Vertrag über die Europäische Union (Maastricht Vertrag)

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Der in Maastricht geschlossene Vertrag über die Europäische Union trat am 1. November 1993 in Kraft. Die damit gegründete Europäische Union ruhte auf drei Säulen: Die Europäische Gemeinschaft, die aus den EG-Gründungsverträgen von 1957 hervorgegangen ist und in Maastricht weiter vertieft wurde, blieb das tragende Element (erste Säule); der Einstieg in eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (zweite Säule) und in die "Zusammenarbeit der Justiz- und Innenminister" (dritte Säule, Innen- und Justizpolitik) wurde geschaffen.

Der Vertrag über die Europäische Union ist in sieben Titel gegliedert: Gemeinsame Bestimmungen (Titel I), Bestimmungen zur Änderung der Gründungsverträge der Europäischen Gemeinschaften (Titel II-IV), Bestimmungen über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (Titel V), Bestimmungen über die Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres (Titel VI) und die Schlussbestimmungen (Titel VII).

Dem Vertrag sind 17 Protokolle sowie 33 Erklärungen beigefügt. Darunter befinden sich das Protokoll über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank sowie das Protokoll über die Sozialpolitik.

Erste Säule: Die Europäische Gemeinschaft

Vor Maastricht war der Vertrag zur "Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft" (EWG) der Kristallisationskern der Europäischen Integration. Er war die Grundlage zur Schaffung der Zollunion und des Binnenmarktes. In Maastricht strichen die europäischen Staats- und Regierungschefs den Wortteil "Wirtschaft" aus dem Vertragsnamen. Eine kleine Änderung als Symbol für einen großen qualitativen Sprung: Die EG sollte sich von einer Wirtschaftsgemeinschaft zu einer Politischen Union entwickeln.

Ein deutliches Symbol hierfür war die Einführung der Unionsbürgerschaft: Während die Bürgerinnen und Bürger der Mitgliedstaaten bisher innerhalb der Europäischen Gemeinschaft nur Freizügigkeit genossen, wenn sie als "Wirtschaftssubjekte" handelten, also erwerbstätig waren, bekamen sie nun das Recht, sich als Unionsbürgerinnen und Bürger im Hoheitsgebiet der Europäischen Union frei zu bewegen.

Sie können nicht nur am Ort ihrer Wahl leben, sondern sich dort auch an Kommunal- und Europawahlen beteiligen (Wahlen). Ihre nationale Identität bleibt dabei gewahrt: Sie bleiben gleichzeitig Bürgerinnen und Bürger ihrer eigenen Nation.

Bürgernähe soll auch durch den Einstieg in einen dreistufigen Aufbau der Union erreicht werden. Der Gliederung Union/Mitgliedstaaten/Länder oder Regionen wurde durch die Einführung eines eigenständigen Ausschusses der Regionen Rechnung getragen.

Eine Stärkung der Rechte des Europäischen Parlaments lag insbesondere in der Einführung eines neuen Beschlussverfahrens. Beim sogenannten Mitentscheidungsverfahren wurden die europäischen Gesetze nach einem mehrstufigen Verfahren zwischen Rat und Parlament beschlossen, das stark an das Ablaufschema zwischen Bundesrat und Bundestag bei zustimmungspflichtigen Gesetzen erinnert.

Können sich Rat und Parlament nicht einigen, so versucht ein Vermittlungsausschuss, einen Vorschlag zu erarbeiten, der die Zustimmung beider Organe findet. Gelingt dies nicht, so kann das Parlament den Rechtsakt mit absoluter Mehrheit zu Fall bringen.

Dieses Recht des Parlaments war  allerdings auf die Bereiche Binnenmarkt, Forschung und Technologie, transeuropäische Netze, Bildung, Kultur, Gesundheit, Verbraucherschutz und mehrjährige Umweltprogramme (Umwelt) beschränkt. Im Vertrag von Amsterdam kamen weitere Politikbereiche hinzu. Auch bei der Berufung der Europäischen Kommission gewannen die Abgeordneten an Einfluss.

Die Wirtschafts- und Währungsunion

Die Bestimmungen zur Wirtschafts- und Währungsunion sind ebenfalls Teil des in Maastricht geänderten Vertrags zur Europäischen Gemeinschaft. Herzstück der europäischen Währungsunion ist die Europäische Zentralbank (EZB). Ihr Sitz wurde Frankfurt. Die EZB ist von Weisungen der Regierungen der Mitgliedstaaten oder zentraler Instanzen unabhängig und dem Ziel der Geldwertstabilität verpflichtet. Mitglied der Währungsunion können nur Länder werden, die über eine stabile Währung verfügen und strenge Grundsätze der Haushaltsdisziplin beachten.

Zweite Säule: Außen- und Sicherheitspolitik

Bei der gemeinsamen Außenpolitik standen verschiedene Vorgehensweisen offen: Auf jeden Fall unterrichteten sich die Mitgliedstaaten gegenseitig und stimmten ihr Verhalten gegenüber Drittstaaten im Rat ab. Wenn die Außenminister auch gemeinsam entscheiden wollten, konnten sie auf Grundlage allgemeiner Leitlinien, die der Europäische Rat vorgeben musste, einen klar zu definierenden Bereich zum Gegenstand der "Gemeinsamen Aktion" machen.

Zur intensiveren Information und Abstimmung auf dem Gebiet der Verteidigungspolitik hat man zunächst die Strukturen der Westeuropäischen Union (WEU) genutzt. Die gemeinsame Sicherheitspolitik sollte alle Fragen umfassen, die die Sicherheit der Union betreffen. Auf längere Sicht ging es um "die Formulierung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik, die zu gegebener Zeit zu einer gemeinsamen Verteidigung führen könnte".

Auf den Gebieten der Außen- und Sicherheitspolitik war das gemeinsame Handeln der Mitgliedstaaten als Verfahren der Regierungszusammenarbeit ("intergouvernementaler Prozess") ausgestaltet. Die Zusammenarbeit erfolgt also nicht im Rahmen der üblichen gemeinschaftlichen Entscheidungswege. Die Europäische Kommission und das Europäische Parlament wurden zwar in den Prozess eingebunden, ihre Gestaltungsmöglichkeiten beschränkten sich aber auf Vorschlags- und Konsultationsrechte.

Dritte Säule: Innen- und Justizpolitik

Auch bei der Innen- und Justizpolitik wurde zunächst der Weg der Regierungszusammenarbeit gewählt, die den europäischen Organen weniger, den Mitgliedstaaten dafür aber mehr Gestaltungsraum lässt, als dies die Beschlussverfahren der Gemeinschaft vorsehen würden.

Auf den Gebieten Grenzkontrollen, Asylpolitik, Einwanderungspolitik, Drogenbekämpfung, internationale Kriminalität, juristische Zusammenarbeit in Zivil- und Strafsachen, Terrorismusbekämpfung und Zollwesen unterrichteten und konsultierten sich die Mitgliedsstaaten im Rat. Einstimmig konnte der Rat gemeinsame Maßnahmen verabschieden oder Abkommen zur Ratifizierung durch die Mitgliedsstaaten empfehlen.

Mit der Regierungskonferenz 1996 hat, wie im Vertrag von Maastricht vorgesehen, eine Revision der Vertragstexte stattgefunden. Die Ergebnisse und Vertragsänderungen sind im Vertrag von Amsterdam zusammengefasst.