Sicher durch das Polareis

Neue Hightech-Strategie Sicher durch das Polareis

Navigation in nördlichen Breitengraden ist nicht ganz einfach, denn Wetterdaten gestatten keine Vorhersage, ob das Eis eine freie Fahrt ermöglicht. In einem Projekt der Hightech-Strategie der Bundesregierung im Zukunftsfeld "Intelligente Mobilität" entsteht ein Prognosesystem.

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Ein Versorgungsschiff und Eisberge im Ilulissat-Eisfjord

Neue Routen durch das Eis

Foto: picture alliance / WILDLIFE

Die Bilder gingen um die Welt: Das australische Fangschiff "Antarctic Chieftain" steckte tagelang im Eis fest. Erst nach Tagen konnten die 26 Besatzungsmitglieder gerettet werden. Die Besatzung war Fahrten im Eis gewohnt, merkte nun aber deutlich, wie unberechenbar es sein kann.

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Eis kann ganz unterschiedlich sein

Foto: HSVA/Nils Reimer

Andererseits führt der Klimawandel zum Rückgang des Polareises. Das hat sein Gutes für bestimmte Wirtschaftsbereiche. So ist der Schiffsverkehr nördlich von Europa und Asien nicht mehr nur in den Sommermonaten möglich. Das verkürzt den Weg von Europa nach Ostasien erheblich und ist so für den Handel von nicht geringer Bedeutung. Man spart sich die Fahrt um Europa, durch das Mittelmeer und den Suezkanal. Zunehmende Bedeutung erhält der Transport von Rohstoffen, die in der Arktis gewonnen werden.

Allerdings ist die Strecke nicht vollständig eisfrei, so dass ein normales Containerschiff durchaus in Gefahr geraten kann, im Eis stecken zu bleiben. Es müsste daher möglich sein, die Route so zu bestimmen, dass die Gefahren minimiert werden. Das setzt aber eine Vorhersage des Eises über mehrere Tagen voraus, was derzeit nicht möglich ist.

Eis vorhersagen

Im vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projekt IRO-2 - Eis-Vorhersage und Eis-Routen-Optimierung - ist jetzt der Prototyp eines Systems geschaffen worden, mit dem eine Routenplanung möglich ist. Beteiligt sind Forscher der Hamburgischen Schiffbau-Versuchsanstalt, des Alfred-Wegener-Instituts, der Universitäten Hamburg und Bremen sowie von zwei Wirtschaftspartnern.

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Grafische Darstellung der Systemkomponenten

Foto: HSVA

Zur Messung des Eises nutzen die Forscher Daten mehrerer Satelliten mit unterschiedlichen Sensoren, so beispielsweise ein Mikrowellen-Messinstrument eines japanischen Satelliten. Damit werden in Vorhersagemodellen unter anderem Eisdicke, Eiskonzentration, Eisbewegung, Schollengröße und Schneedeckung berechnet. Zur Entwicklung des Systems setzte die Gruppe das norwegische Forschungsschiff Lance sowie ein Flugzeug und einen Helikopter ein, die die Satellitendaten mit am Ort vorgenommenen Messungen abglichen.

Ein Problem der Eisvorhersage sind die ganz unterschiedlichen Arten des Eises. Es kann eine feste Oberfläche haben, eventuell sogar dick mit Schnee bedeckt. Es kann aus einzelnen Schollen bestehen oder Rinnen aufweisen. Es kann stark deformiert oder aufgepresst sein, auch Frostblumen auf dünnem Eis aufweisen. Die Forscher arbeiten an einer Klassifikation der Eisformen, um die Satellitendaten besser interpretieren zu können.

Navigation unterstützen

Aus diesen Daten sowie Informationen zu Wind und Ozeanströmungen sowie der Gezeiten entstand dann ein Vorhersagemodell, das "Hamburger System für Mesoskalige Eisvorhersage zur Routenoptimierung (HAMMER)". Es kann eine Vorhersage von sechs Tagen liefern und hilft bereits in der Testphase Schiffen bei der Routenplanung.

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Risse und Schollen im Eis

Foto: Nils Reimer

Der zweite Projektschritt ist die Nutzung der Vorhersage für die Navigation und die Festlegung der bestmöglichen Route. Dabei spielen dann natürlich auch Informationen über das Schiff eine Rolle. Wie schnell kann das Schiff bei einer bestimmten Eisdicke fahren, wie stark ist die Fähigkeit Eis aufzubrechen. Das System prüft zunächst die kürzeste Route zwischen Start- und Endpunkt und sucht dann schrittweise die ungefährlichste und schnellste Route heraus. Die Daten werden an das Navigationssystem des Schiffes übermittelt.

Die Route wird dann immer wieder überprüft und den sich eventuell verändernden Bedingungen angepasst. Das Verfahren gestattet eine erhebliche Verringerung der Fahrzeit. Noch allerdings gibt es eine Vielzahl offener Fragen, bevor das System dem Schiffsverkehr dienen kann.