Pressestatements von Bundeskanzlerin Merkel, Präsident Ramaphosa und Präsident Tshisekedi anlässlich der Konferenz zum G20 "Compact with Africa" am 27. August 2021 in Berlin

Pressestatements von Bundeskanzlerin Merkel, Präsident Ramaphosa und Präsident Tshisekedi anlässlich der Konferenz zum G20 "Compact with Africa" am 27. August 2021 in Berlin

(Die Protokollierung des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultandolmetschung)

  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Freitag, 27. August 2021

BK’in Merkel: Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass wir Ihnen heute Abend kurz berichten können. Sie haben ja auch schon die Wirtschaftskonferenz und unsere erste Sitzung öffentlich verfolgen können.

Wir sind heute zu unserer vierten Konferenz zum „Compact with Africa“ zusammengekommen. Mit mir steht hier Präsident Tshisekedi aus der Demokratischen Republik Kongo, als Vorsitzender der Afrikanischen Union, und Cyril Ramaphosa, der mit Deutschland ja gemeinsam Mitglied der G20 ist. Wir zeichnen für diesen „Compact with Africa“ verantwortlich, zusammen mit der Weltbank und dem IWF.

Ich freue mich, dass wir heute die Möglichkeit hatten zusammenzukommen - der Pandemie geschuldet immer noch in einem hybriden Format -, weil wir bei der Gründung des „Compact with Africa“ noch nicht wussten, was die Welt noch mit dieser Pandemie erleben wird.

Immer ging es ja und geht es bei dem „Compact with Africa“ um Reformen innerhalb der Mitgliedsländer. Die Mitgliedsländer sind Ägypten, Äthiopien, Benin, Burkina Faso, Côte d’Ivoire, Ghana, Guinea, Ruanda, Senegal, Togo, Tunesien und Marokko. Es geht also um Reformen im Land und mehr Investitionen privater Art, zum Teil auch um bessere Investitionsbedingungen als Reaktion auf die stärkeren Reformen. Aber mit welcher Notwendigkeit jetzt durch die Pandemie auf dem afrikanischen Kontinent Investitionen gerade auch im Gesundheitswesen erreicht werden müssen, das konnten wir nicht voraussehen.

Wir haben eben in unserer zweiten Sitzung Professor Şahin als Gast gehabt. Christalina Georgiewa hat noch einmal als IWF-Chefin gesagt, die Impfstoffe seien der Schlüssel, um auch die Wirtschaft wieder zum Laufen zu bringen. Gerade Afrika hat ja durch die Pandemie so im wirtschaftlichen Bereich gelitten. Hier ist das Wachstum natürlich von essenzieller Bedeutung, um für die Menschen in Afrika auch Fortschritte zu erreichen. Insofern hängt die Verfügbarkeit von Impfstoffen, aber auch die Produktion von Impfstoffen, ganz ursächlich mit dem wirtschaftlichen Wohl des afrikanischen Kontinents zusammen. Wenn wir heute mehr als 60 Prozent unserer Bevölkerung geimpft haben und es in Afrika 2 Prozent sind, dann ist das natürlich eine dramatische Ungerechtigkeit, die wir schnell überwinden müssen. Darüber haben wir heute sehr ehrlich gesprochen. Ich glaube, es werden sich hier auch Möglichkeiten ergeben, in afrikanischen Ländern zu produzieren und Schritt für Schritt die Technologie zu transferieren. Aber gleichzeitig muss natürlich auch die Versorgung mit der heutigen Produktion erreicht werden.

Wir haben heute alle beisammengehabt - die Vertreter der Europäischen Kommission, die Weltbank und den IWF. Wir haben Mario Draghi zugeschaltet gehabt, der die jetzige G20-Präsidentschaft hat. Wir haben die Vertreter aus den afrikanischen Ländern dabeigehabt. Ich glaube, gerade mit Blick auf die Länder Ruanda, Senegal und vor allem Südafrika gibt es erste ganz konkrete Projekte, wie es auch zu Impfstoffproduktionen kommen kann. COVAX wird jetzt verstärkt liefern. Deutschland wird in diesem Jahr nicht nur 30 Millionen Impfdosen geben können, sondern wir werden 70 Millionen geben können. Wir haben unseren finanziellen Beitrag für COVAX geleistet. Aber jetzt muss der Impfstoff schnell zu den Menschen in Afrika. Das war heute eines unserer ganz großen Diskussionsthemen.

Das war es von meiner Seite.

P Tshisekedi: Vielen Dank, Frau Bundeskanzlerin. - Wir haben auch von der Notwendigkeit gesprochen, die Sonderziehungsrechte zu erhöhen, die den afrikanischen Volkswirtschaften zur Verfügung gestellt werden, die 33 Milliarden, wie wir es in Paris besprochen haben. Wir wollen uns gemeinsam anstrengen, damit diese SZR auf 100 Milliarden angehoben werden können.

Wir haben ebenfalls die Impfsituation in Afrika analysiert und von der Notwendigkeit gesprochen, Technologie und auch das Recht auf geistiges Eigentum zu transferieren, damit Impfstoff auch in Afrika hergestellt werden kann, und zwar ganz einfach, weil das ein Beitrag dazu sein wird, die Afrikaner davon zu überzeugen, diese Verschwörungstheorien und teilweise schädlichen Informationen hinter uns zu lassen, die teilweise das Misstrauen vieler Afrikaner gegenüber den Impfstoffen hervorgerufen haben.

Ich habe auch die Gelegenheit genutzt, darüber zu sprechen, was in der Demokratischen Republik Kongo mit den zwei Wirkstoffen Manacovid und (akustisch unverständlich) passiert. Das sind zwei Anti-COVID-19-Medikamente, die ihre Wirksamkeit unter Beweis gestellt haben. Ich kann nicht genau sagen, zu welchem Prozentsatz, aber ich habe mit verschiedenen Medizinern und Ärzten gesprochen, die mir die Wirksamkeit dieser Substanzen bestätigt haben. Ich habe auch Professor Şahin davon berichtet, den ich zu seinem großen Beitrag zur Erholung der weltweiten Wirtschaft sehr beglückwünsche. Ich habe mich sehr über seine Antwort gefreut. Denn er hat gesagt, es wäre möglich, neben der Prävention, also den Impfstoffen, auch auf der Seite des Heilens mit Medikamenten zu arbeiten und in diesem Bereich die Forschung zu vertiefen.

(akustisch unverständlich) ist derzeit in einer klinischen Studie in einer südafrikanischen Universität. Davon habe ich auch bereits Präsident Ramaphosa bei einem unserer Treffen in Afrika berichtet. Ich denke, dass das sicherlich auch ein Lösungsansatz für unser Problem mit COVID-19 ist, umso mehr, als dass wir, wenn wir vom Impfstoff sprechen, oft von der Notwendigkeit einer dritten Dosis sprechen. Das zeigt, dass wir noch nicht wirklich wissen, wie viel Immunisierung wir erreicht haben oder wie lange die Immunisierung durch die jetzt bestehenden Impfstoffe anhält. Das heißt, dass alles passieren kann und alles möglich ist. Das hat Professor Şahin auch gesagt. Dank des technologischen Fortschritts gibt es jetzt also Mittel und Wege, sich auch die Seite des Heilens anzuschauen.


Darüber haben wir also heute gesprochen, und das hat uns wirklich sehr hoffnungsfroh gestimmt, auch, was die wirtschaftliche Erholung in Afrika angeht. Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit bei all unseren Partnern, sowohl den bilateralen als auch den multilateralen, für diesen Beitrag bedanken, also für ihren Beitrag, den sie für uns in Afrika geleistet haben. Das gibt uns noch mehr Mut und Hoffnung, was die Zukunft angeht.

Vielen Dank, Frau Bundeskanzlerin, ganz herzlichen Dank für die Einladung und wirklich vielen Dank für Ihr Interesse an Afrika!

P Ramaphosa: Vielen Dank, Frau Bundeskanzlerin, für diese Gelegenheit!

Als die Bundeskanzlerin diese Initiative im Rahmen der G20 ergriff, nämlich einen „Compact with Africa“ einzurichten, einen Pakt mit Afrika einzugehen, und zwar mit dem Ziel der Förderung von Investitionen in einer Reihe afrikanischer Staaten und auch mit dem Ziel der Unterstützung des Reformprozesses, der in diesen Ländern notwendig war, war das ein Zeitpunkt, bevor COVID die Welt heimsuchte. Der G20 „Compact with Africa“ hat aber in dieser Situation reagiert, und wir hatten heute ein wunderbares Treffen.

Im Rahmen dieser Plattform widmen wir uns den Fragen der Zeit und den Problemen der Zeit, zum Beispiel auch der Frage, wie sich COVID-19 negativ auswirkt, und zwar nicht nur auf die Gesundheit der Menschen auf unserem Kontinent, sondern auch auf unsere Volkswirtschaften. Wir haben hier unter Teilnahme des IWF, der Weltbank und der Afrikanischen Entwicklungsbank sehr ausführlich darüber diskutiert. Wir haben auch darüber gesprochen, wie Finanzierung verfügbar gemacht werden kann, um den afrikanischen Volkswirtschaften, die infolge der Pandemie darniederlagen, einen neuen Impuls zu geben.

Wir sprachen über die Sonderziehungsrechte, und ich habe darauf hingewiesen, dass es notwendig ist, dass die Sonderziehungsrechte erhöht werden. 650 Milliarden Dollar werden verfügbar gemacht, und die Industrieländer bekommen einen Großteil dieser Summe. Wir haben deutlich gemacht, dass es nicht geht, wenn Afrika nur 33 Milliarden Dollar erhält. Wir möchten gerne bis zu 100 Milliarden Dollar erhalten. Darauf haben wir beharrt. Wir würden es begrüßen, wenn die höher entwickelten Volkswirtschaften dann jene Sonderziehungsrechte weiterreichen würden, die sie selbst nicht einzusetzen planen, und zwar an afrikanische Länder. Das ist eine durchaus denkbare Option, finde ich. Es ist auch etwas, das von der Generaldirektorin des IWF unterstützt wird.

Wir haben auch ein wenig Zeit auf die Diskussion der Impfstoffe und der Impfproblematik verwandt, die sich auf dem afrikanischen Kontinent stellt. Wir haben hier unserer Enttäuschung Ausdruck gegeben. Wir haben gesagt, dass wir unglücklich sind. Wir finden es ungerecht, dass Afrika nur zwei Prozent der Gesamtbevölkerung - 1,3 Milliarden Menschen - impfen konnte, während die Industrieländer bis zu 60 Prozent der Bevölkerung impfen konnten. Wir haben unserer Unzufriedenheit darüber Ausdruck gegeben; denn ein Großteil dieser Ungleichheit dauert ja noch an. Wir brauchen Fairness.

Das ist ja auch das Ziel, das Südafrika und Indien dazu bewegt hat, der Welthandelsorganisation einen Vorschlag für eine temporäre Aufhebung des Schutzes auf geistiges Eigentum zu unterbreiten, damit die Produktion von Impfstoffen auch in anderen Ländern möglich wird. Wir halten es für sehr gefährlich, ja geradezu leichtfertig, zu akzeptieren, dass Vakzine, also Impfstoffe, nur in einigen Ländern produziert werden, aber zum Beispiel nirgendwo auf dem afrikanischen Kontinent.

Wir hatten den Eindruck, dass Afrika die Chance und auch das Recht erhalten muss, Impfstoffe zu produzieren. Es geht hier um eine Frage von Leben und Tod. Es ist auch ein wirtschaftliches Gebot, denn die Impfstoffpolitik wirkt sich auf das Wachstum unserer Volkswirtschaften aus. Deshalb sagen wir: Die Produktion muss ebenfalls ausgedehnt werden, sodass sie den afrikanischen Kontinent erreicht. Das wäre durch eine temporäre Aussetzung des Schutzes des geistigen Eigentumsrechts möglich. Das haben wir ja der WTO vorgeschlagen. Wir würden uns darüber freuen und begrüßen diese Diskussion, die jetzt begonnen hat. In verschiedenen Teilen der Welt - in der Europäischen Union, in den Vereinigen Staaten - gibt es Reaktionen darauf. Wir glauben, dass Fortschritt möglich ist.

Heute haben wir Professor Şahin von BioNTech zugehört. Er hat einen sehr guten Vorschlag unterbreitet, den auch die Bundeskanzlerin unterstützt hat, dass es nämlich möglich ist, Wissen, Expertise und Technologie zu transferieren und dass man auf dieser Grundlage Produktionsanlagen in verschiedenen Hubs auf dem afrikanischen Kontinent errichten kann. Ich denke, dass einige der afrikanischen Länder in der Lage sind, ihre Fähigkeiten entsprechend weiterzuentwickeln. Die Weltbank und der IWF sind bereit, uns dabei zu unterstützen. Die Afrikanische Entwicklungsbank steht auch bereit.

Dies ist also ein historisches Treffen gewesen, denn wir haben uns einem Thema der Zeit gewidmet, das von großer Bedeutung ist, das von entscheidender Bedeutung für das Überleben vieler afrikanischer Länder und für die Volkswirtschaften auf dem afrikanischen Kontinent ist. Das wird durch diese Plattform möglich, die die Bundeskanzlerin geschaffen hat. Im Namen des afrikanischen Kontinents möchte ich ihr dafür danken.

Wir danken Ihnen, Frau Bundeskanzlerin, für die Initiative, die Sie 2017 ergriffen haben, als Sie den Vorsitz der G20 inne hatten. Da haben Sie diese großartige Initiative vorgeschlagen und ins Leben gerufen, dass man sich auf Afrika konzentriert. Sie haben sich immer für den afrikanischen Kontinent eingesetzt. Sie haben eine ganze Reihe von Initiativen unterstützt, die für den afrikanischen Kontinent entwickelt wurden. Wir werden Sie sehr vermissen. Denn der Beitrag, den Sie geleistet haben, hat dazu geführt, dass Afrika besser geworden ist und dass viele Initiativen in einer Reihe von afrikanischen Ländern infolge dessen durch diesen „Compact with Africa“ der G20 verstärkt unterstützt wurden. Wir danken Ihnen, und wir würdigen die Bundeskanzlerin. Das war ein wunderbarer Abschied. Wir als Kontinent haben uns von ihr verabschiedet und haben ihr unseren Dank bekundet. Ich danke Ihnen sehr!

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