„Europa ist auf Toleranz gegründet“

EU-Bürgerdialog in Trier „Europa ist auf Toleranz gegründet“

Von Klimaschutz bis Künstliche Intelligenz, von Inklusion bis Datenschutz – beim vierten EU-Bürgerdialog konnten Bürgerinnen und Bürger der deutsch-luxemburgischen Grenzregion ihre dringendsten Fragen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel diskutieren.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht beim EU-Bürgerdialog mit Bürgerinnen und Bürgern.

Merkel sprach mit Menschen aus der deutsch-luxemburgischen Grenzregion.

Foto: Bundesregierung/Bergmann

Bundeskanzlerin Merkel hat in Trier ihren Dialog über die Zukunft Europas fortgesetzt. Sie thematisierte Europa als Projekt des Friedens und der Freiheit und betonte die Bedeutung der europäischen Wertegemeinschaft in einer instabilen Welt.

Vor allem widmete sich die Kanzlerin aber wie bei den vorherigen drei EU-Bürgerdialogen den detaillierten Einzelfragen der Bürgerinnen und Bürger. Die Diskussion fand in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Trier statt.

Sorgen sind keine Begründung für Hass

Migration und der europäische Umgang damit war ein wichtiges Thema der Debatte. Merkel warnte vor Ängsten vor einer angeblich besseren Behandlung von Flüchtlingen im Vergleich zu Einheimischen: "Menschen, die zu uns kommen, werden nicht besser gestellt als die, die schon hier leben. Und wir haben auch für niemanden etwas gekürzt."

Die Kanzlerin erklärte, Migration müsse gelenkt werden, "wie es unseren Interessen entspricht." Sie ergänzte: "Es geht darum, dass wir unser humanitäres Gesicht weiter klar zeigen." Merkel sprach sich dafür aus, dass der europäische Kontinent sich nicht völlig abschotte, gleichzeitig aber klar sein müsse, dass nicht jeder kommen könne.

Kräfte bei der Künstlichen Intelligenz bündeln

Bei Wirtschaft und Handel rief Merkel zu einem schnelleren gemeinschaftlichen Handeln auf: "Ich glaube, dass wir uns sputen müssen in Europa" sagte sie. Besonders im Bereich Künstliche Intelligenz mahnte sie eine grenzüberschreitende Vernetzung an: "Wir werden große Entwicklungen nicht alleine schaffen, wenn wir uns nicht mit anderen europäischen Ländern zusammentun und unsere Kräfte bündeln."

Pflegeberuf attraktiver machen

Merkel bekräftigte im Plenum, dass es einen Anspruch auf menschenwürdige Pflege in ganz Europa gebe. Um den Personalnotstand in Deutschland zu bekämpfen, müsse der Pflegeberuf durch bessere Arbeitszeiten und Bedingungen attraktiver gemacht werden: "Wir können uns nicht nur mit ausländischen Arbeitskräften behelfen." Gleichzeitig sprach sie sich dafür aus, Fachkräfte aus dem Ausland nach Deutschland zu holen. Dazu diene auch das von der Bundesregierung geplante Einwanderungsgesetz für Fachkräfte.

Energiewende braucht Akzeptanz der Bevölkerung

Verzögerungen beim Ausbau des Stromnetzes hemmen zurzeit weitere Fortschritte beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Besonders im Norden Deutschlands seien Solar- und Windenergie stark ausgebaut worden, ohne dass es die für den Stromtransport erforderlichen Leitungen gebe.

"Wir versenken im wahrsten Sinne des Wortes eine Milliarde Euro und mehr jedes Jahr dadurch, dass wie die Energie nicht loswerden", bemängelte die Kanzlerin. Dabei verzögerten Klagen über mehrere Instanzen und somit teils jahrelange Gerichtsverfahren den Ausbau des Stromnetzes massiv. Man könne nicht die Energiewende wollen und gleichzeitig sagen: "In meiner Nähe bitte keine neuen Stromleitungen."

Warum die europäischen Bürgerdialoge?

Der Bürgerdialog zur Zukunft Europas ist Teil einer europaweit geführten politischen Debatte, an der außer dem Vereinigten Königreich alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union teilnehmen. Die Bundeskanzlerin und die Bundesministerinnen und Bundesminister beteiligen sich mit einer Reihe von Dialogveranstaltungen in ganz Deutschland. Ihre Dialoge werden ergänzt durch weitere Veranstaltungen zivilgesellschaftlicher Kooperationspartner.

Die Ergebnisse der Dialogveranstaltungen von Bundesregierung und den zivilgesellschaftlichen Partnern werden zusammengetragen und von einem unabhängigen Dienstleister wissenschaftlich ausgewertet. Aus den Ergebnissen will die Bundesregierung Rückschlüsse für ihre Europapolitik und die zukünftige Ausgestaltung der EU ziehen.

Dabei stehen die nationalen Ergebnisse zunächst für sich. Anschließend werden diese für alle Mitgliedstaaten zusammengestellt und auf dem Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs im Dezember präsentiert. Die Europäische Kommission ergänzt den Bürgerdialog zur Zukunft Europas in den Mitgliedstaaten durch eine Online-Befragung.