicklung. Wichtig daher: intelligente Lösungen zu finden, insbesondere für mehr Energieeffizienz, Energieeinsparung, erneuerbare Energien und Versorgungssysteme. Also etwa Speicher und Systemdienstleistungen durch erneuerbare Energien. Deshalb greift die Bundesregierung im Energieforschungsprogramm neue, thematisch übergreifende und systemorientierte Forschungsansätze auf. Ziel: zusätzliche Potenziale für den Innovationsprozess entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu erschließen. 

Auch für andere Technologien besteht Forschungsbedarf. So zum Beispiel für das sogenannte Fracking, einer Technologie der unkonventionellen Erdgasgewinnung (der Schiefergasförderung). Die Auswirkungen auf Mensch, Natur und Umwelt sind wissenschaftlich noch nicht hinreichend geklärt. Trinkwasser und Gesundheit haben für die Bundesregierung hier absoluten Vorrang. 

Am Ausstieg aus der Kernenergie festhalten 

Es bleibt dabei: Spätestens im Jahr 2022 wird das letzte Kernkraftwerk in Deutschland abgeschaltet. 

Über den Rückbau, die Entsorgung und sichere Aufbewahrung von radioaktiv belasteten Materialien werden Bund und Länder Gespräche führen. Dabei will man auch die Aufteilung der Kosten neu regeln. Sowohl die Aufwendungen für den Atommüll wie auch den Rückbau der Kernkraftwerke sollen von den Verursachern getragen werden. Über die Realisierung der rechtlichen Verpflichtungen der Energieversorgungsunternehmungen wird die Bundesregierung Gespräche führen. 

Die Errichtung des Endlagers Konrad und die Schließung des Endlagers Morsleben werden vorangetrieben und die Voraussetzungen für die Rückholung der Abfälle aus der Schachtanlage Asse II geschaffen. 

Sowohl die EU-Entsorgungs-Richtlinie (EURATOM), die ein nationales Entsorgungsprogramm bis 2015 fordert, als auch das Standortauswahlgesetz sollen zügig und vollständig umgesetzt werden. Das Auswahlverfahren für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle wird nach Abschluss der Kommissionsberatungen Ende 2015 unter breiter Beteiligung der Öffentlichkeit eingeleitet.