Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und dem Präsidenten der Republik Burkina Faso, Roch Marc Kaboré

(Die Protokollierung des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultandolmetschung)


BK’in Merkel: Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass Staatspräsident Kaboré heute bei uns zu Gast ist - ich sage: wieder einmal - und dass er als Präsident von Burkina Faso ein Land repräsentiert, mit dem wir seit Langem in guter Partnerschaft zusammenarbeiten. Wir haben seit über 50 Jahren gute Beziehungen. Seit 1961 ist Burkina Faso Teil unserer Entwicklungszusammenarbeit. In diesem Sinne haben wir auch darüber gesprochen, wie wir die Dinge noch effektiver machen können.


Wir freuen uns auch, dass wir gerade mit Burkina Faso eine sehr enge kulturelle Verbundenheit haben. Es gibt immerhin 80 000 Schüler, die Deutsch lernen und von 300 Deutschlehrern unterrichtet werden. Diesen Bereich können wir ausbauen.


Unser Außenminister wird in Kürze mit einer Delegation nach Burkina Faso und Mali fahren. Wir wollen das Land unterstützen, zumal Präsident Kaboré auch eine Vielzahl von wichtigen Reformen angestoßen hat, insbesondere im Hinblick auf die Verfassung und auch auf die Dezentralisierung des Landes. Das Land steht vor großen Aufgaben. Sie sind zum einen ökonomischer Natur. Deshalb haben wir uns auch gefreut, dass sich Burkina Faso der Gruppe von Ländern angeschlossen hat, die bei dem „Compact with Africa“ mitmachen wird. Bei der letzten Konferenz war der Präsident nicht dabei, aber wenn wir Ende dieses Jahres wieder eine solche Konferenz haben, sind Sie natürlich ganz herzlich eingeladen.


Im Zentrum unserer Gespräche hat aber auch ein anderes Thema gestanden, nämlich das Thema der Sicherheit. Burkina Faso ist gerade in der Grenzregion zu Mali von terroristischen Aktivitäten betroffen. Wir wollen auch beratend tätig sein, um die burkinischen Sicherheitskräfte zu unterstützen. Wir sind ja auch bei den malischen Sicherheitskräften beratend tätig. Deshalb ist dieser Teil der Zusammenarbeit wichtig.


Aber noch wichtiger ist, dass die G5-Sahel-Truppe, die von den fünf Ländern zusammengestellt wurde, um gerade auch diese terroristischen Aktivitäten zu bekämpfen, jetzt in die Gänge kommt. Deutschland hat seinen finanziellen Beitrag hierzu geleistet. Wir haben über die Organisationsfragen gesprochen. Wahrscheinlich wird es zu einem Außenministertreffen in Brüssel kommen. Wir wollen, dass sich auch die Verteidigungsminister treffen, damit diese Truppe besser arbeitet. Denn sie wird dringend gebraucht. Das muss man ganz einfach so sagen.


Insgesamt freuen wir uns, dass wir mit Burkina Faso einen langjährigen Partner haben. Wir wollen diese Beziehungen ausbauen und weiterentwickeln. Der Präsident ist heute hierhergekommen, um genau dazu einen Beitrag zu leisten. Deshalb noch einmal danke, dass Sie wieder einmal hier sind.


P Kaboré: Ich möchte noch einmal bekräftigen, dass es, wie auch die Frau Bundeskanzlerin sagte, ein kurzer Besuch, aber ein sehr effizienter Besuch war. Denn wir konnten nicht nur über eine Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Ländern sprechen, sondern wir konnten auch alle Fragen ansprechen, die mit der Sicherheit zu tun haben, und zwar sowohl in Burkina Faso als auch in den übrigen Ländern der G5 Sahel, umso mehr, da Burkina Faso seit Januar 2019 den Vorsitz der G5 Sahel innehat. Bedeutsam war, dass wir über Fragen unseres Kampfes für mehr Sicherheit im Rahmen der Force conjointe, aber auch über die Fragen zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit in der Zone zu einem Austausch kommen können und insbesondere auch die Mittel haben, um unsere Politik sichtbar zu machen, gemeinsam mit unseren Partnern.


Ich möchte mich bei der Frau Bundeskanzlerin sehr herzlich für den warmherzigen Empfang bedanken. Wir in Burkina Faso freuen uns über die gute Zusammenarbeit und auch über die Unterstützung, die uns zuteil wird, damit wir die Initiative „Compact with Africa“ vorantreiben können, die ja ergriffen wurde, als Deutschland den G20-Vorsitz innehatte. Das ist eine Initiative, an der auch wir heute teilnehmen.


Vielen herzlichen Dank für Ihren warmherzigen Empfang. Wir stehen Ihnen jetzt gern für Fragen zur Verfügung.


Frage: Guten Tag, Frau Bundeskanzlerin! Burkina Faso steht heute vor dem Phänomen des Terrorismus. Welchen Beitrag kann Deutschland zur Bekämpfung dieses Phänomens in Burkina Faso und in Westafrika insgesamt leisten?


BK’in Merkel: Wir leisten bereits einen Beitrag. Wir haben in den Jahren 2017 und 2018 die gemeinsame Truppe der G5-Sahel-Staaten mit 28 Millionen Euro unterstützt. Wir wollen unsere Unterstützung fortsetzen. Wir sind auch Teil des europäischen Netzwerkes. Wir haben heute sehr intensiv besprochen, wie wir die Dinge effizienter machen können, sowohl auf der europäischen Seite als auch auf der Seite der G5-Sahel-Staaten. Die Tatsache, dass Präsident Kaboré mit Burkina Faso jetzt den Vorsitz hat, gibt uns die Möglichkeit, auch bilateral sehr eng zusammenzuarbeiten. Wir haben den gleichen Willen.


Außerdem ist Deutschland dazu bereit, seitens unseres Verteidigungsministeriums einen Beratervertrag mit Burkina Faso abzuschließen. Dafür müssen noch einige Rechtsfragen geklärt werden. Das ist heute durch ein Treffen der Verteidigungsminister auch schon auf den Weg gebracht worden.


Wir haben hier also sehr konkrete Dinge. Angesichts der sehr konkreten Bedrohung müssen wir ja auch schnell praktisch werden, damit die Menschen merken, dass wir etwas für sie tun.


Frage: Eine Frage an den Präsidenten: Die amerikanische Regierung hat Ende vergangenen Jahres angekündigt, dass sie sich verstärkt sicherheitspolitisch in Afrika engagieren will. Ist das aus Sicht Ihres Landes eine willkommene Initiative, oder sehen Sie es eher mit Sorge, dass die Amerikaner dort sicherheitspolitisch aktiver werden wollten?


Frau Bundeskanzlerin, an Sie eine Frage zum Thema Rüstungsexporte: Sie haben ja auf der Münchner Sicherheitskonferenz dazu Stellung genommen. Daraufhin hat sich die SPD-Vorsitzende über Ihre Äußerungen irritiert gezeigt. Sind die Pläne, die es für ein deutsch-französisches Abkommen gibt, mit der SPD-Seite in der Bundesregierung nicht abgesprochen worden? Zweite Frage: Wird der Rüstungsexportbann gegen Saudi-Arabien im März verlängert oder nicht?


P Kaboré: Was die Vereinigten Staaten und die Sicherheit in Afrika anbetrifft, so möchte ich Folgendes sagen: Zum G5-Sahel können wir mit Zufriedenheit feststellen, dass die Vereinigten Staaten an der Konsolidierung der nationalen Kräfte in den Ländern teilnehmen, und das auf bilateraler Ebene. Das heißt, es geht hier nicht um eine globale Finanzierung der „force conjointe“; vielmehr gibt es auf bilateraler Ebene Unterstützung und Abkommen, durch die in jedem Land die Lage verbessert werden kann.


Ist das für uns eine Bedrohung, ist das für uns ein Problem? Nun, wir sind eigentlich offen für sämtliche Partnerschaften, dank derer wir konsequenter unser Hoheitsgebiet verteidigen können und vorgehen können gegen diese Geißel in unserer Region beziehungsweise in einigen Ländern. Ich sagte es bereits der Frau Bundeskanzlerin: Wie viele Schulen sind heute wegen Terrorismus in verschiedenen Ländern geschlossen, wie viele Schüler gehen nicht mehr in die Schule wegen dieser Aktionen? Wir müssen daran arbeiten, dagegen vorzugehen, damit die Kinder in Burkina Faso und in diesen Regionen wieder in die Schule gehen können. Das wird ein ganz sichtbarer Sieg über den Terrorismus in dieser Region sein. - So viel möchte ich sagen, um Ihre Frage zu beantworten.


BK’in Merkel: Zu der Saudi-Arabien-Frage werden wir Sie informieren, wenn die Zeit da ist - noch sind wir ja im Februar.


Was das Papier anbelangt, das wir mit Frankreich ausgetauscht haben und auf dessen Grundlage wir jetzt auch weiter schauen werden, auf welche rechtliche Grundlage wir das dann stellen können: Das ist selbstverständlich mit der Bundesregierung und auch mit der SPD abgestimmt.


Frage: Meine Frage richtet sich an die deutsche Bundeskanzlerin. Der burkinische Präsident hat es bereits gesagt: Deutschland ist Teil des „Compact with Africa“. Was ist der Beitrag Deutschlands zu diesem Compact?


Zweite Frage: Was kann Burkina Faso jetzt direkt - und auch mittel- und langfristig - von diesem „Compact with Africa“ erwarten?


BK’in Merkel: Dieser „Compact with Africa“ beruht darauf, dass sich auf der einen Seite die Länder, die von afrikanischer Seite teilnehmen, verpflichten, bestimmte Reformen durchzuführen, insbesondere im Haushaltswesen, in der Transparenz der Finanzstruktur, beim Einsammeln von Steuern und Ähnlichem. Das Ganze wird durch IWF und Weltbank auch beobachtet, und dann wird festgestellt, wie weit man vorangekommen ist. Im Gegenzug gibt es günstigere Investitionsmöglichkeiten. Unsere Wirtschaft, unsere Unternehmen sind zum Teil sehr zurückhaltend, weil sie die Länder nicht so genau kennen und weil sie die Rahmenbedingungen nicht so genau kennen. Wir werben dann dafür, dass Investitionen in das Land kommen. Wir haben dafür eine Investitionsfazilität, wie wir das nennen, also einen Fonds, in Höhe von einer Milliarden Euro, sodass Unternehmer, die sich zu einer Investition entscheiden, bei der Finanzierung des Projekts dann Unterstützung bekommen, genauso wie sie bessere Kreditrahmenbedingungen bekommen. Das haben wir extra für die Länder gemacht, die im „Compact with Africa“ den Reformweg erfolgreich beschreiten. Das heißt, es muss dann auch konkret etwas in Afrika sichtbar werden, und es ist nicht nur so, dass wir etwas von Burkina Faso erwarten, sondern Burkina Faso hat dann auch bessere Investitionsmöglichkeiten als andere Länder.


Frage: Herr Präsident, die Bundeskanzlerin hat es angesprochen: Es wird wahrscheinlich ein Außenministertreffen zu G5 geben. Was erwarten Sie sich denn konkret an anderer, weiterer Unterstützung Europas im Kampf gegen die islamistischen Extremisten?


Frau Bundeskanzlerin, nach den jüngsten Angriffen von Victor Orbán auf Herrn Juncker und die Migrationspolitik der EU: Ist in der Unionsfraktion die Frage nach dem Verbleib der Fidesz in der EVP aufgetaucht? Wann ist denn Ihre Geduld mit Herrn Orbán zu Ende? Oder kann er sich angesichts der Europawahl, die ins Haus steht, quasi alles erlauben?


P Kaboré: Ich möchte Folgendes sagen: Es wird in der Tat bald eine Zusammenkunft der Außenminister geben, und das ist ein wichtiges Treffen für die Koordinierung und für die Sichtbarkeit unserer Maßnahmen, also der Maßnahmen von G5-Sahel und Europa gemeinsam. Wie Sie wissen, hat es ein erstes Treffen mit den Staatschefs gegeben. Insbesondere ging es da um die Ressourcen der „force conjointe“. Dieses Treffen hat zu Versprechen vonseiten der europäischen Länder für eine Unterstützung geführt, und das muss jetzt natürlich entsprechend koordiniert werden, damit die Sichtbarkeit unserer Maßnahmen deutlicher wird. Wir haben dann besprochen, dass die Koordinierung bei G5-Sahel und auch bei den Staaten der Europäischen Union konsolidiert werden muss, wenn wir entsprechende Mittel freisetzen und nutzen möchten. Deswegen verbinden wir viel mit dieser Zusammenkunft, die bald stattfinden wird, denn dadurch können wir zu einer besseren Koordinierung unserer Maßnahmen kommen. Wie ich sagte, kommt es dann nicht zu vereinzelten Maßnahmen und einem Stocken in der Umsetzung, sondern wir können dann sehr viel dynamischer und entschlossener vorgehen.


BK’in Merkel: Ich kann dazu an dieser Stelle jetzt nur so viel sagen: Jean-Claude Juncker hat meine volle Solidarität, und wir werden das auch in unseren Gesprächen mit Ungarn so deutlich machen.