So gelingt Naturschutz in der Landwirtschaft

Förderung der Biodiversität So gelingt Naturschutz in der Landwirtschaft

Die Landwirtschaft ist im Umbruch: Hin zu mehr Umwelt-, Klima- und Artenschutz. Zugleich muss sie wirtschaftlich tragfähig bleiben. Mit dem Projekt F.R.A.N.Z. erproben Naturschützer und Landwirte gemeinsam, wie Artenvielfalt in der Agrarlandschaft gefördert werden kann. Eine erste Bilanz ist vielversprechend.

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Überblick über ein Feld mit einem blühenden Streifen Wildblumen

Blühstreifen bieten nicht nur ein reichhaltiges Angebot an Nektar und Samen für Insekten und Vögel, sondern auch zahlreiche Möglichkeiten zur Deckung für Feldhasen, Amphibien und andere Tiere.

Foto: Dominik Himmler

Die Landwirtschaft soll die Ernährung sichern und zugleich die Artenvielfalt bewahren – das führt häufig zu Zielkonflikten. Doch an tragfähigen Lösungen wird geforscht. Mit dem F.R.A.N.Z.-Projekt entwickeln und erproben Landwirte, Betriebsberater, Naturschützer und Wissenschaftler bereits seit über fünf Jahren gemeinsam praxistaugliche und ökonomisch tragfähige Konzepte, wie die Artenvielfalt in der Landwirtschaft erhalten und erhöht werden kann. F.R.A.N.Z. steht dabei für „Für Ressourcen, Agrarwirtschaft und Naturschutz mit Zukunft“.

Das Projekt wird gemeinsam von der Umweltstiftung Michael Otto und dem Deutschen Bauernverband geleitet. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner und Bundesumweltministerin Svenja Schulze sind Schirmherrinnen.

Nachahmung erwünscht

Insgesamt beteiligen sich deutschlandweit zehn für die jeweilige Region typische intensiv bewirtschaftete Betriebe an F.R.A.N.Z. . In dem auf zehn Jahre angelegten Projekt entwickeln und erproben sie biodiversitätsfördernde Maßnahmen, die sowohl unter ökologischen als auch ökonomischen Gesichtspunkten beobachtet und ausgewertet werden. Denn mittel- und langfristig sollen die Naturschutzmaßnahmen auch auf andere Betriebe übertragbar sein. Dazu ist es notwendig, dass sich die Naturschutzmaßnahmen gut in die betrieblichen Abläufe integrieren lassen und die wirtschaftlichen Einbußen für die Betriebe kalkuliert und ausgeglichen werden.

Ein weiteres Ziel des Projektes ist es, Hemmnisse im bestehenden Förder- und Ordnungsrecht zu identifizieren und Optimierungen vorzuschlagen, so dass Landwirtinnen und Landwirte die Naturschutzmaßnahmen breit umsetzen können.

Beetle Banks und Erbsenfenster

Jeder Betrieb setzt mehrere Maßnahmen um, die Lebensräume für regionstypische wildlebende Tier- und Pflanzenarten schaffen und die sich gleichzeitig gut in die betrieblichen Abläufe integrieren lassen.

Neben bewährten Maßnahmen, wie etwa Blühstreifen, werden auch neue beziehungsweise bislang unbekanntere Wege beschritten. Dazu zählen etwa so genannte Beetle Banks (Insektenwälle), Erbsenfenster für Feldvögel (kleine, nicht geerntete Erbsenflächen innerhalb eines Getreidefelds) oder Getreide mit blühenden Untersaaten.

Die Maßnahmen machen zwischen fünf und zehn Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche eines jeden Betriebes aus. Die anderen Flächen werden weiterhin intensiv bewirtschaftet.

Um eine Vergleichbarkeit der Maßnahmen innerhalb und zwischen den Betrieben zu gewährleisten, wird jede Maßnahme in mindestens drei Betrieben und auf jeweils mindestens drei Standorten umgesetzt. Einige der zum Einsatz kommenden Maßnahmen werden im Folgenden vorgestellt.

Erste Bilanz überaus positiv

Ende 2020 wurde eine erste Zwischenbilanz des F.R.A.N.Z.-Projektes gezogen. Sie dokumentiert, wie erfolgreich die ergriffenen Maßnahmen bereits wirken, wenngleich die statistische Analyse noch nicht abgeschlossen ist. So haben Maßnahmen, wie Blühstreifen, Extensivgetreide oder Feldvogelinseln große ökologische Wirksamkeit in der intensiven Landwirtschaft entfaltet.

Unter anderem zeigte sich, dass auf mehrjährigen Blühstreifen ein bis zu vierfacher Anstieg an Artenvielfalt zu verzeichnen war - im Vergleich zu Getreideäckern ohne Maßnahmen: Bei Ackerwildpflanzen eine Steigerung von 90 Prozent, bei Vögeln ein Anstieg von 200 - 300 Prozent und bei den Feldhasen eine Verdopplung. Außerdem konnten viermal so viele Tagfalter ermittelt werden, 280 Prozent mehr Regenwürmer und 70 Prozent mehr Laufkäfer.

Die Maßnahme Extensivgetreide (weitgehender Verzicht auf Pflanzenschutzmittel, reduzierte Düngung, reduzierte Saatstärke, keine Untersaat) förderte Wildkräuter, Feldlerchen und Rebhühner - mit Verdopplung bis Verdreifachung der Vogeldichten (Feldlerchen: plus 250 Prozent) und der Wildkrautdeckung (plus 220 Prozent) sowie eine Verdopplung der Pflanzenartenvielfalt (plus 90 Prozent).

Besonders wirksam - unter anderem für die bedrohte Feldlerche - erweist sich die Maßnahme von Extensivgetreideflächen in Maisschlägen – sogenannte Feldvogelstreifen. Hier wurde eine 7,5-fach höhere Feldlerchendichte gegenüber Vergleichsflächen festgestellt.

Der Zwischenbericht enthält viele weitere interessante Ergebnisse. Die Highlights der Diskussion zum Zwischenbericht sind im Video zusammengefasst.

Zusammenarbeit und Dialog auf Augenhöhe

Der Zwischenbericht stellt eine weitere Stärke des Projektes heraus: Nur durch gegenseitiges Verständnis und Dialog, durch den kooperativen und partnerschaftlichen Ansatz zwischen Landwirten, Naturschützern und Wissenschaftlern ist es gelungen, die Biodiversitätsmaßnahmen in den Betrieben umzusetzen.

Um die F.R.A.N.Z.-Erkenntnisse in die Breite zu tragen und damit weitere Betriebe von den Ergebnissen profitieren können, befindet sich das Projekt jetzt im Austausch mit Bund und Ländern – auch mit Blick auf die 2023 in Kraft tretende Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP).

Es geht zum einen um die Empfehlung von geeigneten Biodiversitätsmaßnahmen. Zum anderen werden Vorschläge diskutiert, wie bestehende Hemmnisse abgebaut werden können, um Landwirte für die Maßnahmen zu gewinnen. Hier betont der Zwischenbericht, dass es geeigneter ordnungs- und förderrechtlicher Rahmenbedingungen bedarf.

Das F.R.A.N.Z.-Projekt wird wissenschaftlich begleitet von den Thünen-Instituten für Biodiversität, für Ländliche Räume und Betriebswirtschaft, der Georg-August-Universität Göttingen und dem Michael-Otto-Institut im NABU. Finanzielle Förderung erfolgt über die Landwirtschaftliche Rentenbank seitens des BMEL sowie durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des BMU.