"Die Firma stärkt unser Selbstbewusstsein"

Interview mit jungen Unternehmern "Die Firma stärkt unser Selbstbewusstsein"

Über 120 Millionen alte Handys liegen ungenutzt in deutschen Schubladen. Dabei enthalten sie wertvolle und recycelbare Rohstoffe. Gleichzeitig sind Anschaffung und Reparatur von digitaler Hardware oft teuer. Das brachte junge Schüler aus Neumünster-Brachenfeld auf die Idee, eine Firma zu gründen, die kostengünstige Reparaturen anbietet.

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Foto zeigt Schüler bei der Reparatur von Handys.

Die Schüler reparieren Smartphones und andere Elektrogeräte: "Wir wollen nicht, dass immer gleich ein neues Gerät gekauft werden muss!"

Foto: Repair & Care/Jerik Sammler

Seit 2018 repariert die Schülerfirma Repair&Care beschädigte und ausrangierte Endgeräte zu niedrigen Preisen und verbindet so die Aspekte Digitalisierung, Chancengleichheit und Nachhaltigkeit in besonderer Weise. In Pausen, Freistunden und Nachmittagstreffen arbeitet das klassenübergreifende Team daran, dass jeder, unabhängig seines Geldbeutels, die Möglichkeit hat, an der Digitalisierung teilzuhaben. 

Für dieses unternehmerische wie soziale Engagement wurde das Team 2019 nicht nur mit dem zweiten Platz beim Bundes-Schülerfirmen-Contest geehrt. Die Schüler erhielten außerdem die Sonderauszeichnung für die "Beste Digitale Geschäftsidee" von der Staatsministerin für Digitalisierung, Dorothee Bär. Von ihren Erfahrungen als junge Unternehmer erzählen Kim (18), Tina (14) und Jerik (16) im Interview.

Als Schülerfirma reparieren Sie in Eigenregie kaputte oder ausrangierte Handys und Laptops. Welche Motivation steckt hinter Ihrer Geschäftsidee?

Kim: Uns ist es einfach wichtig, dass jeder, egal aus welcher sozialen Schicht, die Chance hat an der Digitalisierung teilzuhaben. Smartphones und Laptops werden immer mehr im Unterricht gebraucht, allein deshalb ist es wichtig, dass keiner ausgeschlossen wird. Dann haben wir natürlich auch noch den ökologischen Aspekt. Wir wollen nicht, dass immer gleich ein neues Gerät gekauft werden muss. Der Klimawandel ist ein aktuelles Thema, und wenn man damit Ressourcen spart, ein Display auszuwechseln, anstatt das komplette Handy wegzuwerfen, ist es schon mal ein guter Beitrag.

Welche Erfahrungen haben Sie durch das Führen einer Firma gesammelt? 

Tina: Wir haben zwei unterschiedliche Bereiche – einmal Kommunikation und einmal den Technikbereich. Ich bin im Bereich der Kommunikation, der sich um alles kümmert, was mit der Organisation zu tun hat. Dabei lerne ich auf jeden Fall, offen und selbstsicher an Sachen ranzugehen. Das sind typische Soft-Skills, die ich dabei lerne. 

Jerik: Bei den Handytechnikern haben wir gelernt, dass man sich die Geräte ganz genau anschauen muss, was kaputt ist. Wenn zum Beispiel das ganze Gerät auseinander gebaut werden muss, dann muss man sich bewusst sein, dass man ein Risiko eingeht und das genau abwägen.

Kim: Insgesamt würde ich sagen, dass die Firma auf jeden Fall unser Selbstbewusstsein stärkt. Es ist schon faszinierend, in welche Richtung wir uns da entwickelt haben. Zum Beispiel sind gerade unsere beiden PC-Techniker auf einem Hausbesuch. Das sind sonst die schüchternsten von uns gewesen und jetzt gehen sie zu fremden Leuten nach Hause und reparieren deren PCs. Dazu wären die, glaube ich, am Anfang nicht mal ansatzweise bereit gewesen. Und das nur, weil sie hier die Anerkennung und Selbstsicherheit bekommen.

Im vergangenen Jahr haben Sie den zweiten Platz beim Bundes-Schülerfirmen-Contest belegt und sind dafür nach Berlin ins Bundeswirtschaftsministerium gefahren. Was hat sich seit dem Gewinn des Preises für Sie verändert?

Kim: Die Wirkung war unheimlich groß, die Presse hat sich gemeldet und danach ist das Geschäft explodiert. Wir haben viele Anfragen bekommen, was uns natürlich super freut. Das Preisgeld haben wir in die Entwicklung unsere Schülerfirma gesteckt, wir konnten mehr Equipment kaufen und so unsere Techniker besser ausstatten. Wir wollen wachsen und mehr Dienstleistungen anbieten können. 

Jerik: Wir haben auch gesagt, dass wir einen gewissen Puffer brauchen, falls bei einer Reparatur ein Gerät mal kaputt gehen sollte oder bestellte Displays einen Fehler haben.

Tina: Beim Bundesschülerfirmen-Contest konnten wir auf jeden Fall Kontakte knüpfen. Wir wurden viel ernster genommen, die Nachfrage war riesig und wir konnten durch die Kontakte zu anderen Firmen unsere Reichweite erhöhen. 

Von der Staatsministerin für Digitalisierung, Dorothee Bär, sind Sie mit dem Sonderpreis als „Beste Digitale Geschäftsidee“ ausgezeichnet worden. Was war für Sie damit verbunden? 

Kim: Das war für uns eine riesige Wertschätzung. Der Preis ist einer unserer Goldstücke, er steht bei uns im Raum in einer Vitrine, die wir uns dafür gekauft haben. Das hat gezeigt, wie sehr unsere Idee wertgeschätzt wird. Diese Auszeichnung kommt ja von ganz oben und das ist ein tolles Gefühl.

Können Sie sich gut vorstellen, später noch einmal selbst zu gründen, wo Sie jetzt schon so früh unternehmerisches Engagement gezeigt habt?

Kim: Ich könnte mir auf jeden Fall vorstellen, noch mal etwas zu gründen, beziehungsweise Teil einer Gründung zu sein. Denn ich finde, manchmal muss man einfach etwas wagen, um etwas zu erreichen.

Der Bundes-Schülerfirmen-Contest ist Teil des vom Bundeswirtschaftsministerium initiierten Initiativenkreises "Unternehmergeist in die Schulen". Auf der Plattform  können sich Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler über die Unterstützungsmöglichkeiten der Umsetzung von wirtschaftlichen Praxisprojekten in Schulen informieren. Derzeit läuft das Voting zu Deutschlands bester Schülerfirma 2020. Unter www.bundes-schuelerfirmen-contest.de kann noch bis zum 31. Juli über die innovativsten und kreativsten Gründungsideen der Jungunternehmen abgestimmt werden.