Im Wortlaut
Themen: tödlicher Angriff auf einen Tankstellenmitarbeiter in Idar-Oberstein, Kabinettssitzung (Bericht „Ein Jahr Nationale Wasserstoffstrategie“, Verordnungsentwurf über die Kosten und Entgelte für den Zugang zu Wasserstoffnetzen und zur Änderung der Anreizregulierung, zusätzliche Maßnahmen für den Klimaschutz im Gebäudesektor, Abschlussbericht über die Umsetzung des Zweiten Nationalen Aktionsplans im Rahmen der Teilnahme an der Open Government Partnership, Statistik im Zusammenhang mit der 19. Legislaturperiode, Entwurf eines Beschlusses über die Wahrnehmung der Rechte der Bundesregierung nach Artikel 104b Abs. 2 Satz 4 und Artikel 104c Satz 3 des Grundgesetzes), gestrige Ankündigung des chinesischen Präsidenten zum Bau von Kohlekraftwerken im Ausland, Treffen des Bundesfinanzministers mit dem Leiter der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen, Ermittlungen des MAD gegen einen Mitarbeiter des BMVg wegen des Verdachts rechtsextremistischer Verbindungen, OSZE-Beobachtung der Bundestagswahl, russische Parlamentswahlen, Erdgaspreis, COVID-19-Pandemie, Militärbündnis AUKUS zwischen Australien, Großbritannien und den USA/Rücknahme einer U-Boot-Bestellung in Frankreich durch Australien, Zeitpunkt eines möglichen Wiederbeginns der Wiener Gespräche zum JCPOA
40 Min. Lesedauer
- Mitschrift Pressekonferenz
- Mittwoch, 22. September 2021
Sprecher: SRS’in Demmer, Wede (BMI), Zimmermann (BMJV), Deutschbein (BMZ), Fichtner (BMU), Ungrad (BMWi), Kolberg (BMF), Helmbold (BMVg), Deffner (BMG), Sasse (AA), Klamt (BMFSFJ)
Vorsitzende Wefers eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS’in Demmer sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.
SRS’in Demmer: Schönen guten Tag auch von mir!
Ich möchte hier zunächst für die gesamte Bundesregierung meine tiefe Bestürzung über die grausame Tat in Idar-Oberstein aussprechen, die bundesweit für Entsetzen gesorgt hat. Die Bundesregierung verurteilt diese gezielte Tötung auf das Schärfste. Die Enthemmung von Gewalt macht sprachlos. Wir trauern um den jungen Mann, der niederträchtig erschossen wurde. Unser Mitgefühl und unsere tiefe Anteilnahme gelten in diesen schweren Stunden der Familie, den Angehörigen und seinen Freunden.
Der genaue Hintergrund dieser entsetzlichen Tat und die Tatmotivation sind nun Gegenstand des durch die örtlichen zuständigen Ermittlungsbehörden eingeleiteten Verfahrens. Der Täter ist ja geständig und befindet sich in Untersuchungshaft wegen Mordverdachts. Presseberichte zu Äußerungen des Täters und Zitate aus Vernehmungen möchte ich an dieser Stelle gar nicht kommentieren. Das gilt auch für Berichte, dass das Opfer den mutmaßlichen Täter auf die Notwendigkeit des Tragens einer Maske aufmerksam gemacht haben soll. Hier warten wir die Ermittlungsergebnisse ab.
Was ich aber doch kommentieren möchte, ist: Die Tat ist bereits unerträglich, und sie wird nun in den sozialen Netzwerken und in Messengerdiensten zum Anlass genommen, noch einmal mehr den Versuch zu unternehmen, unsere Gesellschaft zu spalten und noch mehr Hass zu schüren und Hetze zu verbreiten, und sie wird missbraucht, um öffentlich zu Gewalt aufzurufen. Das ist verstörend und das muss aufhören.
Die Justizministerin hat in diesem Zusammenhang bereits richtigerweise betont - und das bekräftige ich hier ausdrücklich noch einmal -, dass sich unser Rechtsstaat der Radikalisierung von gewaltbereiten Coronaleugnern mit allen Mitteln entgegenstellen muss. Diese Eskalation - das ist auch das, wovor wir als Bundesregierung warnen - geht mit einer Welle von Desinformationen und Verschwörungsideologien, die sich in den letzten Monaten verbreitet haben, einher. Hiervon sind vor allem staatliche Maßnahmen im Rahmen der Coronapandemie betroffen.
Dass durch Hetze und Aufrufe zu Gewalt Menschen konkret gefährdet werden, zeigte nicht zuletzt der versuchte Brandanschlag auf ein Impfzentrum in Sachsen in der vergangenen Woche. Auch gab es in den vergangenen Monaten schwere Ausschreitungen und Gewalt bei Protesten gegen die staatlichen Coronamaßnahmen gegenüber Medienvertretern und auch Polizistinnen und Polizisten. Die Sicherheitsbehörden sind hier sehr wachsam und haben Radikalisierungstendenzen im Blick. Sie arbeiten mit ganzer Kraft dafür, dass alle Menschen hier in Sicherheit leben können. Bei allen Anstrengungen ist natürlich ein hundertprozentiger Schutz, eine hundertprozentige Sicherheit nicht zu gewährleisten, aber die Sicherheitsbehörden betrachten im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags die aktuellen Entwicklungen sowie die zunehmenden Radikalisierungen einiger Akteure der Querdenkerproteste sehr aufmerksam.
Frage: Vor allem an das Innenministerium: Schätzt Minister Seehofer diesen Fall eher als Einzelfall ein, oder ist es für ihn auch ein Zeichen, dass man die gesamte Querdenkerszene oder einen großen Teil davon als gewaltbereit einschätzen muss? Es gab ja zum Beispiel von Kriminalbeamten und von anderen in der Zwischenzeit Bewertungen in der Richtung, dass es unter Verschwörungstheoretikern doch Gewaltbereitschaft gebe.
Dr. Wede: Lassen Sie mich vielleicht ein paar Worte vorweg sagen, auch wenn Frau Demmer eigentlich alles gesagt hat. Auch ich möchte erwähnen, dass diese Tat in Idar-Oberstein abscheulich und bestürzend ist. Diese Tat zeigt ein dramatisches Ausmaß an Verrohung in der Gesellschaft. Nach allen Erkenntnissen, die wir bisher haben, handelt es sich um einen Einzelfall - zwar um einen extremen Einzelfall, aber eben doch um einen Einzelfall -, von dem wir nun keine generalisierenden Rückschlüsse ziehen können.
Ganz allgemein möchte ich zu der Querdenkerszene sagen: Nach den Erkenntnissen des BMI und der Sicherheitsbehörden verKleinert sich diese Szene. Gleichzeitig gibt es aber einen radikalen Kern, der sich auch weiterhin radikalisiert. Diesen Kern, diese Szene haben wir und die Sicherheitsdienste sehr differenziert im Blick.
Frage: Frau Demmer, da Sie ja auch von gewaltbereiten Coronaleugnern sprachen: Interpretiert die Bundesregierung diese Tat als eine politische Tat, habe ich Sie da richtig verstanden?
Herr Wede, war das, was Sie gerade vorgetragen haben, eine Aussage des Bundesinnenministeriums an sich, oder hat sich Herr Seehofer schon zu der Tat geäußert? Denn bei Fällen von migrantischer Gewalt und Kriminalität, bei islamistischem Terrorismus und bei linksextremen Gewalttaten ist er ja immer selbst der erste, der vor eine Kamera tritt und dazu etwas sagt. Warum hat er zu diesem Fall bisher nichts gesagt?
SRS’in Demmer: Ich habe ganz ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ich die konkreten Hintergründe der Tat nicht kommentieren möchte. Das ist jetzt Aufgabe der Ermittlungsbehörden. Das, was sich jetzt als Interpretation in den sozialen Netzwerken und im Internet breitmacht, galt es hier jetzt aber zu kommentieren - das geht auch jetzt schon von hier aus, bevor die Ermittlungsbehörden zu Ergebnissen kommen.
Dr. Wede: Ich kann dazu nur sagen, dass politische Hintergründe dieser Tat Gegenstand der Ermittlungen sind und sein werden und dass da jetzt nach meiner Erkenntnis noch keine Einstufung erfolgte. Das ist Teil der Ermittlungen.
Was Ihre Einschätzung angeht: Die teile ich nicht. - Und ich spreche hier für das Bundesinnenministerium.
Zusatzfrage: Auf welche Einschätzung beziehen Sie sich? Sie hatten sich ja den Worten von Frau Demmer angeschlossen, die von gewaltbereiten Coronaleugnern gesprochen hat.
Wo bleibt die Aussage und der Auftritt von Herrn Seehofer?
Dr. Wede: Ich spreche hier für das Bundesinnenministerium.
Zusatz: Und für den Innenminister.
Dr. Wede: Und damit auch für den Bundesinnenminister, ja.
Zusatzfrage: Sind es die Worte des Innenministers, die Sie eben vorgetragen haben?
Dr. Wede: Nein, das sind meine Worte, und ich spreche hier für das Bundesinnenministerium.
Frage: Frau Demmer, Sie sagten, das, was in den sozialen Medien passiere, müsse aufhören. Ist das ein Appell oder eine Ankündigung?
SRS’in Demmer: Es gibt ja unterschiedliche Möglichkeiten, die die Bundesregierung hat. In der Tat ist das natürlich ein Appell und ein Bewusstmachen und Daraufhinweisen, dass wir das so nicht hinnehmen und akzeptieren. Gleichzeitig habe ich aber auch darauf hingewiesen, dass die Sicherheitsbehörden hier ein sehr wachsames Auge haben. Zu Details kann vielleicht das Innenministerium noch weiter ausführen.
Dr. Wede: Zu den Details der Tat kann ich mich hier jetzt nicht äußern. Wie gesagt, das sind jetzt Ermittlungen, die durch die zuständigen Behörden in Rheinland-Pfalz durchgeführt werden.
Frage: An das Bundesinnenministerium: Sie haben gesagt, dass die Szene der gewaltbereiten Querdenker beziehungsweise Coronagegner sich verKleinere, aber radikalisiere. Können Sie vielleicht noch ein paar mehr Details nennen, sodass wir eine zahlenmäßige Vorstellung davon bekommen können, über welche Gruppe oder welche Größenordnung wir da reden?
Zum Zweiten: Gibt es regionale Schwerpunkte? Kann man zum Beispiel sagen, ob diese Radikalisierung im Westen oder im Osten stärker verbreitet ist? Haben sie Informationen über unterschiedliche Radikalisierungen bei Männern und Frauen?
Dr. Wede: Ich habe mir Ihre Fragen notiert und werde mich um eine Nachreichung bemühen.
Frage: An das Bundesinnenministerium und das Bundesjustizministerium: Hat man das Aggressionspotenzial der Querdenkerszene rückblickend vielleicht doch unterschätzt?
Dr. Wede: Die Sicherheitsbehörden haben sich in der jüngsten Vergangenheit sehr eindeutig dahingehend geäußert, dass diese Gefahr der Querdenker und vor allem dieses radikalen, extremen Kerns der Querdenker nicht zu unterschätzen ist und dass hier durchaus auch mit Gewalttaten zu rechnen sein musste. Wir haben ja auch in der Vergangenheit schon Gewalttaten gegen Sachen erlebt - Frau Demmer hatte den Brandanschlag erwähnt.
Insofern: Die Sicherheitsbehörden haben sich sehr klar dazu positioniert, diese Gefahr zu benennen und sie auch ganz gezielt in den Blick zu nehmen.
Frage: An Frau Demmer: Sie sprechen von einer Radikalisierung und von einem Zuwachs von Hass und Aggressionen. Ist das für Sie auch Anlass für eine selbstkritische Reflexion? Hätte die Regierung etwas anders machen können?
SRS’in Demmer: Durch die Pandemie und die in diesem Zusammenhang notwendigen Maßnahmen ist tatsächlich eine neue Form von Extremismus entstanden. Wie schon gesagt betrachtet das Bundesamt für Verfassungsschutz im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags diese aktuellen Entwicklungen und eben auch die zunehmende Radikalisierung - von der der Kollege eben auch gesprochen hat - einiger Akteure in diesen Protesten sehr genau.
Ich möchte hier aber trotzdem noch einmal darauf hinweisen, dass das Interesse dabei nicht einer grundsätzlich kritischen Haltung der Bundesregierung gegenüber gilt. Unser Interesse gilt vielmehr den Gewaltaufrufen und Angriffen auf unsere Demokratie. Deshalb hat das Bundesamt für Verfassungsschutz ein neues bundesweites Sammelbeobachtungsobjekt eingerichtet, das die demokratiefeindliche oder sicherheitsgefährdende Delegitimierung des Staates im Vordergrund sieht. Es geht hier also nicht darum, dass wir uns nicht mehr mit Kritik am Tun der Bundesregierung auseinandersetzen wollen, sondern es geht letztlich darum, dass wir bei allem, was gewaltverherrlichend oder radikal in Erscheinung tritt, ein wachsames Auge haben.
Frage: Haben das Innenministerium und die angeschlossenen Behörden seit der Tat irgendetwas veranlasst?
Wann ist mit einer Äußerung von Herrn Seehofer zu rechnen?
Dr. Wede: Das Bundesinnenministerium hat sich hier heute geäußert.
Eine Veranlassung über die Prüfung und die Ermittlungen in diesem Einzelfall hinaus gibt es bislang nicht.
Zusatzfrage: Ist der Minister in Berlin?
Dr. Wede: Der Innenminister ist nach meinem Wissen in Berlin.
Frage: Ich habe eine Frage zu den Möglichkeiten, diese Aufrufe zu Gewalt usw. zu verbieten. Konkret geht es ja um den Messengerdienst Telegram. Mir ist einfach überhaupt nicht klar, was man tun könnte, außer auf freiwillige Kooperation von Telegram zu hoffen.
SRS’in Demmer: Ich kann vielleicht ganz allgemein sagen: Natürlich ist es der Bundesregierung wichtig, dass es keinen rechtsdurchsetzungsfreien Raum gibt, also keinen Raum, in dem nicht der Rechtsstaat mit seinen Regeln gilt.
Bei Messengerdiensten ist die Rechtslage in Bezug auf die Geltung des Netzwerkdurchsetzungsgesetz eben eine andere. Dazu müsste sich vielleicht das BMJV äußern.
Zimmermann: Ich kann, da ich mich jetzt zum ersten Mal äußere, auch noch einmal darauf hinweisen: Die Bundesjustizministerin hat sich zu dieser Tat geäußert und hat ihre Bestürzung zum Ausdruck gebracht.
Was jetzt die Reaktion aus dem Bereich der Sicherheitsbehörden angeht, hatte sich der Kollege aus dem Bundesinnenministerium schon geäußert. Ich kann für das Bundesjustizministerium sagen, dass die Bekämpfung der Hasskriminalität insbesondere im Internet in dieser Legislaturperiode eine hohe Priorität für uns hatte. Zu nennen ist dabei insbesondere das Gesetz zur Bekämpfung der Hasskriminalität, das entsprechende Strafverschärfungen vorgenommen hat und auch die Ermittlungen gegen solche Kriminalität erleichtert.
Was jetzt die Entwicklung von Messengerdiensten angeht, so ist zunächst richtig, dass das Netzwerkdurchsetzungsgesetz reine Individualkommunikation zwar nicht erfasst, aber wenn solche Messengerdienste Funktionen anbieten, die denen von sozialen Netzwerken entsprechen, dann kann das je nach Umständen des konkreten Falls eben auch davon erfasst werden. Das sieht man auch daran, dass das Bundesamt für Justiz im Moment ein Verfahren gegen den Anbieter von Telegram führt.
Zusatzfrage: Das Verfahren läuft ja schon seit einigen Wochen. Gab es da irgendeine Reaktion von Telegram?
Zimmermann: Zu den Einzelheiten des Verfahrens kann ich mich im Moment nicht äußern, weil es ja noch läuft.
Frage: Ich möchte meine Frage von eben auch noch an das Justizministerium stellen: Ist das Aggressionspotenzial der Querdenkerszene im Rückblick betrachtet vielleicht doch unterschätzt worden?
Zimmermann: Das Gesetz, das ich eben genannt habe, betrifft strafbare Hasskriminalität - egal, aus welcher Richtung die kommt.
Frage: An das Innenministerium: An dem Social-Media-Profil des Täters zeigt sich, dass er sich vor allem für rechte Politiker und Medien interessierte. Auch der ehemalige Verfassungsschutzchef Maaßen war auf seiner Followerliste. Sehen Sie in Äußerungen dieser Politiker und Medien eine Quelle, aus der sich extremistische Querdenker befeuern?
Dr. Wede: Mir sind Presseberichte in diese Richtung bekannt. Ich möchte sie hier nicht kommentieren, weil es zur jetzigen Zeit viel zu früh ist, um sich zu den Kausalitäten zu äußern, also dazu, was diese Tat oder diese Radikalisierung verursacht haben könnte. Insofern bitte ich um Verständnis, dass ich diese Frage hier nicht beantworten kann.
Frage: Herr Wede, Sie haben eben mit Blick auf Idar-Oberstein von einem Einzelfall gesprochen. Nun gibt es ja die Vermutung einer Einbindung in die Querdenkerszene. Wie kann man da von einem Einzelfall sprechen? Wieso sprechen Sie von einem Einzelfall?
Dr. Wede: Wir haben im Moment keine Erkenntnisse, dass es weitere beteiligte Mittäter beziehungsweise Teilnehmer im strafrechtlichen Sinne an dieser Tat gegeben hat.
Zusatzfrage: Aber eine Einbindung in die Querdenkerszene sehen Sie schon?
Dr. Wede: Das ist Gegenstand der laufenden Ermittlungen.
Frage: An das Innenministerium und das Justizministerium: Was ist vor dem Hintergrund dieser Tat jetzt über strafrechtliche Verfolgung und Beobachtung hinaus notwendig, um diesen Radikalisierungstendenzen entgegenzutreten? Wie schwer wiegt in diesem Zusammenhang das Scheitern des Demokratiefördergesetzes?
Dr. Wede: Hier sind ja schon viele Maßnahmen und Gesetzesverschärfungen beziehungsweise Gesetzesänderungen angesprochen worden. Wir haben diese Gefahr ja nicht erst seit heute beziehungsweise seit gestern im Blick. Mit der Einrichtung des angesprochenen Sammelbeobachtungsobjekts durch die Verfassungsschutzbehörden steht jetzt das gesamte Repertoire an Maßnahmen, das den Verfassungsschutzbehörden zur Verfügung steht, zur Anwendung bereit, und das erfolgt auch schon.
Zimmermann: Die Ministerin hat sich in der Vergangenheit immer wieder dazu geäußert, für wie wichtig sie das Demokratiefördergesetz hält. Dazu habe ich im Moment nichts zu ergänzen.
Vorsitzende Wefers: Ich würde jetzt mit Blick auf die Uhr zum Kabinett übergehen und Frau Demmer das Wort geben.
SRS’in Demmer: Die Bundesregierung hat heute den Bericht „Ein Jahr Nationale Wasserstoffstrategie“ beschlossen. Mit dem Bericht zieht die Bundesregierung eine erste positive Zwischenbilanz. Die Bundesregierung hat in den letzten 15 Monaten die Umsetzung des Aktionsplans der Nationalen Wasserstoffstrategie sehr konsequent verfolgt. Die umgesetzten Maßnahmen schaffen wichtige Grundlagen für Investitionen und Planungssicherheit und damit für den Markthochlauf von Wasserstofftechnologien. Dabei adressieren sie die gesamte Wasserstoff-Wertschöpfungskette und alle zentralen Handlungsfelder der Strategie.
Wesentliche umgesetzte Maßnahmen sind unter anderem die Schaffung verbesserter Rahmenbedingungen für die Erzeugung und Infrastruktur, das Aufsetzen zentraler Förderprogramme für den Wasserstoffeinsatz in der energieintensiven Industrie und im Verkehrsbereich, die Ausarbeitung von Forschungs- und Innovationsvorhaben mit internationaler Strahlkraft und der Start von Förderinstrumenten zum Aufbau internationaler Wasserstofflieferketten, um den künftigen deutschen Importbedarf sicherzustellen.
Der Aufbau eines Wasserstoffmarkts gelingt naturgemäß nicht von heute auf morgen. Die große Resonanz in der Wirtschaft und die zahlreichen Projektideen zeigen aber ein großes Interesse und auch eine große Investitionsbereitschaft.
Dann hat die Bundesregierung heute den Verordnungsentwurf über die Kosten und Entgelte für den Zugang zu Wasserstoffnetzen und zur Änderung der Anreizregulierung beschlossen. Diese Verordnung regelt in erster Linie, wie die Kosten eines Wasserstoffnetzes ermittelt werden, die auf die Netzentgelte umgelegt werden dürfen, einschließlich der Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals. Die Bundesregierung schafft damit Rechtssicherheit für potentielle Investoren in die Infrastruktur, die eine Voraussetzung für den geplanten Markthochlauf von Wasserstofftechnologien und die Realisierung konkreter Wasserstoffnetz-Projekte ist. Sie setzt damit ein weiteres wichtiges Element der Nationalen Wasserstoffstrategie um. Die Verordnung bedarf noch der Zustimmung des Bundesrates.
Dann hat das Kabinett heute zusätzliche Maßnahmen für den Klimaschutz im Gebäudesektor beschlossen, die von den Bundesministerien für Wirtschaft sowie des Innern, Bau und Heimat auf Basis des Klimaschutzgesetzes vorgelegt wurden. Der Sektor hat im Jahr 2020 sein Treibhausgasminderungsziel um zwei Millionen Tonnen verpasst. Diese Maßnahmen sollen nun dazu beitragen, diese Ziellücke im Gebäudesektor zu schließen. Der Beschluss ist ein Zeichen für die klimapolitische Handlungsfähigkeit der Bundesregierung und dafür, dass die Einhaltung der Ziele des Klimaschutzgesetzes ganz klar angestrebt werden.
Im Klimaschutzgesetz haben wir ein Verfahren festgelegt, wonach bei einer Verfehlung der jährlichen Sektorziele die zuständigen Ressorts innerhalb von drei Monaten ein Sofortprogramm zur Schließung eben jener Lücke vorlegen. Dieser Verpflichtung entsprechend haben die für den Gebäudesektor verantwortlichen Bundesministerien für Wirtschaft und Energie sowie des Innern, Bau und Heimat im Juli einen Entwurf für ein solches Sofortprogramm vorgelegt. Der unabhängige Expertenrat für Klimafragen hat den Entwurf geprüft und noch Nachbesserungsbedarf aufgezeigt. Die Stellungnahme des Expertenrats berücksichtigend enthalten die heute beschlossenen Maßnahmen daher nochmals Anpassungen gegenüber dem Entwurf des Sofortprogramms.
Der Entwurf für das Sofortprogramm sah ursprünglich noch 5,7 Milliarden Euro an zusätzlichem Fördervolumen vor. Nunmehr wird vorgesehen, für das laufende Jahr 2021 für Förderanträge im Rahmen der Bundesförderung für energieeffiziente Gebäude Mittel in Höhe von insgesamt 11,5 Milliarden Euro bereitzustellen. Dies soll zeitnah um weitere Maßnahmen ergänzt werden, die die Bundesregierung im Juni im Klimaschutz-Sofortprogramm 2022 vorgesehen hat, um die Einhaltung der Jahresemissionsmengen für die folgenden Jahre sicherzustellen. Zudem werden derzeit weitere längerfristig wirksame Maßnahmen im Gebäudebereich analysiert und vorbereitet, sodass sie in der nächsten Legislaturperiode zeitnah beschlossen und umgesetzt werden können.
Dann ist heute im Kabinett der Abschlussbericht über die Umsetzung des Zweiten Nationalen Aktionsplans 2019 - 2021 im Rahmen der Teilnahme an der Open Government Partnership behandelt worden. Deutschland nimmt seit Dezember 2016 am Open-Government-Partnership-Programm teil und tritt damit gemeinsam mit 77 weiteren Staaten national wie international für eine Förderung offenen Regierungs- und Verwaltungshandelns - Open Government - ein. Dazu gehören Transparenz und Teilhabe, die Bekämpfung von Korruption sowie die Nutzung neuer Technologien zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen.
Die Bundesregierung legt in dem Abschlussbericht Rechenschaft über die erreichten Meilensteine aus den auferlegten Selbstverpflichtungen ab. Der Zweite Nationale Aktionsplan enthält neun Verpflichtungen der Bundesregierung und erstmals fünf Verpflichtungen der Länder Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Sachsen. Zwei Jahre nach seiner Verabschiedung konnten 45 der insgesamt 68 Meilensteine des Aktionsplans vollständig erreicht werden, 20 Meilensteine befinden sich noch im Umsetzungsprozess. Der Bericht wird wie alle Publikationen im Rahmen der Open Government Partnership online zur Verfügung gestellt. Darin können Sie nähere Details zu den einzelnen Vorhaben finden.
Die Teilnahme an der Open Government Partnership ist ein fortlaufender Prozess zur Erarbeitung von Aktionsplänen, deren Implementierung und letztlich deren Evaluierung. Im Juni hatte die Bundesregierung bereits den Dritten Nationalen Aktionsplan vorgelegt. Auch diesen finden Sie online.
Das war ja heute die letzte Kabinettssitzung. Deswegen möchte ich Sie zum Abschluss der Legislaturperiode tatsächlich mit ein paar Zahlen und einer Statistik beglücken. Es war die 158. Sitzung in dieser Legislaturperiode. Es wurden insgesamt 1925 Kabinettsvorlagen behandelt, darunter 488 Gesetzentwürfe und 237 Verordnungen.
Es gab drei Klausurtagungen. Zwei davon haben 2018 und 2019 in Schloss Meseberg stattgefunden sowie eine 2018 in Potsdam.
Durchschnittlich dauerte eine Kabinettssitzung 42 Minuten. Ich kann Ihnen verraten: die heutige war insofern ziemlich durchschnittlich. Die längste Kabinettssitzung hat eine Stunde und 50 Minuten gedauert, die kürzeste nur neun Minuten. Wer die Gesamtdauer der Sitzungen in der 19. Legislaturperiode wissen will: 111 Stunden und 48 Minuten.
Da ja auch das allgemeine parlamentarische Fragewesen immer wieder von Interesse ist: Es gab 35 Große Anfragen - interessant ist auch, dass das eine Steigerung um 133,3 Prozent ist - sowie 11 651 Kleine Anfragen. Hierbei handelt es sich um eine Steigerung von 195,7 Prozent. Es gab 25 520 schriftliche und 5170 mündliche Fragen.
Zum Schluss noch ein Blick auf die Gesetze: Der Bundestag hat 546 Gesetze verabschiedet. Von der Bundesregierung gab es 488 Gesetzesinitiativen, was 89,4 Prozent entspricht. Der Bundesrat hat 98,5 Prozent der vom Bundestag beschlossenen Gesetze im zweiten Durchgang passieren lassen, das heißt ohne Vermittlungsausschuss. Das erscheint mir eine wichtige Zahl als Bild für die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern. Inklusive der Einigungen nach Vermittlungsausschuss liegt die Verabschiedungsrate im Bundesrat bei 99,8 Prozent.
So viel für die Freunde der Statistik.
Frage: Um direkt an den letzten Punkt anzuknüpfen: Frau Demmer, Sie haben die doch deutliche Zunahme an Kleinen und Großen parlamentarischen Anfragen erwähnt. Können Sie auch eine Einschätzung abliefern, ob das aus Sicht der Bundesregierung eigentlich eine positive oder negative Entwicklung ist? Man könnte ja sagen: Mehr Transparenz der Regierung. Gegenargument: Die Ministerien sind zunehmend durch die Beantwortung von Anfragen gebunden. Was ist die Haltung der Bundesregierung?
SRS’in Demmer: Es gehört zum parlamentarischen Fragewesen, dass es diese Möglichkeit gibt. Ich möchte das jetzt von hier aus nicht bewerten, denn es ist natürlich Teil von Transparenz und Demokratie. Die Bewertung überlasse ich ganz Ihnen.
Zusatzfrage: Okay. Anders ausgedrückt: Vor wie große Probleme stellt Sie dieser starke Zuwachs?
SRS’in Demmer: Dass das ein erheblicher Mehraufwand ist, können Sie sich denken.
Frage: Zur Vervollständigung der Statistik: Frau Demmer, wie viele Gesetze aus vorangegangenen Legislaturperioden wurden in dieser Legislaturperiode durch das Verfassungsgericht oder andere Instanzen hinterfragt, behandelt und müssen noch einmal ins Kabinett?
SRS’in Demmer: Das kann ich Ihnen jetzt hier nicht aus dem Ärmel schütteln. Das müsste ich gegebenenfalls nachliefern.
Frage: Ich habe eine Frage zum Thema Wasserstoff an das BMWi. Können Sie uns den Stand bei der Wasserstoffallianz mit Marokko und den Bau des Referenzwerks nennen? Das wird ja auch Thema gewesen sein.
Herr Fichtner, wie sieht die Bundesregierung den Wasserstoffbedarf in den nächsten zehn Jahren in Deutschland? Welche Zielmarken gibt es? Ich gehe dabei von Terawattstunden aus.
Vorsitzende Wefers: Für Marokko ist offenbar das BMZ zuständig.
Zusatz: Entschuldigung!
Ungrad: Ich kann kurz etwas zu Marokko sagen: Es gibt in der Tat konkrete Projekte. Die Informationen, was diese Projekte beinhalten, habe ich nicht dabei. Das kann ich Ihnen aber gerne zuliefern.
Deutschbein: Ich kann gerne etwas dazu sagen. Was Marokko angeht, gibt es eine Initiative, die das Bundesentwicklungsministerium gemeinsam mit anderen Ressorts vorantreibt. Wir in unserem Aufgabenbereich haben eine Allianz mit der Regierung von Marokko gegründet, die ein bisschen sperrig „Entwicklung des Power-to-X-Sektors mit Marokko“ heißt. Ich will jetzt gar nicht in technische Details gehen. Dabei geht es über Wasserstoff hinaus auch um die Entwicklung klimaneutraler Brenngase oder synthetischer Kraftstoffe und andere Dinge, die man mit den Stromüberschüssen herstellen kann.
Es gab letztes Jahr eine Absichtserklärung. Momentan läuft bis Ende des Jahres die Ausschreibung. Es ist vorgesehen, dass im nächsten Jahr Baubeginn ist und in den nächsten Jahren die Inbetriebnahme stattfindet.
Zusatzfrage: Die Frage bezog sich insbesondere darauf, dass eine diplomatische Eiszeit zwischen Ihnen und Marokko herrscht. Hat das irgendwelche Auswirkungen auf den Bau und die Baupläne?
Deutschbein: Das hat Auswirkungen. Wie gesagt, wir sind in der Vorbereitungsphase, wo es um Unterlagen geht und es Ausschreibungsverfahren gibt, die laufen können. Wir haben die Zusage vor dieser Phase gemacht. Die Mittel sind zugesagt. Momentan ruhen viele unserer Maßnahmen mit Marokko. Das ist aber etwas ganz anderes, als wenn wir Maßnahmen aussetzen, sodass sie jederzeit wieder sehr schnell hochgefahren werden können.
Fichtner: Was die Frage in Bezug auf die Terawattstunden angeht, würde ich die Beantwortung dem federführenden Bundeswirtschaftsministerium überlassen.
Ich würde Sie gerne auf unseren internationalen PtX-Hub und den globalen PtX-Atlas hinweisen, den wir vor Kurzem vorgestellt haben. Diese machen nämlich international sehr deutlich, dass es nur darum gehen kann, zusätzliche Ökostromanlagen in den Blick zu nehmen. Es muss grüner Wasserstoff sein, der aus zusätzlichem Ökostrom hergestellt wird. Denn es ist dem Klima nicht gedient, wenn Entwicklungsländer bei sich zu Hause einfach weiter Kohlestrom verwenden und den zusätzlichen Ökostrom exportieren. Das muss in sich zusammenpassen, wenn wir über den Import von grünem Wasserstoff reden.
Ansonsten würde ich gerne die Gelegenheit nutzen, Ihnen zu sagen, dass auch wir in Deutschland Fortschritte machen. Die Bundesumweltministerin wird Anfang Oktober die vermutlich weltweit erste Produktionsanlage für E-Kerosin im Emsland eröffnen. Es ist ganz wichtig, dass wir in Deutschland diese Fortschritte machen, denn die Logik ist ja so, dass wir erst einmal bei uns zeigen wollen, wie es geht, um dann hinterher mit guten Argumenten die Technologie exportieren zu können. Dabei kann Deutschland im Anlagenbau viel leisten. So wird dann aus dieser Klimaschutzlösung auch eine Exportchance für Deutschland.
Ungrad: Zu den konkreten Terawattstunden liegt mir jetzt nichts vor. Wir wissen natürlich, dass Wasserstoff beziehungsweise der Markthochlauf von Wasserstoff eine immense Bedeutung für unsere Industrie - Stahlindustrie, chemische Industrie - hat. Insofern sind unsere Anstrengungen und Förderbemühungen sehr hoch, um dem Wasserstoff zu einem schnellen Markthochlauf zu verhelfen. Den genauen Bedarf in Terawattstunden kann ich Ihnen jetzt nicht sagen.
Zusatz: Vielleicht können Sie das nachreichen.
Ungrad: Ich bemühe mich darum.
Zusatzfrage: Herr Deutschbein, verstehe ich Sie richtig, dass sich durch diese Ruhe in Bezug auf das Projekt der Bau dieses Referenzwerks in Marokko verzögert?
Deutschbein: Wir sind noch gar nicht in der Bau-, sondern in der Ausschreibungsphase. Das sind Dinge, die dann auch ohne direktes Zutun von uns laufen.
Zusatz: Aber selbst da verzögert sich das jetzt alles.
Deutschbein: Es ist zu vermuten, dass es zu Verzögerungen kommt.
Frage: Wie bewertet die Bundesregierung die Ankündigung Chinas, sich nicht weiter an der Finanzierung von Kohlekraftwerken im Ausland zu beteiligen? Wird das irgendwelche Auswirkungen auf den Kohlepreis beziehungsweise den Kohleausstieg in Deutschland haben?
Fichtner: Was die zweite Erweiterung der Frage angeht, müsste ich erst einmal darüber nachdenken.
Insgesamt bewerten wir sehr, sehr positiv, was wir gestern vom chinesischen Staatspräsidenten gehört haben. Sie erinnern sich vielleicht, dass wir uns im G7-Kontext, also unter den großen Industriestaaten, sehr dafür eingesetzt haben - und letztlich waren wir zusammen mit Großbritannien erfolgreich -, dass die G7-Staaten plus Südkorea die Exportfinanzierung für Kohlekraftwerke einstellen. Jetzt haben wir gestern vom bislang größten staatlichen Kohlefinanzierer weltweit, nämlich China, diese klare Aussage gehört. Das ist insofern ein sehr wichtiger Schritt in Richtung weltweiter Kohleausstieg.
Wir konnten bereits in den letzten Jahren beobachten, dass auch Kohleprojekte anderer Schwellenländer - zum Beispiel Brasilien oder Indien - gestrichen wurden. Gleichzeitig darf man natürlich nicht vergessen, dass es in China selbst nach wie vor viel zu viele Genehmigungen für neue Kohlekraftwerke gibt.
Frage: Herr Fichtner, Sie haben jetzt gesagt, dass das ein sehr positiver Schritt ist. Können Sie sagen, welche anderen Länder noch in der externen Kohlefinanzierung aktiv sind? Sie haben gesagt, China sei der größte. Wer sind die Länder, die das noch machen?
Gibt es eine neue Initiative der Bundesregierung, dass man China möglicherweise auch noch dazu bringt, den Ausbau von Kohle in dem Land selbst zu ändern?
Fichtner: Sie werden sich erinnern, dass in der Vergangenheit Südkorea und Japan Länder waren, die da aktiv waren. Wir haben von all diesen Ländern jetzt Aussagen gehört, dass sie damit aufhören. Insofern kennen wir keinen relevanten Kohlefinanzierer mehr. Das heißt, wenn man jetzt in einem Entwicklungsland ein Kohlekraftwerk bauen will, gibt es niemanden mehr, der einem das hinstellt. Das ist natürlich eine deutliche Verbesserung.
Das macht Mut für die Klimakonferenz in Glasgow, weil es zeigt, dass der Dialog mit China erste Ergebnisse bringt. Natürlich haben wir mit Blick auf das, was im Land passiert, noch viele weitere Wünsche an China. Trotzdem ziehen wir aus der Generalversammlung gestern dieses positive Fazit.
Frage: Hat die chinesische Ansage irgendwelche Auswirkungen auf die deutsche Industrie? Siemens Energy baut weltweit Kohlekraftwerke.
Ungrad: Diese Maßnahmen in China kommentieren wir nicht. Das Bundesumweltministerium hat jetzt alles dazu gesagt.
Die Bundesregierung hat entschieden, dass es keine Deckung mehr für Geschäfte im Bereich der Erdölförderung und natürlich auch zur Kohleförderung gibt. Das ist alles, was ich dazu sagen kann. Zu einzelnen privaten Unternehmen kann ich hier nichts sagen.
Zusatzfrage: Sind Ihnen Privatunternehmen aus Deutschland bekannt, die weltweit Kohlekraftwerke bauen?
Ungrad: Ich kann Ihnen dazu nichts sagen.
Vorsitzende Wefers: Herr Kolberg hat einen Nachtrag zu machen, was die Regierungspressekonferenz von Montag angeht.
Kolberg: Ich hatte am Montag eine Prüfung und Nachreichung zum Thema „Treffen mit dem Leiter der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen“ angekündigt. Wie bereits am Montag in der Regierungspressekonferenz mitgeteilt, hat ein Treffen am Montag stattgefunden. Es hat aber zuvor keine weiteren Treffen gegeben. Die dahingehenden Presseberichte waren also zutreffend. Das Protokoll der Regierungspressekonferenz wurde am Montag dementsprechend angepasst und um die Nachlieferung ergänzt. Ich bitte meine irrtümlichen Aussagen zu entschuldigen.
Frage: Herr Helmbold, es gibt Berichte darüber, dass ein Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums durch den MAD hinsichtlich rechtsextremistischer Verbindungen quasi enttarnt worden sei. Meine Frage ist: inwieweit können Sie das bestätigen? Hat dieser Mitarbeiter auch mit sicherheitsrelevanten Themen gearbeitet? Es heißt ja, dass er jetzt aus der Bearbeitung sicherheitsrelevanter Themen herausgenommen worden sei.
Helmbold: Vielen Dank für die Frage. – Das BMVg hat heute im parlamentarischen Raum über laufende Ermittlungen zu einem Mitarbeiter des Ministeriums unterrichtet, und zwar in Form einer Obleute-Unterrichtung. Es geht um einen Verdachtsfall im Bereich des Rechtsextremismus. Bei der betroffenen Person handelt es sich um einen zivilen Beschäftigten.
Außerdem wurden die Parlamentarier über zwei Verdachtsfälle aus dem KSK unterrichtet, die sich auf Geschehnisse beziehen, die mehrere Jahre zurückliegen, die aber bei kürzlichen Ermittlungen zutage gekommen sind. Das haben Sie bereits in einigen Medien gelesen.
Wir bitten um Verständnis dafür, dass wir wie immer zu Einzelpersonalmaßnahmen keine Angaben machen können. Aber eines ist ganz klar: Extremismus hat im BMVg und in der Bundeswehr keinen Platz. Jeder einzelne Fall ist einer zu viel. Jedem Hinweis wird nachgegangen.
Die aktuellen Fälle zeigen auch: Die Maßnahmen greifen. Es gilt eine Null-Toleranz-Linie. Wir werden weiter alles daransetzen, Extremisten aus der Bundeswehr zu entfernen beziehungsweise von der Bundeswehr fernzuhalten.
Zusatzfrage: Kann ich davon ausgehen, wenn der Referent jetzt nicht mehr mit sicherheitsrelevanten Tätigkeiten befasst ist, dass er vorher mit sicherheitsrelevanten Tätigkeiten befasst war?
Helmbold: Ich kann zu Einzelpersonalmaßnahmen wie üblich keine Angaben machen.
Frage: Meinerseits trotzdem noch einmal die Bitte, zu sagen, mit welchen Aufgaben dieser Mitarbeiter betreut war und vor allen Dingen, welche Sicherheitsüberprüfung in welcher Stufe für den Dienstposten gefordert war und ob diese durchlaufen worden ist oder ob die noch lief.
Helmbold: Ich habe viel Verständnis für Ihre Nachfragen. Trotzdem muss man hier noch einmal betonen: Es handelt sich um ein laufendes Verfahren, und wir haben nicht die Möglichkeit, hier zu Einzelpersonalmaßnahmen und auch zu den laufenden Ermittlungen weitergehend Stellung zu nehmen.
Zusatz: Das verhindert aber, dass wir diesen Fall wirklich bewerten können. Die in Rede stehenden Abteilungen haben eine große Sicherheitsrelevanz, und die Informationslage ist, muss ich so sagen, sehr dürftig.
Helmbold: Wir sprechen hier über einen Verdachtsfall, und die verschiedenen Rechtsgüter sind auch gegeneinander abzuwägen. Die Menschen, die hier betroffen sind, haben immer auch Persönlichkeitsrechte und Anspruch auf ein entsprechendes, ordentliches Verfahren. Deswegen können wir an dieser Stelle leider zu den weiteren Details, zu den Einzelpersonalmaßnahmen und auch zu den laufenden Ermittlungen keine weiteren Angaben machen.
Frage: Können Sie sagen, ob dieser Mitarbeiter aktuell im Verteidigungsministerium tätig ist?
Wie ist der MAD auf diesen Verdacht aufmerksam geworden? Wurde der MAD darauf aufmerksam gemacht, und dann hat er geprüft, oder ist eine standardmäßige Überprüfung erfolgt?
Helmbold: Nach meinen Erkenntnissen handelt es sich um Erkenntnisse aus dem BMVg und dem eigenen Bereich selbst heraus. Aber wie eben schon gesagt bitte ich um Verständnis dafür, dass ich weitere Informationen zu dem Fall hier nicht liefern kann.
Zusatzfrage: Aber der Mann ist aktuell noch im Ministerium tätig?
Helmbold: Ich bleibe bei dem, was ich gesagt habe.
Zusatzfrage: Was war denn das?
Helmbold: Dass wir zu weiteren Details der laufenden Ermittlungen und zu den Einzelpersonalmaßnahmen und zu dem konkreten Fall hier keine weiteren Informationen preisgeben dürfen.
Frage: Die diesjährigen Bundestagswahlen werden nur von vier OSZE-Beobachtern aus drei Ländern begleitet. 2017 waren es noch 59 Beobachter und Experten aus 25 Ländern. Mich würde interessieren, wie die Bundesregierung diese Differenz erklärt. Glaubt Sie, dass diese vier Beobachter bei mehr als 60 Millionen Wahlberechtigten ausreichen, um diesen Wahlprozess entsprechend zu begleiten? Die Frage geht, denke ich, an das BMI, und das AA ist ja auch in die OSZE-Beobachtungsmission involviert.
Dr. Wede: Ich habe zu dieser Frage keine Stellungnahme abzugeben.
Zusatzfrage: Die Wahlbewertungskommission der OSZE hatte 2017 die Bundesregierung dafür kritisiert, dass die Wahlgesetzgebung in der BRD keine expliziten Regelungen für die Präsenz von Wahlbeobachtern enthalte, und hatte eine entsprechende gesetzliche Änderung angeregt. Mich würde interessieren: Ist die Bundesregierung denn dieser Empfehlung der OSZE nachgekommen? Wenn nicht, aus welchen Gründen nicht?
Dr. Wede: Darüber habe ich keine Informationen.
Zusatz: Entschuldigung, aber ich habe zum einen die Frage gestellt, wie dieser Abfall von 59 Wahlbeobachtern zu vier Wahlbeobachtern von der Bundesregierung erklärt wird und ob eine sehr explizite OSZE-Empfehlung zu einer gesetzlichen Verankerung von Wahlbeobachtung bei Bundestagswahlen von der Bundesregierung durchgeführt wurde. Da erwarte ich also schon eine Antwort und nicht einfach ein „Dazu nehme ich keine Stellung“‘!
Dr. Wede: Ich habe jetzt keine Informationen darüber vorliegen. Ich werde gerne prüfen, ob wir da in der Vergangenheit eine Gesetzesänderung vorgenommen haben.
Zusatzfrage: Können Sie noch eine Bewertung dessen vorlegen, ob aus Sicht des BMI vier Wahlbeobachter ausreichen, um eine Wahl - - -
Vorsitzende Wefers: Ich glaube, wir haben das jetzt verstanden. Sie wiederholen das jetzt.
Zusatz: Ja, aber es gab ja keinerlei Antwort, und - - –
Vorsitzende Wefers: Ja, aber nicht jeder Sprecher ist ein wandelndes Lexikon. Er hat ja gesagt, dass er sich darum bemüht, das nachzuliefern.
Sasse: Ich kann etwas ergänzen, weil das, glaube ich, schon in einer der letzten Pressekonferenzen an dieser Stelle ein Thema war. Dabei hatte, wenn mich nicht alles täuscht, auch Herr Seibert darauf hingewiesen, dass Ihre Anfrage an ODIHR - also das Büro der OSZE, das für Wahlbeobachtungen zuständig ist, beziehungsweise die Agentur - zu richten ist. Dort kann man Ihnen sicherlich auch Auskunft über die Zahl der Wahlbeobachter geben.
Zusatz: Mich hätte ja die Einschätzung der Bundesregierung interessiert.
Sasse: Aber Sie haben auch nach dem Abfall der Zahl gefragt, und das ist eine Frage, die Sie an ODIHR richten sollten.
Frage: Die Sonderbeobachtungsmission der OSZE in der Ukraine hat am 18. und 19. September Busse und andere Fahrzeuge registriert, die Menschen aus den besetzten Gebieten der Ostukraine nach Russland zur Teilnahme an den Parlamentswahlen und zurück brachten. Wie bewertet die Bundesregierung solche Verfahren? Erkennt die Bundesregierung die Abhaltung von Wahlen zur russischen Staatsduma auf der besetzten ukrainischen Insel Krim an?
SRS’in Demmer: Ich kann ganz allgemein anfangen, und Frau Sasse kann sicherlich etwas ergänzen. – Wie wir hier auch schon gesagt haben, nimmt die Bundesregierung die Vorwürfe von Wahlbeobachtern und russischen Oppositionspolitikern, es sei bei der Durchführung der Wahlen und bei der Stimmauszählung zu massiven Unregelmäßigkeiten gekommen, sehr ernst. Ich darf diesbezüglich auch auf die Äußerungen - dazu wird, wie gesagt, auch Frau Sasse etwas sagen können - in der gestrigen Erklärung des Außenministers Heiko Maas am Rande der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York verweisen. Ähnlich hatte sich am Montag auch schon der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell im Namen der Europäischen Union geäußert.
Ganz unabhängig von diesen Vorwürfen erfüllt es die Bundesregierung mit Sorge, dass Russland im Vorfeld der Dumawahlen und wegen des zunehmenden Drucks auf Opposition und Zivilgesellschaft an gesellschaftlicher Vielfalt und demokratischer Partizipation verloren hat. Zudem stellt die illegale Annexion der Krim eine Verletzung der territorialen Integrität und Souveränität der Ukraine dar und wird von Deutschland nicht anerkannt. Daraus folgt für uns, dass wir natürlich auch die Durchführung der Wahlen auf der von Russland annektierten Krim nicht anerkennen.
Auch die systematische Ausgabe russischer Pässe an Bewohner der von Separatisten kontrollierten Gebiete im Donbass in der Ukraine - das sind inzwischen 600 000 -, wodurch diesen Personen die Stimmabgabe bei den Dumawahlen ermöglicht wurde, ist ein Verstoß gegen internationales Recht.
Frage: Wird die Bundesregierung angesichts der zahlreichen Meldungen über Manipulationen bei der Dumawahl die Dumawahl und das neue Parlament anerkennen? Warum?
Sasse: Ich kann an dieser Stelle vielleicht kurz etwas ergänzen, weil Frau Demmer ja schon die Äußerungen des Außenministers angesprochen hat, der sich gestern in New York wie folgt geäußert hat: Wir schauen uns das zurzeit an. Es gibt Hinweise, die darauf hindeuten, dass nicht alles so abgelaufen ist, wie wir uns freie und faire Wahlen vorstellen. Das wird in der nächsten Zeit zu beurteilen sein. Aber wir nehmen die Vorwürfe sehr ernst.
Wenn ich den Satz, dass das in der nächsten Zeit zu beurteilen sein werde, herausgreifen darf: Ich denke, damit beantwortet sich die Frage, die Sie gerade gestellt haben. Im Übrigen schließe ich mich den Ausführungen von Frau Demmer zur Beurteilung der Wahlen und auch zur Einbindung der Krim vollumfänglich an.
Frage: Ich habe, vermute ich einmal, eine Frage an das Wirtschaftsministerium. Es geht um den Gasmarkt, die Lage hierzulande und die Preisentwicklung auf den Gasmärkten. In diesem Zusammenhang werden ja viele Ursachen dafür genannt, dass die Gaspreise steigen. Eine mögliche Ursache interessiert mich ganz besonders. Es gibt Äußerungen - vielleicht sind es auch Spekulationen -, die da lauten, Russland verknappe seine Lieferungen und komme seinen Lieferverpflichtungen nicht nach. Deshalb habe ich die Frage: Haben Sie aufseiten des Wirtschaftsministeriums irgendwelche Erkenntnisse darüber, dass dem so sein könnte?
Ungrad: Uns sind diese Äußerungen bekannt, und wir sind dem auch nachgegangen. Nach unserer Kenntnis erfüllt Russland die bestehenden Lieferverträge. Sie haben ja verschiedene Gründe angesprochen. Das ist zum Beispiel der harte Winter, aber auch die konjunkturelle Entwicklung, die erhöhte Gasnachfrage, die Konjunktur in Ostasien. Auch Brände in Sibirien spielen eine Rolle. Aber von einer bewussten Missachtung der bestehenden Lieferverträge ist uns nichts bekannt.
SRS’in Demmer: Ich kann das noch ergänzen. Nach aktuellem Kenntnisstand ist Gazprom bislang seinen Verpflichtungen aus dem geltenden russisch-ukrainischen Gastransitvertrag nachgekommen.
Frage: Meine Frage wäre: Gibt diese Entwicklung dem Wirtschaftsministerium Veranlassung, Maßnahmen zu ergreifen, da diese kurzfristige Verdreifachung des Gaspreises die Wirtschaft, aber auch die Verbraucher ja doch sehr stark treffen wird? Gibt es Ideen, wie man dem entgegenwirken könnte, vielleicht sogar mit Blick auf den zusätzlichen Bau von Gaskraftwerken? Das ist ja auch immer wieder in der Debatte.
Ungrad: Wir beobachten die Lage auf dem Gasmarkt sehr genau und kontinuierlich, natürlich auch die Gasmarktpreise. Ich habe Ihnen gerade ein paar Gründe dafür genannt, weshalb es auch zu einem kurzfristigen Preisanstieg gekommen sein könnte. Wir sehen aber auch, dass der Markt reagieren muss - das ist eine marktspezifische Situation -, also dass die Unternehmen reagieren müssen. Wir sehen derzeit keine Notwendigkeit, staatlicherseits einzugreifen. Wenn ich sage, dass der Markt reagiert: Es gibt zum Beispiel Norwegen, das sein Fördervolumen erhöht. Insofern reguliert sich der Markt ja zum Teil.
Frage: Wann plant die Bundesregierung den Erdgasausstieg?
Ungrad: Das ist derzeit kein Thema.
Zusatz: Aber wenn Sie klimaneutral werden wollen - dafür haben Sie ja ein Datum genannt -, dann müssen Sie ja auch aus dem Erdgas aussteigen.
Ungrad: Die Bundesrepublik steigt aus der Atomenergie aus. Wir steigen aus der Kohleindustrie aus. Wir brauchen derzeit Gas noch als Brückentechnologie, bis die erneuerbaren Energien komplett stehen.
Zusatzfrage: Ja, das mag ja sein. Aber das ist auch eine fossile Energieform, und dementsprechend müssen Sie aussteigen. Bis wann wollen Sie das tun?
Ungrad: Was unsere Aussage dazu ist, habe ich Ihnen doch gerade gesagt.
Frage: Können Sie mir sagen, Frau Ungrad, wie hoch eigentlich der Anteil Russlands an den Gaslieferungen nach Deutschland ist?
Ungrad: Das kann ich Ihnen derzeit nicht sagen. Das kann ich Ihnen nachliefern.
Frage: Frau Demmer, US-Präsident Biden hat angekündigt, zusätzlich 500 Millionen Dosen Coronaimpfstoff an ärmere Länder zu spenden. Nun hat die Bundesregierung angekündigt, bis Ende des Jahres 100 Millionen Impfdosen zu spenden. Plant die Bundesregierung, diese Zahl zu verdoppeln oder zu erhöhen?
Zweite Frage dazu: Können Sie sagen, wie viele Impfdosen von diesen 100 Millionen bereits an ärmere Länder ausgeliefert worden sind?
SRS’in Demmer: Da sehe ich tatsächlich das Gesundheitsministerium als zuständig an.
Zusatz: (akustisch unverständlich)
Deffner: Mir ist nicht bekannt, dass es aktuell dahingehende Überlegungen gibt, über die 100 Millionen Dosen, die vereinbart sind, hinauszugehen.
Darüber hinaus habe ich die exakt abgegebenen Liefermengen jetzt auch nicht vorliegen. Ein Großteil ist ja bereits abgegeben worden. Ich habe jetzt hier nur Zahlen von Teillieferungen, die an Drittstaaten abgegeben wurden, aber ich glaube, das hilft Ihnen in diesem Zusammenhang jetzt wenig.
Zusatzfrage: Vielleicht könnten Sie das nachliefern.
Es gab ja einmal die Ankündigung, dass man AstraZeneca-Dosen - Anfang August hat man das angekündigt - an Afghanistan, Äthiopien, Sudan, Tadschikistan und Usbekistan liefern wolle. Ist davon schon etwas geliefert worden?
Mich würde in diesem Zusammenhang auch noch einmal interessieren, ob überhaupt noch an Afghanistan, also quasi an die Taliban, Lieferungen von Coronaimpfstoffen laufen werden oder man das jetzt erst einmal eingefroren hat.
Deffner: Ganz konkret sind im September Abgaben an Namibia, Ägypten und Ghana vorgesehen. Darüber hinaus muss ich mich tatsächlich schlau machen, wie die weiteren Abgaben in der kommenden Zeit aussehen.
Zusatz: Auch die Mengen würden dann ja interessieren.
SRS’in Demmer: Über detaillierte Mengen kann ich hier, wie schon gesagt, jetzt auch keine Auskunft geben. Aber nur, damit das nicht untergeht: Ich möchte gerne noch einmal für die Bundesregierung die hohe Bedeutung unterstreichen, die die globalen Anstrengungen im Kampf gegen die Pandemie haben, und auch noch einmal auf das schon herausragende deutsche Engagement für die globale Impfstoffversorgung hinweisen. Eine Zahl, die ich nennen kann, ist eben zum Beispiel 1,62 Milliarden Euro für die Impfstoffbeschaffung durch die Initiative COVAX.
Frage: Laut einem Gutachten des Leibniz-Instituts im Auftrag des Gesundheitsministeriums betrug die Bettenauslastung durch Patienten mit COVID-19 1,9 Prozent insgesamt und, glaube ich, etwa 3,4 Prozent bei den Intensivbetten. Gleichzeitig hatten Sie in Ihrer Nachreichung vom Dienstag erklärt, dass es keine flächendeckende Überlastung in den Krankenhäusern aufgrund der Pandemie gegeben habe. Vor diesem Hintergrund hätte ich noch eine Verständnisfrage. Regierungssprecher Steffen Seibert hatte hier am 16. April erklärt, die Intensivbettenkapazitäten seien an vielen Orten ausgereizt oder ständen kurz davor. Da würde mich nur interessieren, ob aufgrund Ihrer Datenbasis und im Zusammenhang mit dieser Nachreichung Sie sagen würden, dass diese Aussage des Regierungssprechers eine reale empirische Basis zu dem Zeitpunkt hatte, oder nicht.
Deffner: Ich glaube, wir als BMG und auch die gesamte Bundesregierung haben nie behauptet, dass wir eine flächendeckende Überlastung auf den Intensivstationen oder Coronastationen hatten, sondern es ging immer darum, dass wir regionale Engpässe hatten. Man hat ja dann auch im Laufe der Monate dieses sogenannte Kleeblattverfahren entwickelt, sodass man Patienten von überlasteten Krankenhausstandorten eben an andere verlegen konnte. Das hat stattgefunden. Es gab tatsächlich auch regionale Engpässe. Daher sehe ich darin keinen Widerspruch.
Zusatzfrage: Die Aussage meiner Frage war ja, dass die Intensivkapazitäten an vielen Orten ausgereizt sind. War dies zu dem Zeitpunkt Mitte April sozusagen nach der tatsächlich realen Zahlenlage, die man ja teilweise auch nur im Nachhinein beobachten und beurteilen kann, beziehungsweise den Daten, die Ihnen heute zur Verfügung stehen, so gerechtfertigt? Das BMG wird ja über Zahlen verfügen und kann sagen, ob es im April an vielen Orten diese Kapazitätsauslastung gab oder nicht.
SRS’in Demmer: Ich weiß jetzt nicht, worauf Sie hinaus wollen. Natürlich trifft die Bundesregierung Aussagen aufgrund von Daten und Zahlen, die in der Zusammenarbeit mit dem RKI erhoben werden, und nicht ins Blaue hinein.
Zusatzfrage: Gut, aber es gibt sozusagen diese Nachreichung von gestern, in der gesagt wurde, es habe nie eine Kapazitätsüberschreitung gegeben, auch nicht am Rande, vom Bundesgesundheitsministerium. Es gab die Aussage von Herrn Seibert, –
SRS’in Demmer: Genau, aber da hat der Kollege ja - - –
Zusatz: - dass das an vielen Orten der Fall war. Ich finde es da völlig nachvollziehbar, dass man da nachfragt. Da gibt es einen gewissen Widerspruch in der Darlegung, wie das Gesundheitsministerium diese Aussage von Herrn Seibert im April bewertet.
SRS’in Demmer: Ich sehe den Widerspruch so nicht. Aber das sei Ihnen natürlich unbenommen.
Wenn es an vielen Orten in dieser Bundesrepublik zu Kapazitätsengpässen gekommen ist, dann hat das für den Einzelnen bisweilen schon dramatische Folgen. Denn möglicherweise sind Menschen ärztlich nicht so behandelt worden, wie es notwendig gewesen wäre, weil es Engpässe gegeben hat. Dass es diese nicht flächendeckend gegeben hat, ändert ja nichts daran, dass es für das Gesundheitssystem nicht doch Probleme gegeben hat.
Frage: Der Lockdown wurde vor allem mit dem Ziel „flatten the curve“ begründet. Das Ziel war nicht die Senkung der absoluten Zahl von Infizierten, sondern die zeitliche Streckung.
Finden Sie dieses Ziel angesichts einer im Schnitt ganzjährigen 16-prozentigen Unterbelegung in den Krankenhäusern einschließlich der Intensivabteilungen, wie ich es Ihrem hier bereits am Montag angesprochenen Gutachten entnehme, sinnvoll?
Deffner: Vielleicht noch einmal ganz grundsätzlich ein Hinweis: Wir sind in Deutschland insgesamt bislang sehr, sehr gut durch diese Pandemie gekommen. Das hat gerade dazu beigetragen, dass die Krankenhäuser im Großen und Ganzen nicht überlastet wurden.
Zu der Nachreichung von vorgestern: Die Zahlen haben den gesamten Jahreszeitraum beleuchtet und eben nicht einzelne Schwerpunktmonate, in denen die Belastung besonders hoch war. Ich denke, dass das auch eine gute Antwort auf die Frage von dem Herrn Kollegen ist.
Frage: Wird der U-Boot-Streit mit Australien Auswirkungen auf das Programm des Außenministers in New York haben? Denn offenbar wurde ein Treffen des französischen Außenministers mit dem amerikanischen Außenminister gestrichen.
Wie sieht das Wirtschaftsministerium die Verquickung handelspolitischer Themen mit dem U-Boot-Deal seitens Frankreichs?
Sasse: Bevor ich auf das Thema AUKUS eingehe, würde ich dem Kollegen gern noch eine Antwort nachreichen, was die Zahlen zu COVAX und die Abgaben angeht. Denn er hat ja ausdrücklich auch nach Usbekistan gefragt, und ich habe die Zahlen dabei.
Insgesamt hat Deutschland 5 106 960 Dosen ans Ausland geliefert, davon rund 3,5 Millionen über COVAX. 1,5 Millionen wurden bilateral abgegeben. Die bilateralen Abgaben Deutschlands gingen unter anderem auch an Usbekistan. Dies waren, soweit ich weiß, 356 000 Dosen am 10. September. Auch Tadschikistan ist bedient worden, auch andere Länder, in Afrika zum Beispiel Mauretanien, Sudan, auch mit 357 600 Dosen.
Frau Demmer hat die Bemühungen im Rahmen von COVAX geschildert. Wir bemühen uns weiterhin um eine gerechte Verteilung der Impfstoffe weltweit.
Jetzt zur Frage nach AUKUS: Sie haben sicherlich gesehen, dass sich der Außenminister gestern in New York auch zu diesem Thema geäußert und deutlich gemacht hat, dass das, was wir dort sehen, vieles schwieriger gemacht hat, dass er auch befürchtet, dass es eine Zeit lang noch schwieriger bleiben werde. Er hat deutlich gemacht, dass er den Ärger unserer französischen Freundinnen und Freunde gut verstehen kann. Das, was dort entschieden worden sei, und die Art und Weise, wie diese Entscheidung zustande gekommen sei, sei irritierend. Nicht nur für Frankreich sei es ernüchternd. Soweit die Äußerung des Außenministers.
Was die Auswirkungen des Streiks auf Treffen in New York angeht, kann ich Ihnen im Moment an dieser Stelle nichts vermelden. Sie wissen, dass wir in dieser Sache in sehr enger Abstimmung sowohl mit den Franzosen als auch mit der EU und natürlich auch mit unseren Partnern in den USA und Australien stehen. Aber konkrete Auswirkungen kann ich Ihnen im Moment nicht mitteilen.
Ungrad: Ich kann den Äußerungen des Auswärtigen Amtes jetzt nichts hinzufügen außer zum Thema einer möglichen Verschiebung des europäisch-amerikanischen Handels- und Technologierates. Hierzu kann ich nur sagen, dass die Beratungen innerhalb der EU zur Vorbereitung des Handels- und Technologierates weiter andauern. Dazu kann Ihnen aber die EU-Kommission weitere Auskünfte erteilen.
Frage: An das Familienministerium: In der TOP-1-Liste zur Kabinettssitzung, die veröffentlicht wurde, steht ein Entwurf eines Beschlusses über die Wahrnehmung der Rechte der Bundesregierung nach Artikel 104b Abs. 2 Satz 4 und Artikel 104c Satz 3 des Grundgesetzes. Dazu haben Sie berichtet. Es geht um die besonderen Finanzhilfen des Bundes für besonders bedeutsame Investitionen in den Ländern und darum, dass man dazu Akten verlangen kann usw. Können Sie uns darüber berichten? Was hat es damit auf sich? Worum geht es?
Klamt: Ich kann Ihnen die Antwort darauf gern nachreichen.
Frage: Frau Sasse, der Minister hat gestern angemahnt, dass die Iraner nicht erst in etlichen Wochen nach Wien zurückkehren sollen. Es gab nun eine Reihe von bilateralen Gesprächen mit dem iranischen Außenminister. Können Sie uns sagen, ob die Iraner ihre Rückkehr nach Wien beschleunigen?
Sasse: Vielen Dank, Herr Rinke. Der Außenminister hat sich gestern Abend in New York mit seinem iranischen Kollegen getroffen und sich danach auch gegenüber der Presse geäußert. Er hat deutlich gemacht, dass wir schnell ein konkretes Datum für die Rückkehr zu Verhandlungen in Wien brauchen und dass diese Verhandlungen und Gespräche in Wien so schnell wie möglich wiederbeginnen müssen, nicht erst in Monaten.
Wir sind - das wissen Sie - ebenso wie unsere E3-Partner in Frankreich und Großbritannien zur Rückkehr nach Wien bereit. Aber wir werden es nicht auf unbegrenzte Zeit sein. Iran hält den Schlüssel dafür, wie es weitergeht, selbst in der Hand. Auch das hat der Außenminister gestern Abend klar gemacht.
Zusatzfrage: Heißt das, dass er von iranischer Seite keine Zusagen bekommen hat, dass es schneller gehe?
Sasse: Er hat nach der Begegnung deutlich gemacht, dass ihm übermittelt worden sei, dass es nicht um eine Frage des Ob gehe, sondern rein um eine Frage des Wann. Der iranische Außenminister hat im Gespräch mit Außenminister Maas darauf hingewiesen, dass die neue Regierung die bisherigen Verhandlungsergebnisse sehr intensiv prüfe. Wir sehen natürlich mit Sorge - das ist auch klar -, dass, je mehr Zeit ins Land zieht, dies desto eher so interpretiert werden kann - das hat der Außenminister auch deutlich gemacht -, dass auf iranischer Seite in der neuen Regierung Irans doch kein Interesse daran besteht, auf den Verhandlungsergebnissen aufzubauen und die Verhandlungen endlich zum Erfolg zu führen. Aus dem Grunde habe ich gerade noch einmal deutlich gemacht, dass es uns wichtig ist, dass die Verhandlungen so schnell wie möglich wiederbeginnen.
Ungrad: Es sind noch Zahlen offen, zum einen zu Ihrer Anfrage, Herr Kollege, zur Wasserstoffstrategie. Bis 2030 sehen wir einen Wasserstoffbedarf von ca. 90 Terawattstunden bis 110 Terawattstunden. Um einen Teil des Bedarfs zu decken, sollen bis 2030 in Deutschland Erzeugungsanlagen mit einer Gesamtleistung von bis zu fünf Gigawatt einschließlich der dafür erforderlichen Offshore- und Onshoreenergiegewinnung entstehen. Das entspricht einer Produktion grünen Wasserstoffs von bis zu 14 Terawatt und einer benötigten Menge von Strom aus Erneuerbaren von bis zu 20 Terawatt.
Dann fehlt eventuell auch noch eine Gaszahl. Gas bezieht Deutschland vor allem aus Norwegen, Russland und den Niederlanden. Die Zahlen liegen uns aber nicht vor. Sie müssten sie bitte bei den relevanten Verbänden erfragen.