in Ise-Shima
9 Min. Lesedauer
- Mitschrift Pressekonferenz
- Freitag, 27. Mai 2016
Meine Damen und Herren, wir haben die Erklärung der Staats- und Regierungschefs in Ise-Shima jetzt verabschiedet. Es folgt das Outreach-Treffen. Ich glaube, dass diese Erklärung sehr inhaltsreich ist und das gesamte Spektrum der Arbeiten der G7 deutlich macht.
Wie gestern schon berichtet, ist natürlich ein wesentliches Thema bei G7 das Thema der Weltwirtschaft. Wir haben hier noch einmal bekräftigt, dass wir genauso handeln wollen, wie wir es auch in der Vergangenheit getan haben. Wir haben immer dann, wenn es eine krisenartige Situation gab, diese auch zu vermeiden gelernt. Um solche Situationen gar nicht wieder auftreten zu lassen, werden wir unsere Anstrengungen in den verschiedenen Bereichen der Fiskalpolitik, der Strukturpolitik - kombiniert natürlich dazu die Anstrengungen der Notenbanken, was die Geldpolitik anbelangt- fortsetzen und miteinander abstimmen.
Um die Krisenresistenz zu befördern, gehört hierzu, dass wir die Agenda der G20, was die Finanzmarktregulierung anbelangt, als G7 unterstützen und fortsetzen wollen. Das bedeutet einmal, darauf zu achten, dass wir Harmonisierungen bei der Steuerbasis bekommen, aber eben auch Informationsaustausch über die Steuerzahlungen. Wir werden einen Schwerpunkt bei der Bekämpfung der Geldwäsche setzen, hier ganz besonders im Blick auf den Terrorismus, der schon als eine der Gefährdungen einer harmonischen und vernünftigen Entwicklung der Weltwirtschaft angesehen wird.
Wir werden unsere Anstrengungen im Bereich des Handels fortführen und deshalb darauf hinwirken, dass wir TTIP in diesem Jahr fertigstellen können, vorausgesetzt, dass das Abkommen ehrgeizig ist, im gegenseitigen Nutzen und umfassend ist. Aber wir bekunden hier den ausdrücklichen politischen Willen. Das gilt ebenso für das EU-Japan-Abkommen. Wir gehen davon aus, dass das Abkommen der EU mit Kanada – Ceta – unterzeichnet werden kann.
Ein wesentlicher Punkt in der Frage der Wirtschaft und der Entwicklung ist das Thema des Infrastrukturausbaus. Wir haben in dem Kommuniqué eine Vielzahl von Aktionsplänen: zur Bekämpfung von Korruption, zur Bekämpfung von Terrorismus, zu der Gemeinsamkeit bei der Sicherheit durch eine gemeinsame Cyberpolitik. Es sind aber auch Faktoren wie die Verbesserung der Gesundheit enthalten. Wir fühlen uns als G7 den Entwicklungszielen der Vereinten Nationen für 2030 verpflichtet, was die Gesundheit anbelangt. Wir werden die Initiative bezüglich der Frage, was wir aus Ebola gelernt haben - man kann das jetzt durch den Zika-Virus ergänzen - auch im Bereich der G20 unter deutscher Präsidentschaft fortsetzen und damit die Krisenreaktionskraft der internationalen Gemeinschaft stärken.
Japan hat, wie ich das schon öfter gesagt habe, das Thema Frauen noch einmal sehr stark auf die Tagesordnung gesetzt. Hier ist einmal die Beseitigung der sozialen Geschlechterunterschiede zu nennen, zweitens die Werbung dafür, dass gerade auch Frauen Berufe in den Bereichen Mathematik, Informationswissenschaft, Naturwissenschaft und Technik erlernen und in diesen Berufen auch arbeiten sowie die Bekämpfung geschlechterspezifischer Gewalt.
Gestern Abend gab es dann die Diskussion zum Thema Außenpolitik. Naturgemäß stand hier im Zentrum das Thema Terrorismus und die Themen Syrien, Libyen und damit verbunden auch das große Thema der Flüchtlinge, das nicht auf diese beiden Regionen beschränkt ist. Es hat dazu eine sehr breite Aussprache gegeben. Der Schwerpunkt war natürlich die Bekämpfung von Fluchtursachen. Hier sind Maßnahmen für die verschiedenen Länder diskutiert worden. Ich will hervorheben, dass wir uns in diesem Jahr ganz besonders der Unterstützung des Irak widmen. Die G7 werden 3,6 Milliarden Dollar für den Irak bereitstellen. Sie wissen, dass Deutschland bereits 500 Millionen Euro eines Kredits in Aussicht gestellt hat. Es ist wichtig, dass ein IWF-Programm für den Irak zustande kommt. Der Irak muss nach unserer festen Überzeugung stabilisiert werden, und wir wollen die Bemühungen von Ministerpräsident al-Abadi hier besonders unterstützen.
Wir haben dann darauf hingewiesen, dass wir daraufhin arbeiten wollen, dass es eine bessere internationale Struktur zur Bewältigung der Fluchtursachen und der Fluchtbewegungen gibt. Istanbul war dazu ein erster Schritt. Wir bekennen uns zu der Fortführung durch den UN-Generalsekretär in New York im September und unterstützen auch den von dem amerikanischen Präsidenten einberufenen Flüchtlingsgipfel auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs.
Ein weiterer Schwerpunkt war das Thema Ukraine/Russland, das wir gestern sehr detailliert diskutiert haben. Wir haben noch einmal in Fortführung der Aussprache von Elmau gesagt: Die Sanktionen sind an die Erfüllung von Minsk gebunden. Wir hoffen in den nächsten Wochen auf Fortschritte, weil es hier jetzt auch einige Aktivitäten gibt.
Insgesamt also ein G7-Gipfel, der Initiativen fortgeführt hat, die von Deutschland in Elmau bereits aufgesetzt wurden, der viel Input für die Frage der G20 gibt. Die gemeinsame Haltung in verschiedenen Bereichen zeigt: Ein Gipfel, der von der japanischen Seite sehr stark auf die Themen Weltwirtschaft, Energie, Umsetzung des Pariser Abkommens noch 2016, auf das Thema Handel gesetzt wurde. Das sind alles Dinge, die sozusagen die Vernetzung der Welt nutzen, um daraus dann auch für uns alle Wirtschaftswachstum entstehen zu lassen. Deshalb möchte ich den japanischen Gastgebern auch ganz herzlich danken, die hier eine wunderbare Atmosphäre für die Arbeit während dieses Gipfels geschaffen haben.
Frage: In welcher Form werden die 3,6 Milliarden Dollar an den Irak fließen?
BK’in Merkel: Das wird im Zusammenhang mit der Aushandlung des IWF-Programms sicherlich vom IWF koordiniert. Wie gesagt, Sie wissen ja, dass wir unsere 500 Millionen Euro schon in Aussicht gestellt haben. Diese sind in diese 3,6 Milliarden Dollar eingeflossen. Hier beteiligt sich zum Beispiel auch die EU neben den anderen Mitgliedstaaten.
Frage: Wenn Sie im kommenden Jahr aus Italien vom G7-Gipfel hierher zurückschauen werden, was wird dann der Maßstab dafür sein, dass Sie sagen können, dass Ise-Shima ein Erfolg war?
BK’in Merkel: Ich muss ehrlich sagen, dass ich mich auf das Outreach-Treffen freue. Dieser Gipfel ist ja noch nicht einmal zu Ende. Insofern ist diese Frage schwer zu beantworten. Ich kann auch nicht in die Zukunft sehen. Ich kann nur sagen, dass wir sehen, dass es immer wieder Schwierigkeiten gibt - angefangen bei den Rohstoffpreisen bis hin zu terroristischen und Bürgerkriegsereignissen, die eine kontinuierliche Entwicklung auch gerade der Weltwirtschaft erschweren oder Verunsicherung mit sich bringen, was ja im Zusammenhang mit Wirtschaftsentwicklung immer sehr ungünstig ist. Sie wissen, dass vieles Psychologie ist. Da ist es wichtig, Vertrauen aufzubauen. Ich hoffe, dass vor uns Monate liegen, in denen wir mehr Vertrauen aufbauen können, als dass wir weitere krisenhafte Entwicklungen haben. Aber zur Voraussicht in die Zukunft bin ich, wie fast alle hier, glaube ich, nicht fähig. Das ist ja auch gut so.
Frage: War „Brexit“ ein Thema? Gibt es ein Signal, das von diesem Gipfel an Großbritannien ausgeht?
BK’in Merkel: Das war kein Thema. Es gibt das Signal, dass wir uns alle, wie wir hier sitzen, glaube ich, wünschen, dass Großbritannien Teil der Europäischen Union bleibt, aber dass dies natürlich von den britischen Wählerinnen und Wählern zu entscheiden ist.
Frage: Gab es Versprechen hinsichtlich der Ratifizierung COP21 im Laufe dieses Jahres?
BK’in Merkel: Es ist gesagt worden, dass wir uns wünschen, dass dieses Abkommen 2016 noch in Kraft treten kann.
Frage: Können Sie noch etwas zur Rolle Chinas sagen? Wie haben die G7 auf China geblickt? Ist das die neue große Herausforderung aller? Wie muss man das betrachten?
BK’in Merkel: Wir haben natürlich bei der Frage maritime Sicherheit über China gesprochen. Wir haben im Zusammenhang mit der Weltwirtschaft über China gesprochen. China ist einer der ganz großen Akteure. Je nachdem, wie Sie rechnen, ist es die größte oder zweitgrößte Volkswirtschaft. Wir wünschen uns eine gute und gedeihliche Wachstumsentwicklung von China. China hat große strukturelle Herausforderungen, von denen wir uns wünschen, dass China sie gut bewältigen kann, weil das in unser aller Interesse ist.
Natürlich hat die Vorbereitung des G20-Gipfels hier eine Rolle gespielt. Es gibt durchaus eine Überlappung in der Agenda. Sie sehen ja auch, dass viele der Maßnahmen - ob es der steuerliche Informationsaustausch ist, ob es die Frage der steuerlichen Basis ist, aber auch die Gesundheitsfragen - nicht alleine von den G7-Mitgliedstaaten bewältigt werden können, sondern dass sie die Mitwirkung der großen Schwellenländer brauchen. Da ist dann G20 natürlich das Format. Wir werden uns im September in China wieder sehen. Manche der Themen, die wir hier bearbeitet haben, werden dort wieder auftauchen.
Frage: Abgesehen von dem Outreach-Meeting, bewerten Sie denn den Gipfel bis hierher als einen Erfolg, auch hinsichtlich der Flüchtlingsfragen? Spüren Sie da die Solidarität der anderen G6?
BK’in Merkel: Ich bewerte den Gipfel schon als Erfolg, weil es uns gelungen ist, in den letzten Jahren eine kontinuierliche Arbeitsagenda zu entwickeln. Es bleibt das richtig, was ich immer gesagt habe: eine sehr intensive Gesprächsatmosphäre auch einmal jenseits von den Topthemen A, B, C, D, wo man auch Weltentwicklungen diskutieren kann. Wenn Sie sich einmal die Situation in Afrika anschauen, wenn Sie sich anschauen, welche Herausforderungen wir im Bereich der Cyber-Sicherheit durch die digitalen Veränderungen haben, dann sind solche Gespräche aus meiner Sicht sehr wichtig. Sie werden hier im Geist von Gemeinsamkeit, von Werten, von demokratischen Vorstellungen durchgeführt.
Gestern war zum Beispiel eines der Themen: Wie schaffen wir auch Integration in unseren Ländern? Wir haben uns über die verschiedenen Erfahrungen ausgetauscht. Das gehört zu den wirklich wichtigen Dingen, die ich sehr an diesem G7-Gipfel schätze.
Zusatz: Zu der Frage Flüchtlinge hatten Sie noch nichts gesagt.
BK’in Merkel: Ich habe ja gesagt, dass wir über das Thema Flüchtlinge im Zusammenhang mit Bürgerkriegen gesprochen haben. Das, was wir jetzt in Europa erlebt haben, ist ja sehr stark durch die Situation in Afghanistan, durch den IS im Irak, durch den IS in Syrien und durch das, was das Assad-Regime in Syrien anrichtet, bestimmt. Aber darüber hinaus gibt es natürlich große Migrationsbewegungen auch aus wirtschaftlichen Gründen oder aus Hunger, aus Not, als Ergebnis von Klimaveränderungen, die den Menschen die Nahrungsgrundlage nehmen. Wir haben hier gestern insbesondere das Thema Afrika besprochen und festgestellt, dass es sich um eine globale Herausforderung handelt. Auch Zentralamerika ist immer wieder Quelle von Flüchtlingen, und auch darüber wurde geredet.
Auch wenn in Europa scheinbar sehr viele Flüchtlinge ankamen und auch die Vereinigten Staaten von Amerika zum Beispiel Flüchtlinge aus Amerika aufnehmen, müssen wir wissen, dass das unsere Aufgabe sein muss. Wir wissen, dass die überwiegende Mehrzahl von Flüchtlingen in den Regionen nach wie vor unterwegs ist und deshalb das Thema der Fluchtursachenbekämpfung, die Frage, wie effiziente Entwicklungshilfe aussieht, wie man mehr für gute Regierungsführung werben kann, die Tatsache, dass Menschen heute durch das Smartphone überall auf der Welt wissen, wie es woanders aussieht, (wichtige Themen sind). Das waren gestern Punkte, die uns bewegt haben, aus denen wir lernen müssen, in der Entwicklungshilfe koordinierter voranzugehen und von besten Erfahrungen zu lernen. Ich glaube, das ist auch eine ganz wichtige Aufgabe.
Frage: Sind Sie von den anderen G7-Partnern auf den türkischen Präsidenten und sein Verhalten angesprochen worden?
BK’in Merkel: Nein, das bin ich nicht. Wir haben am Rande natürlich mit unseren europäischen Kollegen darüber gesprochen, dass wir die weiteren Umsetzungen des Abkommens vornehmen wollen. Aber hier ist über die Türkei allenfalls im Zusammenhang mit dem letzten G20-Treffen gesprochen worden.
Danke schön!