Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und dem Präsidenten von Niger, Issoufou

(Die Protokollierung des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultandolmetschung)


P Issoufou: Vielen Dank! Zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich mich sehr freue, eine Freundin Afrikas hier begrüßen zu dürfen. Ich freue mich, eine Freundin der Sahel-Region begrüßen zu dürfen. Gestern haben wir uns ja bereits in Ouagadougou getroffen. Im Rahmen unseres gemeinsamen Austauschs mit der Kanzlerin und den vier anderen Staats- und Regierungschefs der G5-Sahel haben wir festgestellt, dass die Bundeskanzlerin sich solidarisch mit der Bevölkerung der Sahel-Region zeigt angesichts der Herausforderungen und Prüfungen, vor denen die Bevölkerung im Bereich Sicherheit und Entwicklung steht.

Ich möchte auch noch einmal sagen, dass ich mich freue eine Freundin Nigers hier begrüßen zu dürfen. Es wurde ja bereits gesagt: Es ist das zweite Mal, dass die Bundeskanzlerin mir die Ehre erweist, mich hier zu besuchen. Das erste Mal war im Oktober 2016. Darüber hinaus hatte ich die Ehre, die Kanzlerin mehrfach zu treffen, auch in Berlin. Das zeigt die exzellenten Beziehungen, die unsere beiden Länder, Niger und Deutschland, unterhalten.

Diese exzellenten Beziehungen können wir auch feststellen, wenn wir die Dynamik in unserer Zusammenarbeit betrachten - eine Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich und im Bereich der Entwicklung. Bei der Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich unterstützt Deutschland uns zum Beispiel bei der Ausbildung und bei der Ausrüstung und Ausstattung unserer Verteidigungs- und Sicherheitskräfte. Das ist entscheidend angesichts des Sicherheitsumfelds, in dem wir hier in der Sahelzone leben.

Bei der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung unterstützt Deutschland uns in prioritären Bereichen, nämlich bei der Dezentralisierung und der Regierungsführung. Wenn man es so formuliert, dann weiß man nicht ganz genau, womit man sich da befasst, deshalb sage ich: Es geht um den Bereich Bildung, es geht um den Transport in den Gemeinden, es geht zum Beispiel auch um Fragen des Wassers, es geht um Landwirtschaft, um Viehzucht. Das ist der prioritäre Bereich, in dem die deutsche Zusammenarbeit erfolgt. Darüber hinaus gibt es noch einen zweiten Bereich der Zusammenarbeit, der für uns entscheidend ist, und das ist die produzierende Landwirtschaft sowie die Ernährungssicherung, das heißt, eine Unterstützung für unsere Initiative in diesem Bereich.

Die Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Ländern in diesen Bereichen zeigt beispielhaft, wie wir arbeiten, und das wird auf weitere Bereiche wie zum Beispiel auch die ländliche Elektrifizierung ausgeweitet. Auch das ist eins unserer Ziele: dass die Bevölkerung in den Dörfern Zugang zu Elektrizität hat.

Auch der private Bereich, die private Wirtschaft sollte nicht vergessen werden, denn auch dort haben wir exzellente Beziehungen. Wir möchten aber natürlich noch mehr Privatinvestitionen in Niger anziehen, denn Niger hat eine wirklich dynamische Wirtschaft, eine Wirtschaft, die in den letzten acht Jahren eine durchschnittliche Wachstumsrate von 6 Prozent verzeichnet hat und deren Wachstumsprognosen bei ungefähr 7 Prozent in den kommenden fünf Jahren liegen. Wir möchten also noch mehr deutsche Privatinvestitionen in Niger. Deshalb will die Regierung auch die bestmöglichen Bedingungen schaffen, um das Wirtschaftsklima, das Unternehmensklima zu verbessern.

Das sind also die Fragen, zu denen ich mich mit der Bundeskanzlerin ausgetauscht habe. Ich möchte noch einmal sagen: Die Zusammenarbeit zwischen Niger und Deutschland hat eine wirklich gute Zukunft vor sich.

Ich erneuere noch einmal meinen Dank an die Bundeskanzlerin für die Unterstützung in vielfältiger Hinsicht, die Sie nicht nur im Niger leisten, sondern auch den gesamten Sahel-Staaten gegenüber. Vielen Dank, Frau Bundeskanzlerin!

BK’in Merkel: Recht herzlichen Dank für den sehr freundschaftlichen Empfang, sehr geehrter Herr Präsident, lieber Staatspräsident Issoufou! Ich bin sehr gerne nach zweieinhalb Jahren wiedergekommen, auch um zu schauen, welche Entwicklung unsere Zusammenarbeit genommen hat. Man kann in der Tat sagen: Nachdem wir nach der Erlangung der Unabhängigkeit Nigers viele Jahre lang keine sehr intensiven Beziehungen zu Niger hatten, hat die Entwicklungshilfe mit Niger inzwischen einen sehr hohen Stand erreicht. Man kann sagen: Pro Kopf der Bevölkerung leistet Deutschland die stärkste Entwicklungshilfe in Afrika inzwischen in Niger.

Was die Entwicklung möglich gemacht hat, ist die Tatsache, dass Sie persönlich und Ihre Regierung sehr spezifisch und nachhaltig die Erfüllung der Projekte mit uns gemeinsam besprechen. So müssen wir gegenseitig immer darauf achten, dass wir Wort halten und die Dinge auch überprüfen. Wir wissen ja, dass wir manchmal auch nicht die schnellsten sind; deshalb hat mir auch sehr viel daran gelegen, dass wir das, was wir miteinander besprechen, dann auch wirklich umsetzen. Das ist die Grundlage unserer Kooperation.

Wir konnten heute einige neue Entwicklungen begrüßen. Da geht es einmal um neue Projekte im Bereich der Sicherheit. Inzwischen ist der Militärberater eingetroffen, den wir bei meinem ersten Besuch versprochen haben und der dann auch permanent im Verteidigungsbereich mit dem nigrischen Verteidigungsministerium zusammenarbeiten wird. Wir haben mit den Niederlanden zusammen bereits eine Ausstattungshilfe für die Grenzsicherungskräfte in der Provinz Tahoua aufgelegt, und wir werden 2020 ein ähnliches Projekt für die Grenze bei Zinder auflegen. Wir arbeiten, wie wir gestern diskutiert haben, auch an der gemeinsamen Truppe der G5-Sahel-Staaten, aber wir versuchen eben auch, bei der Ertüchtigung des nigrischen Militärs mitzuhelfen, und haben hier - die Verteidigungsminister war ja zu Besuch - doch eine ganze Menge Geld investiert, nämlich ungefähr 30 Millionen Euro in der letzten Zeit.

Wir wollen aber auch die Entwicklungshilfe nicht vernachlässigen. Deshalb haben wir uns darüber unterhalten, dass wir insbesondere in der Region Tahoua ein Krankenhaus ertüchtigen und gleichzeitig auch Gesundheitsstationen im ländlichen Raum entwickeln, damit wir auch, was Aufklärung in Bezug auf Bevölkerungsentwicklung anbelangt, in die ländlichen Räume hineingehen können. Wir werden auch im Wassermanagement und im Bildungsbereich investieren. Für das Wassermanagement und den Bildungsbereich haben wir weitere 10 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, für den Bereich der Gesundheitsprojekte 15 Millionen Euro. Das alles werden wir gut und eng miteinander verabredet auch umsetzen und damit einen Beitrag leisten.

Wir haben in der Frage der Reduzierung der illegalen Migration vom ersten Gespräch an sehr gut zusammengearbeitet. Hier hat Niger Herausragendes geleistet. Wir haben bei der Ausstattungshilfe geholfen, und zwar gemeinsam - das war auch ein neuer Angang - zwischen Frankreich, Italien, Deutschland, Spanien und der Europäischen Kommission. Wir haben außerdem gesagt: Wenn wir auf der einen Seite den Schleppern und Schleusern das Handwerk legen wollen, müssen wir auf der anderen Seite in der Region Agadez auch Arbeitsplätze schaffen. Hier haben wir erste Schritte gemacht, und die deutschen Projekte laufen auch. Ich habe aber natürlich volles Verständnis dafür, dass das immer noch weiter ausgebaut werden muss; denn die Menschen in der Region brauchen ja eine Perspektive.

Als wir auf dem EU-Afrika-Gipfel darüber diskutiert haben, welch dramatische Zustände zum Teil in Libyen herrschen, hat Niger sich bereiterklärt, Flüchtlinge, die in Libyen gestrandet waren, wieder zurückzunehmen, und hat dann auch gehofft, dass diese Flüchtlinge entweder in ihre Heimatländer zurückgehen können oder aber andere europäische Länder hier auch ein Resettlement für besonders betroffene Gruppen durchführen - das wird auch mit dem UNHCR zusammen gemacht. Ich darf sagen, dass wir, nachdem unser erstes Kontingent von 300 Flüchtlingen so gut wie ausgeschöpft ist, bereit sind, noch einmal 300 zurückzunehmen. Man muss sich das vorstellen: Niger hat damals sehr schnell gehandelt, als das in Abidjan bekannt wurde. Insofern möchte ich Niger dafür auch danken, denn Niger gehört nun wirklich nicht zu den reichsten Ländern in Afrika, und trotzdem ist es ein Land, das trotz sehr widriger Bedingungen immer Solidarität zeigt.

So kann man also sagen, dass unsere Zusammenarbeit auch dazu geführt hat, dass das Verständnis bei uns zu Hause in Deutschland für die Probleme, die es hier gibt, gewachsen ist. Ich glaube, noch einen Schritt weitergehen müssen wir in der Tat bei der Ankurbelung von privaten Investitionen; denn da stehen wir noch ganz am Anfang. Aber je besser die Kenntnis über Niger ist, je besser wir auch die Rahmenbedingungen einschätzen können, je besser wir vertrauensvoll zusammenarbeiten, umso besser können wir auch Unternehmen überzeugen, in Niger zu investieren.

Deshalb darf ich damit abschließen, zu sagen, dass ich voller Hochachtung dafür bin, wie Niger sich in der Afrikanischen Union einsetzt. Es wird im Juli zum ersten Mal einen Gipfel der Afrikanischen Union in Niger geben. Ein Projekt, das der Präsident ganz besonders vorantreibt - und das entspricht auch der deutschen Politik -, ist, dass sich ganz Afrika zu einer Freihandelszone entwickelt. Das ist ein großes Projekt. Der Präsident hat sich auch im Bereich von ECOWAS immer dafür eingesetzt, also hier in Westafrika. Das Ganze soll natürlich für die gesamte Afrikanische Union gelten. Ich kann nur sagen, dass wir dieses Projekt auch unterstützen werden, weil Deutschland auch ein Land ist, das immer für freien und fairen Handel eintritt. Ich glaube, wenn man Handelsbarrieren niederreißt, dann ist das für die wirtschaftliche Entwicklung insgesamt gut.

Deshalb herzlichen Dank, dass ich hier sein darf!

Frage: Frau Bundeskanzlerin, ich habe eine Frage zum Thema Entwicklung und Sicherheit anlässlich Ihrer Reise in die Sahelregion. In Ouagadougou haben Sie die Staats- und Regierungschefs der G5-Sahel getroffen. Was hat die Anwesenheit Deutschlands bei diesem Gipfel motiviert und was kann das Ganze in der Sahel-Region bewegen?

BK’in Merkel: Motiviert bin ich dadurch, dass wir von europäischer Seite zugesagt haben, bei der Ausstattung der G5-Sahel-Truppe mitzuhelfen und den Koordinierungshub, also das Koordinierungszentrum, in Brüssel anzusiedeln. Ich wollte mich jetzt persönlich davon überzeugen, wo wir stehen und welche Schwierigkeiten wir haben. Manches dauert länger, als wir gedacht haben. Wir können sagen, dass die deutschen Zusagen erfüllt wurden, aber wir haben auf europäischer Seite durchaus noch einiges zu tun, und wir haben auch andere Partner, die bei dieser Initiative mitmachen. Wir haben uns gestern über den Sachstand informiert. Es wird dann in wenigen Tagen ein Treffen der Außen- und Verteidigungsminister mit den Außen- und Verteidigungsministern der Europäischen Union geben. Ich kann so aus eigener Kenntnis und mit eigener Erfahrung ausgestattet auch mit unseren Ministern noch einmal darüber sprechen, worauf wir von deutscher Seite zu achten haben.

Außerdem war das Gespräch für mich sehr wichtig, weil wir auch eine sehr schwierige Situation in Libyen haben. Ich war heute bei den deutschen Truppen in Gao in Mali und werde morgen im Übrigen auch EUCAP besuchen, also die EU-Mission, die den Kapazitätsausbau macht, in der auch Deutsche vertreten sind. Ich habe dort gehört, dass, wenn in Libyen um Tripolis herum Spannungen auftreten, wie das jetzt ja durch den Vormarsch von General Haftar passiert ist, man das sofort im Raum der G5-Sahel-Staaten, sprich in diesem Falle in Mali, spürt. Daran sieht man, dass die Dinge sehr eng zusammenhängen. Die G5-Staaten haben uns Europäer gebeten, doch eine gemeinsame Position mit Blick auf Libyen zu entwickeln. Auch dieser Wunsch, den ich sehr gut verstehe und unterstütze, ist für mich eine wichtige Erkenntnis aus dieser Reise - so wie natürlich auch die Meinung der G5-Sahel-Staaten zu diesem Thema.

Zusatzfrage: Herr Präsident, möchten Sie auch noch darauf antworten, oder sollen wir eine zweite Frage stellen, vor allem zu dem Aspekt, was sich nach diesem Gipfeltreffen in Ouagadougou ändern wird?

P Issoufou: Ich muss zunächst einmal der Bundeskanzlerin danken für die Unterstützung, die sie für die Afrikanische Union bei der Einrichtung der Freihandelszone auf unserem Kontinent leistet. Sie hat es ja angesprochen: Das ist ein sehr wichtiges Projekt, das uns sehr am Herzen liegt. Es ist Teil der Vorhaben auf der Agenda 2063 der Afrikanischen Union, und Niger unterstützt dieses Projekt. Es wird ab dem ersten außerordentlichen Treffen der Afrikanischen Union, das im Juli in Niamey stattfindet wird, gelten. Dieses Projekt wird dann also einen Monat nach der Ratifizierung in Kraft treten.

Vielen Dank also für die Unterstützung, die Sie für die Afrikanische Union leisten, einschließlich der regionalen Integration im Rahmen von ECOWAS; denn wir haben noch ein anderes großes Projekt für die Bevölkerung der ECOWAS, und zwar die Währungsunion und -reform. All diese Projekte sollen zum Wohle der Bevölkerung sein und sollen Frieden und Sicherheit bringen.

Wie die Bundeskanzlerin es schon angesprochen hat, haben wir uns gestern intensiv zur Sicherheit in der Sahelzone, aber auch zu der Sicherheit im Tschadsee-Becken, wo Boko Haram eine Bedrohung darstellt, ausgetauscht.

Aufgrund unserer Sorgen, was die Sicherheitslage anbelangt, haben wir auch sehr viel über Libyen gesprochen, und wir haben die Aufmerksamkeit der Bundeskanzlerin darauf gelenkt, dass wir schnell aus dieser Krise in Libyen finden müssen; denn Libyen ist die Ursache für die Destabilisierung der Sahel-Länder. Die libysche Krise hat die terroristische Bedrohung verschärft, die es für die Sahel-Länder gibt, aber auch die Bedrohung durch organisierte Kriminalität, Drogenschmuggel, Waffenschmuggel usw.

Hinzu kommt heute noch eine andere Bedrohung, nämlich die Bedrohung von innergemeinschaftlichen Konflikten in einigen G5-Sahel-Ländern.

Wir haben all dies angesprochen und wir haben auch betont, dass es wichtig ist, eine stärkere Mobilisierung der internationalen Gemeinschaft an unserer Seite zu haben, um den Terrorismus und die organisierte Kriminalität zu bekämpfen. Denn der Kampf, den wir hier in der Sahelzone gegen den Terrorismus führen, ist ein Kampf, den wir für die gesamte Welt führen, für die Sicherheit in der gesamten Welt. Ich stelle fest, dass die Bundeskanzlerin dies sehr wohl verstanden hat und eine Fürsprecherin für uns bei den anderen Ländern sein wird, damit wir eine verstärkte Unterstützung für die Sahel-Länder angesichts dieser Bedrohung bekommen werden - vor allem angesichts der Dringlichkeit, eine Lösung für das Libyen-Problem, für die Sahelzone und für das Tschadsee-Becken zu finden.

Frage: Ich habe eine Frage an die Bundeskanzlerin zum Thema Sicherheit. Vor genau einem Jahr ist ein Deutscher, Jörg Lange, in Niger entführt worden. Er arbeitete für die humanitäre Organisation Help. Haben Sie Neuigkeiten von Ihrem Staatsbürger? Lebt er noch, gibt es Perspektiven für eine Befreiung?

BK’in Merkel: Dazu kann ich jetzt nichts sagen; das tun wir auch generell nicht. Wir arbeiten zwar mit allen, die uns vielleicht helfen können, sehr eng zusammen, aber um der Sicherheit willen und um Menschen auch, wann immer möglich, zu befreien, werde ich mich dazu in der Öffentlichkeit nicht äußern.

Frage : Herr Präsident, Frau Bundeskanzlerin, Sie haben ja jetzt auch wieder über Migration gesprochen, genau wie schon vor zweieinhalb Jahren in diesem Präsidentenpalast. Der Innenminister Nigers hat sich bitter darüber beklagt, dass Niger so viel getan hat, um das illegale Schlepperwesen einzudämmen, aber nicht genug davon profitiert hat; der Ausgleich sei völlig unzureichend gewesen, hat er in einem Interview mit einer deutschen Zeitung gesagt. Ich würde Sie beide gerne Fragen: Frau Merkel, können Sie diese Kritik nachvollziehen, zumal ja auch viel an legaler Migration und ähnlichem Ausgleich auf dem Afrika-Gipfel in Abidjan versprochen worden war? Hat Deutschland da vielleicht Fehler gemacht, die es jetzt verbessern will?

An den Präsidenten: Was wünschen Sie sich denn konkret mehr im Ausgleich dafür, dass Sie diese Migration eingedämmt haben?

BK’in Merkel: Wir sind dieser Kritik natürlich nachgegangen. Ich glaube, diese Kritik war nicht nur auf Deutschland gemünzt, sondern insgesamt auf die Schnelligkeit und das Tempo, mit dem wir reagieren. Ich glaube, unter allen Partnern ist Deutschland bemüht, relativ schnell zu reagieren. Trotzdem haben wir gestern auch bei der G5-Sahel-Truppe gesehen: Man muss immer da hinterher sein, man muss immer wieder nachfragen, und deshalb haben wir auch so intensive Beziehungen aufgebaut. Ich glaube, wenn Sie sich die Situation in Agadez anschauen, dann sehen Sie, dass man sich beliebig viel an Unterstützung vorstellen kann. Wir werden deshalb auch weitermachen, aber wir haben einige deutsche Projekte auch schon wirklich gut zum Laufen bekommen. Deutschland ist in der Region auch durchaus anerkannt - auch darüber habe ich mich noch einmal informiert -, und das, was wir gemacht hat, wird auch akzeptiert. Dass da noch mehr erwartet wird, verwundert mich ehrlich gesagt aber nicht, und insofern müssen wir da auch weitermachen.

Ansonsten möchte ich noch einmal hervorheben, dass wir gegenüber der Zeit vor zweieinhalb Jahren sehr wohl sagen können, dass wir gemeinsam Einiges auf den Weg gebracht haben. Niger hat hier in ganz besonderen Weise auch dieser illegalen Migration den Kampf angesagt. Das wiederum hat dann auch dazu geführt, dass wir dann die 300 Resettlement-Zusagen gemacht haben, die wir jetzt noch einmal um 300 weitere Resettlement-Zusagen aufgestockt haben.

Also: Kritik belebt in dem Sinne, dass man noch besser wird.

P Issoufou: Ich muss sagen: Die Frage der illegalen Migration ist natürlich eine geteilte Sorge, sowohl von europäischer Seite als auch von afrikanischer Seite. Was Niger betrifft, engagieren wir uns seit 2016 sehr stark im Kampf gegen irreguläre Migration, und das aus zwei Gründen. Der erste Grund ist ein moralischer Grund: Es ist für uns vollkommen inakzeptabel, dass junge Afrikaner in der Wüste sterben oder im Mittelmeer ertrinken. Der zweite Grund ist eine Sicherheitsfrage: Schleuser, die Migranten nach Libyen bringen, kommen dann ja auch nach Niger zurück, und das mit Waffen. Das sind die beiden Gründe, weshalb wir einen Plan zum Kampf gegen irreguläre Migration aufgelegt haben, also einmal aus dem Entwicklungsgedanken und zum anderen aus dem Sicherheitsgedanken heraus.

Ich denke, dass die Regierung Nigers, was die Sicherheit angeht, Maßnahmen ergriffen hat, die es erlaubt haben, dass die Migrationsströme, die durch Niger durchreisen, deutlich gesenkt werden konnten; denn Niger ist vor allen Dingen ein Transitland und kein Herkunftsland von Migranten. Viele Migranten reisten durch Niger - 100 000 bis 150 000 Migranten. Jetzt haben wir Maßnahmen ergriffen - Maßnahmen, die legal sind -, die dazu geführt haben, dass wir Schleuser festnehmen konnten und auch ihre Fahrzeuge beschlagnahmen konnten. Damit sind die Migrationsströme deutlich zurückgegangen. Mein Innenminister möge mich korrigieren, wenn ich bei den Zahlen falsch liege, aber ich glaube, wir liegen bei 5000 bis 10 000 Migranten im Jahr. Das heißt, wir haben die Migrationsströme im Grunde genommen auf ein Zehntel reduziert.

Die Bevölkerung in der Region von Agadez ist natürlich ungeduldig, wartet darauf und sagt, dass sie nicht ausreichend Maßnahmen für eine alternative Erwerbstätigkeit erhalten hat; denn im Kampf gegen irreguläre Migration muss es für die Bevölkerung ja auch eine alternative Erwerbsmöglichkeit geben, wie zum Beispiel Landwirtschaft, Tourismus oder auch das Handwerk. Wir haben in diesen Bereichen Projekte aufgelegt. Einige Projekte werden eben auch durch Deutschland unterstützt. Ich kann hierzu das Beispiel eines Programms geben, bei dem es um das Management von Migrationsherausforderungen geht, aber auch das Beispiel eines Projekts für die Förderung der Schaffung von Arbeitsplätzen in der Region Agadez. Das sind Programme, die sehr gut laufen. Deutschland kann aber nicht alleine diesen Bedarf decken, den wir haben. Deshalb müssen wir diesen Bedarf auch entsprechend an die EU melden, damit wir nach Möglichkeit Ergebnisse bekommen; denn momentan dauert es einfach noch zu lange, bis diese Ergebnisse sich auch konkretisieren. Ich hatte der Bundeskanzlerin darüber hinaus auch gesagt, dass es sehr wichtig ist, dass auf europäischer Ebene die Verfahren beschleunigt werden, damit wir noch schneller von den Effekten dieser Projekte, die wir ausgearbeitet haben, profitieren können.

Ich denke, dieses Migrationsthema ist ein sehr großes Thema. Ich bin von einer Sache überzeugt: Solange Afrika ein Reservoir von Rohstoffen ist, wird Afrika auch weiterhin eine Herkunftsregion von Migranten sein. Um die Migrationsströme zu bekämpfen, muss man gegen die grundlegenden Ursachen vorgehen, und das ist vor allem Armut. Wir müssen in Afrika eine Industrialisierung auf den Weg bringen. Deswegen zähle ich so auf die Unterstützung der Bundeskanzlerin, gerade auch hinsichtlich der Freihandelszone, hinsichtlich der industriellen Entwicklung Afrikas sowie der Entwicklung von Infrastruktur in Afrika, aber auch hinsichtlich der landwirtschaftlichen Entwicklung; denn wenn wir all diese Pläne umsetzen, dann schaffen wir Arbeitsplätze, und diese Arbeitsplätze machen es möglich, dass die jungen Menschen, die heute versucht sind, mittels irregulärer Migration das Land zu verlassen, im Land bleiben. Deswegen müssen wir diese Pläne schnell umsetzen. Wir haben jetzt einen Plan in Höhe von 44 Millionen Euro, den wir umsetzen wollen, damit wir den Herkunfts- und auch den Transitländern schnell helfen können.

Frage: Herr Präsident, Ihr Land ist im Ranking der Pressefreiheit zurückgefallen. Es gibt auch Festnahmen von Menschenrechtsaktivisten. Kritiker sagen, dass Ihre Regierung die Aufmerksamkeit, die Sie bei der Europäischen Union beim Thema Migration bekommen, eventuell auch dafür nutzen könnten, die Macht der jetzigen Regierung über die aktuelle Legislaturperiode hinaus auszubauen. Was entgegnen Sie diesen Kritikern?

Frau Bundeskanzlerin, haben Sie das Thema Menschenrechte angesprochen? Könnten Sie sich eventuell auch noch zu den Äußerungen von Viktor Orbán äußern, der gesagt hat, er könne sich eine Kooperation mit den Rechtspopulisten von Herrn Salvini vorstellen?

P Issoufou: Vielen Dank, dass Sie mir diese Frage stellen. Das stimmt nicht, Niger ist nicht zurückgefallen. Wissen Sie, auf welchem Rang wir bei der Pressefreiheit standen, als wir 2011 an die Macht gekommen sind? Wir waren auf Platz 139 bei „Reporter ohne Grenzen“. Sie sagen, heute stehen wir beim letzten Ranking auf Platz 76?

Zuruf: 66!

P Issoufou: Niger ist ein demokratisches Land, Niger ist eines der freiesten Länder Afrikas. Das Ranking von Niger ist nicht sehr weit weg von den USA, Frankreich und Deutschland. Wir sind eine Demokratie, und die Menschenrechte werden voll eingehalten. Ich habe der Bundeskanzlerin auch in unserem Vier-Augen-Gespräch gesagt, dass Niger alle Kriterien einhält, die die Grundlage für die Zusammenarbeit mit Deutschland sind: Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Sicherheit und Frieden. Wir kämpfen dafür.

Sie haben gesagt, ich hätte die Absicht, meine Macht über die Legislaturperiode hinaus zu verlängern. Ich habe Ihre Frage nicht genau verstanden. Ich habe ganz klar gesagt, dass 2021 mein Mandat ausläuft - das ist mein letztes Mandat, ich werde den Platz verfassungsgemäß verlassen. Die Situation in Niger ist eine demokratische Situation. Ich setze mich auch dafür ein, dass auf dem gesamten Kontinent die Demokratie gefördert wird. Ich zähle zu den Staatschefs, die denken, dass die Demokratie unerlässlich ist.

Wir bereiten 2021 vor und wir bereiten auch die Bedingungen für eine freie, transparente und inklusive Wahl vor, damit wir unser Ziel erreichen können, nämlich die Stabilisierung der demokratischen und öffentlichen Institutionen in unserem Land; denn Niger hat sehr stark gelitten aufgrund der mangelnden Stabilität in unserem Land. Deswegen sind wir sehr stark engagiert bei der Konsolidierung der demokratischen Institutionen, und das schließt die Stärkung der Pressefreiheit ein.

Das Ranking der Pressefreiheit berücksichtigt ja nicht nur das Verhalten der Regierung, sondern auch das Verhalten der Journalisten. Es kann ja auch sein, dass Journalisten sich schlecht verhalten, was sich dann negativ auf das Ranking eines Landes auswirkt.

BK’in Merkel: Der Präsident hat ja schon gesagt, dass die Frage der Demokratie und auch der Menschenrechte bei uns eigentlich beständig ein Thema ist; insofern reden wir darüber. Er hat uns sogar auch immer wieder gebeten, bei den Unterstützungen, die wir für die Regierung leisten, auch die gute Regierungsführung als ein Thema auf die Tagesordnung zu setzen. Insofern gehört das also zu den Dingen, die wir permanent und immer wieder und auch heute besprechen.

Zweitens möchte ich noch einmal hervorheben, dass Präsident Issoufou, seitdem ich ihn zum ersten Mal gesehen habe, immer gesagt hat, dass er die Absicht hat, sich an die Amtszeitregelungen in der Verfassung zu halten. Niger hat in seiner Geschichte schon sehr dafür gebüßt, dass andere das nicht getan haben. Wenn ich richtig informiert bin, gibt es sogar schon Diskussionen darüber, wer der Nachfolger sein könnte. Insofern mache ich mir keine Sorgen darum, dass es eine lebendige Wahl gibt; denn sicherlich sind nicht alle mit den Vorschlägen einer Partei einverstanden - aber so ist das ja bei uns auch.

Drittens werde ich mich morgen - und das begrüßt der Präsident - auch noch einmal mit Vertretern aus den Nichtregierungsorganisationen und aus den Regionen treffen. Ich unterstütze sehr, dass der Präsident der Dezentralisierung einen großen Raum einräumt. Ich glaube, das ist etwas, was hier in Niger auch eine große Rolle spielt: Wird der Süden besser behandelt als der Norden, wer wird vernachlässigt? Ich weiß, dass dem Präsidenten gerade aus diesem Grund zum Beispiel auch Infrastrukturprojekte sehr wichtig sind, die die verschiedenen Regionen von Niger miteinander verbinden. Auch darüber haben wir heute gesprochen.

Zu der zweiten Frage, die Sie mir gestellt haben, will ich nur sagen, dass wir erstens innerhalb der Europäischen Volkspartei die Mitgliedschaft der Fidesz suspendiert haben und dass zweitens die Aussagen des Spitzenkandidaten der Europäischen Volkspartei von mir voll unterstützt werden, dass es nach der Wahl keinerlei Kooperation mit rechten Parteien geben wird. Ich glaube, das sind zwei Dinge, die für sich stehen und die Dinge erklären.