Fragen und Antworten
Auch die Bundestagswahl am 26. September 2021 wird – wie erstmalig 2009 – von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) beobachtet. Experten aus einigen der 57 Teilnehmerstaaten schauen Deutschland bei der Vorbereitung, Durchführung und Stimmenauszählung der Wahl zum 20. Deutschen Bundestag genau zu.
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Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ist die weltweit größte regionale Sicherheitsorganisation. Sie ging nach dem Fall der Mauer aus der 1973 ins Leben gerufenen Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) hervor. Die derzeit 57 Teilnehmerstaaten sind die europäischen Länder, die Nachfolgestaaten der Sowjetunion (GUS, einschließlich Russlands) sowie die USA, Kanada und die Mongolei. Das Hauptquartier ist in Wien, Deutschland hat dort eine Ständige Vertretung.
Ihre wichtigsten Tätigkeitsfelder sind:
- Konsultation und Kooperation der 57 Mitgliedstaaten,
- Förderung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie Menschen- und Grundrechten,
- Rüstungskontrolle,
- Abrüstung und gegenseitige Vertrauensbildung im militärischen Bereich,
- Krisenprävention und nichtmilitärisches Krisenmanagement.
Die Arbeit der OSZE ist in drei sogenannten „Körben“ organisiert:
- Korb 1 befasst sich mit Fragen der Sicherheit in Europa und den Beziehungen der Teilnehmerstaaten untereinander. Dazu gehören: Unverletzlichkeit der Grenzen und der staatlichen Souveränität, Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten, friedliche Streitbeilegung, militärische Fragen der Rüstungskontrolle und Maßnahmen gegenseitiger Vertrauensbildung.
- Korb 2 beinhaltet Richtlinien der Zusammenarbeit in Wirtschaft, Wissenschaft, Technik und Umwelt.
- Korb 3 bekennt sich zum Ziel menschlicher Kontakte sowie zum Informations- und Kulturaustausch zwischen den Nationen.
Unter dem Dach der OSZE gibt es zahlreiche Länder- und Sondermissionen (die bekannteste ist die OSZE-Mission im Konfliktgebiet Ostukraine) sowie Agenturen mit speziellen Aufgaben, wie z.B. den Hohen Kommissar für Nationale Minderheiten (engl. HCNM), das Konfliktverhütungszentrum, die Beauftragte für Medienfreiheit oder das für Wahlbeobachtungen zuständige Büro für Demokratische Institutionen und Menschenrechte (engl. ODIHR) in Warschau. Deutschland ist nach den USA zweitgrößter Beitragszahler der OSZE.
Die Beobachtung nationaler Wahlen in den Mitgliedsstaaten der OSZE erfolgt durch das Büro für Demokratische Institutionen und Menschenrechte (engl. ODIHR) in Warschau. Dessen Auftrag ist es, demokratische Wahlen, Respekt für Menschenrechte, Toleranz, Nichtdiskriminierung und Rechtsstaatlichkeit zu fördern. Ziel ist sicherzustellen, dass Wahlen frei, fair und gleich sind. Im Fall von Mängeln werden diese öffentlich benannt.
OSZE-Wahlbeobachtungsmissionen informieren sich zunächst während einer Vorausreise bzw. in Interviews mit verschiedenen Gesprächspartnern über die konkreten technischen und personellen Bedingungen im jeweiligen Land und fassen alles in einem ersten Bericht (engl.) zusammen. Darin geht es sowohl um den Wahlkampf und seine Finanzierung, als auch um die Medien- und Meinungsfreiheit sowie die Wahlgesetzgebung. Hinweise, Erkenntnisse und Befürchtungen aus diesen Vorarbeiten fließen dann in die eigentliche OSZE-Wahlbeobachtung rund um den Wahltag und die Stimmenauszählung ein.
Keineswegs. Wahlbeobachtung ist Routine und ein wichtiges Instrument, um festzustellen, dass Wahlen frei, fair und gleich sind - auch in den Mitgliedsländern mit etablierten Demokratien. Denn Transparenz ist ein wichtiger Aspekt der Vertrauensbildung in der internationalen Zusammenarbeit. Diese Transparenz gewährt die Bundesregierung, und sie erwartet sie auch von den OSZE-Partnerstaaten. In den vergangenen 25 Jahren hat die OSZE mehr als 300 Wahlen in ihren 57 Mitgliedstaaten in der unter die Lupe genommen, 2009 wurden erstmals Beobachter zu einer Bundestagswahl geschickt.
Die ODIHR-Wahlbeobachtungsmissionen setzen sich aus Fachleuten aus Wissenschaft, Parlamenten, Nichtregierungsorganisationen und Medien der OSZE-Teilnehmerstaaten zusammen. Sie sind den Grundsätzen der Überparteilichkeit und Objektivität verpflichtet. Dazu gehört das gemeinsame Bekenntnis aller OSZE-Teilnehmerstaaten, dass dauerhafte Sicherheit nicht ohne Achtung der Menschenrechte und funktionierende demokratische Institutionen erreicht werden kann.
Die Beobachterinnen und Beobachter tragen ihre Erkenntnisse aus besuchten Wahllokalen in verschiedenen selbstgewählten Städten zusammen. Diese werden in einem Bericht zusammengefasst, der von der jeweiligen Missionsleitung meist am Folgetag der Wahl presseöffentlich vorgetragen und erläutert wird. Hierbei würden dann sowohl mögliche Fehler und Versäumnisse zur Sprache kommen, als auch Verbesserungsvorschläge zum Wahlverfahren gemacht. Adressat dafür wäre in Deutschland in erster Linie der Bundeswahlleiter.
Weltweit liegt die Wahlbeobachtung in erster Linie in den Händen von Regionalorganisationen wie der OSZE. Die OSZE ist mit ihrer Unterorganisation ODIHR bestens vorbereitet, um Wahlen im Zuständigkeitsbereich der OSZE, also in den 57 Teilnehmerstaaten zu begutachten, und verfügt mittlerweile über sehr große Erfahrung bei der Wahlbeobachtung. Andere Organisationen, auch die Vereinten Nationen, stützen sich bei ihrer Arbeit regelmäßig auf die Ergebnisse von OSZE-Wahlbeobachtungen.
Ja, die Ergebnisse der Wahlbeobachtungsmissionen werden sowohl in einer Pressekonferenz nach Bekanntgabe des offiziellen Wahlendergebnisses erläutert, als auch auf der Webseite von ODIHR. Dort ist bereits jetzt der Bericht der zweiköpfigen Vorausmission (Needs Assessment Mission) abrufbar. Diese war Anfang Juni 2021 in Deutschland “unterwegs“ – pandemiebedingt nur virtuell.
Ja. Das Personal aus Deutschland wird seit 2002 in Kooperation mit dem Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF) rekrutiert. Dort wird nach entsprechenden Schulungen ein Pool aus freiwilligen Kurz- und Langzeitbeobachtern gebildet. Die Trainings orientieren sich an den Standards der Entsendeorganisationen OSZE/ODIHR und EU. Nach der erfolgreichen Kursteilnahme werden die deutschen TeilnehmerInnen in den ZIF Expert Pool aufgenommen und können sich dann ab sofort für Wahlbeobachtungen melden und bewerben.