Konferenz zur Zukunft Europas
Die 22-jährige Ilka Szigeti hat sich als eine von 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in das Europäische Bürgerforum in Straßburg eingebracht: Sie freut sich, dass ihre Ideen zur Stärkung zivilgesellschaftlicher Organisationen in die Plenarversammlung einfließen werden. Für die Hochschulabsolventin ist klar: „Die jungen Leute, die an dieser Veranstaltung teilgenommen haben, sind wichtige Vorbilder.“
4 Min. Lesedauer
Welche Bedeutung hat Europa bisher für Ihr Leben gehabt?
Ilka Szigeti: Ich lebe in Budapest, der Hauptstadt Ungarns. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht die Errungenschaften der EU sehe oder nutze. Lassen Sie mich zwei Beispiele nennen: Ohne die Hilfe der EU gäbe es die U-Bahnlinie 4 nicht. Sie bringt mich in 15 Minuten statt in mehr als einer Stunde an das andere Ende der Stadt. Auch hatte ich als Studentin viele Gelegenheiten, an Orten zu arbeiten, die mit EU-Mitteln gebaut wurden. Es ist ein tolles Gefühl, durch diese Korridore zu gehen und zu sehen, wie schön und gut gebaut sie sind.
Es macht mich stolz, sagen zu können, dass ich EU-Bürgerin bin. Das ist für mich ein Zeichen von Stärke, aber auch von Schutz. Ich habe auch das Gefühl, dass die EU wie ein großes Team funktioniert, das die anderen Teammitglieder unterstützt.
Hat sich Ihre Meinung über Europa durch die Teilnahme am Bürgerforum geändert?
Szigeti: Meine Meinung über die EU war vor dieser Veranstaltung eine andere. Ich bin Ungarin und zugleich Europäerin. Aber ich fühlte mich zwischen Ungarn und Europa hin- und hergerissen. Aufgrund der ständigen Fehlinformationen in den Nachrichten und im Fernsehen hatte ich das Gefühl, dass ich, weil ich Ungarin bin, nicht auch Europäerin sein kann.
Zunächst war ich skeptisch darüber, dass eine so hochrangige Behörde plötzlich an MEINER Meinung interessiert ist – als eine unter 199. Ich hatte die Befürchtung, dass es sich nur um eine Show handelt, in der wir zwar angehört werden, aber das Ergebnis nicht wirklich wichtig ist und wir die Ziele niemals erreichen werden.
Auf der Veranstaltung selbst war ich positiv überrascht, dass sich die teilnehmenden Experten Zeit für unsere Fragen nahmen. Es zeigte mir, dass die EU sich um uns kümmert. Es hat mich glücklich gemacht, dass sie offen für unsere Ideen ist und versucht, das Leben hier besser zu machen. Als ich nach Hause kam, hatte ich ein anderes, eindeutig positives Bild von der EU.
Die europäischen Bürgerforen sind ein wichtiger Teil der Konferenz zur Zukunft Europas. An diesem europaweiten Dialogprozess sind alle Bürgerinnen und Bürger eingeladen, sich zu beteiligen.
Was waren die wichtigsten Eindrücke Ihres Wochenendes in Straßburg? An welche Situation werden Sie sich noch lange erinnern?
Szigeti: Viele der schönen Momente waren für mich im Rahmenprogramm: das Hotel, das Frühstück, die Bootsfahrt, die Restaurants und das Sightseeing. Und ich fand es auch toll, dass wir von Medien umgeben waren. Ich war live bei diesem wichtigen Treffen dabei, das im Internet übertragen wurde. Ich hatte die Möglichkeit, meine Meinung zu sagen und gehört zu werden.
Beim Bürgerforum selbst wird mir besonders das Treffen mit einem Experten in Erinnerung bleiben: Er besuchte unseren kleinen Workshop, in dem jeder ein Problem diskutierte, von dem er denkt, dass es sein Leben betrifft. Der Experte nahm sich die Zeit für mein dringendes Anliegen: den Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor ihren eigenen Regierungen. Nur wenige Länder in der EU haben dieses Problem und mein Land gehört dazu. Ich finde es sehr wichtig, dass die EU Maßnahmen ergreift, um gegen die Korruption in dem betreffenden Land vorzugehen.
Haben Sie sich in den Ergebnissen wiedergefunden?
Szigeti: Ja, ich habe sowohl an den Plenarsitzungen als auch an den Workshops aktiv teilgenommen. Es hat mich sehr gefreut, dass jeder die Möglichkeit hatte, seine Meinung über das für ihn wichtigste Thema zu sagen.
Das für mich wichtigste Thema ist die Unterstützung zivilgesellschaftlicher Organisationen, beispielsweise durch einheitlichere Systeme und ähnliche Gesetze in verschiedenen Ländern. Zivilgesellschaftliche Organisationen sind wichtig, um die Bürgerinnen und Bürger zu schützen und zu verhindern, dass sie von ihren Regierungen unterdrückt werden.
Dieses Thema kam in meinem Workshop unter die ersten drei von 16 Ideen. Sie wurden von uns Gruppenmitgliedern entsprechend ihrer Wichtigkeit gewählt. Im Anschluss wurden die Ideen aller Workshops sortiert und mein Thema war auch im Endergebnis vertreten!
In den europäischen Bürgerforen kommen zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger zusammen. Sie bilden die Vielfalt Europas mit Blick auf Alter, Geschlecht, Herkunft und Hintergrund repräsentativ ab. Dabei soll ein Drittel jünger als 25 Jahre sein. Getrennt in vier Themenbereichen, werden sie jeweils an vier Wochenenden diskutieren – auf Grundlage der auf der Onlineplattform gesammelten Ideen. Die Ergebnisse werden einerseits auf der digitalen Plattform veröffentlicht. Anderseits werden sie in die Plenarversammlung eingebracht.
Sehen Sie die Konferenz zur Zukunft Europas als eine Chance? Ist es wichtig, dass junge Menschen in diesen Prozess einbezogen werden?
Szigeti: Ja, ich denke, es ist eine hervorragende Gelegenheit für uns, an den großen Fragen des Lebens teilzuhaben. Ausgehend von der Idee, dass die Zukunft uns jungen Menschen gehört, war es wichtig, dass Leute in meinem Alter über Probleme und deren Lösung gesprochen haben. Ich hätte mich allerdings gefreut, wenn mehr Leute unter 20 Jahren das Wort ergriffen hätten. Aber vielleicht haben sie noch keine klare Sicht auf die Welt.
Die jungen Leute, die an dieser Veranstaltung teilgenommen haben, sind auch wichtige Vorbilder für andere. Durch ihr Beispiel zeigen sie, wie einfach es ist, sich am positiven Wandel zu beteiligen. Selbst wenn sie nur ein Bild in den sozialen Medien posten, werden andere Menschen von der Veranstaltung erfahren und denken: „Wow, dieser junge Mensch ist schlau, weil er sich für eine bessere Zukunft einsetzt.“ Die ältere Generation hat vielleicht bedeutendere und bessere Ideen. Aber die jüngere Generation ist viel stärker vertreten in den sozialen Medien, die für die Meinungsbildung immer wichtiger werden.