Neue Regeln fürs „Hochladen" von nutzergenerierten Inhalten
Mit der nun teilweise in Kraft getretenen Reform des Urheberrechts werden zwei europäische Richtlinien umgesetzt. Eine Reform wurde notwendig, weil sich Medientechnologien rasant weiterentwickelt haben – mit Auswirkungen auf urheberrechtlich geschützte Werke. Nachfolgend finden Sie Fragen und Antworten zu den wichtigen Regelungen der Reform.
4 Min. Lesedauer
Was war der Anlass für die Reform des Urheberrechts?
Die Reform ist die größte im europäischen Urheberrecht in den vergangenen 20 Jahren. Anlass für die Reform waren die rasanten Entwicklungen der Digitalisierung und Vernetzung, die zu einem ständigen Wandel in der Art und Weise geführt haben, wie urheberrechtlich geschützte Inhalte geschaffen, erzeugt, vertrieben, verwertet und vom Publikum genutzt werden. Das gilt für Streaming-Portale ebenso wie für die Nutzung von Social Media.
Was wird neu durch die beschlossene Reform geregelt?
Ein zentraler Aspekt der Urheberrechtsreform ist die urheberrechtliche Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen (englisch für „Hochladen") wie etwa YouTube oder Facebook: Nutzerinnen und Nutzer verbreiten dabei Inhalte von ihrem eigenen Gerät über diese Plattformen im Internet. Für diese Verbreitung sind die Plattformen künftig auch selbst unmittelbar verantwortlich. Für Drittinhalte, die Nutzer verbreiten, müssen sie künftig Lizenzen erwerben. Ein ergänzender Direktvergütungsanspruch gegenüber den Plattformen sorgt dann dafür, dass auch die Kreativen, also Musikerinnen und Musiker, Schauspielerinnen und Schauspieler oder Autorinnen und Autoren, fair an diesen Lizenzeinnahmen beteiligt werden.
Wie sehen die Regelungen zur Verantwortlichkeit der Plattformen aus?
Zukünftig sollen Upload-Plattformen für die hochgeladenen Inhalte der Nutzerinnen und Nutzer urheberrechtlich verantwortlich sein; das bisherige Haftungsprivileg für „Host Provider“ entfällt. Besteht keine entsprechende Lizenz, muss die Plattform einen Upload auf Verlangen des Rechtsinhabers nachträgliche entfernen oder auch von Anfang an blockieren. Weiterhin genutzt werden können trotz Blockierverlangens kurze Ausschnitte geschützter Werke, um die Meinungs- und Kommunikationsfreiheit im Internet zu schützen, denn Zitate, Karikaturen, Parodien und Pastiche sind in jedem Fall gesetzlich erlaubt.
Welche Inhalte darf ich jetzt als Nutzer online stellen?
Wie bisher dürfen Nutzer aus urheberrechtlicher Perspektive alles online stellen, was erlaubt ist – sei es, weil es ihr eigener „Content“ ist, weil sie an fremden Werken ein vertragliches Nutzungsrecht haben oder aber weil die Verwendung fremder Werke gesetzlich erlaubt ist, zum Beispiel als Zitat, Parodie, Karikatur oder Pastiche. Für den Fall, dass ein Rechtsinhaber das Blockieren von Nutzungen seines Werkes verlangt und die Plattform hierfür automatisierte Verfahren („Upload-Filter“) einsetzt, wird für bestimmte Inhalte widerlegbar vermutet, dass sie legal sind, um die Meinungsfreiheit der Nutzerinnen und Nutzer zu schützen.
Hierbei gilt folgendes Verfahren: Sofern diese als „mutmaßlich erlaubte“ Inhalte gelten, wird der Beitrag zunächst veröffentlicht. Der Rechteinhaber wird hierüber informiert und kann dagegen Beschwerde einlegen. Als „mutmaßlich erlaubt“ gelten Inhalte, wenn sie nur sehr geringfügig andere Werke nutzen. Dies kann beispielsweise der Fall sein bei Filmausschnitten oder Tonspuren bis zu einer Länge von 15 Sekunden, einem Text mit bis zu 160 Zeichen oder einem Foto oder einer Grafik bis zu einer Größe von 125 Kilobyte. Die „mutmaßliche Erlaubnis“ gilt allerdings nur, sofern die genannten Inhalte zu nicht-kommerziellen Zwecken verwendet werden. Außerdem kann ein Nutzer größere Werkteile ausdrücklich als gesetzlich erlaubt kennzeichnen.
Diese Regeln gelten aber nur, wenn der Rechtsinhaber die Blockierung von Inhalten verlangt hat. Viele Inhalte auf Upload-Plattformen sind aber schon heute lizenziert; die Nutzer sind also befugt, diese Inhalte – insbesondere Musik – im Rahmen ihres „User generated Content“ zu verwenden.
Was ist das Ziel des eingeführten neuen Leistungsschutzrechts?
Mit der Reform wird zudem ein neues Leistungsschutzrecht für Presseverleger eingeführt. Dieses Presse-Leistungsschutzrecht schützt die wirtschaftlich-organisatorische und technische Leistung der Presseverleger bei der Erstellung von Presseveröffentlichungen. Hierbei ist eine Mindestbeteiligung für Journalistinnen und Journalisten an den erzielten Lizenzeinnahmen vorgesehen.
Welche Anpassungen werden bei Künstler-Verträgen vorgenommen?
Das Gesetz enthält auch Anpassungen für Verträge zwischen Kreativen und Verwertern im sogenannten Urhebervertragsrecht, also etwa zwischen Schauspielerinnen und Schauspielern auf der einen Seite und Filmproduzentinnen und Filmproduzenten auf der anderen Seite. Damit soll das Prinzip der angemessenen Vergütung gestärkt werden. Hierzu tragen insbesondere verbesserte Informationsansprüche sowohl gegen den unmittelbaren Vertragspartner wie auch in der Lizenzkette bei.
Der zuvor bereits erwähnte neue Direktvergütungsanspruch der Kreativen gegen Upload-Plattformen für lizenzierte Inhalte gewährleistet, dass jedenfalls ein Teil der Zahlungen der Plattformen die Kreativen tatsächlich auch erreicht.
Was ändert sich bei den Nutzungsbefugnissen für Bildung und Wissenschaft?
Das Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz aus dem Jahr 2017 hatte bereits viele Rechtsänderungen, die das europäische Recht nun verlangt, in deutsches Recht umgesetzt. Diese zunächst befristete Reform wird nunmehr in Dauerrecht überführt. Dies verbessert die Rahmenbedingungen für digitales Lehren und Lernen, gerade in Zeiten der Corona-Pandemie. Ergänzend werden grenzüberschreitende Nutzungen einbezogen, beispielsweise Online-Angebote von Universitäten, die so rechtssicher europaweit genutzt werden können. Bibliotheken oder Archive erhalten beispielsweise dadurch Rechtssicherheit, dass sie die Werke in ihren Beständen so oft wie nötig und auch in digitalen Formaten vervielfältigen dürfen.
Welche europäischen Richtlinien werden mit der Reform nun in deutsches Recht umgesetzt?
Die europäische Urheberrechts-Reform wurde von September 2016 bis April 2019 verhandelt und war Bestandteil des umfassenden europäischen Projekts „Digitaler Binnenmarkt“.
Das Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt (DSM-Richtlinie) sowie der Online-SatCab-Richtlinie. Es ändert das Urheberrechtsgesetz sowie das Verwertungsgesellschaftengesetz in vielerlei Hinsicht (gesetzliche Erlaubnisse unter anderem für das Text und Data Mining, Zugang zu nicht verfügbaren Werken, kollektive Lizenzvergabe mit erweiterter Wirkung, Presseverleger-Leistungsschutzrecht, Verlegerbeteiligung, Urhebervertragsrecht, Online-Verwertung von Rundfunkprogrammen).
Die Reform zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes ist nun in Kraft treten, das neue Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz tritt etwas später zum 1. August 2021 in Kraft.
Weitere Informationen finden Sie auf der Seite des Bundesjustizministeriums.
Dort finden Sie ebenfalls weitere Fragen und Antworten zum Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarkts.