Gleichstellung von Männern und Frauen
Seit 75 Jahren sichert das Grundgesetz Männern und Frauen gleiche Rechte. Wir blicken zurück: Was ist seitdem geschehen? Und wir schauen nach vorn: Was muss noch erreicht werden? Ein Überblick.
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Das Grundgesetz legte vor 75 Jahren das Fundament: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ Dieser schlichte Satz steht seit 1949 in Artikel 3 des Grundgesetzes. Der Satz war damals eine kleine Sensation und ein Versprechen an die Zukunft. Denn bestimmt wurde die Realität der jungen Bundesrepublik damals noch von einem patriarchalischen Ehe- und Familienverständnis: Der Mann war das Oberhaupt der Familie, der in allen ehelichen Angelegenheiten in letzter Instanz entschied.
Die rechtliche Gleichheit der Geschlechter steht - wie andere Gleichbehandlungsgebote - in Artikel 3 des Grundgesetzes: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“
Nach Inkrafttreten des Grundgesetzes widersprachen zunächst noch viele geltende Gesetze der nun verfassungsrechtlich verankerten Gleichberechtigung von Männern und Frauen. Dem Gesetzgeber wurde eine Übergangsfrist eingeräumt, durch eine grundsätzliche Reform das traditionelle Familienrecht aus dem 19. Jahrhundert in ein neues Familienverständnis zu überführen.
Im Juli 1958 trat endlich das sogenannte Gleichberechtigungsgesetz in Kraft. Es erreichte zwar keine vollständige Gleichstellung von Mann und Frau, war aber ein wichtiger Schritt. So hatte der Ehemann nun nicht mehr das „Letztentscheidungsrecht“ in allen Eheangelegenheiten. Frauen konnten nun beispielsweise auch gegen den Willen ihres Mannes einen Führerschein machen, ein Konto eröffnen oder arbeiten gehen – zumindest solange sie Mann und Kinder nicht vernachlässigten.
Frauenrechte in der DDR
Auch in der DDR waren Männer und Frauen seit 1949 offiziell gleichberechtigt. „Mann und Frau sind gleichberechtigt. Alle Gesetze und Bestimmungen, die der Gleichberechtigung der Frau entgegenstehen, sind aufgehoben", so stand es in Artikel 7 der DDR-Verfassung vom Oktober 1949.
Früher als in der Bundesrepublik konnten Frauen in der DDR selbstständig Verträge abschließen, sich scheiden lassen und arbeiten. Ende der 1980er Jahre lag die Erwerbsquote von Frauen dort bei über 90 Prozent. Der Staat war dringend auf Frauen als Arbeitskräfte angewiesen. Die hohe Beschäftigungsquote gelang unter anderem, weil es genügend Betreuungsplätze und andere Maßnahmen zur Unterstützung berufstätiger Mütter gab. Frauen verdienten allerdings im Durchschnitt auch in der DDR weniger als Männer, waren seltener in Führungspositionen vertreten und schulterten nebenbei den Haushalt und die Versorgung der Familie.
Nach 1990: Erweiterung des Grundgesetzes
Im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands gab es auch Anpassungen am Grundgesetz. In Artikel 3 wurde folgender Satz hinzugefügt: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“
Diese Ergänzung stellt einen wichtigen Fortschritt dar: Es wird ein klarer Auftrag an den Staat formuliert, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Gleichberechtigung der Geschlechter aktiv voranzubringen. Auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene bildet der Verfassungszusatz damit die Rechtsgrundlage für Gleichstellungsgesetze. Der Staat kann sich also nicht einfach damit begnügen, dass die Gleichberechtigung schon irgendwie kommen wird. Er muss aktiv etwas dafür tun.
Weitere wichtige historische Meilensteine
Die Durchsetzung der Gleichstellung von Männern und Frauen ist ein fortlaufender Prozess, der bis heute andauert. Nach Einführung des Gleichberechtigungsgesetzes 1958 gab es zahlreiche weitere wichtige Etappen auf diesem Weg. Hier ein paar Beispiele:
Themen der jüngeren Vergangenheit
In den letzten Jahren standen vor allem drei Gleichstellungsthemen im Fokus: die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, eine gerechtere Bezahlung von Frauen und die stärkere Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen.
Das Thema einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist zentral für die Gleichberechtigung. Denn ausreichend Plätze in der Kinderbetreuung sind zumeist die Grundvoraussetzung dafür, dass Eltern – und insbesondere Mütter – überhaupt arbeiten gehen und somit ein eigenes Einkommen erzielen können.
Deshalb hat der Bund gemeinsam mit Ländern und Kommunen die Betreuungsplätze für Kinder im Vorschulalter deutlich erhöht. Seit 2008 haben sich die Plätze quasi verdoppelt. Der Bedarf ist gleichwohl höher und so gehen die Bemühungen von Bund und Ländern weiter. Auch in den Grundschulen soll die Zahl der Betreuungsplätze deutlich steigen.
Dass in Sachen Gleichstellung noch nicht alles erreicht ist, zeigt jedes Jahr aufs Neue der Equal Pay Day. Er macht darauf aufmerksam, dass Frauen auch 2024 statistisch gesehen 66 Tage umsonst arbeiten müssen, weil sie im Schnitt 18 Prozent niedrigere Stundenlöhne haben als Männer. Die Bundesregierung plant deshalb, das 2017 eingeführte Entgelttransparenzgesetz zu überarbeiten, um die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern zu schließen.
2015 wurde per Gesetz eine Frauenquote eingeführt, da Frauen in Führungspositionen deutlich unterrepräsentiert waren. Die Quote gilt seither für Aufsichtsräte bestimmter Unternehmen und den Öffentlichen Dienst und hat schon zu spürbaren Verbesserungen geführt. In anderen Bereichen – insbesondere in den Vorständen – gab es jedoch kaum Verbesserungen. Daher wurde das Gesetz 2021 weiterentwickelt und enthält seitdem u.a. auch Bestimmungen für die Vorstandsebene.
Gleichstellung geht nicht nur Frauen an
Gleichstellung bleibt als Thema also auch 2024 aktuell. Und es ist keineswegs nur ein Frauenthema. Auch die meisten Männer wünschen sich für ihre Frauen, Töchter, Mütter oder Schwestern gleiche Rechte und Chancen wie für die Männer.
Zudem wird das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf zunehmend auch für Männer wichtig. Umfragen, wie beispielsweise der letzte Väterreport, zeigen, dass viele gerne mehr Zeit für die Familie hätten. Dafür wären sie auch bereit, im Beruf etwas kürzer zu treten. Es bleibt also die Frage, wie die Potenziale von Männern und Frauen gleichermaßen genutzt werden können. Insofern ist und bleibt Artikel 3 unseres Grundgesetzes, der die Gleichberechtigung von Männern und Frauen vorsieht, ein dauerhafter Auftrag an uns alle.
Warum gibt es den Weltfrauentag? Am Internationalen Frauentag werden Frauen und Mädchen für die Erfolge in der Gleichberechtigung gefeiert und gestärkt. Gleichzeitig nutzen die Vereinten Nationen (UN) und zahlreiche Organisationen und Privatpersonen weltweit den Tag, um auf Ungleichheiten und Diskriminierung aufmerksam zu machen. In diesem Jahr liegt der Fokus des UN-Frauentages auf der Forderung, Gewalt gegen Frauen zu beenden.