DDR bessert Reiseverordnung nach

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1. April 1989 - Auf dem Weg zur Deutschen Einheit DDR bessert Reiseverordnung nach

1. April 1989: Kaum ist am 1. Januar 1989 die neue Reiseverordnung in Kraft getreten, sind in der Bevölkerung Proteste dagegen laut geworden. Zumindest in einem Punkt sieht sich das SED-Regime gezwungen, die Verordnung nachzubessern.

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Proteste gegen die neue Verordnung

Bereits am 27. Januar 1989 hat das Ministerium für Staatssicherheit seitenlang über den wachsenden Missmut berichtet. Die Verordnung stelle keine Neuregelung zum Reiseverkehr dar, die bisherige Genehmigungspraxis sei lediglich schriftlich fixiert worden, zitiert die Stasi aus den Protestbekundungen. Die Verordnung werde nur als "taktischer Schachzug der Regierung" gesehen, die neuen Regelungen seien zu unkonkret und überwiegend Kann-Bestimmungen. Zudem, so berichtet die Stasi, werde kritisiert, dass immer noch keine "touristischen Reisemöglichkeiten" in den Westen bestünden.

In einer "streng vertraulichen" Information hat DDR-Innenminister Friedrich Dickel dem ZK-Sekretär für Sicherheit, Egon Krenz, am 10. Februar mitgeteilt: Im Januar 1989 sind 95.145 Reiseanträge genehmigt worden, in 67.323 Fällen haben die Behörden Anträge gar nicht erst entgegengenommen – "wegen fehlender Voraussetzungen".

Zu diesen "fehlenden Voraussetzungen" zählt vor allem diese: Die Anträge auf Privatreisen sind nicht möglich, wenn angeheiratete Verwandte den Anlass bieten; wenn beispielsweise der Ehemann der eigenen Tante einen runden Geburtstag feiert, nicht die Tante selbst. Das war bis zur neuen Reiseverordnung anders.

Krenz schreibt Honecker

Nur in diesem Punkt ist das SED-Regime bereit zu reagieren. In einem Schreiben an den "lieben Genossen Erich Honecker" schlägt Krenz folgende Formulierung vor: "Anträge auf Privatreisen zu Tanten, Onkeln, Nichten und Neffen können auch zu den Ehegatten gestellt werden."

Allerdings betont Krenz: "Dem Ersuchen auf Mitreise minderjähriger Kinder sollte nicht zugestimmt werden." Das Wörtchen "nicht" ist unterstrichen. Damit will der ZK-Sekretär erreichen, dass nicht ganze Familien zu Verwandtenbesuchen in die Bundesrepublik reisen und womöglich dort bleiben. Es bleibt also bei der Praxis, dass stets nahe Angehörige in der DDR zu bleiben haben – quasi als Geiseln.

Honecker schreibt auf den Krenz-Brief: "Einverstanden. EH". Damit kann die "Erste Durchführungsbestimmung" zur neuen Reiseverordnung am 1. April 1989 in Kraft treten.