„Antisemitismus geht alle an“

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Forschung zu Antisemitismus „Antisemitismus geht alle an“

Die Bundesregierung will die Forschung zu Antisemitismus weiter ausbauen. „Der Kampf gegen Antisemitismus wird wirksamer, wenn er auf Wissen aus der Forschung basiert“, erklärte Bundesministerin Stark-Watzinger auf einer Tagung in Berlin. Ihr Ministerium fördert entsprechende Projekte mit zwölf Millionen Euro.

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Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger am Rednerpult.

Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger sprach auf der Tagung zum „Wissenschaftlichen Beitrag zur Bekämpfung des Antisemitismus“. 

Foto: BMBF/Hans-Joachim Rickel

Ressentiments, Anfeindungen und schlimmstenfalls Gewalt gegen Jüdinnen und Juden – eine Entwicklung, die nicht nur Menschen jüdischen Glaubens und jüdisches Leben gefährdet. Auch Demokratie, gesellschaftlicher Frieden und Zusammenhalt sind bedroht. Am Tag des Grundgesetzes diskutierten Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Politik, Praxis und Zivilgesellschaft in Berlin darüber, was Wissenschaft gegen Judenhass leisten kann. Das Datum sei bewusst gewählt worden, betonte Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger, denn das Grundgesetz und seine Werteordnung seien „unser Kompass“.

Das Grundgesetz ziehe die Lehren aus dem schrecklichsten Kapitel unserer Geschichte, dem Menschheitsverbrechen der Shoah, so die Ministerin zum Auftakt der Tagung zur Antisemitismusforschung. Ganz bewusst stehe der Schutz der Menschenwürde gleich in Artikel 1.

„Die Bedrohung ist akut“

Menschen jüdischen Glaubens zu schützen sei eine Staatsaufgabe, und damit auch eine Aufgabe für sie als Ministerin, Gleichzeitig sei es aber auch ein Auftrag für jede Bürgerin und jeden Bürger, sagte Stark-Watzinger. Man sei inzwischen gut vorangekommen. Aber: Antisemitismus gebe es noch immer und das sei besorgniserregend, so die Bundesbildungministerin. Viele Schulen berichteten von rassistischen Beleidigungen oder vom Zeigen des Hitlergrußes auf dem Schulhof. Dies zeige: „Die Bedrohung von rechts ist da, sie ist akut und betrifft auch Jüdinnen und Juden“.

Dabei gehe es nicht nur um Jugendliche, Außenseiter, Extremisten oder die extremen Ränder. Es gehe um Menschen jeden Alters, um Antisemitismus „unter uns“. Gerade unterschiedliche Lebenssituation und Herkunft seien „ein großes Thema“, so die Ministerin. Die Kriminalstatistik von 2022 gebe mit mehr als 2.600 Delikten, darunter 88 Gewaltdelikten, keinen Grund zur Entwarnung, so Stark-Watzinger.

Auch die altbekannte Hasserzählung von angeblich zu großem Einfluss jüdischer Eliten werde von vielen Menschen in vielen unterschiedlichen Teilen der Bevölkerung geglaubt.

Respekt für Engagement im Kampf gegen Antisemitismus

Umso mehr gelte ihr Respekt all denen, die hinschauen, die aussprechen, was ist und vor allem eingreifen – um etwas zu verändern. Sie habe auich Respekt vor dem Mut, denn man könne selbst ins Fadenkreuz geraten , weil man sich anhören müsse: „So schlimm ist das doch gar nicht oder Du bringst uns nur in Verruf“. Für einige scheine es einfacher zu sein, wegzusehen oder zu schweigen. „Das ist ein Trugschluss“, so die Ministerin. Denn es könnten sich diejenigen bestärkt fühlen und immer mehr den Ton angeben, die hassen und hetzen. Betroffene würden sich dann zurückziehen.

Wissen aus Bildung und Forschung

Der Kampf gegen Antisemitismus werde wirksamer und nachhaltiger, wenn er auf Wissen basiert, das aus der Forschung käme, betonte die Ministerin. Die Wissenschaft sei unabdingbarer Partner gegen Antisemitismus, sie könne helfen, besser voran zu kommen.

Bildung sei daher wichtig, um Haltung zu entwickeln, auch für den Mut, „den Mund aufzumachen“. Gerade die Schulen könnten Werte vermitteln, was „Menschenwürde“ und was „unantastbar“ explizit bedeutet. Daher sei wichtig, an Schulen früh einzugreifen. „Das ist die Bildung, die wir brauchen!“

Hierzu seien Entscheidungen auf Basis von Zahlen, Daten und pädagogischer Analyse grundlegend. Dazu fördert das Bundesforschungsministerium seit 2021 zehn Forschungsverbünde und ein Begleitvorhaben für vier Jahre mit insgesamt zwölf Millionen Euro.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt zehn Forschungsverbünde an Universitäten und außeruniversitären Einrichtungen aus ganz Deutschland. Dafür stellt das BMBF rund zwölf Millionen Euro  zur Verfügung. Untersucht werden Dynamiken und Facetten des Antisemitismus aus unterschiedlichen disziplinären Perspektiven. Die Forschungsverbünde befassen sich mit einer Vielzahl von Themen, darunter Antisemitismusprävention in der Bildung, Antisemitismus und Institutionen, Antisemitismus und Onlinemedien, jüdisches Leben und jüdische Perspektiven.

Nationale Strategie gegen Antisemitismus

Wissen und Bildung seien von zentraler Bedeutung im Kampf gegen Antisemitismus, betonte auch der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, Felix Klein. Ein Großteil seiner Arbeit bestehe darin, Vorurteile abzubauen.  

Klein verwies in diesem Zusammenhang auf die im November 2022 vom Bundeskabinett beschlossene Strategie gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben.

Die Strategie gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben soll dazu beitragen, Antisemitismus auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen entgegenzutreten und die Lebensrealitäten von Jüdinnen und Juden in Deutschland sichtbarer zu machen. Ihr Hintergrund: Antisemitismus besteht mitten in der Gesellschaft und hat während der Corona-Pandemie einen weiteren Zulauf bekommen. Antisemitismus bedroht aber nicht nur Jüdinnen und Juden. Antisemitismus ist ein Angriff auf alle Werte des demokratischen Rechtsstaates.

Einen Nachholbedarf gebe es bei der Sensibilität für Antijudaismus in Schulbüchern, so Klein. „Hier liegt noch einiges im Argen“. Klein nannte ein Beispiel aus einem Religions-Schulbuch im Jahr 2008, in dem das jüdische Leben von Jungen und Mädchen in stereotypen Rollen beschrieben wurde.

Klein nannte die 12 Millionen Euro für die Antisemitismusprävention „gut angelegtes Geld“. Man werde am Ende der Förderperiode 2025 einen „wesentlichen Wissenszuwachs haben, damit wir den Antisemitismus noch wirksamer bekämpfen können“.