Im Wortlaut
- Mitschrift Pressekonferenz
- Mittwoch, 3. Juni 2020
Sprecher: Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesfinanzminister Olaf Scholz, Ministerpräsident Markus Söder, Norbert Walter-Borjans, Ralph Brinkhaus, Rolf Mützenich
BK’in Merkel: Guten Abend, meine Damen und Herren! Wir haben gründlich im Koalitionsausschuss beraten und, wie wir finden, auch ein gutes Ergebnis erzielt. Sie wissen, dass wir mit der Herausforderung einer Pandemie leben, hervorgerufen durch das Coronavirus. Das ist eine der größten Herausforderungen auch für unser Gesundheitssystem. Es hat uns bei der Bekämpfung der Pandemie zu den schwersten Einschränkungen unserer Grundrechte geführt. Wir haben damit auch die schwerste Krise der wirtschaftlichen Entwicklung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland zu bewältigen. Das zeigt sich allein heute, an diesem Tag, an den mehr als sieben Millionen Kurzarbeitern. Sie sind ein Indiz dafür. Es ist klar, dass das Ganze eine mutige Antwort braucht, wobei es darum geht, Arbeitsplätze zu sichern und die Wirtschaft am Laufen zu halten oder wieder zum Laufen zu bringen. Das ist die Dimension des Konjunkturpakets, das wir aufgelegt haben.
Gleichzeitig leben wir in einer Zeit tiefgreifender Umbrüche, die sich an den Herausforderungen des Klimaschutzes und der Tatsache, dass die Digitalisierung unser gesamtes Leben und Arbeiten durchdringt, festmacht. Das heißt, wir konnten nicht nur einfach ein Konjunkturpaket auflegen, das klassischerweise gemacht wird, sondern es musste auch ein Paket sein, das einen Zukunftsaspekt beinhaltet. Genau darauf haben wir einen besonderen Schwerpunkt gelegt. Der Umfang des Pakets wird für die Jahre 2020 und 2021 130 Milliarden Euro betragen, davon 120 Milliarden Euro Ausgaben für den Bund.
Wir haben also ein Konjunkturpaket, ein Zukunftspaket. Natürlich kommen - das hat uns jetzt hier weniger beschäftigt - noch unsere Verantwortung für Europa und die internationale Dimension hinzu.
Wir haben einen Maßnahmenplan beschlossen, aus dem ich hier nur wenige Punkte hervorheben möchte.
Zur allgemeinen wirtschaftlichen Belebung haben wir uns überlegt, dass wir den Mehrwertsteuersatz für sechs Monate, das heißt, vom 1. Juli bis zum 31. Dezember, von 19 auf 16 Prozent und für den gleichen Zeitraum den niedrigen Mehrwertsteuersatz von 7 auf 5 Prozent senken werden. Das bedeutet, dass der Konsum angeregt wird. Das ist sozial sehr gerecht ausgestaltet, weil die Mehrwertsteuer von allen bezahlt wird. Wir erhoffen uns damit eine breite Wirkung für die Belebung der Wirtschaft insgesamt.
Uns ging es - zweitens - um die Verlässlichkeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Unternehmer. Deshalb verpflichten wir uns, die Sozialbeiträge nicht über 40 Prozent steigen zu lassen. Das ist eine Sozialgarantie. Das heißt, wir werden weder Sozialleistungen kürzen noch die Beiträge über 40 Prozent steigen lassen.
Für die Berechenbarkeit und Verlässlichkeit werden wir auch die Stromkosten dahin gehend deckeln, dass die EEG-Umlage, die jetzt coronabedingt sehr stark ansteigen wird, bei 6,5 Cent für 2021 und 6 Cent für 2022 festgeschrieben wird.
Es wird eine Vielzahl weiterer Maßnahmen geben, die die Wirtschaft beleben. Wir werden auch noch ein Brückenprogramm aus noch vorhandenen Mitteln für mittelständische und Kleine Unternehmer beschließen. Wir werden für die Kultur und für Sozialunternehmen etwas tun und vieles andere mehr. Wir wollen die Wirtschaftskraft auch dadurch beleben und entfesseln, dass wir im Bürokratiebereich alles daransetzen - Vergaberecht, Wettbewerbsrecht, Planungsrecht -, um zu beschleunigen.
Ein ganz wichtiger Punkt war uns - drittens - die Stärkung von Kommunen. Hier wird der Bund weitere Anteile bei der Zahlung der Kosten der Unterkunft übernehmen. Das ist insbesondere für Kommunen mit einer schwierigen Finanzlage und vielen Menschen im Hartz-IV-Bezug von großer Bedeutung. Wir werden die Gewerbesteuerausfälle hälftig ausgleichen - auch das ist eine wichtige Sache -, jeweils für die Jahre 2020 und 2021.
Es gibt eine Stützung für Ausfälle im öffentlichen Personalverkehr, um hier nur einige wenige Punkte zu nennen. Sie werden nachher das gesamte Papier noch bekommen.
Viertens. Wir wollen Familien und junge Menschen stützen. Dazu gehört vor allen Dingen ein Kinderbonus von 300 Euro für jedes Kind. Wir wollen etwas tun, damit Auszubildende auch in diesem Jahr einen Ausbildungsplatz bekommen. Unser Ziel lautet: Jeder Jugendliche, der ausbildungswillig ist, soll auch die Möglichkeit dazu bekommen. Wir werden die Ganztagsbetreuung in den Schulen noch einmal beschleunigen und auch den Ausbau der Kitas voranbringen.
Ein zentraler Punkt ist - fünftens - das Zukunftspaket in Höhe von insgesamt 50 Milliarden Euro. Hier geht es darum, Innovationen voranzubringen, gerade mit Blick auf die beiden Herausforderungen, die ich genannt habe, nämlich Klimaschutz und Digitalisierung. Dabei geht es um die steuerliche Forschungszulage, die verbessert wird. Es geht um moderne Mobilität, das heißt, insbesondere um die Förderung von Elektroautos, die Verbesserung der Ladeinfrastruktur und ein Programm für den Verkauf von Nutzfahrzeugen, aber um Mobilität insgesamt, von der Bahn über die Schifffahrt bis hin zu modernen Flugzeugen.
Wir haben uns auf die Eckpunkte der Wasserstoffstrategie geeinigt. Das hat schon viel Gesprächsbedarf gefordert. Das ist jetzt geschehen, genauso wie der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien.
Wir werden die Kommunen beim Onlinezugangsgesetz unterstützen, das heißt, die Digitalisierung unserer staatlichen Dienstleistungen voranbringen.
Wir werden, was mir persönlich sehr wichtig war, als Lehre aus der Krise den öffentlichen Gesundheitssektor in den Kommunen für die nächsten fünf Jahre stärken, damit er, der im Augenblick sehr viel leistet, auch wirklich sachgerecht ausgestattet ist.
Wir werden im Bereich Quantencomputing, künstliche Intelligenz und in anderen Bereichen noch einmal Akzente setzen.
Alles in allem waren es lange und intensive Beratungen. Natürlich waren auch unterschiedliche Vorstellungen unter einen Hut zu bringen. Ich finde, uns ist das so gelungen, dass wir den Menschen im Land sagen können, egal ob sie unternehmerisch tätig sind, ob sie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind, ob sie Väter und Mütter sind oder ob sie in einer Kommune Verantwortung tragen: Wir versuchen, aus dieser extrem schwierigen Situation gemeinsam stark herauszukommen. Dafür, glaube ich, haben wir heute einen guten Grundstein gelegt.
BM Scholz: Wir wollen mit Wumms aus der Krise kommen. Wenn wir auf die Zahl der Infizierten, der schwer Erkrankten und der Toten blicken, können wir feststellen, dass Deutschland bisher ziemlich glimpflich durch die ganze Coronapandemie gekommen ist. Aber klar ist auch: Die Beschränkungen der letzten Wochen und Monate waren nötig, und sie waren mit Blick auf die Reduzierung der Infektionen erfolgreich. Aber sie haben gleichzeitig sehr tiefe Spuren hinterlassen - in unserer Gesellschaft, bei Beschäftigten, bei Eltern und Kindern und in vielen Unternehmen. All das werden wir sicher noch lange spüren.
Heute haben wir in der Regierungskoalition miteinander ein Bündel an Maßnahmen vereinbart, die ebendieses Ziel haben: mit Wumms aus der Krise kommen. Deshalb hat unser Konjunkturprogramm auch eine große Dimension: 130 Milliarden Euro in diesem und im nächsten Jahr gesamtstaatlich, 120 Milliarden Euro, die der Bund zu schultern hat. Das ist eine Menge an Investitionskraft und Aufwendungen, die damit geschultert werden können.
Wir können das Ganze gut hinbekommen, weil wir in den letzten Jahren sehr ordentlich gewirtschaftet haben, weil wir über Rücklagen verfügen und weil wir uns mit dem Nachtragshaushalt, den wir Anfang des Jahres beschlossen haben, als es mit der Coronakrise losging, auch ein Polster angelegt haben, das unverändert zur Verfügung steht. Aber das wird natürlich dazu führen, dass wir weitere Anstrengungen unternehmen müssen. Trotzdem ist das die Grundlage dafür, dass wir jetzt, nach den Maßnahmen, die wir im unmittelbaren Zusammenhang nach dem Ausbruch der Coronakrise auf den Weg gebracht haben, jetzt, wo der Lockdown allmählich zu Ende geht, mit einem Konjunkturprogramm mit der notwendigen Kraft und der notwendigen Dimension zeitgerecht dagegenhalten können.
Wir als Land müssen viele Dinge zustande bringen. Für mich als Sozialdemokraten sind drei Dinge ganz besonders wichtig: der Kinderbonus, die kommunale Entlastung und der Konsumimpuls, der hier eine große Rolle spielt.
Der Kinderbonus von 300 Euro pro Kind gibt Familien eine wichtige finanzielle Unterstützung. Er hilft ihnen bei größeren Aufwendungen, aber er ist auch ein Konjunkturimpuls. Denn er soll natürlich mit dazu beitragen, dass die Familien in diesem Land nach vorne blicken, dass sie sich mit den Möglichkeiten, die finanziell entstehen, und den eigenen Möglichkeiten gewissermaßen daranmachen, jetzt wieder dazu beizutragen, dass sich unser Leben allmählich entfalten kann. Das ist eine ganz wichtige Sache der Gerechtigkeit, aber, wie gesagt, auch der Konjunkturunterstützung.
Das Gleiche gilt für die Entlastung der Kommunen. Man kann es gar nicht oft genug sagen: Konjunkturprogramme, die in Nationalstaaten geplant werden und vergessen, dass fast überall zwei Drittel der öffentlichen Investitionen von Kommunen getragen werden, sind fehlgeleitet. Sie konterkarieren gewissermaßen das, was man auf nationaler Ebene auf den Weg bringt. Deshalb ist für uns ganz wichtig, dass die Städte, Dörfer und Gemeinden in Deutschland in der Lage sind, die notwendigen Investitionen zu tätigen. Wir machen das mit einem Projekt, an dem ich sehr lange gearbeitet und für das ich mich sehr lange auch sehr vergeblich eingesetzt habe, nämlich dass der Bund einen größeren Anteil an den Kosten der Unterkunft übernimmt, die die Gemeinden zu schultern haben. Das wird nicht nur jetzt, für 2020 und 2021, geschehen. Das ist eine strukturelle, dauerhafte Veränderung in den Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern, weil sich der Bund verpflichten wird, diesen höheren Anteil dauerhaft, auch nach der Krise zu übernehmen.
Wir hätten uns darüber hinaus noch ein anderes Lieblingsprojekt vorstellen können, das sich mit der Entschuldung der Kommunen beschäftigt. Ich will aber ausdrücklich sagen: Die Dimension über das, was wir jetzt miteinander vereinbart haben, ist sehr groß. Dies trägt dazu bei, dass auch Kommunen, die eine schwierige finanzielle Lage haben, erheblich bessergestellt werden, und dass besonders diejenigen Kommunen, in denen viele Leute auf Unterstützung angewiesen sind, über eine größere Finanzkraft verfügen, weil das dauerhaft ist und eine große Dimension hat.
Das Dritte ist der Konsumimpuls. Im Vorfeld ist ja über sehr viele unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten diskutiert und geredet worden. Eines ist klar: Sobald man sich mit der Sache beschäftigt, wird erkennbar, dass die Konzentration, die Beschäftigung mit einer einzelnen Branche kein richtiger Weg ist. Wir müssen dafür sorgen, dass sich jetzt, wo der Lockdown zu Ende geht, alle trauen, wieder zu investieren. Wir müssen auch ein bisschen dafür sorgen, dass die Nachfrage der Verbraucherinnen und Verbraucher wieder anzieht. Das ist eine Entscheidung, die etwas mit Vertrauen zu tun hat. Deshalb bin ich sehr froh über die gemeinsame Entscheidung, dass wir die Mehrwertsteuer in den nächsten sechs Monaten dieses Jahres auf 16 beziehungsweise 5 Prozent senken. Wir hoffen, dass sich ganz viele angeregt fühlen, davon auch Gebrauch zu machen. Auch das will ich gern dazu sagen: Wir erwarten dringend, dass die Unternehmen diese Gelegenheit jetzt nicht für erhebliche Preissteigerungen oder dafür nutzen, dass man diese Senkung der Mehrwertsteuer für sich selbst nutzt, sondern es geht darum, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher diesen Vorteil unmittelbar haben; das muss auch so sein.
Wer ein Konjunkturprogramm auf den Weg bringt, muss über die Zukunft reden; denn wir werden die Transformationen, die Veränderungen, die in dem nächsten Jahrzehnt bei uns wichtig sind, nicht alle in diesen beiden Jahren der Konjunkturprogramme auf den Weg bringen können. Aber alles, was wir machen, muss so zielgerichtet sein, dass es dazu beiträgt, die Transformation unserer Gesellschaft, den Wandel und die Zukunft gewissermaßen immer im Blick zu haben.
Deshalb ist ein wichtiges Klimaschutzprogramm dabei. Es setzt auch auf den technologischen Wandel in der Automobilindustrie und auf die Elektrifizierung von Fahrzeugen. Das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Beitrag. Es geht um erneuerbare Energien und um Wasserstofftechnologie. Es geht um ganz viel, was mit der Zukunft unseres Landes zu tun hat. Wir müssen die Zeit der Konjunkturkrise nutzen, um da anzufangen, wo wir dann ein ganzes Jahrzehnt weitermachen. Ich glaube, das ist genau das richtige Signal.
Meine Damen und Herren, die Coronapandemie ist noch lange nicht vorbei. Wir werden, nachdem die harten Einschränkungen ein bisschen zurückgegangen sind, jetzt noch viel zu tun haben. Aber in der Phase der neuen Normalität, in der wir mit dem Virus noch lange weiterleben müssen, setzen wir nun auf dieses Konjunkturprogramm, um, um es noch einmal zu sagen, mit Wumms aus der Coronakrise zu kommen. - Schönen Dank.
MP Söder: Frau Bundeskanzlerin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Gute Demokratie dauert. Wir haben jetzt rund 21 Stunden miteinander verhandelt, und es war schon ein hartes Stück Arbeit; das kann man, glaube ich, sagen. Aber es war eine Arbeit, die dem Ernst der Lage angemessen ist.
Wir mussten eine schwierige Aufgabe erfüllen: Wie kann eine so unglaublich starke, exportorientierte Volkswirtschaft wie die deutsche in dieser Situation im Export fehlende Möglichkeiten ausgleichen, Binnennachfrage stärken, und wie gelingt es uns dabei, Arbeitsplätze zu erhalten, Existenzen zu sichern und damit letztlich auch den Wohlstand vieler Millionen Bundesbürger zu halten? – Das ist die staatspolitische Aufgabe, vor der wir standen. Darum ist das Positive des gesamten Paketes, das sich, glaube ich, auch in Europa sehen lassen kann, dass wir uns am Ende nicht ideologisch verhakt, sondern eher politisch ergänzt haben. Steckenpferde wurden hinter sich gelassen, und wir haben zusammen eine Gesamtkonzeption entwickelt. Dabei waren wir nicht ängstlich, sondern mutig – aber auch nicht tollkühn.
Wir haben jetzt eine große Summe zusammengeschrieben; der Bundesfinanzminister hat es ja angesprochen: rund 130 Milliarden Euro. Das ist aber aufgrund der Rücklagen des Bundes eine Summe, die vertretbar ist. Sie führt nicht zu einer Verschuldung des Landes, sie führt nicht dazu, dass wir bei künftigen Aufgaben nicht mehr handlungsfähig wären, oder gar dazu, dass die nächste Generation überhaupt keine finanzielle Luft zum Atmen mehr hätte. Es ist also insgesamt ein vertretbares, aber wuchtiges strategisches Paket. Entscheidend ist, dass wir den Aufschwung generieren wollen, indem wir viele Maßnahmen auch befristet ergreifen, indem wir darauf setzen, dass die Konjunktur wieder anspringen kann.
Neben guten Fakten, die die Steuerpolitik für Unternehmen betreffen – Ralph Brinkhaus wird das ansprechen; es gibt eine Reihe von hervorragenden, wichtigen Dingen für Unternehmen –, hat es aber auch etwas mit Psychologie zu tun: Wir versuchen mit diesem Paket auch ein Stück weit Optimismus zu vermitteln. Optimismus und Psychologie sind die Hälfte des wirtschaftlichen Erfolges. Deswegen ist das Herzstück die Mehrwertsteuersenkung. Für die nächsten Monate ist diese Mehrwertsteuersenkung, eine der größten Steuersenkungen der letzten Jahrzehnte, kann man sagen, ein ganz bewusster Impuls, ein Impuls zur Stärkung der Nachfrage. Das war eine Idee der Union; ich bedanke mich ausdrücklich, dass wir da mit der SPD sehr schnell zusammengekommen sind, um eine sehr gute Lösung zu erzielen. Diese Mehrwertsteuersenkung, glaube ich, wird das für die Bürgerinnen und Bürger stärkste sichtbare Moment sein, dass es sich wieder lohnt, nicht nur Möbelmärkte zu besuchen, sondern auch wieder etwas zu kaufen und Geld auszugeben.
Das gilt übrigens nicht nur für Möbel und Waschmaschinen, sondern auch für Automobile – deswegen war auch das ganz entscheidend –, und zwar für alle Klassen, alle Motoren und alle Preise. Insofern ist das schon eine insgesamt – auch für den Automobilbereich – sehr vernünftige Entwicklung. Deswegen haben wir uns auch nicht bei der Frage einer Extraprämie für Verbrenner verhakt, sondern haben im Gegenteil gesagt: Wenn es eine Mehrwertsteuersenkung gibt, dann wird das da auch sehr helfen.
Zusätzlich haben wir noch etwas für das Klima gemacht, indem wir eine Innovations- und Klimaprämie vereinbart haben, die eine Verdopplung der bisherigen Förderung der gesamten Elektromobilität betrifft, also Elektromobil-, Plug-in- und Hybridfahrzeuge. Das ist meiner Meinung nach ein sehr großes Paket, sowohl für die Wirtschaft als auch für den Klimaschutz. Ergänzt wird das übrigens noch durch Investitionen in Ladeinfrastruktur und den gesamten Flottenaustausch ... (akustisch unverständlich).
Das Erste ist also die Psychologie für den Wirtschaftsbereich.
Das Zweite ist die Unterstützung von Familien – Olaf Scholz hat es angesprochen. Wir haben den Familienbonus unterstützt, weil wir glauben, dass er ein gutes Signal ist. Wir haben das allerdings – auch da freue ich mich, dass das möglich war – noch um eine Verdopplung des Freibetrages für Alleinerziehende ergänzt, weil wir auch ganz bewusst ein Signal setzen wollten, dass neben der Kernfamilie gerade die vielen Alleinerziehenden in den letzten Monaten mit die größte Last zu tragen hatten. Denn bei Alleinerziehenden war es wirklich sehr, sehr schwer, Kita, Schule, alles miteinander in Einklang zu bringen.
Wir haben einen großen Rettungsschirm für die Kommunen vereinbart; das war auch ein gemeinsames Anliegen. Wir haben keine Altschuldentilgung beschlossen, aber andere Maßnahmen: einen großen Rettungsschirm, der auch Maßnahmen im ÖPNV betrifft, den Kita-Ausbau, die Digitalisierung der Schulen – ganz wichtig, das muss massiv verstärkt werden. Hier sind auch die Länder zusätzlich gefordert. Ich kann für mein Land sagen: Es wird einer der Schwerpunkte sein, das zu ergänzen.
Und last, not least: das Forschungsprogramm. Sie können nachsehen, auf welchen Forschungsfeldern wir noch einmal zugelegt haben: Quantencomputing, künstliche Intelligenz, Wasserstoff, also genau die Technologiefelder, wo wir in einem harten internationalen Wettbewerb – auch mit unseren Partnern USA und China – stehen. Wir sollten diese jetzige Phase auch nutzen, um einen Sprung zu machen – also nicht nur etwas Technologie anzusammeln, sondern einen Technologiesprung zu machen. Warum ist das wichtig? – Das Überleben von Unternehmen in dieser Krise ist das eine, das Anspringen der Konjunktur durch Kaufimpulse das andere. Wir müssen auch die langfristige Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft stärken, und das geht letztlich nur mit dem großen Thema Technologie.
Aus meiner Sicht also 21 Stunden Verhandlungen, ein guter Konsens für alle, keine finanzielle Überforderung. Wir hoffen sehr, dass dieser Impuls wirkt; das ist schon damit verbunden. Wir haben gezeigt, dass Deutschland handlungsfähig ist und dass diese Regierungskoalition bereit ist, Corona nicht nur medizinisch, sondern auch ökonomisch mit großer Entschlossenheit zu begegnen. Mit etwas Glück können wir besser als andere aus der Krise herauskommen. Wir werden nicht besser aus der Krise hervorgehen als wir hineingegangen sind, aber wenn es uns gelingt, besser herauszukommen als viele andere Länder der Welt, dann hätten wir, glaube ich, gemeinschaftlich einen guten Dienst geleistet. - Vielen Dank.
Walter-Borjans: Ja, eine beispiellose Herausforderung braucht offenbar auch eine beispiellos lange Sitzung des Koalitionsausschusses. Aber sie führt zu, wie ich finde, beispielhaften Ergebnissen – mit einem Konjunkturpaket, das eine Größenordnung von 130 Milliarden Euro hat und vor allen Dingen an vielen Stellen punktgenau Wirkung zeigen wird.
Es wurde schon angesprochen: Wir hatten in den großen Linien eine große inhaltliche Übereinstimmung. Wir hatten, wie Sie gemerkt haben, viel Bedarf, im Detail miteinander zu reden, zu ringen, um zu einem guten Ergebnis zu kommen.
Die schon angesprochene Mehrwertsteuersenkung wird die Kaufkraft stärken; wir reden über 20 Milliarden Euro, die hoffentlich beim Verbraucher ankommen. Es ist unser aller Aufgabe, darauf zu achten, dass die Mehrwertsteuer, die eine Endverbrauchersteuer ist, dann, wenn sie gesenkt wird, auch den Endverbraucher entlastet.
Wir haben für die Familien mit 300 Euro Kinderbonus, glaube ich, gerade für Familien mit Kleinen und mittleren Einkommen – auf die ist das beschränkt – zu einem guten Ergebnis gefunden, sodass auch hier die Kaufkraft gestärkt wird. Da danke ich auch ganz besonders meiner Kollegin Saskia Esken, die sich für dieses Thema besonders starkgemacht hat.
Wir helfen Unternehmen noch einmal, zusätzlich, aus der Krise heraus beziehungsweise dabei, in der Krise zu bestehen. Wir werden eine wichtige Hilfe für die besonders gebeutelten Kommunen geben, für die Städte und Gemeinden, die besonders unter dem Strukturwandel und besonders jetzt unter Gewerbesteuereinbrüchen und hohen Sozialausgaben zu leiden haben. Das wird eine enorme Entlastung, die die Kommunen investitionsfähig macht und damit einen wirklich wichtigen Konjunkturimpuls gibt.
Wir investieren in Digitalisierung; das ist ebenfalls schon angesprochen worden. Auch hier hat meine Kollegin besonderen Wert auf ein Weiterkommen gelegt.
Wir investieren vor allem in die Mobilität der Zukunft, das heißt, dass wir in Forschung in der für uns so wichtigen Automobilbranche investieren werden. Wir werden dafür sorgen, dass der öffentliche Personennahverkehr, dass Busse und Bahnen modernisiert werden, auch mit Mitteln in Milliardenhöhe. Wir werden für Batterieentwicklung und Ladestationen sorgen und dafür Unterstützung gewähren. Die Wasserstofftechnologie ist schon angesprochen worden, sowohl für den Verkehrsbereich, aber eben auch für andere Bereiche. Ich glaube, ganz wichtig ist, dass wir in diesem Zusammenhang auch zeigen: Wir unterstützen den Absatz von Automobilen, die neue Antriebstechniken haben, die in die E-Mobilität gehen, und eben nicht die reine Verbrennertechnologie.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist: Wir sehen, dass Deutschland aus dieser Krise nicht alleine herauskommen wird – wenn wir nicht europäische Solidarität zeigen. Das tun wir ja mit den Vorstößen, die schon auf dem Weg sind, dem noch einmal über eine halbe Billion schweren Paket plus Krediten von der Europäischen Kommission. Wir werden vor allen Dingen, da wir auf internationaler Ebene sehen, dass andere Länder es wesentlich schwerer haben als wir und wesentlich mehr Anstrengungen brauchen, um aus den Problemen, die Corona bringt, herauszukommen, in diesem Bereich noch einmal mit zweimal 1,5 Milliarden internationale, weltweite Unterstützung gewähren. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiges Zeichen in dieser für uns, aber eben für alle schwierigen Zeit.
Brinkhaus: Meine Damen und Herren, Rolf Mützenich und ich sitzen hier nicht nur, weil wir Mitglieder des Koalitionsausschusses sind, sondern weil es wohl kaum einen Koalitionsausschuss gab, der so intensiv in den Fraktionen, im Parlament, in den Arbeitsgruppen mit vorbereitet worden ist. Wir haben die letzten zwei Wochen gerungen, haben diskutiert und Ideen gesammelt, und ganz viel von dem, was uns wichtig war, ist hier und heute in diesem Papier enthalten und wird auch in Maßnahmen umgesetzt.
Was uns besonders wichtig war – das ist ungewöhnlich, das ist antizyklisch, aber das ist richtig –, ist, dass wir ganz stark auf den Bereich Zukunft gesetzt haben und einen Großteil der Mittel nicht nur für die Stützung derer, die sie jetzt benötigen, nutzen, eben nicht nur für klassische Konjunkturimpulse, sondern dass wir ihn dafür nutzen, Zukunft in diesem Land zu gestalten. Dieses Papier ist ein ganz starkes Bekenntnis dazu, dass diese Koalitionsfraktion CDU/CSU – aber ich glaube, das gilt genauso für unseren Koalitionspartner –, dass wir beide an die Zukunft in unserem Land glauben und jetzt gerade in der Krise versuchen, Impulse nach vorne zu setzen. Das betrifft nicht nur den Bereich Digitalisierung, sondern wir setzen – was uns besonders freut, was besonders wichtig ist – mit der außenwirtschaftlichen Wasserstoffstrategie ganz starke Impulse im Bereich Klima. Wir stärken unsere Leuchtturmprojekte im Bereich Quantencomputer, im Bereich künstliche Intelligenz, aber auch im Bereich Gesundheit. Ich denke, dass es ganz besonders wichtig ist, dass wir das auch gerade in der Krise tun und dass wir in der Krise an morgen denken.
Zwei andere Sachen waren uns auch sehr wichtig: einmal die Stärkung der Kommunen. Die Kommunen sind das Herzstück der Politik, sie sind das, wo Menschen Politik als Erstes erleben, wo sie sehen, ob etwas funktioniert oder nicht. Deswegen war es uns – zusammen mit der SPD – sehr wichtig, eine alte Forderung unserer Kommunalpolitischen Vereinigung umzusetzen, nämlich dass wir stärker bei den Kosten der Unterkunft einsteigen und insbesondere die Kommunen stärken, die sozial besonders belastet sind. Durch die Tatsache, dass wir bei der Gewerbesteuer „reingrätschen“, schaffen wir Investitionskraft bei den Kommunen. Ich denke, das ist eine Sache, die in unser aller Interesse ist: dass jetzt nicht dort gespart wird, wo es die Menschen unmittelbar betrifft.
Was uns natürlich auch wichtig war – wir sind eben die Partei, die Fraktion der fiskalischen Solidität –, ist, dass uns das finanziell nicht aus dem Ruder gelaufen ist. Wir haben zusammen mit dem Finanzminister ein Konzept gefunden, das vernünftig und angemessen, aber nicht geizig ist. Darauf kommt es auch an: Jetzt nicht an der falschen Stelle sparen, aber auf der anderen Seite auch die Generationengerechtigkeit im Auge behalten.
Ich denke, was uns da gelungen ist, ist ein wirklich rundes Papier, das jetzt mit Leben erfüllt werden muss und mit konjunkturellen Impulsen entsprechend umgesetzt werden wird. Wir sind sehr optimistisch, dass das klappen wird. Es hat sich auch wieder einmal gezeigt, dass diese Koalition, wenn es hart auf hart kommt – und nicht nur dann –, zu Höchstleistungen fähig ist. Dafür möchte ich mich auch bei den anderen Beteiligten herzlich bedanken.
Mützenich: Meine Damen und Herren, ganz herzlichen Dank für Ihr Interesse am späten Abend, nach intensiven zweitägigen Beratungen innerhalb der Koalition, die keine Last gewesen sind, sondern im Gegenteil. Hervorheben möchte ich die Kreativität, aber insbesondere auch die Vorbereitungen im Parlament in den Koalitionsfraktionen – Kollege Brinkhaus hat das betont –, auch meiner Fraktion, die sehr intensiv in den letzten Wochen beraten hat, was sie an Ideen, an Erfahrungen einbringen kann. Das fällt uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten nicht schwer, weil wir in unserer Tradition die Partei sind, die, wenn es zu Krisensituationen kommt, ein großes Interesse daran hat, eben auch dem Staat die Aufgabe zuzuweisen, Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen zu ermöglichen. Das haben wir getan. Wir haben eine Globalsteuerung in die Hand genommen, die Zukunft versprechen kann und die ganz verschiedenen Aspekte des gesellschaftlichen, des wirtschaftlichen und des sozialen Lebens abbildet. Das hat diese Beratungen nach meinem Dafürhalten auch ausgezeichnet.
Alle Parteien und die Fraktionen haben Ideen eingebracht. Deswegen will ich sagen: Das, was der Herr Ministerpräsident hier reklamiert, sollten alle reklamieren, die an einem Programm gearbeitet haben, was nicht Gewinner oder Verlierer, sondern nur Gewinner im Land kennt, nämlich die Menschen, die Familien und die Beschäftigten. Daran haben wir sehr stark gearbeitet.
Zum anderen war uns gemeinsam wichtig gewesen, eben nicht nur diese Krise abzufedern, sondern gleichzeitig daraus auch Chancen innerhalb eines gemeinsamen Europas zu entwickeln, aber letztlich auch die Innovation und Transformation, die dieser Gesellschaft bedarf, mit staatlichen Investitionen, mit Anreizen voranzutreiben. Es war uns wichtig, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Sicherheit zu geben, dass sie auf der einen Seite den Arbeitsplatz, den sie haben, auch in Zukunft weiter haben können, und auf der anderen Seite aber auch durch Innovationen, durch Weiterbildung und letztlich neuen Kompetenzen diesem Land die gebührenden Möglichkeiten zu geben, innerhalb eines geeinten Europas den Beitrag zu leisten, den wir auch in der Vergangenheit geleistet haben. Dabei war wichtig gewesen, nicht nur die Innovationen in der Technik zu betonen, sondern insbesondere das, was in den letzten Jahren ein großer Teil der Gesellschaft von uns verlangt hat, nämlich die Sorge um die Natur und die Umwelt. Das ist in ganz verschiedenen Bereichen gelungen.
Zum Schluss will ich sagen: Wir haben, wie alle Vorrednerinnen und Vorredner das bereits betont hatten, die Kommunen gestärkt, und zwar nicht nur in dem Zusammenhang, dass hier die Menschen unmittelbar miteinander leben und sich solidarisch in dieser Krise unterstützen, sondern die Kommunen sind der tragende Teil von Investitionen. Deswegen wollten wir sie auch in die Lage versetzen, diese Investitionen wieder im Sinne der Menschen auszuüben. Wir glauben, das ist ein Angebot an das ganze Land. – Vielen Dank!
Frage: Ich habe eine Frage an die Bundeskanzlerin und an Ministerpräsident Söder. Hier ist von allen betont worden, wie gut die Koalition funktioniert hat und wie sie zusammengearbeitet hat. Manche haben schon von neuen Koalitionsverhandlungen gesprochen. Dabei weiß jeder, dass diese Koalition Ende nächsten Jahres Geschichte ist. Nun gibt es vor allem in der Union - deswegen frage ich Sie - einige, die fürchten, dass mit den Wohltaten für das Land die SPD in den Wahlkampf geht und eine mögliche nächste unionsgeführte Regierung die Schulden für die nächsten Generationen auslöffeln sollen. Teilen Sie diese Sorge, oder sehen Sie das als unbegründet an?
BK’in Merkel: Hier wurde ja davon gesprochen, dass wir 21 Stunden wirklich verhandelt haben, um in einer Situation, wie wir sie noch nicht erlebt haben und wie sie vor uns auch keiner erlebt hat, das Beste für das Land zu tun. Davon waren die Beratungen getragen. Wir haben unser ganzes Wissen und unsere ganzen Überzeugungen dort hineingesteckt und haben versucht, in einer sehr, sehr schweren Situation das Beste zu machen.
Ich glaube, wenn wir gerade den nächsten Generationen Zukunft ermöglichen wollen, müssen wir heute in Zukunft investieren. Das hat uns geleitet. Das ist richtig, und das wird Schlimmeres verhindern. Das heißt nicht, dass die Zukunft leicht wird. Ich glaube, das ist heute auch gesagt worden. Es ist ein ambitioniertes Programm, aber keines, was aus dem Ruder läuft und was jede fiskalische Solidität vermissen lässt. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass wir die richtige Balance gefunden haben, um jetzt erst einmal die nächsten Monate zu bewältigen.
Ich will noch etwas sagen, um die Ernsthaftigkeit zu unterstreichen: Über sieben Millionen Menschen sind in Kurzarbeit. Wir können froh sein, dass wir dieses Instrument haben. Aber das zeigt natürlich auch, auf wie fragilen Füßen die ganze Sache steht und dass es jetzt gelingen muss, auch die Wirtschaft wieder anzustoßen, damit Arbeitsplätze gesichert werden können. Das ist das, was uns leitet.
MP Söder: Ich kann das nur bestätigen und unterstützen. Wir haben jetzt schon einige Verhandlungen gehabt, wo es manchmal ideologisch härter zugegangen ist. Die Verhandlungen waren von dem Bewusstsein getragen, dass wir ein Ergebnis brauchen. Das ganze Land wartet darauf. Dabei geht es nicht um die Taktik des nächsten Jahres. Wir können nicht die Zukunft planen, wenn wir in der Gegenwart versagen. Uns war also klar, dass wir jetzt mit einem Programm bestehen müssen, das Impulse setzt und das den Menschen eine Perspektive bietet.
Wir haben allein mit dem großen Programm vielen Berufsgruppen - Kunst, Kultur, Schausteller, Clubs, Bars, also Gastronomie, die von den Maßnahmen unglaublich stark betroffen sind, und die Reisebüros - zusätzliche Überbrückungshilfen gewährt, auf die dringend gewartet wird. Wir verschaffen damit dem Land an einigen Stellen eine Verschnaufpause und an einigen Stellen die Möglichkeit, aufzuholen und durchzustarten. Deswegen ist die Frage, was im nächsten Jahr ist, im Moment völlig ohne Belang, sondern es kommt in der gegenwärtigen Situation nur darauf an, für unser Land das Beste zu erreichen.
Ich glaube, das Programm ist, wie Herr Mützenich gesagt hat, für alle Seiten profitabel. Wir haben am Ende ein Ergebnis erzielt, das weder überfordert noch allerdings zu Kleinteilig wäre. Das ist schon wichtig. Es ist ein mutiges, aber kein tollkühnes Programm. Ich bin sehr zufrieden. Jeder musste ein Stück von seinen Ursprungsideen mit einbringen. Aber das ist bei einer guten Koalition und bei einem Kompromiss einfach notwendig. Das war also eine faire Diskussion und auch ein faires Ergebnis.
BM Scholz: Ich darf noch ergänzen, dass Sie sich immer darauf verlassen können, dass das Geld vom Finanzminister gut bewacht wird.
Frage: Herr Brinkhaus, nach dem letzten Koalitionsausschuss hatten Sie in einem Interview gesagt, Ihnen mache es langsam Angst, wie viel Geld Sie für die Bewältigung der Krise ausgeben. Jetzt legen Sie noch einmal locker 130 Milliarden Euro drauf. Trotzdem sind Sie heute so fröhlich. Wie kommt es, dass Sie stimmungsmäßig jetzt ganz anders drauf sind?
Zeigt die Tatsache, dass Sie hier sitzen und nicht Frau Kramp-Karrenbauer, wo im Moment in der CDU tatsächlich das Machtzentrum liegt, nämlich in der Fraktion?
Brinkhaus: Was die zweite Frage angeht, ist es so, dass Annegret Kramp-Karrenbauer und ich uns abgesprochen haben, wie wir das medial aufbereiten. Insofern hat das, glaube ich, keine Bedeutung.
Zur Frage, warum ich so fröhlich bin: Das kann ich Ihnen sagen. Weil es uns nämlich gelungen ist, einen Großteil dieses Geldes tatsächlich in die Zukunft zu investieren. Das ist für uns als Unionsfraktion so ungemein wichtig gewesen. Wir haben alle viel Freude an diesen ganzen Projekten in den Bereichen Klima, Gesundheit und Digitalisierung. Ich glaube, dass wir wirklich etwas für das Land tun. Ich denke auch, dass das Geld in den Kommunen gut investiert ist. Wenn wir den Kommunen Finanzspielraum verschaffen, können sie weiter in Schulen, Bildungseinrichtungen, Digitalisierung und in viele anderen Sachen investieren. Deswegen ist das für mich ein großes Investitionspaket. Da ich irgendwann einmal Betriebswirtschaft gelernt habe, weiß ich, dass Investitionen gut sind, wenn sie gut angelegt sind.
Aber trotzdem haben Sie recht: Wir müssen immer darauf aufpassen, dass die ganze Sache in der Balance bleibt. Das ist in den letzten zwei Tagen gelungen, und deswegen sind wir mit dem Paket sehr zufrieden.
Frage: Herr Scholz, wie enttäuscht sind Sie, dass die Altschuldenproblematik nicht abgeräumt werden konnte? Sie haben in der Vergangenheit detaillierte Pläne vorgelegt. Das steht ja auch im Koalitionsvertrag. Jetzt ist das auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertagt. Warum haben Sie das zurückgezogen?
BM Scholz: Wir müssen etwas für die Kommunen tun. Ich habe dazu schon sehr lange Pläne entwickelt. Ich habe allein über die Möglichkeit, Veränderungen bei den Kosten der Unterkunft herbeizuführen, als ehemaliger Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg vier Jahre lang über Bund-Länder-Finanzbeziehungen verhandelt. Damals ist es nicht gelungen, eine Verbesserung dieser Situation zu verankern. Das ist jetzt gewissermaßen als Ergebnis eines anderen Vorschlags passiert, der aber damit ja nicht vom Tisch ist, sondern weiter auf der politischen Agenda geblieben ist. Genauso wie es umgekehrt der Fall gewesen wäre. Das Thema Kosten der Unterkunft wäre immer noch da gewesen, wenn wir es jetzt nicht gelöst hätten.
Der entscheidende Unterschied ist: Hier ist für 2020 und 2021 keine Lösung für die Frage der Kosten der Unterkunft gefunden worden, sondern eine dauerhafte Entfristung des höheren Anteils des Bundes an der Finanzierung der kommunalen Kosten. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Impuls für die Finanzierungsaufgaben gerade der Gemeinden, die relativ wenig Geld haben. Insofern kommt da viel zusammen. Bei der Frage der Gewerbesteuerausfälle übernehmen wir die Hälfte derjenigen, die wir für dieses Jahr erwarten, und hoffen, dass die Länder die Kommunen von dem anderen Teil entlasten.
Was die Kosten der Unterkunft angeht, ist es so, dass wir substanziell mehrere Milliarden in die Hand nehmen. Das sind vier Milliarden Euro pro Jahr, und das wird dauerhaft steigend so bleiben. Das ist eine große Veränderung. Wenn wir den anderen Weg gewählt hätten, hätte das erst einmal im Bundeshaushalt eine geringere Belastung ausgelöst und hätte nur gewissermaßen eine Belastung aus der Vergangenheit bei Seite geschoben. Das Thema bleibt bestehen. Ich finde trotzdem, dass das eine sehr, sehr gute Lösung ist, weil jetzt erst einmal die finanziellen Spielräume der Kommunen viel größer geworden sind.
Wenn Sie genau hinschauen, was wir alles vereinbart haben, dann sehen Sie, dass noch mehr zusammenkommt. Wir investieren zum Beispiel in Schulen und Kitas. Das ist eine unmittelbare kommunale Investitionskraft. Wir sorgen dafür, dass zum Beispiel für die öffentlichen Verkehre 2,5 Milliarden Euro zusätzlich in diesem und im nächsten Jahr für Regionalisierungsmittel bereitgestellt werden. Auch das hat etwas mit Verkehren vor Ort zu tun.
Wir haben im Übrigen Investitionsprogramme für kommunale Lkw- und Busflotten auf den Weg gebracht und nicht nur, aber ganz viel für die Elektrifizierung getan. Das könnte man in großem Umfang weiter fortsetzen. Das ist schon sehr viel Geld, was dorthin fließt, und es ist richtig angelegtes Geld. Man kann es nicht oft genug sagen. Jeder von uns lebt irgendwo in einer Kommune. Das ist die Stadt, die man kennt, und das Dorf, das man liebt. Das sollte man pflegen, und das haben wir als solidarisches Land auch miteinander zu tun. Ich glaube nicht, dass wir davon profitieren würden, wenn es an der einen Stelle schön ist und an der anderen nicht. Gleichwertige Lebensverhältnisse sind die Daueraufgabe eines solidarischen Landes, erst recht in einer Krise wie der jetzigen.
Frage: Ich habe eine Frage an die Unionsseite zum Thema Mehrwertsteuer. Diesbezüglich gab es größere Widerstände aus der Union, auch mit dem Hinweis darauf, dass es möglicherweise nur ein Strohfeuer sei, dass Ausgaben sozusagen vorgezogen würden, die ein halbes Jahr später nicht mehr getätigt würden. Wo kommt jetzt Ihre plötzliche Begeisterung auch für diesen Punkt her?
An die SPD-Seite die Frage nach der Deckelung der Lohnnebenkosten bei 40 Prozent. Das war ja nicht gerade Ihr Lieblingsprojekt. Wenn ich das richtig verstanden habe, sind Sie jetzt davon wiederum so begeistert, dass Sie das jetzt auch künftig in Ihr Wahlprogramm aufnehmen, oder wie begründen Sie jetzt Ihre Zustimmung?
BK’in Merkel: Ich muss einmal die anderen Kollegen von der Union fragen. Ich habe davon gar nichts gehört.
Wir haben uns überlegt, was wir als übergreifendes Element haben können, um nicht jeden Tag nur einzeln zu bedenken. Dabei ist, glaube ich, die Natur eines Konjunkturpakets schon, dass es zeitlich befristet sein muss und zum richtigen Zeitpunkt kommen muss, und dies ist für uns der richtige Zeitpunkt. Insofern glaube ich, dass der Charakter eines Konjunkturprogramms mit dieser Maßnahme sehr gut erfasst wird. Wir versprechen uns davon, dass sich Menschen in einer Stimmung, in der sie natürlich auch abwarten und in der sie nicht sicher sind, was sie tun sollen, doch für das Investieren entscheiden können. Man muss ja noch sehen, dass ab dem 1. Januar dann für 90 Prozent der Menschen auch der Solidaritätszuschlag wegfallen wird. Das heißt, dass wir dann auch ein Anschlussprogramm haben werden, das auch noch einmal eine steuerliche Begünstigung darstellt.
Die Mehrwertsteuer hat den Vorteil, dass sie eben auch für diejenigen wirkt, die keine Einkommensteuer zahlen, das hießt, auch für die niedrigeren Einkommen. Das ist also auch eine sozial sehr gerechte Sache. Insofern haben die Gegenargumente unter uns keine Rolle gespielt.
MP Söder: Ich darf noch einen Satz oder zwei ergänzen: Wie Sie wissen, waren wir ja bei der Gastronomie - gerade wir aus Bayern - ohnehin der Meinung, dass wir schon eine Senkung der Mehrwertsteuer probiert haben beziehungsweise beschlossen haben. Deswegen war das für uns immer ein sehr probates Mittel. Wir haben die letzten Tage allerdings darauf verzichtet, das noch einmal zu einem großen Thema zu machen, weil wir wussten, dass es da verschiedene Schwierigkeiten gibt, so etwas auch zu entscheiden. Aber in dieser Frage waren die beiden Parteivorsitzenden - ich möchte die Annegret da ausdrücklich erwähnen - sehr, sehr engagiert.
Zu dem Argument von vorgezogenen Effekten und Strohfeuern will ich nur eines sagen: Die nächsten sechs Monate sind für die ökonomische Lage extrem entscheidend, nicht unbedingt, was die Zeit in zwei Jahren angeht, sondern jetzt. Es kommt darauf an, dass jetzt die Wirtschaft anspringt, dass jetzt der Konsum startet. Insofern ist das Wort „Strohfeuer“ ein unglückliches; denn alles, was jetzt passiert, hat einen Impuls. Wir können nicht auf die Ewigkeit warten bei der Wirtschaft, (akustisch unverständlich) diesem Jahr anspringen. Insofern kann man dann auch denjenigen, die meinen, dass es ein Strohfeuer ist, sagen: Auch ein Strohfeuer brennt, ist heiß, gibt Hitze, und wir brauchen diesen Impuls und diese Hitze, um im nächsten halben Jahr wieder Schwung in die Wirtschaft zu bekommen. Diese Zündung, die stattfindet, diese Initialzündung, die geht mit Abstand am besten durch die Mehrwertsteuer, weil das, wie die Bundeskanzlerin sagt, auf alle Bereiche, alle Branchen, alle Produkte bezogen ist. Deswegen, glaube ich, ist das ein ziemlich guter Vorschlag. Jedenfalls ist er von all den Vorschlägen, die da sind, der, der am schnellsten und kurzfristigsten wirkt, und damit auch der, der am naheliegendsten ist.
BM Scholz: Vielleicht darf ich kurz etwas zur Frage der Mehrwertsteuer sagen. Ich bin überzeugt, dass es eine kluge Entscheidung ist, die wir da getroffen haben, und zwar deshalb, weil sie nicht zaghaft ist. Es sind immerhin 20 Milliarden Euro - Norbert Walter-Borjans hat es schon gesagt -, eine große Menge Geld. Außerdem ist sie zeitlich befristet. Das, was wir jetzt erreichen müssen, sind nämlich zwei Entscheidungen der Bürgerinnen und Bürger und vieler Unternehmen, nämlich dass sie sich trauen, dass sie auf die Zukunft setzen, dass sie glauben, dass es wieder los und vorwärts geht und dass das einen guten Effekt hat, und dass sie wissen, dass es klug ist, sich jetzt zu entscheiden, weil das normale Regime der Mehrwertsteuer im nächsten Jahr wiederkommen wird. Insofern ist das etwas, das man unmittelbar nutzen kann.
Was die Sozialversicherungsbeiträge betrifft, ist es schon immer eine alte Forderung von uns gewesen, durch einen ausreichenden Steueranteil dafür zu sorgen, dass die Beitragsbelastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht zu groß wird. Das haben wir mehrfach vorgemacht, und das machen wir jetzt an den Stellen, an denen es dann konkret notwendig wird, weiter.
Walter-Borjans: Ich glaube, wir haben zwar lange verhandelt, aber auf der anderen Seite haben wir sehr früh angefangen und sind mit Anfang Juni zu einem Zeitpunkt unterwegs, der auch ganz wichtig ist, weil es schnell gehen muss und weil es schnell Verlass bei den Menschen im Land schaffen muss. Ich glaube, beides ist gelungen, nämlich dass wir jetzt ein solches Paket präsentieren können, dass wir auf der anderen Seite aber auch zeigen können, dass eine Verlässlichkeit in dem besteht, was wir machen, und dass nicht an anderen Stellen das wieder aufgefressen wird, was jetzt in die Wirtschaft und auch in die private Nachfrage hineingepumpt wird. Dazu gehört ja nicht nur, dass wir jetzt garantieren, dass beispielsweise durch nicht steigende Lohnnebenkosten, und zwar für beide Seiten, nicht wieder etwas weggenommen wird, sondern wir haben zum Beispiel auch sichergestellt, dass die Strompreise nicht steigen, sodass all diese Dinge, die jetzt der Konjunkturbelebung entgegenwirken könnten, nicht stattfinden und wir das sicherstellen.
Auch noch einmal zum Thema der Mehrwertsteuer: Es gibt keine bessere Steuersenkung als die der Mehrwertsteuer, weil die Mehrwertsteuer Kleine Einkommen anteilsmäßig wesentlich stärker als große belastet. Wir wissen, dass der Sparimpuls dort wesentlich Kleiner ist und die Nachfrage schneller angefacht wird. Mit der Mehrwertsteuer - beschränkt auf dieses halbe Jahr - jetzt einen enormen Nachfrageschub zu geben, der dann aber auch wirklich weitergegeben werden muss – das ist, glaube ich, das, was jetzt zusammenkommt: schnelle Wirkung, verlässliche Wirkung und nicht ein Konterkarieren durch gegenläufige Bewegungen auf anderer Ebene.
Das gilt auch für die Kommunen, weil wir, wenn wir die Kommunen nicht entlastet hätten, jetzt viel Geld in die Wirtschaft und in die Nachfrage gepumpt hätten und die Kommunen praktisch alles wieder wegsparen hätten müssen, was man auf der einen Seite ausgibt.
Frage: Ich habe eine Frage an den bayerischen Ministerpräsidenten und die Bundeskanzlerin, und zwar noch einmal zur Autoprämie. Herr Söder, Sie hatten ja gesagt, dass Sie jetzt im Grunde genommen auch damit zufrieden sind, obwohl es keine Prämie für Benziner geben wird, weil es praktisch mit der Mehrwertsteuersenkung auch eine Vergünstigung gibt. Nun könnte man sich natürlich auch dazu entscheiden, zu sagen: Mensch, ich kaufe mir ein Elektroauto, vielleicht ein französisches, also ein günstigeres, und da gibt es ja auch die Mehrwertsteuerermäßigung. - Mit anderen Worten: Befürchten Sie nicht, dass am Ende vor allen Dingen möglicherweise ausländische Autoproduzenten mehr von dieser Elektroautoprämie als deutsche Autohersteller profitieren werden?
BK’in Merkel: Ich will dazu nur Folgendes sagen: Erstens gibt es für Elektroautos ja noch einmal eine Sonderinnovationsprämie. Wir haben den staatlichen Anteil an den jetzigen Prämien, die gestaffelt von Hybrid- bis zu reinen Elektroautos gezahlt werden, praktisch verdoppelt. Zweitens haben wir ja ein Interesse daran, dass Deutschland stark ist, aber vor allen Dingen auch daran, dass Europa insgesamt stark ist. Das heißt, wenn wir uns einmal die deutsche Automobilindustrie anschauen und schauen, wo die verschiedenen Teile der Autos eigentlich produziert werden, dann sehen wir, dass das eigentlich eine europäische Produktion ist. Umgekehrt, wenn wir uns die Zulieferer in Deutschland anschauen, sehen wir, dass die auch für ausländische Autos produzieren. Das heißt, wir sind ein Binnenmarkt, und deshalb haben wir da nicht so gedacht. Aber die Mehrwertsteuer zeigt halt, dass es für alle Autoklassen und alle Autogruppen eine deutliche Ermäßigung gibt, und außerdem gibt es dann noch diese gezielte Förderung der E-Mobilität, dies dann auch in die Ladeinfrastruktur und Ähnliches eingebettet. Das bedeutet also einen Innovationsschub und insgesamt einen Kaufanreiz.
MP Söder: Ich kann das nur ergänzen: Es ist ein großes Autopaket, was die Mehrwertsteuer - - - Es ist sozusagen nicht speziell für das Auto, aber für alle da, übrigens auch für alle Motoren, alle Klassen und auch - interessant! - alle Preiskategorien. Dazu gehören die besondere - ich nenne sie jetzt einmal so - Klima- und Innovationsprämie - eine Verdoppelung der bisherigen Förderung von allem, was Elektromobilität betrifft - und eine Einbettung in eine große Frage von Ladeinfrastruktur, Nutzfahrzeugen und Ähnlichem mehr. Ich finde: Das ist ein großes Autopaket.
Ich glaube, damit können nicht nur die Hersteller, sondern vor allem auch die Gewerkschaft gut leben. Wir haben ja als Bayern von Anfang auch einen sehr engen Draht zur IG Metall gehabt, weil wir ein Autoland sind, und haben einen sehr engen Austausch gehabt, auch mit den Kollegen in Baden-Württemberg und Niedersachsen. Ich glaube, das jetzige Ergebnis ist sowohl für den Autostandort Deutschland als auch für die Zulieferer - wir geben auch Geld aus, um die Zulieferer in der Transformation technologisch zu stärken - ein gutes Ergebnis. Ich glaube, dass dieses Ergebnis jetzt im Vergleich zu der Abwrackprämie vor zehn Jahren deutlich stärker in Deutschland wirken wird als damals.
Frage: Ich habe eine Frage an die beiden Fraktionsvorsitzenden. Die Tatsache, dass Sie jetzt hier sitzen, deutet darauf hin, dass Sie ganz sicher sind, dass die Fraktionen alle Maßnahmen jetzt auch schnell umsetzen werden. Das wäre die eine Frage.
Herr Scholz, eine kurze Nachfrage: Ist jetzt eigentlich ein Nachtragshaushalt nötig? Steigt die Neuverschuldung Deutschlands weiter?
Mützenich: Herr Rinke, wir haben ja schon darauf hingewiesen, dass die Fraktionen in die Vorbereitung des Konjunkturprogramms sehr eng eingebunden gewesen sind. Es gab viele Ideen und letztlich eben auch gute Ideen, die sich auch im Konjunkturprogramm wiederfinden. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Kolleginnen und Kollegen bereits heute Abend - wir haben dieses Programm ja jetzt auch zur Verfügung gestellt - nicht nur ihre Ideen wiedersehen, sondern dass sie letztlich eben auch bereit sein werden, schnell im Parlament zu den entsprechenden Entscheidungen zu kommen.
Dass die beiden Fraktionsvorsitzenden heute Abend hier mit bei dieser Pressekonferenz sitzen, ist ja nun auch durchaus selbstverständlich, weil wir auch an den Beratungen teilnehmen und weil das Parlament nun einmal am Ende auch das entscheidende Wort hat.
Brinkhaus: Stimmt alles! Ich schließe mich an.
BM Scholz: Unsere Haushaltsführung ist, wie ich gesagt habe, sehr solide. Wir haben am Ende des letzten Jahres eine ordentliche Rücklage gehabt, die wir für unsere Haushaltsplanung verwenden können, und haben uns trotzdem, als es mit der Coronapandemie und den wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen losging, entschlossen, einen Nachtragshaushalt mit einem Volumen von mehr als 150 Milliarden Euro – 156 Milliarden Euro - auf den Weg zu bringen, mit dem wir die Aufgaben, die wir damals absehen konnten, finanzieren können, ohne diese Rücklage zu verbrauchen. Das war aus unserer Sicht eine sehr sorgfältig bedachte Entscheidung, weil sie vorsichtig ist und uns genügend Spielraum auch für die nächste Zeit verschafft.
Aus dem Nachtragshaushalt stehen uns noch große finanzielle Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung - das sind mehr als 60 Milliarden Euro -, sodass wir also nicht alles, was wir hier beschlossen haben, mit neuen und zusätzlichen Mitteln werden finanzieren müssen. Wie groß der Nachtragshaushalt sein wird, können wir noch nicht absehen, aber dass wir einen machen werden, ist sicherlich vorhersehbar. Aber die Dimension ist im Hinblick auf das, was wir hier zu machen haben, eben doch sehr überschaubar. Das sind im Bundeshaushalt etwa 90 zusätzliche Milliarden für dieses Jahr und etwa 30 Milliarden Euro für das nächste Jahr. Angesichts der Rahmenbedingungen, die ich eben geschildert habe, bleibt das eine bewältigbare Aufgabe.
Das, glaube ich, sollte das Markenzeichen engagierter, entschiedener deutscher Finanz- und Wirtschaftspolitik sein – dass wir schnell handeln. Das haben wir mit dem gemacht, was wir unmittelbar nach Ausbruch der Pandemie gemacht haben. Aber wir sollten auch schnell handeln, wenn es mit den meisten Phasen des Lockdown zu Ende geht, und das Konjunkturprogramm genau zum richtigen Zeitpunkt beginnen lassen und auch dort eine beherzte Entscheidung treffen und uns nicht dort hineintasten. Genau das ist jetzt das zweite Mal der richtige Weg. In beiden Fällen haben wir aber auch darauf geachtet, dass es vernünftige Entscheidungen bleiben, dass sie wirksam sind und dass wir trotzdem die finanzielle Vorausschau für die Zukunft im Blick haben und auch in der Zukunft weiterhin solide Haushalte haben. Wir werden mit dieser Herausforderung auch finanziell gut zurechtkommen.
BK’in Merkel: Danke schön und eine gute Nacht!