Einigkeit zu Migration und Deutschland-Pakt

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Bund-Länder-Gespräche Einigkeit zu Migration und Deutschland-Pakt

Neue Regeln zur Steuerung von Migration, mehr Tempo und weniger Bürokratie: Auf diese Maßnahmen einigte sich der Bundeskanzler mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder. Auch das Deutschlandticket soll weiterentwickelt werden. Die Beschlüsse im Überblick.

8 Min. Lesedauer

Bundeskanzler Scholz gemeinsam mit den Ministerpräsidenten Rhein und Weil bei einem Statement vor der Presse im Kanzleramt.

Am Montag hat sich der Kanzler mit den Ministerpräsidenten und -präsidentinnen der Länder getroffen.

Foto: Bundesregierung/Denzel

2:46 Uhr am Dienstagmorgen ist es, als Bundeskanzler Scholz im Anschluss an die Bund-Länder Beratungen ans Mikrofon tritt. Gemeinsam mit dem hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil zieht er Bilanz der vergangenen neun Stunden. Klar im Mittelpunkt der Diskussion standen die Themen Fluchtmigration und der Pakt für Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung, der zentraler Baustein des „Deutschlandpakts“ ist.

„Wir wissen, dass es eine große Zahl von Menschen gibt, die nach Deutschland kommen und Schutz suchen. Nicht alle davon können bleiben, weil es eben doch eine sehr umfassende irreguläre Migration gibt, die Europa und auch Deutschland erreicht“, erklärte der Kanzler in seinem Statement. Das gemeinsame Ziel von Bund und Länder sei daher, „die irreguläre Migration zurückzudrängen.“ Der Bundeskanzler sprach von einem „historischen Moment“. Es sei angesichts der hohen Zahlen im Hinblick auf Flucht und Migration wichtig, dass alle staatlichen Ebenen eng zusammenarbeiten.

Auf der Tagesordnung des Treffens standen Migration, Beschleunigung von Planung und Genehmigung in Deutschlands Verwaltung, die Energiepreise und Energieversorgungssicherheit, die Fortentwicklung des Deutschlandtickets, die Modernisierung der Verwaltung, die Krankenhausreform und finanzielle Lage der Krankenhäuser, die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung, der Digitalpakt Schule und die derzeitige Ausbreitung der Wolfspopulation in Deutschland. Auch der Terrorangriff der Hamas auf Israel und der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine waren Gegenstand der Besprechung.

35:48

Video Pressekonferenz des Bundeskanzlers und den Ministerpräsidenten Rhein und Weil nach den Beratungen mit den Ländern

Die wichtigsten Beschlüsse zum Thema Migration

Bund und Länder sind sich einig, dass die Bewältigung der Fluchtmigration eine dauer­hafte Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen ist. Der Bund setzt seine finanzielle Unterstützung für Länder und Kommunen auch in den kommenden Jahren fort. Dazu gehören die Flüchtlingspauschale, die Zahlung von Bürgergeld an hilfs­bedürftige Geflüchtete aus der Ukraine und an anerkannte Asylsuchende sowie die miet­zinsfreie Überlassung von Gebäuden und Grundstücken des Bundes.

Die Beschlüsse zur Finanzierung im Überblick:

  • In einem atmenden System wird die vereinbarte feste Flüchtlingspauschale ab dem nächsten Jahr zu einer in Abhängigkeit von der Anzahl der Schutzsuchenden zu zahlende Pro-Kopf-Pauschale weiterentwickelt.
  • Der Bund wird ab 2024 pro Asylerstantragstellerin bzw. Asylerstantragssteller eine jährliche Pauschale in Höhe von 7.500 Euro zahlen.
  • In der ersten Hälfte des Jahres 2024 wird eine Abschlags­zahlung in Höhe von 1,75 Milliarden Euro vorgenommen.
  • Der Bund unterstützt die Kommunen bei der Unterbringung von Geflüchteten durch eine fortgesetzte mietfreie Überlassung von Bundesliegenschaften. Zur Beschleunigung des Wohnungsbaus in angespannten Wohnungsmärkten, wird eine Sonder­regelung geschaffen, wonach bei dringend benötigten Flüchtlingsunterkünften vom geltenden Bauplanungsrecht abgewichen werden kann.

Insgesamt wird der Bund Länder und Kommunen im Jahr 2024 mit rund 3,5 Milliarden Euro entlasten. Sollte die Zahl der Asylerstanträge deutlich sinken, wird der Bund in jedem Fall eine Milliarde Euro pro Jahr als Flüchtlingspauschale an Länder und Kommunen leisten.

Weiterhin haben Bund und Länder Folgendes vereinbart:

Rückführungen beschleunigen

Personen ohne Bleiberecht, insbesondere Gefährder und Straftäter werden schnell in ihre Heimatländer zurückgeführt. Der von der Bundesregierung Ende Oktober beschlossene Gesetzentwurf zur Verbesserung der Rückführung enthält Regelungen, die die Ausweisung von Schleusern und anderen Personen aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität erleichtern. Die Gespräche mit wichtigen Herkunftsstaaten werden intensiv vorangetrieben und zeitnah abgeschlossen, um Rückführungen von Personen ohne Bleiberecht schnell durchführen zu können.

Schnellere und digitale Verfahren

Asylverfahren für Angehörige von Staaten, für die die Anerkennungsquote weniger als fünf Prozent beträgt, werden deutlich beschleunigt. Ziel ist, das Asyl- und das anschließende Gerichtsverfahren jeweils bereits in drei Monaten abzu­schließen. In allen anderen Fällen werden die behördlichen sowie erstinstanzlichen Asylverfahren jeweils nach sechs Monaten beendet sein.

Auch die Digitalisierung der Ausländerbehörden wird weiter ausgebaut, um Asylverfahren zu beschleunigen und die Ausländerbehörden weiter zu entlasten. Der Anhörungstermin im Asylverfahren wird spätestens vier Wochen nach Asylantragstellung erfolgen. Wo immer möglich, werden Online-Zugangswege geschaffen, Arbeitsprozesse der beteiligten Behörden und Einrichtungen so schnell und umfassend wie möglich automatisiert und die Speicherung und Weiterverarbeitung von Daten in einheitliche Standards umgesetzt.

Bundesweite Bezahlkarte

Es wird eine bundesweit einheitliche Bezahlkarte eingeführt. Dies schränkt die Barauszahlungen an Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfänger nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ein und reduziert den Verwaltungsaufwand bei den Kommunen. Ein entsprechendes Modell hierfür wird bis zum 31. Januar 2024 erarbeitet.

Späterer Anspruch auf Bürgergeld, schnellere Arbeitsaufnahme

Anreize für eine Sekundärmigration innerhalb Europas nach Deutschland werden gesenkt. Der bisherige automatische Anspruch auf Sozialhilfe und Bürgergeld wird statt bisher nach 18 Monaten künftig erst nach 36 Monaten möglich sein. Bis zu diesem Zeitpunkt besteht lediglich ein Anspruch auf die üblichen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

Geflüchtete mit einer guten Bleibeperspektive werden schnell in den Arbeitsmarkt integriert und erhalten zeitnah eine Beschäftigung. Die Integrationsbemühungen für Geflüchtete mit rechtlich gesicherter Bleibeperspektive werden verstärkt auf die Vermittlung in Arbeit oder Ausbildung ausgerichtet.

Kommission zur Steuerung der Migration und Integration

Die Bundesregierung wird zu Fragen der Steuerung der Migration und besseren Integration unter Einbeziehung der gesellschaftlichen Gruppen in Abstimmung mit den Ländern eine Kommission einrichten.

So sollen Fluchtursachen bekämpft werden

Bund und Länder erachten die Fluchtursachenbekämpfung als wichtigen Faktor bei der Begrenzung der irregulären Migration. Damit die beschlossenen Maßnahmen in unserem Land wirksam greifen und umgesetzt werden können, bedarf es folgender Voraussetzungen:

  • Der Zuzug an den europäischen Außengrenzen wird begrenzt.
  • Die Bundesregierung wird prüfen, ob Asylverfahren außerhalb Europas möglich sind. Geprüft werden soll, ob die Feststellung des Schutzstatus von Geflüchteten unter Achtung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention zukünftig auch in Transit- oder Drittstaaten erfolgen kann.
  • Die Maßnahmen der kürzlich beschlossenen Reform des sogenannten Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) müssen zeitnah umgesetzt werden. Hierfür setzt sich die Bundesregierung konsequent ein.
  • Ein solidarisches Verteilsystem im Sinne eines funktionierenden und fairen Verfahrens innerhalb der EU muss eingehalten werden.
  • An den Binnengrenzen der Bundesrepublik Deutschland zu Polen, Tschechien, Österreich und der Schweiz werden auch weiterhin wirksame grenzpolizeiliche Maßnahmen ergriffen. Bund und Länder werden bei der Bekämpfung der Schleuserkriminalität und der irregulären Einwanderung eng zusammenarbeiten.
  • Der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten wird nicht ausgeweitet.

Für ein schnelles und modernes Land

Der Bund hat gemeinsam mit den Ländern ein umfassendes Paket für mehr Tempo, Wohlstand und Stabilität in Deutschland geschnürt: den Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung. 

11:43

Video Erste Statements von Kanzler Scholz, Ministerpräsident Rhein und Ministerpräsident Weil im Rahmen der Beratungen mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder

In Deutschland ist derzeit Vieles zu langsam und zu bürokratisch – das muss sich schnellstens ändern. Planungs- und Genehmigungsverfahren müssen deutlich beschleunigt werden. Nur so bleibt der Wirt­schaftsstandort Deutschland wettbewerbsfähig. 

Durch den Pakt für Planungs- und Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung schaffen Bund und Länder die Voraussetzungen dafür, dass der Wohnungsbau, der Mobilfunkausbau und die Modernisierung von Straßen, Schienen, Brücken und Stromnetzen einfacher und schneller gelingen.

Dazu werden Verfahren verschlankt, das Recht modernisiert und einzelne Prüfschritte in Genehmigungsverfahren – zum Beispiel beim Bau von Autobahnen und Zugtrassen – reduziert. Digitale Lösungen sollen künftig helfen, Prozesse schneller und effizienter zu machen. Dazu erforderliche Gesetzesänderungen sollen schnellstmöglich umgesetzt werden.

Bundeskanzler Scholz zum Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung: „Wir schaffen jetzt auf dieser Basis aufbauend mit weiteren 100 Maßnahmen eine grundlegende Änderung in vielen, vielen Bereichen, ob es nun um Autobahnen oder Zugtrassen geht, ob es um den Bau von Wohnungen oder den Ausbau von Dachgeschossen geht. Bei der Aufstellung von Mobilfunkmasten haben wir etwas verändert, beim Ersatz von maroden Straßenbrücken und in vielen weiteren Bereichen des täglichen Lebens.“

Schneller und einfacher Wohnraum schaffen

In Städten und Kommunen mit angespannten Wohnungsmärkten vereinfacht und beschleunigt der Pakt den Bau von bezahlbarem Wohnraum. Durch eine Sonderregelung kann bis Dezember 2026 auf Bauleitpläne verzichtet werden. So kann Deutschland viel schneller bauen.

Bürgerinnen und Bürger digital beteiligen

Der Bund-Länder-Pakt sorgt für die Digitalisierung der Planungs- und Genehmigungsverfahren – und das auf allen Verwaltungsebenen. Ein wichtiges Element ist die Digitalisierung der Öffentlichkeitsbeteiligung. Wenn zum Beispiel ein neues Industriegebiet geplant wird, sind die Planungsunterlagen nun im digitalen Raum öffentlich. „Natürlich wollen wir auch alle Prozesse digitalisieren, damit das schnell geht. Wir wollen künstliche Intelligenz verwenden und unsere gesamte öffentliche Struktur digitaler machen“, sagte der Kanzler

Schneller Ausbau des Mobilfunknetzes

Damit Netzbetreiber in Zukunft leichter Standorte für die Masten finden, werden die Abstandsvorgaben zum Beispiel zu Straßen oder außerhalb von Ortschaften verringert. So kann die Netzabdeckung vor allem im ländlichen Raum verbessert werden. Außerdem soll es künftig in vielen Fällen möglich sein, kleinere Masten ohne Verfahren oder Genehmigung aufzustellen.

Modernere Straßen, bessere Stromnetze

Deutschland erhält eine leistungsstarke Infrastruktur mit modernen Straßen, Brücken, Schienen und eine gut ausgebaute Energieinfrastruktur mit Netzen zur Strom- und Wärmeversorgung. Um lange Einzelfallprüfungen beim Artenschutz zu vermeiden, sollen umfassende gesetzliche Standards erarbeitet werden, um gefährdete Arten zu schützen und Rechtsklarheit zu schaffen.

Auch in anderen Bereichen, wie zum Beispiel bei den Umweltverträglichkeitsprüfungen, sollen Verwaltungsvorschriften ausgearbeitet werden, damit die Behörden sich an diesen standardisierten Leitfäden orientieren und schneller arbeiten können. Gerichtliche Auseinandersetzungen um den Bau wichtiger Bahnstrecken sollen künftig nicht mehr mehrere Gerichtsinstanzen durchlaufen müssen, sondern direkt vom Bundesverwaltungsgericht entschieden werden. Das spart viel Zeit.

Um die Umsetzung des Pakts regelmäßig überprüfen zu können, werden Bund und Länder eine Arbeitsgruppe einsetzen, die erste Ergebnisse im ersten Quartal des nächsten Jahres vorlegt.

Deutschlandticket soll fortgeführt werden

Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder begrüßtenaußerdem die positive Entwicklung des Deutschlandtickets. Um den öffentlichen Personennahverkehr künftig noch attraktiver zu machen, wollen Bund und Länder es gemeinsam weiterentwickeln, vereinfachen und digitaler machen.

Der Bund wird sich wie vereinbart auch im kommenden Jahr zur Hälfte an den Kosten beteiligen und 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Zusätzlich sollen die in diesem Jahr zur Verfügung stehenden und nicht verbrauchten Mittel für 2024 eingesetzt werden. Die Verkehrsministerkonferenz wird außerdem einen Vorschlag zur Fortführung des Deutschlandtickets ab 2024 erarbeiten. Auf dieser Grundlage werden sich Bund und Länder darüber verständigen, wie das Ticket in Zukunft finanziert und der Ticketpreis gestaltet wird.

Bei der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) treffen sich die Regierungschefinnen und Regierungschefs der 16 Länder und stimmen ihre Positionen ab. Die Konferenzen befassen sich mit Themen der Bundes- und Länderebene oder auch mit aktuellen europäischen und internationalen Fragen. Zweimal im Jahr kommen die Länderchefinnen und -chefs im Anschluss daran zu ihrer regulären Besprechung mit dem Bundeskanzler zusammen. Im jährlichen Wechsel übernimmt ein Bundesland nach festgelegter Reihenfolge den Vorsitz der MPK.