Danke schön, Herr Professor Schwab,
meine Damen und Herren an den Bildschirmen,
Covid-19 hat die Welt verändert – das zeigt sich auch am diesjährigen Davos-Dialog. Er findet virtuell statt. Im Mai soll er dann physisch stattfinden, aber nicht in Davos, sondern in Singapur. Ich habe gerade im Vorgespräch schon zu Herrn Prof. Schwab gesagt: Ich hoffe, Sie tauschen die schönen Berge von Davos nicht langfristig in die Hochhäuser von Singapur um, obwohl Singapur auch ein wunderbarer, lebendiger und dynamischer Ort auf der Welt ist.
Heute vor einem Jahr war noch nicht allen klar, dass wir in einer Pandemie leben werden. Aber manche haben es schon gewusst oder geahnt; und dazu gehörte auch Herr Şahin, der Chef von BioNTech, der mir erzählte, dass er am 24. Januar die Entscheidung gefällt hat, das gesamte BioNTech-Forschungsprogramm umzuwerfen und einen mRNA-Impfstoff gegen dieses Virus zu entwickeln. Dass er und viele andere auf der Welt dazu beigetragen haben, dass wir heute, zwölf Monate später, zwar noch nicht genug, aber immerhin sehr vielversprechende Impfstoffe einsetzen können, zeigt, wozu die Menschheit in der Lage ist, wozu Wissenschaft und Forschung in der Lage sind; denn damit haben wir, glaube ich, auch einen Weg aus der Pandemie gefunden, auch wenn er noch mühselig und auch nicht so kurz sein wird, wie es sich viele von uns erhofft haben. BioNTech hat also – zusammen mit Pfizer; auch andere Firmen auf der Welt haben das getan – einen Impfstoff entwickelt. Das ist ein Start-up aus Deutschland, in dem Menschen aus 60 Nationen arbeiten und forschen. Das zeigt uns auch, welchen Wert internationale Zusammenarbeit hat und was man damit schaffen kann.
Die Pandemie hinterlässt allerdings tiefe Spuren in unserer Wirtschaft und in unserer Gesellschaft; und das wird mit Sicherheit auch unser Leben in den nächsten Monaten und Jahren prägen. 100 Millionen Menschen weltweit haben sich bereits mit diesem Virus angesteckt. Mehr als zwei Millionen Menschen sind gestorben. Es gibt sicherlich eine sehr große Dunkelziffer. Wir verzeichnen Wirtschaftseinbrüche an vielen Stellen.
Das Davos-Forum ist der richtige Ort, um Diskussionen über die Zeit nach der Pandemie und die Wege aus der Krise zu führen. Dabei gilt natürlich: alles, was die Pandemie eindämmt, ist gut; das ist nicht nur gut für die Gesundheit der Menschen, sondern auch gut für die wirtschaftliche Entwicklung, für die gesellschaftlichen und die kulturellen Möglichkeiten.
Sie haben das Motto „The Great Reset“ gewählt; das ist das diesjährige Thema. Ich frage einmal: Brauchen wir wirklich einen „Great Reset“ oder ist es nicht eher so, dass wir einen Neuanfang weniger hinsichtlich der Zielsetzungen und mehr hinsichtlich der Entschlossenheit unseres Handelns brauchen? Deshalb will ich drei Fragen nachgehen, die mit der Frage zusammenhängen, was uns diese Pandemie gezeigt hat.
Ich glaube, sie hat uns zunächst einmal unsere globale Verbundenheit gezeigt. Wenn wir uns nämlich einmal anschauen, wie sich das Virus aus Wuhan in China in der gesamten Welt verbreitet hat, dann hat man hierbei eigentlich auch eine Art der Globalisierung beobachten können – nicht anhand von menschlichem Tun, sondern anhand der Verbreitung dieses Virus. Es hat sich gezeigt, dass in so einem existenziellen Fall auch der Versuch einer dauerhaften Abschottung ziemlich fehlschlägt; jedenfalls ist er im Zusammenhang mit diesem Virus fehlgeschlagen.
Zweitens hat sich unsere Verwundbarkeit gezeigt. Das Virus ist irgendwie vom Tier auf den Menschen übergegangen. Das hat uns einmal mehr deutlich gemacht, dass wir in unsere natürliche Umwelt eingebettet leben. Bei aller Technik, die wir beherrschen, und bei allem, das wir können, zeigt sich doch, dass wir von der Natur abhängig sind und bleiben. Das hat ja etwas sehr Beruhigendes, aber das hat natürlich auch Folgen.
Drittens will ich, bezogen auf Deutschland, ganz deutlich sagen: Diese Pandemie ist ja so etwas wie eine Jahrhundertkatastrophe, ein Jahrhundertnaturereignis, bei dem sich auch die Widerstandsfähigkeit – Herr Schwab hat auch eben davon gesprochen – oder die nicht vorhandene Widerstandsfähigkeit unserer Gesellschaften gezeigt hat. Das heißt also, Schwachstellen in unseren Gesellschaften sind sichtbar geworden. Stärken sind auch sichtbar geworden. Aber wir wollen natürlich alles tun, um die Schwachstellen zu beheben.
Vielleicht fange ich mit dem an, was Deutschland gelernt hat – also damit, was unsere Schwachstellen und was unsere Stärken sind. Ich kann berichten, dass wir sehr stark auf etwas bauen konnten; und das war und ist der Gemeinsinn, der Einsatz von Menschen, der Bürgerinnen und Bürger. Das ist unser größter Schatz. Bei allen Mühen, die eine föderale Struktur mit sich bringt, hat sie auch große Stärken, weil verantwortliches Handeln einfach auch überall im Land erfolgen kann. Es hat sich aber auch gezeigt, dass wir alle, auch Deutschland, obwohl wir in Europa eingebettet sind, am Anfang Fehler gemacht haben und uns erst einmal reflexartig auf uns selbst zurückgezogen, aber dann doch gelernt haben, besser gemeinsam zu handeln.
Welche Dinge haben wir in Deutschland gesehen? Die Schnelligkeit unseres Handelns lässt sehr zu wünschen übrig. Prozesse sind oft sehr bürokratisch und dauern zu lange. Daran haben wir also noch zu arbeiten.
Aber wir konnten auf ein gutes Fundament in Deutschland aufbauen, nämlich auf soliden Finanzen. So konnten wir entschlossen handeln, unseren Unternehmen helfen, den Bürgerinnen und Bürgern helfen, Instrumente wie etwa die Kurzarbeit anwenden, die Wirtschaft am Laufen halten und ein nie dagewesenes Konjunkturprogramm in Höhe von über 100 Milliarden Euro auflegen, das natürlich auch zur Stabilisierung des gesamten gesellschaftlichen Lebens beigetragen hat.
Nicht gut sahen wir aus – dieser Mangel zeigt sich bis in die heutigen Tage –, was die Digitalisierung unserer Gesellschaft angeht. Das beginnt bei der überregionalen Vernetzung der Gesundheitsämter. Das zeigt sich bei der Digitalisierung der Verwaltung. Das zeigt sich auch bei der Digitalisierung unseres Bildungssystems, etwa mit Blick auf Fernunterricht und Fernstudiengänge. Hier haben wir also auch mit unserem Konjunkturprogramm angesetzt, weil wir hier besser und schneller werden müssen. Wir wissen, dass wir hier nachzuarbeiten haben.
Außerdem hat sich gezeigt, von welch großer Bedeutung ein resilientes Gesundheitssystem ist. Für Deutschland hat sich gezeigt, dass wir ein sehr gutes individuelles Gesundheitssystem haben, dass wir aber, wenn es um „community health“, um Gemeinschaft und um Prävention geht, noch keine ausreichende Resilienz haben. Deshalb müssen wir in dieser Hinsicht aus der Krise, aus der Pandemie lernen.
Wir fühlen uns in unserer Forschungspolitik bestätigt. Seitdem ich Bundeskanzlerin bin, haben wir unsere Forschungs- und Entwicklungsausgaben ständig gesteigert. Wir haben deren Anteil von drei Prozent am Bruttoinlandsprodukt überschritten und wollen auf einen Anteil von 3,5 Prozent zugehen. Alles, was wir derzeit bei der Entwicklung von Impfstoffen, aber auch von anderen Technologien sehen, zeigt: Auf Forschung und Entwicklung zu setzen, ist mit Sicherheit richtig.
Wir haben jetzt über eine große Frage zu diskutieren, der sich die Welt stellen muss. Das Wort Souveränität ist wieder in aller Munde. Lieferketten haben sich in Zeiten der Pandemie zum Teil nicht bewährt, sondern sind zerbrochen. Wir müssen, um Lehren aus der Pandemie zu ziehen, fragen: Sind es Schwachstellen, wenn wir zu abhängig von globalen Lieferketten sind, oder wie machen wir solche Lieferketten für die Zukunft so stabil und so verlässlich, dass sie auch in Zeiten großen Stresses halten? Ein Rückfall in regionalen Protektionismus muss meiner Meinung nach verhindert werden, wenn wir die Welt wirklich wieder auf Wachstumskurs bringen wollen. Aber diese Frage muss ehrlich und redlich diskutiert werden. Und Lieferketten müssen besser abgesichert werden, wenn man sich wirklich auch in schwierigen Situationen auf sie verlassen will.
Damit bin ich schon beim Thema Verwundbarkeit. Verwundbarkeit hat sich eben beim Zerreißen von Lieferketten gezeigt. Aber ich möchte die Verwundbarkeit vor allen Dingen auf die Tatsache beziehen, dass ein Virus vom Tier auf den Menschen übergegangen ist, und daran festmachen, dass sich all unsere großen globalen Konventionen zur Nachhaltigkeit – sei es die Biodiversitätskonvention, sei es die Klimarahmenkonvention, die heute im Pariser Abkommen ihr Abbild findet – als absolut richtig erwiesen haben und dass wir stärker für deren Umsetzung arbeiten müssen, als wir es vorher getan haben, entschiedener und resoluter.
Sozusagen den Beweis dafür können wir schon dieses Jahr erbringen, nämlich bei der Biodiversitätskonferenz in Kunming in China und vor allen Dingen auch bei der Umsetzung des Pariser Abkommens. Die Europäische Union hat das getan, was erwartet wird. In einem ersten Schritt haben wir unser europäisches Ziel für die CO2-Reduktionen bezüglich des Jahres 2030 von 40 Prozent auf 55 Prozent erhöht. Wir haben uns zur Klimaneutralität für das Jahr 2050 verpflichtet, was, wenn wir das erreichen, dazu führen kann, dass Europa der erste klimaneutrale Kontinent wird. Vor uns liegen jetzt – ich vermute, dass auch die Kommissionspräsidentin darüber gesprochen hat – sehr harte Monate, in denen wir den sogenannten „Green Deal“ ausformulieren, also die Wege aufzeigen müssen, wie wir diese Reduktion in Höhe von 55 Prozent erreichen können.
Deutschland hat inzwischen mehr als 40 Prozent der Energieerzeugung aus regenerativen Energien. Aber wir wissen auch, welche Anstrengungen damit verbunden sind. Wenn wir die Verwundbarkeit durch den Klimawandel wirklich überwinden wollen, dann müssen wir harte politische Maßnahmen durchführen, bei denen wir die Menschen mitnehmen müssen. Für uns heißt das: Ausstieg aus der Kohle, Umstieg auf Wasserstoff auch mit Blick auf Prozessenergien und ein völliger Wandel der Mobilität hin zur Elektromobilität oder auch Wasserstoffmobilität; natürlich müssen wir uns Technologieoffenheit bewahren.
Die Europäische Union hat in ihrer Anstrengung zu einem Wiederaufbauplan – ein ganz außergewöhnlicher Schritt – als Antwort auf diese außergewöhnliche Krise festgelegt, dass wir nicht einfach so mit Konjunkturprogrammen weitermachen, wie wir das immer gemacht hätten, sondern dass wir ganz klare Prioritäten setzen. Das heißt, mehr als 35 Prozent der verwendeten Gelder müssen dem Klimaschutz dienen und mehr als 20 Prozent der Digitalisierung. Das ist wirklich eine Zukunftsinvestition in Richtung mehr Nachhaltigkeit.
Wenn der Welt in den letzten Jahren etwas gelungen ist, worin im Grunde der Schlüssel gegen Verwundbarkeit liegt, dann ist das die Festlegung der Sustainable Development Goals, der Nachhaltigkeitsziele für 2030, die in umfassender Weise deutlich machen, wie wir handeln müssen, wenn wir nicht mehr so verwundbar sein wollen, wie wir es heute sind. Allerdings hat der Gipfel der Vereinten Nationen im vergangenen Jahr gezeigt, dass wir an dieser Stelle immer noch weit hinter den Erwartungen zurückliegen. Die große Gefahr nach der Pandemie besteht darin, dass wir – ich spreche hier von den Industrieländern – uns erst einmal auf uns selbst konzentrieren und die Entwicklungsanstrengungen vernachlässigen könnten. Das darf nicht passieren. Deshalb ist es das deutsche politische Ziel – und auch das Ziel mit Blick auf die europäischen Ausgaben –, bei der Entwicklungszusammenarbeit nicht zu sparen, sondern eher noch eine Schippe draufzulegen.
Der dritte Punkt ist die Frage der globalen Vernetztheit, der globalen Verbundenheit, der Abhängigkeiten, in denen wir leben. Das ist natürlich ein Punkt, der uns in den letzten Jahren immer wieder beschäftigt hat und bei dem für mich jetzt noch klarer ist als vorher – das war für mich auch vorher schon klar –, dass wir einen multilateralen Ansatz wählen müssen und dass ein Abschottungsansatz uns nicht helfen wird, die Probleme zu lösen.
Wir sehen das als Erstes beim großen Thema Impfen, denn das Impfen ist natürlich ein Weg aus der Pandemie heraus. Hier beweist sich dann auch, wie das Verhältnis von Worten und Taten ist. Ich bin sehr dankbar dafür – darauf hat auch die G20 unter der saudischen Präsidentschaft sehr gut hingewirkt –, dass wir uns zu einem multilateralen Ansatz für das Impfen entschieden haben und dass in der Folge COVAX gegründet wurde. Hier müssen einerseits die reicheren Länder einzahlen; das ist richtig. Deutschland beteiligt sich dabei, die Europäische Union beteiligt sich dabei, und wir werden uns auch weiter engagieren. Geld ist dabei das eine. Das andere ist in Zeiten der Knappheit aber natürlich auch die Verfügbarkeit des Impfstoffs. Hier geht es also um Verteilung und eben nicht nur um die Frage des Gelds. Deshalb bin ich sehr froh, dass Gavi als Verhandlungsführer für COVAX erste Verträge abschließen konnte, und zwar auch mit den Unternehmen, die zum Beispiel bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur ihre Zulassungen bekommen. Ich bin sehr froh, dass die Weltbank diese Aktivitäten sehr intensiv unterstützt. Wir werden natürlich alles dafür tun, dass die Verteilung schnell erfolgen kann. Aber machen wir uns nichts vor: Die Frage, wer auf der Welt welchen Impfstoff wann bekommt, wird natürlich auch neue Verbundenheiten und neue Erinnerungen schaffen; denn wer in einer solchen Not Hilfe bekommt, erinnert sich daran natürlich sehr viel stärker, als das in guten Zeiten der Fall wäre.
Ich glaube, es hat sich gezeigt: Dies ist die Stunde des Multilateralismus. Was bedeutet Multilateralismus? Multilateralismus bedeutet ja nicht nur, dass wir irgendwie zusammenarbeiten, sondern bedeutet auch, dass wir transparent zusammenarbeiten. Man muss ganz ehrlich sagen: Zu Beginn der Pandemie war die Transparenz vielleicht nicht ausreichend, was die Informationen über den Ausbruch der Pandemie in China und auch was die Weitergabe der Informationen durch die Weltgesundheitsorganisation anbelangt. Das heißt aber nicht, dass wir jetzt zurückblicken, um das Versäumte zu betonen, sondern das heißt, dass wir die Lehren daraus ziehen müssen. Deshalb finde ich es gut, dass jetzt auch eine WHO-Delegation in China ist und die Dinge noch einmal untersucht.
Wir müssen die WHO, die Weltgesundheitsorganisation, stärken. Deshalb ist es eine sehr gute Botschaft, dass die Vereinigten Staaten von Amerika nach dem Amtsantritt von Joe Biden wieder Mitglied der WHO sind und bei der WHO mitarbeiten. Das ist ein gutes und wichtiges Zeichen.
Ich sprach schon davon: Globale Verbundenheit bedeutet, dass wir an der Entwicklung aller Teile der Welt ein Interesse haben müssen. Deshalb ist Entwicklungszusammenarbeit auch im nationalen Interesse; so sehen wir das auch in Deutschland. Wir werden gerade auch die Verbindung nach Afrika und die Investitionen in Afrika weiter stärken. Wir haben während unserer G20-Präsidentschaft den „Compact with Africa“ angestoßen, der heute weiterhin vom IWF und der Weltbank unterstützt wird. Diese Initiative werden wir weiter begleiten.
Es geht – das ist ein weites Feld – auch um einen fairen weltweiten Handel. Die WTO setzt sich für regalbasierte internationale Handelsstrukturen ein, die wir stärken müssen. Es hat hierbei in den letzten Jahren einen Stillstand gegeben, der überwunden werden muss. Dadurch, dass im Augenblick keine Schiedsurteile gefällt werden können, ist die WTO im Grunde nicht richtig handlungsfähig. Bei aller Achtung und Wertschätzung für internationale bilaterale Handelsabkommen bleibt für mich die WTO doch Kernbestandteil eines regelbasierten Handels in der Welt. Deshalb wird sich Deutschland auch nach der Pandemie für die Stärkung der Welthandelsorganisation einsetzen.
Wir haben aber auch eine Vielzahl bilateraler und multilateraler Handelsabkommen. Ich will das doch beachtliche RCEP-Abkommen nennen, das im asiatischen Raum Länder ganz unterschiedlicher gesellschaftlicher Strukturen im Handelsbereich miteinander verknüpft.
Wir haben während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft einen Schritt gemacht, um in Bezug auf das seit langem – seit 2013 – in der Europäischen Union verhandelte EU-China-Investitionsabkommen einen Pflock einzuschlagen und eine politische Übereinstimmung zu erreichen. Warum bin ich sehr zufrieden, dass uns dieser Schritt gelungen ist? Weil wir, glaube ich, eine neue Qualität hinsichtlich der Investitionen Europas in China und Chinas in Europa erreichen können, was auf der einen Seite dem Verlangen nach Reziprozität besser entspricht, was mehr Transparenz bei Subventionen gerade auch im Zusammenhang mit Staatsunternehmen deutlich macht, was auch einen berechenbaren Zugang in Hochtechnologiebereichen ermöglicht und – das ist für mich sehr wichtig – was darüber hinaus auch etwas mit Arbeitsnormen, gerade auch in Bezug auf die Normen der Internationalen Arbeitsorganisation, zu tun hat. Wenn wir gerade auch im Bereich des Handels nachhaltige multilaterale Institutionen haben wollen, werden Fragen des Umweltschutzes, des Klimaschutzes und der fairen und gerechten Arbeit eine zunehmende Rolle spielen. Deshalb sind die Kernnormen der Internationalen Arbeitsorganisation für Handelsabkommen von großer Bedeutung. Auch das konnten wir verankern.
Wir müssen in großer Geschwindigkeit multilaterale Antworten auf die neuen Herausforderungen der Digitalisierung finden. Ich hoffe, dass wir gerade auch mit der neuen US-amerikanischen Administration die Arbeiten der OECD zur Mindestbesteuerung von digitalen Unternehmen fortsetzen und intensivieren können und dass es uns besser gelingt, die zentrale Rolle des Wettbewerbsrechts global zu verankern, um die Entstehung von Monopolen zu verhindern. Es gibt natürlich solche Tendenzen. Darüber müssen wir auch international sprechen, denn sonst wird sich jeder alleine auf unzureichende Art und Weise mit solchen Monopolstrukturen auseinandersetzen.
Wir haben ein großes Interesse daran, dass eine wirtschaftliche Erholung überall auf der Welt einsetzt. Wir haben die neuesten Zahlen gesehen: Es gibt Regionen, in denen es wirtschaftliches Wachstum gibt, Europa hingegen ist relativ schwer getroffen, hat aber auch dieses Jahr wieder Wachstumsaussichten. Das muss aber überall auf der Welt möglichst konzertiert geschehen; und dazu sind natürlich abgestimmte Anstrengungen notwendig. Hierbei sehe ich eine zentrale Rolle für die G20. Die italienische Präsidentschaft arbeitet ja auch genau in diese Richtung.
Wenn wir uns anschauen, was die Pandemie mit uns gemacht hat, ist mein Fazit, dass sie als Bestätigung all dessen gelten kann, was in den letzten Jahren immer den Geist von Davos ausgemacht hat. Die Fragen, die dort diskutiert wurden, waren richtig. Es gibt ein Sprichwort des deutschen Schriftstellers Erich Kästner, das lautet: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“ Die Pandemie hat uns vor Augen geführt, dass das Reden, das Diskutieren und das gedankliche Klarmachen wichtig sind. Ich glaube aber, die Pandemie hat uns auch vor Augen geführt, dass jetzt eine Zeit des Handelns kommt, in der möglichst konzertiert, möglichst gemeinsam und möglichst nach gleichen und gemeinsam diskutierten Prinzipien agiert wird, in der eben etwas getan wird, um die Schwachstellen, die wir alle erlebt haben, möglichst zu überwinden.
Damit bin ich am Ende und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.