Arktis
Die Arktisforschung der Zukunft gestalten – darum ging es bei der Zweiten Arktiswissenschaftsministerkonferenz. Was wurde auf der Konferenz besprochen? Warum geht die Arktis auch die deutsche Bevölkerung an? Und wer sind die Samen? Antworten auf diese und andere wichtige Fragen zur Arktis.
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Die Konferenz konzentrierte sich auf Wissenschaft und Forschung in der Arktis und mit Bezug zur Arktis.
Konkret ging es um die drei Themen:
- Stärkung, Integration und Aufrechterhaltung der arktischen Beobachtungen, Erleichterung des Zugangs zu arktischen Daten und gemeinsame Nutzung der arktischen Forschungsinfrastruktur
- Verständnis der regionalen und globalen Dynamik des arktischen Wandels
- Bewertung der Verwundbarkeit und Stärkung der Widerstandsfähigkeit der arktischen Umwelt und Gesellschaft
Mehr als 250 Forscherinnen und Forscher sowie Vertreterinnen und Vertreter von Wissenschaftsorganisationen und indigenen Völkergruppen tauschten sich über Fortschritte in der Arktisforschung und neue Entwicklungen aus. Die hier vorgestellten wissenschaftlichen Erkenntnisse dienten als Grundlage des Ministertreffens am zweiten Tag der Konferenz. Hier trafen Regierungsvertreter aus 26 Nationen indigene Organisationen der Arktis. Das Ziel: Gemeinsam mit den indigenen Völkern die wissenschaftliche Zusammenarbeit unter den Ländern zu stärken.
Deutschland, Finnland und die Europäische Kommission luden gemeinsam zur Zweiten Wissenschaftsministerkonferenz zur Arktisforschung am 25. und 26. Oktober in Berlin ein. Die Konferenz stand unter dem Motto "Forschung in der Arktis - gemeinsam handeln, Herausforderungen meistern". 26 Nationen, Vertreterinnen und Vertreter der indigenen Völker der Arktis sowie zahlreicher Nichtregierungsorganisationen nahmen teil. Gastgeber der Konferenz war das Bundesforschungsministerium.
Der Klimawandel ist in der Arktis sichtbarer als in vielen anderen Regionen der Erde: Die Luft- und Wassertemperaturen steigen deutlich schneller an als im globalen Durchschnitt. Im Mittel betrug der Temperaturanstieg im 20. Jahrhundert etwa zwei Grad Celsius – in manchen Regionen sind die Lufttemperaturen sogar um fünf Grad Celsius gestiegen. Zum Vergleich: In Deutschland hat sich die Temperatur seit 1881 um 1,4 Grad Celsius im Durchschnitt erhöht.
Mit den steigenden Temperaturen schmilzt das arktische Meereis immer weiter, der Permafrostboden taut. Diese Veränderungen haben nicht nur weitreichende Folgen für die Menschen und die Tiere, die dort leben. Weil die Arktis über Atmosphäre und Meeresströmungen mit dem Rest der Welt verbunden ist, wirken sich die raschen Veränderungen weit über die Region hinaus aus. So zeigen neue Ergebnisse, dass die geringe Meereisausdehnung im arktischen Ozean im Sommer die Wahrscheinlichkeit für kalte Winter in Mitteleuropa erhöht. Veränderungen in der Arktis beeinflussen also das gobale Klima - auch das Wetter des unmittelbar benachbarten Europas. Bundesforschungsministerin Anja Karliczek warnte anlässlich der Zweiten Arktiswissenschaftskonferenz: "Schmilzt das ewige Eis der Arktis durch die Klimaerwärmung, wird das weltweit, aber auch für Deutschland, weitreichende Folgen haben."
Vier Millionen Menschen leben in der Arktis, verteilt auf drei Kontinente. Allerdings wohnen nur noch wenige in den wirklich eisigen Gebieten - die meisten ziehen die Städte und größeren Dörfer auf dem grüneren und wärmeren Festland vor. Etwa 12,5 Prozent der arktischen Bevölkerung gehört den indigenen Völkern an, darunter den Alëuten, den Inuit und den Samen. Während viele dieser indigenen Völkergruppen bereits in festen und modernen Häusern leben, haben sich einige Traditionen bewahrt: So bestimmt die Rentierzucht weiterhin das Leben der Samen. Dank moderner Schneemobile ist das ursprüngliche Nomadenleben allerdings größtenteils hinfällig.
Neben den Menschen gibt es etwa 75 Säugetierarten in der Arktis – davon allein 16 auf oder unter dem Eis. Der wohl bekannteste tierische Arktisbewohner ist der Eisbär. Aber auch Robben, Walrosse, Polarfüchse, Schneehasen, Rentiere und Moschusochsen sind am Nordpol beheimatet.
Für Mensch und Tier in der Arktis stellen die Auswirkungen des Klimawandels eine große Herausforderung dar. Die durch den Rückgang des Meereises zunehmenden menschlichen Aktivitäten wie die Erschließung neuer Schifffahrtsrouten und Ressourcen setzen den einzigartigen Lebensraum Arktis zusätzlich unter Druck.
Es gilt noch viel darüber herauszufinden, wie verletzlich und wie widerstandsfähig die Menschen und die Natur in der Arktis sind und wie sich die dortigen Veränderungen auf Deutschland und die Welt auswirken. Die Forschung kann hier neues Wissen liefern, das als Entscheidungsgrundlage und Handlungsempfehlung für Politik und Gesellschaft dienen kann. Das bekräftigte auch Bundesforschungsministerin Karliczek: "Forschung schafft Wissen über den Klimawandel und legt so die Grundlage für politische Entscheidungen." Die Bedeutung wissenschaftlicher Erkenntnisse betonte auch Carlos Moedas, EU-Kommissar für Forschung, Wissenschaft und Innovation: "Nur wenn wir uns bei unseren Aktivitäten auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützen, werden wir in der Lage sein, den Klimawandel zu verlangsamen."
Weil die Auswirkungen des Klimawandels von globaler Tragweite sind, können sie nur gemeinsam bewältigt werden. Internationale Zusammenarbeit in der Forschung ist notwendig, um die Vorgänge in der Arktis besser zu beobachten und zu verstehen und den bevorstehenden Wandel gemeinsam zu gestalten.
Deutschland hat den Schutz und die nachhaltige Entwicklung des Lebensraums Arktis als eine vorrangige Aufgabe anerkannt. Deshalb unterstützt die Bundesregierung die deutsche Arktisforschung und stellt den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern modernste Forschungsinfrastrukturen zur Verfügung, darunter das Alfred-Wegener-Institut (AWI). Flaggschiff des AWI ist das Forschungsschiff "Polarstern": Im Herbst 2019 wird die "Polarstern" zur MOSAiC-Expedition aufbrechen - der größten Arktis-Forschungsexpedition aller Zeiten. Ein Jahr lang wird sie fest eingefroren im arktischen Eis durch das Nordpolarmeer driften. Mit an Bord: Wissenschaftlerinnern und Wissenschaftler aus 17 Nationen. Ihre Aufgabe: bestehende Wissenslücken zum Klimawandel zu füllen und neue Erkenntnisse, zum Beispiel über den Wärmetransport zwischen Eis, Wasser und Atmosphäre, zu gewinnen. Langfristig soll die Expedition zu einem besseren Verständis des Klimawandel beitragen.
Auch international ist Deutschland aktiv: Erst im Juli 2018 sind zwölf deutsch-britische Verbundprojekte zum Wandel in der Arktis gestartet. Gemeinsam möchte man den Einfluss der Erwärmung auf das globale Klima und auf die Lebensgemeinschaften in den Polarregionen untersuchen. Das Bundesforschungsministerium und das britische Natural Environment Research Council (NERC) unterstützen die Vorhaben mit mehr als neun Millionen Euro.