Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel, Bürgermeister Sieling und Ministerpräsident Haseloff

BK’in Merkel: Meine Damen und Herren, wir haben heute die regelmäßige Sitzung der Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen mit der Bundeskanzlerin und Vertretern der Bundesregierung abgehalten. Wir haben die Themen besprochen, die regulär auf unserer Tagesordnung standen, haben aber angesichts der aktuellen Lage auch eine zusätzliche Diskussion geführt, die sich damit befasste, was der Bundesminister des Innern und der Bundesminister des Auswärtigen den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten im Namen der Bundesregierung vorgeschlagen haben.

Der Bundesminister des Auswärtigen hat infolge des fürchterlichen Terroranschlags gestern in unmittelbarer Nähe der Deutschen Botschaft in Kabul entschieden, eine neue Bewertung der Sicherheitslage in Afghanistan vorzunehmen. Ich hatte ja bereits heute Morgen gesagt, dass ich das für absolut richtig halte. Nach dem aktuellen Lagebild des Auswärtigen Amtes über die Situation in Afghanistan sind Rückführungen möglich; dies war insoweit maßgeblich für die bisher erfolgten Maßnahmen. Ich will vielleicht noch einmal die Zahlen nennen: Im Jahre 2016 hatten wir 3300 freiwillige Rückkehrer aus Deutschland nach Afghanistan, und 67 ausreisepflichtige Personen wurden zwangsweise nach Afghanistan zurückgeführt in diesem Jahr sind es etwas mehr als hundert.

Bis zur Vorlage einer neuen Lagebeurteilung des Auswärtigen Amtes und bis zur Wiederherstellung der vollen Funktionsfähigkeit der Deutschen Botschaft in Kabul bleibt es jetzt bei der Förderung der freiwilligen Rückkehr sowie der Abschiebung von Straftätern und Gefährdern auf der Basis einer Einzelfallprüfung. Dies gilt auch für diejenigen Ausreisepflichtigen, die hartnäckig ihre Mitwirkung an der Identitätsfeststellung verweigern.

Wir haben dann über den Zeitraum bis zur Vorlage einer neuen Lagebeurteilung gesprochen. Die Minister streben an, bis spätestens Juli diese neue Beurteilung vorzulegen wie gesagt, sie streben es an; wir müssen schauen, wie sich die Dinge dann darstellen. Das ist auf positive Resonanz wir haben gesagt, es ist positiv zur Kenntnis genommen worden von den Ministerpräsidenten. Es ist natürlich die Verantwortung des Bundes, diese Lagebeurteilung durchzuführen; darauf haben die Ministerpräsidenten mit Recht hingewiesen. Im Grundsatz wird dieses Vorgehen aber geteilt, und insofern haben wir da, glaube ich, heute eine wichtige Weichenstellung vorgenommen.

Im Zusammenhang mit den regulären Tagesordnungspunkten war auch die Asyl- und Flüchtlingspolitik ein Thema, und wir haben uns vorgenommen, uns vor allen Dingen mit den vielen zu befassen, die jetzt im SGB III, also in der Hartz-IV-Versorgung sind gerade auch Menschen, die vielleicht nicht ausreisen und die bei längerer Duldung in eine Situation zu geraten drohen, in der sie nicht die Förderung bekommen, die wir eigentlich erwarten, wenn sie sich längere Zeit in Deutschland aufhalten. Das wurde von uns allen als ein wichtiges Thema identifiziert, und auf der nächsten Sitzung mit den Ministerpräsidenten das ist im Dezember soll dieses Thema Schwerpunktthema sein.

Daran sehen Sie, dass sich die Aufgaben verschoben haben: Während wir früher über Registrierungen, über Erfassung, über Asylverfahren gesprochen haben, geht es jetzt im großen Ganzen sehr stark um die Integration möglichst aller Gruppen. Ich denke, in der gebotenen Art und Weise, in der wir bisher zusammengearbeitet haben, sollten wir auch diese sich neu entwickelnden Themen in den Blick nehmen.

Wir haben das Thema Energiewende und hier insbesondere auch das Thema des Netzausbaus besprochen. Es gibt Fortschritte, aber es gibt eben auch sehr viel zu tun.

Bundesministerin Schwesig hat das nationale Präventionsprogramm gegen islamistischen Extremismus vorgestellt, und der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat darüber berichtet, dass es durchaus auch Kooperationen auf Länder- und Kommunalebene mit Afrika gibt, was wir natürlich sehr begrüßen.

Schließlich haben Bund und Länder den gemeinsamen Beschluss vom 8. Dezember 2016 noch einmal bestätigt, das Engagement für den herkunftssprachlichen Polnischunterricht fortzusetzen.

Ich möchte zum Ende noch auf den Beginn unserer heutigen Ministerpräsidentenkonferenz hinweisen. Der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Herr Sellering, hat an unserer Runde noch einmal teilgenommen und sich verabschiedet. Das war sehr bewegend und berührend, und ich möchte die Gelegenheit nutzen, ihm von der Bundesseite aus noch einmal ganz herzlich für die Zusammenarbeit zu danken, die wir hatten. Es war eine sehr bewegende und emotionale Sache, dass er noch einmal zu uns gekommen ist, und ich darf mich für langjährige gute Zusammenarbeit bedanken.

MP Haseloff: Das ist auch der Grund dafür, dass ich dieses Mal auf dieser Seite und nicht auf der anderen Seite sitze; denn ich habe heute den Kollegen Sellering bei der Ministerpräsidentenkonferenz vertreten. Ich kann nur bestätigen, was die Bundeskanzlerin gesagt hat: Es war wirklich ein bewegender Abschied. Wir werden uns ja als Menschen immer wieder begegnen können, aber im politischen Amt in der Form wie bisher nicht. Wir sind auch sehr stark zusammengewachsen durch die vielen Entscheidungen, die auch in den letzten Monaten gemeinsam mit Bund zu treffen waren.

Er hat noch einmal herausgehoben, dass ein besonderer Erfolg eigentlich auch darin besteht, dass heute gerade eines der Hauptwerke der letzten zwei, drei Jahre im Bundestag eine deutliche Mehrheit erhalten hat mehr als zwei Drittel und dass wir das morgen deswegen auch im Bundesrat zur Entscheidung bringen können, nämlich eine Lösung für den Bund-Länder-Finanzausgleich. Daran haben wir alle intensiv gearbeitet und dem Bund als Ministerpräsidenten auch eine Sechzehn-zu-null-Kompromissfindung angeboten, der mit den entsprechenden Verhandlungsergebnissen, die Sie kennen, dann heute im Bundestag in die Abstimmung eingetreten ist. Ich glaube, das haben wir jetzt auf den Weg gebracht. Das ist auch ein Stück Lebensweg und Lebenswerk von Erwin Sellering.

Damit ist auch gleichzeitig das erste Stichwort genannt, nämlich dass wir das heute im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz und auch jetzt noch einmal kurz insgesamt natürlich als Positivum in den Vordergrund gestellt haben. Es ist für die langfristige Entwicklung des Bundes, aber auch der Länder und des gemeinsamen Arbeitens von entscheidender Bedeutung gewesen, dass wir dies noch in dieser Legislaturperiode hinbekommen haben, damit auch Planungssicherheit haben und, glaube ich, auch den Föderalismus gestärkt haben. Es ist nämlich keinesfalls so, dass sich damit die Kompetenzen in irgendeiner Weise verwischen bzw. deutlich auf den Bund übergehen, sondern wenn wir sagen „Rund zwei Drittel aller Ausgleichsmaßnahmen liegen immer noch auf der horizontalen Ebene der Länder, und ein Drittel ist Bestandteil des Bundes, auch für gewachsene, neue Aufgaben, siehe die Flüchtlingsintegration“, dann ist das, denke ich einmal, ein guter Mix, der trotzdem diese föderale Architektur aufrecht erhält.

Noch ganz kurz zu den Themen, die wir hatten: Die Frau Bundeskanzlerin hat schon sehr ausführlich darauf hingewiesen, dass wir die Situation in Afghanistan heute natürlich thematisiert haben, aber eben auch die Lageeinschätzung positiv zur Kenntnis genommen haben. Es ist klar und eindeutig Aufgabe des Bundes, dies als außenpolitisch Verantwortlicher für uns als Bundesländer vorzunehmen, und auf dieser Basis setzen wir dann geltendes Recht um. Das ist im Sinne der Handlungsspielräume, die auch gesetzgeberisch vorgegeben sind, sicherlich differenziert möglich, aber ich kann einmal ganz klar sagen, dass bis auf die Dinge, die jetzt in den nächsten Tagen auch noch einmal zu beobachten sein werden, grundsätzlich an dem Prozedere, wie es derzeit zur Anwendung kommt, nichts verändert wird.

Hinsichtlich der Energiewende hat die Frau Bundeskanzlerin ebenfalls schon den Handlungsbedarf benannt. Ich und auch einige Kollegen vor allen Dingen aus den neuen Ländern haben noch einmal darauf hingewiesen, dass es noch eine Bringschuld gibt – nicht der Bundeskanzlerin und der Bundesregierung, sondern des politischen Raums insgesamt. Als wir das EEG damals auf den Weg gebracht haben, gab es klare Vereinbarungen dazu, wie wir mit den Netzentgelten in bestimmten Versorgungsgebieten umgehen, und da gibt es dringenden Handlungsbedarf. Ansonsten geht die Schere immer weiter auseinander und wird dann auch politisch irgendwann prekär. Deswegen ist jetzt auch noch abzuwarten, wie die Entscheidung dazu, dass die bundesweite Wälzung für mehr Gerechtigkeit zumindest nicht für ein weiteres Auseinanderdriften sorgt, in den nächsten Tagen und Wochen im Bundestag ausfallen wird. Davon wird auch abhängig sein, mit welchem Enthusiasmus oder überhaupt mit welcher Akzeptanz wir noch in der Lage sind, auch die anderen Themen im Rahmen der Energiewende vollsten Herzens umsetzen zu helfen, nicht im Sinne einer Boykottandrohung das ist etwas völlig Abwegiges , sondern im Sinne dessen, dass wir so etwas nur mit der Bevölkerung hinbekommen. Wenn die Bevölkerung eben Unwuchten im System der Energiewende insgesamt sieht, dann haben wir Probleme, das hinzubekommen, was den Trassenverlauf, den Bodenverbrauch usw. angeht, und das auch politisch zu vermitteln. Deshalb ist das für uns ein wesentliches Thema.

Vielleicht noch zum Arbeitsmarkt: Wir haben uns darauf verständigt, dass wir uns das bezüglich der Integration von Migranten einmal in Ruhe und auch gut vorbereitet mit allen Beteiligten vornehmen werden. Wir wissen auch, dass der jetzige Rechtsrahmen so eine Fallgestaltung ja gar nicht vorgesehen hat. Als Hartz IV gemacht wurde, das SGB-II-System entwickelt wurde und auch die gesamte Arbeitsverwaltung mit den Instrumenten aufgebaut wurde, ging es ja um die nationale Arbeitsmarktpolitik. Jetzt haben wir plötzlich eine internationale, auch mit Dingen, die eben auch eine Rolle spielen, wie dass wir es eben mit einer sehr, sehr großen Zahl jeden Tag steigt sie von Geduldeten zu tun haben, die sozusagen eigentlich gehen müssten, für die aber im jetzigen rechtlichen Rahmen keine Beschäftigung möglich ist. Das heißt, wir müssen erst einmal überhaupt die Möglichkeit einräumen, auch für diese Interimszeiträume dafür zu sorgen, dass diese Menschen einer sinnvollen Beschäftigung zugeführt werden, von der Straße kommen und auch nicht auf dumme Gedanken kommen, um es einmal deutlich zu sagen. Das zeigen auch die Kriminalitätsstatistiken ganz eindrücklich. Da herrscht Handlungsbedarf, und da müssen wir ideologiefrei über alle Hürden springen, die vielleicht noch da sind, auch parteipolitisch, und müssen zu praktikablen Lösungen kommen, die nicht heißen müssen, dass wir ein Zwei-Klassen-System einbauen, sondern einfach, dass wir größere Durchlässigkeit und Flexibilität vorsehen, die auch in unserem Arbeitsmarkt möglich sind, wenn wir eine weltoffene Gesellschaft bleiben wollen, die Migration mit bewältigt; denn Migration setzt eben auch eine andere nationale Arbeitsmarktpolitik voraus.

BGM Sieling: Auch ich sitze hier, weil Erwin Sellering aufgrund seiner Erkrankung so konsequent gehandelt hat, und ich darf mich auch wirklich für seine Arbeit bedanken. Ich finde, diese Konsequenz, die er im Umgang und in der Bekämpfung seiner Krankheit gezogen hat, steht eigentlich für ihn und drückt das aus, was ihn immer ausgemacht hat, nämlich dass er jemand ist, der sehr konsequent und sehr direkt auf die Herausforderungen reagiert, die bestehen.

Zu den inhaltlichen Punkten: Die sind angesprochen worden. Ich will nur unterstreichen, dass auch ich sehr froh über das bin, was die Bundesregierung hinsichtlich des Umgangs mit der sich doch verändernden Lage in Afghanistan vorgelegt hat, darüber, dass jetzt eine neue Lagebeurteilung geschaffen wird und dass wir Abschiebungen bis dahin wirklich auf die konzentrieren, die hier natürlich sowieso kein Asylrecht genießen und dann als Gefährder oder Straftäter aktenkundig sind, also das auf wenige Gruppen und wenige Personen konzentrieren. Das ist, glaube ich, ein richtiger und sehr vernünftiger Weg.

Der zweite Punkt, der von Bedeutung ist, ist in der Tat die Verabredung. Ich bin auch sehr froh darüber, dass wir Bund, Länder und sicherlich auch die kommunale Ebene uns gemeinsam dieser Frage der Arbeitsmarktintegration widmen werden. Ansonsten laufen wir in ein riesiges Problem hinein. Das haben die Bundeskanzlerin und auch Kollege Haseloff hier sehr deutlich gemacht. Ich setze, weil wir natürlich auch gerade in den Stadtstaaten, wenn ich das pro domo sagen darf, sehr unmittelbar erleben, was sich dort an Problemaufbau entwickelt, sehr darauf, dass wir darauf mit den angesprochenen Maßnahmen schnell reagieren.

Letzte Bemerkung von mir: Die Freude über die klare Entscheidung heute im Deutschen Bundestag zu den Bund-Länder-Finanzen teile ich voll und ganz. Ich denke, ich kann hier sagen, Kollege Haseloff, dass wir morgen im Bundesrat dieses Votum einmütig, wenn nicht sogar einstimmig unterstreichen werden. Die Ministerpräsidenten haben das jedenfalls jeweils so zum Ausdruck gebracht. Dann ist ein Gesetzeswerk mit vielen Grundgesetzänderungen auf den Weg gebracht, das einiges an Veränderung bringt, aber vor allem Stabilität und Planbarkeit für alle Bereiche der Gebietskörperschaften. Das ist schon ein guter Tag für unser Land, heute am 1. Juni und morgen abgeschlossen am 2. Juni. Vielen Dank.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, aus aktuellem Anlass ganz kurz eine Frage zum Thema Klima: Sie haben heute mit dem chinesischen Ministerpräsidenten ein ganz deutliches Signal der Geschlossenheit ausgesandt, auch in Richtung Washington. Haben Sie die Hoffnung oder erwarten Sie, dass das den amerikanischen Präsidenten möglicherweise in irgendeiner Form in seiner Entscheidung beeindruckt oder beeinflusst hat?

Erwarten Sie, dass Ihnen diese Entscheidung im Grunde genommen vorab kommuniziert wird, oder werden Sie sie auch erst mit der Pressekonferenz erfahren, die er um neun Uhr unserer Zeit gibt?

BK’in Merkel: Ich warte die Entscheidung ab. Mehr kann ich dazu jetzt nicht sagen.

Für Deutschland kann ich sagen, dass wir, natürlich auch eingebettet in den europäischen Rahmen, unsere Vorgaben aus dem Klimavertrag von Paris weiter erfüllen wollen. Ich halte ihn für einen wesentlichen Vertrag, auch für die Gestaltung der Globalisierung. Ich freue mich, dass andere Länder auf der Erde das genauso sehen.

Weil schon zweimal der Freude über den heute im Deutschen Bundestag verabschiedeten Bund-Länder-Finanzausgleich Ausdruck verliehen wurde, will ich vielleicht noch hinzufügen, dass auch ich mich darüber sehr freue. Es waren harte Verhandlungen, und es ist ein großes Werk. Viele der Herausforderungen, die wir auch heute wieder diskutiert haben, hätten wir nicht in dieser Atmosphäre diskutieren können, wenn wir die Bund-Länder-Finanzbeziehungen nicht wirklich gut geordnet hätten. Das macht uns Mut, auch die weiteren Herausforderungen gut miteinander bestehen zu können.

Frage: Ich habe zwei Fragen, zum einen zu den Abschiebungen nach Afghanistan. Mich würde interessieren, ob auch vereinbart wurde, dass man sich mit den europäischen Partnern austauscht. Bei der Flüchtlingskrise gab es ja das Problem, dass viele speziell nach Deutschland oder in Länder wollten, die eine liberalere Verhaltensweise haben. Jetzt ist die Abschiebepraxis in vielen europäischen Ländern sehr unterschiedlich. War das Thema? Gibt es darüber eine gemeinsame Verständigung? Sollen der Außen- und der Innenminister auch das prüfen?

Eine Frage zu den Bund-Länder-Finanzen: Würden Sie sagen, dass sich die Existenzberechtigung der großen Koalition jetzt erfüllt hat, weil dies das eine große Projekt war, für das wirklich eine große Koalition im Bundestag und im Bundesrat vonnöten war?

BK’in Merkel: Ich denke, dass es sich genauso auch bei den Projekten zur Energiewende als sehr gut erwiesen hat, dass wir in einer großen Koalition zusammengearbeitet haben, wie wir ja überhaupt eine große Koalition eingegangen sind, die ziemlich viele große Aufgaben bewältigt hat, auch bis hin zur Flüchtlingssituation und den Integrationsvorhaben.

Ich bin heute nicht in der Situation, zu wichten und zu werten. Ich sage trotzdem, dass die mittel- oder sogar langfristige Berechenbarkeit für die Bundesländer außerordentlich wichtig ist, um auch all die anderen Aufgaben lösen zu können.

Das Thema der Praxis in anderen Ländern habe ich heute indirekt angesprochen, als ich gesagt habe, dass ich mich noch einmal erkundigen wollte, wie die Situation in Bezug auf Afghanistan in anderen Ländern der Europäischen Union aussieht. Denn wenn wir sagen: „Wir wollen eine neue Lagebeurteilung machen“, dann können wir natürlich auch die Lagebeurteilung anderer Länder, die zum Beispiel auch in der NATO-Mission „Resolute Support“ mitwirken, mit zu Rate ziehen. Aber ansonsten ist das nicht breiter diskutiert worden.

Die Bundesländer haben mit Recht darauf verwiesen, dass es jetzt die Aufgabe des Bundes ist, die Lagebeurteilung umfassend vorzunehmen. Angesichts der Kompetenzverteilung zwischen Bundesregierung und Bundesländern ist das auch absolut in Ordnung.

Frage: Wird der Grad oder das Ausmaß der Straffälligkeit eines Menschen, der jetzt noch in dieser Überprüfungsphase abgeschoben wird, eine Rolle spielen, oder ist es ganz egal, in welchem Maße man straffällig geworden ist? Werden nur Schwerverbrecher abgeschoben, oder wie wird das bewertet?

BK’in Merkel: Wir haben sowieso schon eine Rechtslage, bei der sozusagen eingeschränkte Rechte auf das Asylverfahren praktiziert werden, wenn man Straftäter ist. Wir haben nicht über das Strafmaß gesprochen. Es steht auch nicht umsonst darin: nach Einzelfallprüfung. Wir müssen natürlich auch bei denen, die straffällig geworden sind, schauen, wie die Dinge im Einzelfall aussehen. Das wird rechtsstaatlich korrekt gehandhabt.

MP Haseloff: Wobei es verfassungsrechtlich sehr problematisch ist, diese Differenzierung vorzunehmen. Wenn ein Bescheid vorliegt, dann ist er zu administrieren. Vor dem deutschen Recht und vor dem Grundgesetz ist jeder Mensch erst einmal gleich zu behandeln, auch gleich zu behandeln in dem Sinne, dass er, wenn er abgelehnt ist, zurückgeführt wird.

BK’in Merkel: Wir haben nun ja auch eine Situation in einer besonderen Lage betrachtet und mit Bedacht dahinter geschrieben: nach Einzelfallprüfung. Danke schön!