Weg frei für Fische und Schiffe

Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) Weg frei für Fische und Schiffe

Sechs Meter Höhenunterschied müssen Fische überwinden, die bei Koblenz vom Rhein die Mosel stromaufwärts schwimmen wollen. Wie sie das schaffen können, untersuchen Wissenschaftler der Bundesanstalt für Gewässerkunde.

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Rotaugenschwarm aus Fischzähler

Die Fische haben den Aufstieg geschafft

Foto: Mockenhaupt/BfG

Es sind viele Fische: 2015 über 200.000, ein Zehntel davon länger als 15 Zentimeter. Fische schwimmen zu ihren Laich-, Überwinterungs- oder Nahrungsplätzen. Der Höhenunterschied bei Koblenz ergibt sich durch eine Staustufe mit Schleusen und Wasserkraftwerk, dem ersten Hindernis zwischen Nordsee und Mosel.

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Fischtreppe in Koblenz

Foto: Mockenhaupt/BfG

Durchgängige Flüsse

Bis 2027 sollen gemäß Europäischer Wasserrahmenrichtlinie die großen Flüsse wieder durchgängig werden, insbesondere durchwanderbar für Fische. Nur so lassen sich gesunde Fischpopulationen und ein guter Zustand der Fließgewässer erreichen. Somit müssen an allen Hindernissen wie Wehren oder Staustufen Fischtreppen gebaut werden - korrekter "Fischaufstiegsanlagen". 40 neue Anlagen sind derzeit in der Planung, mehr als 200 werden notwendig sein, eine Milliarde Euro könnte dies kosten.

Ethohydraulik

Fischbeobachtung im Labor

Foto: BAW

Die Anlagen sind also teuer. Daher ist es wichtig festzustellen, wie sie konstruiert sein sollten. Dies untersuchen Forscher der BfG in Kooperation mit Kollegen der Bundesanstalt für Wasserbau. Fische orientieren sich an der Strömung des Wassers. Sie müssen den Eingang zur Fischaufstiegsanlage finden, ohne durch andere Strömungen - etwa dem Abfluss aus einem Kraftwerk - verwirrt zu werden. Dazu beobachten die Forscher die Fische im Labor und zählen sie in der Koblenzer Anlage in einem extra entwickelten Tunnel, den alle Fische durchschwimmen müssen. 2015 waren dies mehr als 200.000. Der größte Fisch in Koblenz war ein 170 Zentimeter langer Wels. In Geesthacht rechnet man sogar mit drei Meter langen Stören, die so eine Anlage durchschwimmen können müssen.

Komplexe Systeme

BfG-Haupteingang

Hauptgebäude der BfG

Foto: Hils/BfG

Die „Ökologische Durchgängigkeit“ unserer Flüsse und wie sie erreicht werden kann, ist eine Forschungsaufgabe der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG). Sie berät verschiedene Bundesressorts und die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung wissenschaftlich zu Hydrologie, Gewässerqualität und Ökologie der bundeseigenen Flüsse, Kanäle und Küstengewässer.

"Somit sind wir in ganz Deutschland im Einsatz von der Ems bis an die Oder, von der Donau bis an Nord- und Ostsee", sagt Dr. Birgit Esser, Direktorin und Professorin der BfG. Wasserstraßen sind komplexe Systeme. Um sie in ihrer Vielfältigkeit zu verstehen, betrachtet die BfG unterschiedliche Aspekte. Das reicht von der Erfassung von Wasserständen und Abflüssen sowie dem Zustand der Wasserstraßen über Wechselwirkungen mit dem Grundwasser bis hin zur ökologisch verträglichen Gewässerbewirtschaftung.

BfG Interview Dr. Birgit Esser, Direktorin und Professorin der Bundesanstalt für Gewässerkunde

Sand als Forschungsthema

Sedimentablagerung an der Elbe

Sedimentablagerung an der Elbe

Foto: Schwandt/BfG

Ein Fluss besteht nicht nur - wie die meisten meinen - aus Wasser. Dazu gehören auch ganz wesentlich das Flussbett und die Ufer. Sie haben großen Einfluss beispielsweise auf Fließgeschwindigkeit, Ökologie und Schiffbarkeit.

Mit dem Gewässerboden, den Sedimenten, beschäftigt sich die BfG sehr intensiv. Dabei gibt es zahlreiche Aspekte. Woraus bestehen die Sedimente, wie werden sie transportiert, welche  Schadstoffe binden sie? In welcher Menge gelangen sie von der Quelle letztlich bis zur Mündung eines Flusses? Wie lagern sie sich ab und welche Auswirkungen haben ihre Ansammlung in dem einen oder ihr Defizit in einem anderen Gewässerabschnitt für die Schifffahrt?

Ein Forschungsprogramm, an dem die BfG beteiligt ist, dient der Suche nach der besten Lösung für das Management von Sedimenten in der Tideelbe. Das ist der Bereich der Elbe, in dem das Wasser in Abhängigkeit von den Gezeiten der Nordsee mal in die eine, mal in die andere Richtung fließt. Er ist nicht nur ökologisch einzigartig, sondern auch deshalb besonders wichtig, weil er von großen Schiffen genutzt wird, die den Hamburger Hafen anlaufen. Dafür wird in der Fahrrinne ständig gebaggert und das Baggergut an anderen Stellen wieder eingebracht. Das hat vielfältige Auswirkungen auf die Wassergüte, die Fische und Pflanzen oder den Sauerstoffhaushalt.

Richtig baggern

Probenahme mit van Veen-Greifer_Elbe

Entnahme von Sedimentproben

Foto: Schwandt/BfG

Die BfG hat nun die wasserwirtschaftlichen und Umweltaspekte des Umgangs mit den Sedimenten untersucht und Empfehlungen erarbeitet. Dazu wurden viele Sedimentproben entnommen, unter anderem wurden Bohrungen durchgeführt, an denen man dann die Schichtung der Materialien in einem Bohrkern erkennen und näher untersuchen kann. Auch für die Diskussion um die Elbvertiefung – von der Wirtschaft gefordert, von Umweltschützern abgelehnt - spielen die Erkenntnisse der Forscher eine wichtige Rolle.

Die Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) ist eine Forschungseinrichtung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. Sie berät die Bundesministerien und deren nachgeordnete Dienststellen in Grundsatz- und Einzelfragen zu Planung, Ausbau und Neubau sowie des Betriebes und der Unterhaltung von Bundeswasserstraßen. Sie untersucht den Wasserhaushalt deutscher Flussgebiete, entwickelt und unterhält Vorhersagesysteme. Sie unterstützt bei der Umsetzung von Gesetzen und Richtlinien. Schließlich sorgt sie für die radiologische Überwachung der Bundeswasserstraßen. Dabei arbeitet sie interdisziplinär und ist international vernetzt.