Pressestatements von Bundeskanzlerin Merkel, dem Ministerpräsidenten der Republik Moldau, Leancă, dem Ministerpräsidenten von Georgien, Garibaschwili, und dem Ministerpräsidenten der Ukraine, Jazenjuk, am 28. Mai 2014

im Wortlaut Pressestatements von Bundeskanzlerin Merkel, dem Ministerpräsidenten der Republik Moldau, Leancă, dem Ministerpräsidenten von Georgien, Garibaschwili, und dem Ministerpräsidenten der Ukraine, Jazenjuk, am 28. Mai 2014

in Berlin

  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Mittwoch, 28. Mai 2014

(Die Ausschrift des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultanübersetzung)

BK'in Merkel: Meine Herren, ich freue mich, dass ich heute Abend die drei Premierminister aus Moldawien, Georgien und der Ukraine hier in Berlin begrüßen darf. Der Anlass für diesen Besuch von drei Premierministern liegt in dem morgigen Ereignis, nämlich dass Herman van Rompuy, der Ratspräsident, den Karlspreis verliehen bekommt und die Laudatoren hier anwesend sind. Ich habe die Gelegenheit genutzt, ihnen eine Einladung für ein Abendessen hier in Berlin auszusprechen, und ich freue mich sehr, dass diese Einladung angenommen wurde.

Alle drei Länder zeigen bei aller Unterschiedlichkeit, dass Deutschland den Kontakt zu diesen Ländern sucht und eine enge bilaterale Partnerschaft anbietet, aber vor allen Dingen auch, dass die Europäische Union im Rahmen der Östlichen Partnerschaft diesen Ländern das Angebot unterbreitet hat, näher und intensiver mit uns zusammenzuarbeiten.

Ich möchte aus Gründen der Aktualität noch ein Wort zu den Wahlen in der Ukraine sagen: Wir waren sehr froh, dass unter sehr, sehr schwierigen Bedingungen die Präsidentschaftswahlen in der Ukraine stattfinden konnten und dass wir jetzt auch schon im ersten Wahlgang ein Ergebnis erzielt haben. Wir wünschen dem neuen Präsidenten ‑ ich habe das gestern auch mündlich getan ‑ natürlich allen Erfolg, zusammen mit dem Premierminister und der ganzen ukrainischen Regierung.

Wir sind in diesen Stunden natürlich in Sorge über die OSZE-Beobachter, aber wir werden alles daransetzen, auch diese Beobachter wieder in Freiheit zu bekommen.

Meine Damen und Herren, alle drei Länder haben also ein Assoziierungsabkommen der Östlichen Partnerschaft ausgearbeitet. Am 27. Juni wird die Unterzeichnung dieser Abkommen mit Moldawien und Georgien stattfinden. Die Ukraine hat bereits den politischen Teil dieses Abkommens unterzeichnet. Wir wissen, dass die politischen, wirtschaftlichen und auch kulturellen Beziehungen mit der Europäischen Union durch diese Abkommen enger werden, und diese Abkommen enthalten auch das Angebot einer Reformpartnerschaft zur Stärkung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Marktwirtschaft. Deshalb hoffen wir, dass sich dies auch positiv auf die Entwicklung dieser Länder auswirken wird.

Wir wissen, dass alle drei Länder ihren Weg einer Annäherung an die Europäische Union nicht ohne Schwierigkeiten gehen können. Das wird heute auch unsere Diskussion bestimmen, denn es gibt in allen Ländern ‑ insbesondere in der Ukraine, aber auch in Moldawien ‑ sehr starke Destabilisierungstendenzen. Deshalb fühlt sich Deutschland, aber auch die Europäische Union immer wieder dafür verantwortlich, hierüber mit Russland Gespräch zu führen und die Dinge sozusagen dort beim Namen zu nennen, wo sie beim Namen genannt werden müssen. 

Wir wollen, und ich will das auch hier heute noch einmal sagen, gerade im Hinblick auf Russland kein Entweder-Oder für diese Länder, aber wir wollen, dass jedes Land mit seinen Bürgerinnen und Bürgern frei entscheiden kann, welchen Weg es gehen möchte. Deshalb freut sich die Europäische Union, dass unsere Einladung hier angenommen wurde. 

Ich möchte von meiner Seite noch einmal ein ganz herzliches Willkommen sagen, freue mich auf die Gespräche heute Abend und wünsche morgen einen guten Aufenthalt in Aachen!

MP Leancă: Verehrte Frau Bundeskanzlerin, verehrte Ministerpräsidenten, meine Damen und Herren, ich möchte zu Beginn vor allem der Frau Bundeskanzlerin Merkel für die Einladung danken, an diesem Ereignis teilnehmen zu dürfen. Es gibt nur wenige europäische Staaten, die uns so sehr wie Deutschland unterstützt haben, und es gibt nur wenige Führungspolitiker in Europa, die so viel getan haben, wie die Frau Bundeskanzlerin getan hat. Wir stehen an einem Wendepunkt in unserer Geschichte, der sehr kritisch ist. Ich bin Ihnen dankbar, Frau Bundeskanzlerin, für Ihre Botschaft der Unterstützung, die Sie uns immer wieder entgegenbringen, auch an diesem Abend. Ich danke auch für Ihr Engagement, dass Sie immer wieder zeigen. 

Die Botschaft, die ich Ihnen sagen möchte, ist sehr klar: Moldau wird bei seiner Wahl für Europa fest bleiben. Die europäische Integration ist das vitale Interesse der Republik Moldau, der moldauischen Gesellschaft und der Bürger unseres Landes. Wir haben 20 Jahre lang einen Niedergang, eine Stagnation und eine Isolierung durchgemacht, irgendwo zwischen Ost und West. Wir waren gezwungen, durch Krisen hindurchzugehen. Die europäische Integration ist der einzige Weg, diesen Weg zu verlassen. Die europäische Integration, die wir uns wünschen, ist ein Schritt, um einen Staat aufzubauen, der modern zu nennen ist, einen demokratischen Staat mit unabhängigen, funktionierenden Einrichtungen sowie mit einer funktionierenden Marktwirtschaft, und vor allen Dingen auch einen Staat, in dem das Recht herrscht.

Wir werden in einem Monat das Assoziierungsabkommen und auch das Abkommen über die Freihandelszone mit der Europäischen Union unterzeichnen. Die Vorschriften dieser beiden Abkommen entsprechen sämtlichen Abkommen, die wir auch mit der GUS unterzeichnet haben. Das bezieht sich auch auf die Freihandelszone, aber auch auf die Freizügigkeit. Als Absicht und als Wirkung wird das Assoziierungsabkommen allerdings ein Ersatz für unsere Beziehungen mit Russland bzw. mit der Russischen Föderation sein. Ich bin davon überzeugt, dass die Unterzeichnung und die Implementierung dieser beiden Abkommen über die Freihandelszone und das Assoziierungsabkommen für uns ‑ für die Bürger der Republik Moldau, aber auch für unsere Partner im Osten und im Westen ‑ Gewinn bringen werden; denn Moldau wird ein stabileres Land, ein vorhersehbareres Land werden und ein sicheres Land sein.

Ein Verzicht auf europäische Integrationsanstrengungen kann kein Kompromiss sein. Kompromisse in dieser Frage oder in Richtung eines Provisoriums zur Deeskalierung der Situation würden bedeuten, dass wir das Geschick der Republik Moldau opfern würden. Die Unsicherheit bezüglich einer europäischen Integration ist der Grund für die Krise unserer Region; denn dies heißt ja Instabilität. Zweideutigkeit ist nicht der Weg, sondern Eindeutigkeit wird ein dauerhafter Weg dafür sein, aus dieser Krise in diesem Teil Europas herauszukommen. Deshalb ist unser Ziel weiterhin, dass wir daran arbeiten, die Wirtschaft und die Institutionen unserer Republik Moldau vorzubereiten, dass wir dann, nach der Unterzeichnung, diese Abkommen auch implementieren und dass wir dann auch die Vorteile deutlich machen können, die aus diesem Abkommen resultieren. Gemeinsam mit unseren Freunden und Partnern in Europa werden wir beweisen, dass sich mit diesen Abkommen und mit dieser Politik dann eine Zone der Stabilität in den Südosten Europas ausdehnen wird. 

MP Garibaschwili: Herzlichen Dank! In erster Linie möchte ich mich sehr herzlich bei der Bundeskanzlerin bedanken. Unser heutiges Treffen ist ein sehr wichtiger Schritt und ein wichtiges Zeichen. Deswegen möchte ich Ihnen, Frau Bundeskanzlerin, sehr herzlich danken.

Vor fünf Jahren hat die europäische Partnerschaft neue Möglichkeiten eröffnet. Unser Land hat die Treue zum europäischen Weg gezeigt, indem wir demokratische Reformen umgesetzt und unsere Gesellschaft europäischen Standard angenähert haben. Wir stehen unbeirrt zum Weg der europäischen Integration. Das bestimmt unsere Innen- und Außenpolitik. Ich möchte betonen, dass hinter dieser europäischen Wahl Georgiens die ganze Bevölkerung Georgiens steht, jede und jeder unserer Bürgerinnen und Bürger.

Wir sind sehr stolz darauf, dass wir wichtige Fortschritte erzielt haben, die uns die europäische Partnerschaft eröffnet hat. Wie Sie gesagt haben, werden wir am 27. Juni das Assoziierungsabkommen unterzeichnen. Das ist unser Aktionsplan. Das ist ein Aktionsplan in Bezug darauf, wie wir unser Land in allen Bereichen modernisieren werden. Das betrifft auch die Annäherung georgischer Gesetzgebung an die europäische Gesetzgebung, und das wird auch ein wichtiger Schritt sein.

Besonders möchte ich ein vertieftes und umfassendes Freihandelsabkommen erwähnen. Das ist eine sehr große Perspektive für unser Land. Dieses Abkommen basiert auf unserem gemeinsamen Werk. Georgien ‑ das möchte ich betonen ‑ ist ein europäisches Land. Georgien steht auf dem europäischen Weg. Es will einen Rechtsstaat aufbauen, einen demokratischen Staat. Unsere Regierung ist fest entschlossen, die beiden Abkommen zu implementieren, um die daraus resultierenden Fortschritte stärker zu machen.

Die Perspektive, wie von der europäischen Partnerschaft eröffnet wurde, ist für uns und unsere gemeinsamen Ziele sehr wichtig, damit auch die Sicherheit und der Frieden in der Region gewahrt werden. Wir schätzen sehr die Unterstützung der Europäischen Union für Georgien und für unsere territoriale Integrität in den international anerkannten Grenzen.

Ich möchte betonen, dass die Fortschritte im Rahmen der europäischen Partnerschaft auch eine Antwort auf die neuen Herausforderungen in der Region sein müssen. Unser Land hat in den letzten zwei Jahren gezeigt, dass wir ein konstruktives und vorhersehbares Land sowie eine konstruktive und vorhersehbare Regierung sind. Wir versuchen, mit all unseren Nachbarn zu sprechen und im Dialog zu bleiben. Wir versuchen, ideal zwischen all unseren Nachbarn und Partnern zu balancieren.

Wir glauben an die Sicherheit und den Frieden nicht nur auf dem europäischen Kontinent, sondern auch an seinen Grenzen. Deswegen hat Georgien auch beschlossen, sich an der deutschen Mission in der Zentralafrikanischen Republik zu beteiligen. Das hat unsere Beziehungen auf eine qualitativ höhere Stufe gehoben. Wir haben eine neue Etappe in unseren Beziehungen eröffnet.

Die effektive Implementierung des Freihandelsabkommens zeigt, dass die osteuropäischen Staaten sozusagen natürlich zu Europa gehören. Wir möchten zeigen, dass unsere oberste Priorität die Integration in die europäische Staatengemeinschaft ist, damit wir gemeinsam einen europäischen Raum bauen. 

MP Jazenjuk: Ich möchte sehr gerne der Frau Bundeskanzlerin für dieses Treffen danken. Wir sind alle hinsichtlich eines Ziels verbunden. Das Ziel ist der Kampf für die Freiheit und für die Demokratie. Wir sind in dem Ziel der europäischen Integration vereint. Wir möchten auch das Leben der Menschen in unseren Ländern verbessern. Eine europäische Perspektive für die Ukraine ist das, was das ukrainische Volk erreichen möchte. Dank Ihrer persönlichen Hilfe und der Hilfe der EU-Staaten hat die Ukraine den politischen Teil des Assoziierungsabkommens unterzeichnet.

Die Ukraine hat transparente und demokratische Wahlen des Präsidenten der Ukraine durchgeführt. Bereits im ersten Wahlgang wurde der legitime Präsident des ukrainischen Staates gewählt. Wir schätzen sehr die Position Deutschlands und europäischer Partner zur Unterstützung des Wahlprozesses und auch von Wahlbeobachtern. Durch die Wahlbeobachter wurden diese Wahlen als demokratische Wahlen anerkannt. Wir erwarten, dass alle Staaten ‑ auch die Staaten, die UNO- Mitglieder sind, sowie insbesondere die Mitglieder des UN-Sicherheitsrates ‑ die Wahlen in der Ukraine anerkennen werden und ebenfalls den legitim gewählten Präsidenten der Ukraine anerkennen werden.

Die Sicherheitssituation in der Ukraine ist nach wie vor kompliziert. Nach unserer Überzeugung sind sämtliche Möglichkeiten zur Stabilisierung der Situation in unserem Land vorhanden. Wir sind davon überzeugt, dass alle Staaten den internationalen Verpflichtungen nachkommen sollen. An erster Stelle betrifft das Russland. Vor uns stehen große Herausforderungen in Fragen der Sicherheit. Die Berliner Mauer ist gefallen, und eine neue Berliner Mauer wird es nie in Europa geben.

Auf alle energetischen Herausforderungen, die vor uns stehen, wollen wir gemeinsam eine Antwort finden; denn diese Frage betrifft die energetische Sicherheit der Ukraine sowie der Europäischen Union, auch in Bezug auf die Anwendung von offenen und transparenten Regeln auf dem energetischen Markt. Die Politik der Europäischen Union in Bezug auf die langsame Schaffung einer gemeinsamen energetischen Politik ist eine richtige Antwort. Die Ukraine als Mitglied der Energiecharta ist bereit, zur richtigen energetischen Unabhängigkeit des europäischen Kontinents beizutragen und daran teilzunehmen.

Wir sind überzeugt und klar in unseren Zielen. Unser Ziel ist es, dass die Ukraine mit dem neuen Präsidenten ein europäisches Land wird. Die Regierung und das Parlament sind mit dem neuen Präsidenten, und wir werden alles tun, was das ukrainische Volk von uns erwartet. Das ukrainische Volk erwartet von uns die Veränderung.

Im Namen der Regierung der Ukraine möchte ich der Regierung von Deutschland danken, insbesondere für die klare Position hinsichtlich der demokratischen Veränderungen in der Ukraine. Wir schätzen das, und wir hoffen auf weitere Unterstützung. Wir werden unbedingt eine gemeinsame Erfolgsgeschichte der europäischen Zukunft haben. Ich danke Ihnen!

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