Pressestatement von Bundeskanzlerin Merkel anlässlich des 12. Integrationsgipfels am 19. Oktober 2020

Ich grüße alle ganz herzlich, natürlich Annette Widmann-Mauz, die ich schon gehört habe.

Neben mir sitzt die Bundesministerin Franziska Giffey. Sie ist heute eingesprungen bzw. sie wäre sowieso dabei gewesen, aber hätte nicht neben mir gesessen. Dort hätte Hubertus Heil gesessen. Der ist aber in Quarantäne, und Frau Giffey übernimmt die Teile von Hubertus Heil.

Auf der anderen Seite sitzt der Regierungssprecher Herr Seibert neben mir.

Annette Widmann-Mauz ist in Quarantäne und deshalb auch zu Hause.

Ich hoffe, ansonsten sind Sie alle bei guter Gesundheit, und ich begrüße Sie ganz herzlich zu unserem Integrationsgipfel.

Die Coronavirus-Pandemie ‑ das haben meine einführenden Worte ja schon gezeigt ‑ hat Auswirkungen auf unser aller Leben und Arbeiten. Dieser Integrationsgipfel findet deshalb zwar zum 12. Mal statt, allerdings zum ersten Mal als Webkonferenz. Ich hoffe sehr, dass sich die 13 als Glückszahl erweist und wir den 13. Integrationsgipfel dann wieder persönlich im Bundeskanzleramt durchführen können.

Die Pandemie und ihre Folgen ‑ das merken Sie alle ‑ stellen uns vor große Herausforderungen. Gerade auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt stellen Sie auf eine große Probe. Die Folgen spüren wir im sozialen Miteinander, aber auch bei der wirtschaftlichen Entwicklung.

Die Pandemie trifft uns alle, aber, muss man schon sagen, unterschiedlich hart. Einwanderern etwa fällt es aufgrund der Einschränkungen, die durch Corona notwendig geworden sind, gewiss nicht so leicht, in unserem Land Fuß zu fassen, weil die Integrationsangebote wie Sprachkurse oder Beratungen vorübergehend nicht im Präsenzformat stattfinden können. Bildungs- und Ausbildungsangebote können nicht in gewohntem Umfang wahrgenommen werden. Der coronabedingte Wirtschaftseinbruch wirkt sich natürlich auch auf Branchen aus, in denen viele Menschen mit Einwanderungsgeschichte tätig sind, die nun um ihre Arbeitsplätze fürchten müssen.

Kinder und Jugendliche sind natürlich auch Leidtragende. Kontaktbeschränkungen machen ihnen zu schaffen. Gerade wenn es um Sozialkompetenzen oder um Spracherwerb geht, ist der Präsenzbetrieb von Kitas und Schulen natürlich sehr, sehr wichtig. Das ist unter dem Eindruck der Pandemie und der Schul- und Kitaschließungen aus dem Frühjahr natürlich noch einmal ganz, ganz deutlich geworden. Bund und Länder setzen gemeinsam mit den Verantwortlichen vor Ort alles daran, dass die Herausforderungen im Schulbereich und natürlich auch im Kitabereich bestmöglich bewältigt werden können.

Wir wissen alle: Bildung ist ein Wert an sich und hat einen sehr hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft. Aber gerade auch mit Blick auf künftige Ausbildungs- und Arbeitschancen dürfen junge Menschen jetzt eben nicht zu Verlierern der Pandemie werden. Denn eine Ausbildung im Betrieb ist ein besonders erfolgreicher Weg für die Integration; dass wissen wir aus der Erfahrung vieler, vieler Jahre. Deshalb haben wir auch ein neues Förderprogramm für ausbildende Betriebe aufgelegt.

Die Coronaviruspandemie hat auch erhebliche Auswirkungen auf unsere sonstige Integrationsarbeit. So aufmerksam, wie wir sein müssen, um Gesundheit und das Leben unserer Mitmenschen zu schützen, so aufmerksam müssen wir eben zugleich sein, dass auch der Zusammenhalt in dieser schwierigen Zeit stark bleibt. Das dient gerade auch jenen, die erst seit Kurzem in unserem Land leben.

Die Phase unmittelbar nach der Ankunft ist für die Integration von entscheidender Bedeutung. Wir wissen: Je früher Einwanderinnen und Einwanderer die deutsche Sprache lernen, Zugang zu Bildung und Ausbildung finden und mit unseren grundlegenden Werten, Rechten und Pflichten vertraut werden, umso größer sind eben auch die Chancen für eine gelungene Integration.

Deshalb nimmt die Bundesregierung neben den Angeboten der Erstintegration auch die Teilhabechancen in den Blick. Erfolgreiche Teilhabe bedeutet, im Berufsleben anzukommen, den Lebensunterhalt für sich sichern zu können und damit auch zum Wohlstand unseres Landes beizutragen. Teilhabe bedeutet neben beruflichem Engagement auch Bildungsteilhabe und bürgerschaftliches Wirken. All das dient auch dem Aufbau, der Pflege und der Stärkung sozialer Beziehungen. Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in einer vielfältigen Gesellschaft ist Teilhabe also unabdingbar.

Teilhabe ist eine Schlüsselaufgabe der Integration. Die Chance, sich mit seinem jeweiligen Wissen, Können und Interessen entfalten zu können, ist gleichermaßen eine Frage der Gerechtigkeit und Menschlichkeit, eine Frage der gesellschaftlichen Zukunftsfähigkeit wie auch eine Frage der wirtschaftlichen Vernunft.

Teilhabe und Integration finden vor Ort statt, in großen Städten und kleinen Ortschaften. Bei allem, was Bund und Länder an Unterstützung leisten können, ist es vor allem den vielen kommunalen Akteuren und Bürgerinnen und Bürgern zu verdanken, die zusammen mit den Eingewanderten dafür sorgen, dass diese Menschen in Deutschland heimisch werden. Wir wissen: Das ist kein Selbstläufer, das ist nicht immer leicht. Aber es ist eben jeder Mühe wert.

Meine Damen und Herren, wir präsentieren heute die Ergebnisse der Phasen II und III des Nationalen Aktionsplans Integration. Dabei geht es zum einen um Erstintegration und zum anderen um Eingliederung. Mit diesem Aktionsplan knüpfen wir an bisherige Erfahrungen an, um Vorhaben zu entwickeln bzw. weiterzuentwickeln. Ich möchte an dieser Stelle allen Beteiligten aus Bund, Ländern und Kommunen, aus der Zivilgesellschaft und den Organisationen der Migrantinnen und Migranten ganz, ganz herzlich danken.

Die Ergebnisse des Aktionsplans werden wir heute in zwei Themenblöcken vorstellen, erstens „Digitalisierung als Chance für die Erstintegration und Eingliederung“ ‑ es hat sich ja gerade vor dem Hintergrund der Pandemie gezeigt, wie wichtig es ist, Integrationsangebote auch digital zur Verfügung zu stellen ‑ und zweitens „Integration effizient gestalten und Akteure stärken.“ Es ist klar, dass die Integration eine Gemeinschaftsaufgabe für Einheimische und Eingewanderte gleichermaßen ist, die eben auch der Unterstützung staatlicher Stellen bedarf. Wie dieses Zusammenwirken am besten gelingen kann, darüber werden wir dann im zweiten Themenblock sprechen, und ich werde aufpassen, dass beide Themenblöcke ausreichend Zeit bekommen.

Zu beiden Themenblöcken wird es jeweils kurze Statements geben, sodass wir anschließend Zeit für Diskussionen haben. Bitte bringen Sie sich alle in die Diskussion ein. Es wird wie immer sein so sein, dass wir nicht alle berücksichtigen können. Das heißt, jeder sollte auch prägnant und kurz sprechen. Ich bitte Sie, Ihre Wortmeldungen im Chat anzumelden, damit ich sehe, wer einen Wortbeitrag einbringen möchte.

Jetzt muss ich erst einmal sagen: Zuerst einmal freue ich mich, dass Annette Widmann-Mauz gleich das Wort an uns richten wird.

Dann wird Professor El-Mafaalani den Impulsvortrag für den ersten Block halten.