„Die Lage ist hochdramatisch“

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Globale Ernährungssicherung „Die Lage ist hochdramatisch“

Die Zahl der unter Hunger leidenden Menschen wird laut Schätzungen in diesem Jahr auf über 320 Millionen anwachsen – „eine kaum vorstellbare Zahl“, erklärt der Bundeskanzler. „Für diese Zuspitzung trägt Russland die Verantwortung“, ergänzt Scholz. Die Bundesregierung hat zu einer internationalen Konferenz geladen, um über Lösungen zu beraten.

4 Min. Lesedauer

Außenministerin Baerbock, Entwicklungsministerin Schulze und Ernährungsminister Özdemir bei der Pressekonferenz zur globalen Ernährungssicherheit.

Außenministerin Baerbock (r.), Entwicklungsministerin Schulze (m.) und Ernährungsminister Özdemir (l.) unterstrichen, wie nötig gemeinsames internationales Handeln jetzt ist.

Foto: picture alliance/dpa/Bernd von Jutrczenka

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze und Bundesernährungsminister Cem Özdemir haben die G7-Staaten, Partnerländer, Vertreter der VN, von NGOs sowie der von Hunger bedrohten Länder zu einer internationalen Konferenz für globale Ernährungssicherheit („Uniting for Global Food Security“) nach Berlin eingeladen. Das Ziel: Gemeinsame Antworten auf die bedrohliche weltweite Hungerkrise zu finden, die Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelöst hat.

In seiner Videobotschaft betont Bundeskanzler Scholz, dass nach Angaben der Vereinten Nationen die schwerste Hungersnot seit Jahrzehnten drohe. 323 Millionen Menschen werden in diesem Jahr laut Schätzungen des Welternährungsprogramms wegen fehlenden Nahrungsmitteln in Lebensgefahr oder Existenznot geraten. 47 Millionen davon sind allein durch Russlands Krieg in der Ukraine hinzugekommen. „Für die Zuspitzung dieser Lage trägt Russland die Verantwortung – und Russland allein“, unterstrich Scholz.

Die Konferenz hat zum Ziel, Solidarität mit den Menschen aus der Ukraine zu üben, Exporte aus der Ukraine zu ermöglichen und zu sichern, die Nothilfe für diejenigen aufzustocken, die akut Hunger leiden, aber auch Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Das Treffen ist Teil einer diplomatischen, entwicklungs- und agrarpolitischen Initiative Deutschlands und dient auch der Vorbereitung des G7-Gipfels, der am Sonntag im bayerischen Elmau beginnt. Mehr als 50 Delegationen und 40 Ministerinnen und Minister aus der ganzen Welt nehmen an dem Treffen teil. Zudem sollen weitere Partner für das Bündnis für globale Ernährungssicherung gewonnen werden, das von Deutschland als G7-Vorsitz gemeinsam mit der Weltbank initiiert wurde.

Aktivitäten müssen gebündelt werden

Die Bundesregierung engagiert sich auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene für die Abwendung einer weltweiten Hungerkrise. Als Teil der „Global Crisis Response Group“, die UN-Generalsekretär Guterres ins Leben gerufen hat, arbeitet sie an umfassenden und solidarischen Lösungen.

„Die Lage ist hochdramatisch“, so Bundesaußerministerin Baerbock im Vorfeld der Konferenz. „Wir stehen hier vor einem Marathon und müssen auf verschiedenen Ebenen gleichzeitig handeln.“ Die Konferenz wolle Solidarität mit der Ukraine und mit den Menschen im globalen Süden zeigen, die unter dem russischen Krieg leiden, so Baerbock. Die Nahrungsmittelexporte aus der Ukraine seien zu „beschleunigen", etwa über den Ausbau der Landwege und der Binnenschifffahrt. Es gehe zudem darum, akut die Nothilfen für die Hunger leidenden Menschen aufzustocken.

Getreideexporte aus der Ukraine gewährleisten

Die Ukraine zählte vor dem Krieg zu den Hauptlieferanten von Getreide für viele Länder im globalen Süden und für große internationale Hilfsorganisationen. Nun führen Zerstörungen von Infrastruktur, blockierte Häfen und Ernteausfälle zu Versorgungsengpässen. Russland, selbst großer Exporteur von Getreide, hat eigene Exporte zurückgefahren. Die Schwarzmeerhäfen sind blockiert, der Export darüber ist extrem eingeschränkt. Es ist wichtig, der Ukraine freien Zugang zu den Weltmärkten zu gewährleisten, auch um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Ukraine zu erhalten. Neue und dauerhafte Exportwege für ukrainisches Getreide müssen deshalb etabliert werden.

Deutschland engagiert sich hier bereits gemeinsam mit seinen europäischen Partnern im Rahmen des europäischen Aktionsplans für sogenannte „Solidarity Lanes“, um das ukrainische Getreide außer Landes zu bringen. So hat Deutschland zugesagt, der Ukraine mit 500.000 Euro für den Aufbau von Lagerkapazitäten am Hafen von Ismail an der Grenze zu Rumänien zu helfen.

Hungerkrise global und nachhaltig bekämpfen

Mit konzertierten Maßnahmen müssen das Getreide aus der Ukraine herauskommen sowie die humanitäre Situation verbessert werden. Es geht aber auch darum, Hilfe zur Selbsthilfe für die Staaten zu leisten, die im Moment extrem unter dem Klimawandel leiden. „Wir sehen uns hier nicht als Geber, sondern als Partner,“ betonte Bundesentwicklungsministerin Schulze. Wichtig sei auch mehr Nachhaltigkeit, um die nächste und übernächste Ernährungskrise zu vermeiden. Nötig seien mehr Anbau von stärker klimaangepassten Sorten wie Hirse in den Entwicklungsländern, mehr Lagerkapazitäten vor Ort und mehr regionaler Handel, betonte Schulze. Notwendig sei „ein ganzheitlicher Ansatz“.

Auch Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir unterstrich diesen Aspekt und wies noch einmal darauf hin, dass Umwelt- und Klimaschutz sowie Landwirtschaft und Ernährung im Dreiklang gesehen werden müssten. Der Transfer hin zu einer nachhaltigen Ernährungs- und Landwirtschaftspolitik sei immer auch Teil unserer Sicherheitspolitik, betonte Özdemir.

Um speziell die Folgen des russischen Angriffskriegs für die globale Ernährungssicherheit zu mildern, hat Deutschland als G7-Vorsitz bereits im März 430 Millionen Euro zusätzlich zugesagt. Insgesamt wird Deutschland dieses Jahr rund vier Milliarden Euro in humanitäre Nahrungsmittelhilfe und krisenfeste Ernährungssysteme investieren.

Exportkontingent ist kleiner Lichtblick

Die Ukraine hat vor dem Krieg rund fünf Millionen Tonnen Getreide pro Monat exportiert. Im März dieses Jahres waren es dann nur 300.000 bis 350.000 Tonnen. Dank aller Bemühungen der Europäischen Union und der internationalen Staatengemeinschaft konnten über die Schiene und über die Donau im Mai wieder 1,7 Millionen Tonnen Getreide exportiert werden. Die internationalen Anstrengungen haben bereits dazu geführt, dass das zu Kriegsbeginn eingebrochene Exportkontingent deutlich erhöht werden konnte.

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Video Grußwort des Bundeskanzlers zur Konferenz „Uniting for Global Food Security