Aufstand bei der NVA

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28. Dezember 1989 - Auf dem Weg zur Deutschen Einheit Aufstand bei der NVA

28. Dezember 1989: Während draußen die Friedliche Revolution in vollem Gange ist, tut sich in den Kasernen der Nationalen Volksarmee der DDR zunächst nichts. Einige, wie Söhnke Streckel, proben den Aufstand.

2 Min. Lesedauer

Das Feindbild geht verloren

Durch gezielte Abschottung machen die politischen Veränderungen an den Toren der Kaserne Halt. Nur über das Radio bekommen die Soldaten mit, wie sich der Wandel vollzieht.

Seit dem 9. November 1989 sind die Grenzen zwischen West und Ost offen. Theoretisch können die Soldaten die Gebiete des ehemaligen „Klassenfeindes“ besuchen. Doch sie dürfen die Kasernen wochenlang nicht verlassen. Die Hasserziehung der Nationalen Volksarmee (NVA) bricht in sich zusammen, die Zeit- und Berufssoldaten verlieren nach und nach ihr bisheriges Weltbild. Nur die Offiziere versuchen weiterhin, das Feindbild Westdeutschland aufrecht zu erhalten. Ohne Erfolg.

Beteiligungsrechte und die Mitsprache der Soldaten, wie es sie bei der Bundeswehr im Westen schon lange gibt, sind den Soldaten der NVA bisher vorbehalten. Die Unzufriedenheit wächst spürbar.

Aufstände in Hagenow und Beelitz

Soldaten schreiben Brandbriefe an das DDR-Verteidigungsministerium. Sie fordern unter anderem eine Verkürzung des Grundwehrdienstes, die Möglichkeit des Zivildienstes und mehr Mitbestimmung statt sinnlosem Drill.

Söhnke Streckel will mit drei Kameraden am 28. Dezember 1989 einen Aufstand in der NVA-Kaserne "Ernst Moritz Arndt" im mecklenburgischen Hagenow organisieren. Er trifft bei den anderen Soldaten auf offene Ohren. Doch auch die Offiziere bekommen Wind von der geplanten Aktion. Am Morgen unterbinden sie jeglichen Demonstrationsversuch.

Die Soldaten lenken ein, die Eskalation der Situation ist abgewendet. Streckel und drei „Mittäter“ werden sofort verhaftet. Die Anklage: gemeinschaftlich begangener „Aufruf“ und versuchte Meuterei in schwerem Fall, Befehlsverweigerung, Verstoß gegen die Wachvorschriften. Die jungen Männer befürchten eine mehrjährige Haftstrafe.

Wenig später revoltieren auch die Soldaten in der Kaserne im brandenburgischen Beelitz. In der Silvesternacht und den Tagen darauf machen sie ihrem Unmut Luft. Der Funke springt schnell auf andere NVA-Kasernen über. Die Soldaten verweigern den Gehorsam und wählen eigene Räte.

Verteidigungsminister Hoffmann leitet Reformen ein

Der DDR-Verteidigungsminister, Admiral Theodor Hoffmann, nimmt sich der Sache an und leitet Veränderungen ein. Künftig sollen nur noch 50 statt 85 Prozent der Soldaten ständig einsatzbereit sein. Die Soldaten dürfen von nun an ihren Personalausweis und Reisepass bei sich tragen und erhalten so die Möglichkeit, ohne Hindernisse in den Westen zu reisen. Es soll nun nicht mehr „Genosse Soldat“ und „Genosse Hauptmann“, sondern „Herr Soldat“ und „Herr Hauptmann“ heißen.

Weitere Reformen folgen auf dem Fuß - die Verkürzung der Wehrpflicht von 18 auf zwölf Monate und die Einführung des Zivildienstes.

Die Hoffnungen und Forderungen der Soldaten erfüllen sich. Söhnke Streckel übrigens macht ohne großes Zögern von den neuen Freiheiten Gebrauch – er tritt im Mai 1990 seinen Zivildienst als Bademeister an.