Zukunftsstrategie Forschung und Innovation
Eine wettbewerbsfähige Industrie, Klimaschutz, Gesundheit, Resilienz der Gesellschaft: Mit der Zukunftsstrategie Forschung und Innovation will Deutschland mit neuen Lösungen auf aktuelle Herausforderungen reagieren und so Lebensqualität und Wohlstand erhalten. Nun hat das Kabinett einen ersten Bericht veröffentlicht.
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- Was ist das Ziel der Zukunftsstrategie Forschung und Innovation?
- Warum ist die Strategie notwendig?
- Was sind die inhaltlichen Schwerpunkte?
- Inwieweit spielen die aktuellen Krisen eine Rolle?
- Strategien gibt es viele. Was ist das Besondere an der Zukunftsstrategie Forschung und Innovation?
Ideen aus der Wissenschaft rasch in das tägliche Leben der Menschen integrieren; durch Forschung und Innovation auf die Herausforderungen unserer Zeit reagieren: Das sind die Ziele der Zukunftsstrategie Forschung und Innovation, die die Bundesregierung am 8. Februar 2023 beschlossen hat. Nun hat das Kabinett einen ersten Bericht zur Umsetzung der Strategie verabschiedet. Dieser nimmt auch Bezug auf das Gutachten 2023 der unabhängigen Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI).
Um die Ziele der Zukunftsstrategie praktisch umzusetzen, sollen sogenannte „Missionsteams“ den fachlichen Austausch über Ressortgrenzen hinweg ermöglichen. Sechs solcher Teams haben sich in den letzten zehn Monaten zusammengefunden und sollen der Bundesregierung künftig dabei helfen, agiler zu handeln und zu entscheiden.
Diesen neuen Ansatz flankiert auch das in einem weiteren Schritt gegründete Forum #Zukunftstrategie. Dessen Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft werden die Missionsteams beraten und unterstützen. Das Beratungsgremium arbeitet zugleich direkt mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung zusammen.
Was ist das Ziel der Zukunftsstrategie Forschung und Innovation?
Die Zukunftsstrategie ist das Gerüst für die Forschungs- und Innovationspolitik der Bundesregierung in dieser Legislaturperiode. Sie soll dazu beitragen, die Forschungs- und Innovationspolitik der Bundesregierung weiterzuentwickeln, um die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen, die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu sichern, die Resilienz der Gesellschaft zu stärken und die eigene Wirtschaftskraft zu gewährleisten. Der Strategie liegt ein ganzheitliches Innovationsverständnis zugrunde. Dies umfasst eine große Bandbreite an Innovationen, wie zum Beispiel technologische Innovationen, neue Geschäftsmodelle und Soziale Innovationen.
Zudem berücksichtigt sie große aktuelle Herausforderungen insbesondere der Transformation und strebt die Entwicklung neuer Lösungen an, um auch in Zukunft Lebensqualität und Wohlstand in Deutschland zu schaffen und zu erhalten. Die Zukunftsstrategie soll darüber hinaus eine starke strategische Positionierung des deutschen Forschungs- und Innovationssystems ermöglichen und wichtige Prozesse anstoßen. Damit soll die Grundlage geschaffen werden, dass Deutschland und Europa bei den großen Themen der kommenden Jahre eine entscheidende Rolle spielen. Das Kabinett hat die Strategie jetzt beschlossen.
Warum ist die Strategie notwendig?
Deutschland war und ist ein Land des Fortschritts und der Innovation. Es verfügt über ein ausdifferenziertes Wissenschaftssystem, eine breite Forschungslandschaft mit starker Grundlagen- und angewandter Forschung, innovativen Regionen und einer industriellen Basis mit international erfolgreichen großen Konzernen und einem innovativen Mittelstand. Internationale Vergleiche zeigen jedoch, dass Deutschland in einigen Technologiefeldern nicht ohne Weiteres mit sehr innovationsstarken Ländern und Hochleistungsstandorten mithalten kann.
Auch im zukunftsweisenden Bereich der Spitzentechnologien und der Digitalisierung liegt Deutschland zurück. Das wurde zuletzt gerade im Zuge der Corona-Pandemie deutlich. Damit der Innovationsstandort Deutschland zukunftsfähig bleibt, müssen Grundlagen nicht nur erhalten, sondern zielorientiert und zukunftsweisend ausgebaut werden. Umso dringender ist die Zukunftsstrategie: Sie setzt auf eine gezielte Stärkung der gesamten Innovationsfähigkeit Deutschlands.
Vor allem geht es bei der Strategie um systemische und nachhaltige Ansätze. Dadurch sollen die technologischen, ökonomischen, geopolitischen, ökologischen und sozialen Veränderungen miteinander verschränkt und themenübergreifend Lösungen entwickelt werden.
Was sind die inhaltlichen Schwerpunkte?
Inhaltlich beschäftigt sich die Zukunftsstrategie Forschung und Innovation insbesondere mit sechs konkreten Themenfeldern:
Deutschlands Wohlstand basiert auf einer starken und innovativen Wirtschaft. Ziel ist, diese Stärke zu erhalten, auszubauen und dabei gleichzeitig das Wirtschaftssystem zukunftsfest machen. Das bedeutet, nachhaltig, klimaneutral sowie resilient zu werden und zeitgleich international wettbewerbsfähig bleiben. Es gilt, Nachhaltigkeit und Treibhausgasneutralität und damit verbundene Innovationen als Teil der sozialen und unternehmerischen Innovationsprozesse stärker und konsequenter zu verankern. Die Zukunftsstrategie wirbt für eine technologieoffene Gesellschaft, die Innovationen als Chance für nachhaltiges Wirtschaften begreift und sich der begrenzten Ressourcen bewusst ist.
Ein Schwerpunkt der Forschung in den kommenden Jahren wird darauf liegen, die globalen Zusammenhänge und die regionalen Auswirkungen der Klimaerwärmung und des Artenverlustes möglichst vollständig zu erfassen. Und zugleich Strategien und Lösungen zu entwickeln und umzusetzen, um Ursachen und negative Konsequenzen zu minimieren beziehungsweise sich ihnen anzupassen. Ein forschungspolitischer Fokus liegt dabei auf der Frage, wie die Weltbevölkerung nachhaltig ernährt werden kann – also Ernährungssicherheit herzustellen, ohne dabei die Biodiversität und den Klimaschutz zu gefährden.
Das Gesundheitssystem der Zukunft sollte unter anderem barrierefrei, effizient, leistungsstark, krisenfest, digital vernetzt und für alle leicht zugänglich sein. Es gilt, Fortschritte bei der medizinischen Forschung und Innovationen noch schneller in die Gesundheitsversorgung zu integrieren.
Die medizinische Versorgung der Zukunft sollte zunehmend präventiv, personalisiert, präzise und partizipativ und teilhabeorientiert im gesamten Innovationsprozess sein. Zentral hierfür ist die enge Verknüpfung zwischen Forschung, Entwicklung und Anwendung in der Versorgung, um den medizinischen Fortschritt patientenzentriert voranzutreiben und Innovationen noch schneller in die Gesundheitsversorgung (und die folgende Rehabilitation) zu integrieren.
Technologische Souveränität bedeutet, auch in Krisen-Zeiten die Fähigkeit aufrecht zu erhalten, Schlüsseltechnologien international auf Augenhöhe und im Sinne unserer Werte mitzugestalten und wirtschaftlich zu verwerten. Umso wichtiger ist es, kritische Abhängigkeiten in zentralen Technologiefeldern rechtzeitig erkennen und diesen entgegenwirken.
Die Zukunftsstrategie will die technologische Souveränität Deutschlands und Europas in diesem Jahrzehnt stärken, indem in den zentralen Schlüsseltechnologien Rückstände aufgeholt und neue Themen erschlossen werden. Ziel ist vor allem, die Digitalisierung zu beschleunigen und individuelle Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe und gute Arbeit schneller und systematischer auszuschöpfen.
Die Weiterentwicklung der Weltraum- und Raumfahrterforschung ist eine Herausforderung der nächsten Jahrzehnte – und wird auf den Umgang mit den natürlichen Ressourcen, Umweltschutz, Risikovorsorge und Katastrophenmanagement starke Auswirkungen haben. Die besondere Bedeutung der Meere für das Leben und die Wirtschaft auf unserem Planeten stellt deren Schutz, Wiederherstellung und nachhaltige Nutzung als zentrale Herausforderung heraus.
In Deutschland und Europa sind die freiheitlich-demokratischen Gesellschaften mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert. Das Modell der freiheitlichen Demokratie steht dabei zunehmend in einem sich verschärfenden Systemwettbewerb mit autoritären Systemen und extremistischen Aktivitäten. Hinzu kommt, dass viele Menschen aufgrund zahlreicher gesellschaftlicher Umbrüche und neuer Strukturen und Lebenswelten besonders gefordert sind. Umso wichtiger zur Stärkung der Demokratie und eine zukunftsfähige Gesellschaft ist es, die Resilienz jedes Einzelnen und der gesamten Gesellschaft zu stärken.
Inwieweit spielen die aktuellen Krisen eine Rolle?
Nach den Belastungen der Corona-Pandemie stellt der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und seine Folgen Deutschland und Europa im Rahmen der Zeitenwende vor große Herausforderungen und führt zu veränderten politischen Prioritäten. Gleichzeitig werden die Auswirkungen des Klimawandels von Jahr zu Jahr spürbarer. Zudem wird der globale Wettbewerb um Wissen, Märkte und Talente intensiviert. Vieles, was lange Jahre selbstverständlich war, ist in Frage gestellt. Diesen Gedanken nimmt die Zukunftsstrategie Forschung und Innovation auf. Es gilt, Deutschland mit neuen Ideen und Lösungen bestmöglich aufzustellen.
Strategien gibt es viele. Was ist das Besondere an der Zukunftsstrategie Forschung und Innovation?
Drei Aspekte sind insbesondere zu nennen:
- Das ganzheitliche Innovationsverständnis steht dafür, wirksamer neue Lösungen für eine ganze Bandbreite von konkreten Themen entwickeln zu können.
- Die Strategie ist als „lernende“ Strategie angelegt. Ziel ist, sie dynamisch und gemeinsam mit Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft kontinuierlich neu zu justieren und zu optimieren. Als lernende Strategie wird die Zukunftsstrategie schnell und flexibel auf Veränderungen reagieren. Dafür werden Fortschritte kontinuierlich verfolgt, Erfahrungen eingebracht und Ziele angepasst. Zur Erfolgskontrolle legt die Zukunftsstrategie ein besonderes Augenmerk auf die Messbarkeit ihrer Ziele.
- Mit der Zukunftsstrategie wird ein ressortübergreifendes Fundament geschaffen, um die Anstrengungen und Ressourcen der Bundesregierung zu bündeln und auf die großen Herausforderungen auszurichten. Der ressortübergreifende Ansatz ermöglicht es, die vielfältigen Aktivitäten und Maßnahmen der beteiligten Bundesministerien eng miteinander zu verzahnen.