Pressekonferenz von BK'in Merkel, MP Woidke und MP Haseloff zum Gespräch der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefs der Länder am 11. Dezember 2014

Sprecher: Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, Ministerpräsident Dr. Dietmar Woidke, Ministerpräsident Reiner Haseloff

BK'in Merkel: Meine Damen und Herren, wir hatten heute eine sehr umfängliche Tagesordnung mit sehr vielen, auch wichtigen Punkten.

Wir haben noch einmal das Thema Asyl- und Flüchtlingspolitik behandelt. Hierzu waren zwischen Bund und Ländern für die Jahre 2015 und 2016 ja bereits wichtige Einigungen erzielt worden. Es ging heute aber noch einmal um die Begleitung Minderjähriger und um einige andere Aspekte. Bund und Länder arbeiten, glaube ich, in diesem wichtigen Feld, das ja auch für die Kommunen von größtem Interesse ist, sehr eng zusammen. Diese enge Zusammenarbeit soll sogar noch vertieft werden.

Zweitens haben wir uns geeinigt, dass im Rahmen der Bund-Länder-Finanzbeziehungen weiter gearbeitet wird. Wir haben einen Beschluss für die nächste Ministerpräsidentenkonferenz gefasst, uns aber verständigt, dass, wenn vorher Einigungen möglich sind, man nicht bis zum Juni des Jahres 2015 warten muss.

Einen großen Bereich hat die Umsetzung der Energiewende eingenommen. Hier haben wir uns im Grundsatz auf eine steuerliche Förderung der Energieeffizienz im Gebäudesektor geeinigt. Dazu wird es eine Arbeitsgruppe geben, die bis Februar unter Federführung von BMWi und BMF unter Beteiligung der Länder seitens der Staatskanzleien eine Einigung erzielen soll, sodass diese steuerliche Förderung auch möglichst bald in Kraft treten kann.

Einen wichtigen Teil haben die Beschlüsse zu den Fragen des Hochschulpaktes, von Forschung und Innovation sowie der Exzellenzinitiative eingenommen. Das war alles sehr einvernehmlich. Ich glaube, dass es hier zwischen Bund und Ländern eine früher nicht gekannte Zusammenarbeit in hoher Intensität gibt. Diese Zusammenarbeit wird auch fortgesetzt werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt war die Diskussion über den Breitbandausbau. Hier sind jetzt die Weichen dafür gestellt worden, dass die beschleunigte Vergabe der 700-Megahertz-Frequenzen stattfinden kann. Das heißt, es wird ein Frequenzvergabefahren zu Deutsch: eine Versteigerung dieser Frequenzen durchgeführt werden. Die Voraussetzungen hierfür sind jetzt zwischen Bund und Ländern geschaffen worden. Das wird ein wichtiger Beitrag dafür sein, dass wir im ersten Halbjahr 2015 diese Versteigerung durchführen und das auf den Weg bringen können. Dadurch werden dann zusätzliche Mittel vorhanden sein, um den Breitbandausbau in Deutschland voranzubringen.

Das sind die Punkte, die ich von meiner Seite aus gerne genannt haben wollte.

MP Woidke: Frau Bundeskanzlerin, Herr Haseloff, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist in der Tat so, wir hatten schon vor zwei Wochen in Potsdam erste heftigere Diskussionen bzw. zielführende Diskussionen; sie waren nicht so heftig, sondern eher zielführend zur Frage der Flüchtlinge, der Menschen, die in Deutschland Asyl suchen. Angestrebt haben wir hier und haben mittlerweile auch begonnen, das umzusetzen ein solidarisches Miteinander, also dass die Kommunen und die Länder mit dieser Aufgabe nicht alleingelassen werden dürfen. Es sind erste Beschlüsse für die Jahre 2015 und 2016 gefasst worden. Dafür bin ich dankbar, dafür sind die Länder in Summe dankbar. Wir werden uns mit diesem Thema weiter beschäftigen müssen; auch das ist auf der Länderebene unumstritten. Denn dieses Thema wird uns auch in den kommenden Monaten und Jahren wahrscheinlich als gesamtstaatliche Aufgabe erhalten bleiben, und wir können diese große nur gemeinsam diese große Aufgabe lösen.

Ein zweiter Punkt, der eine Rolle gespielt hat auch das war schon vor zwei Wochen in Potsdam ein herausragendes Thema , ist die Gestaltung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen. Hier gibt es Einigkeit darüber, dass wir den Solidaritätszuschlag über 2019/2010 hinaus erhalten müssen. Dieses finanzielle Aufkommen wird in Deutschland gebraucht, um die Herausforderungen der Zukunft zu lösen, um die Herausforderungen in Bildung, Infrastruktur, Wissenschaft und Forschung angehen zu können. Wir haben uns heute darauf verständigt, dass es hierzu in den kommenden Wochen und Monaten intensive Gespräche geben soll, um ein Modell zu erarbeiten, ein Konzept zu erarbeiten, wie dieses finanzielle Aufkommen weiter den Ländern und dem Bund zufließen kann. Die Länder haben dazu ihre Forderungen formuliert. Es soll so sein, dass die Hälfte dieses Aufkommens in die Länder kommt. Die A-Länder haben ein Konzept vorgelegt sie kennen das Schäuble-Scholz-Papier. Wir werden dieses Modell oder vielleicht auch andere Modelle in den kommenden Wochen und Monaten diskutieren und dann versuchen, möglichst frühzeitig eine Lösung zu finden. Das soll bis spätestens zum Juni passieren. Ich hoffe, dass wir hier weiterkommen; denn das ist natürlich eine Frage, die nicht einfacher zu lösen ist, wenn mehr Zeit vergeht. Je näher das Jahr 2019 heranrückt, umso schwieriger wird die Diskussion in dieser Frage werden. Das ist eine alte Erfahrung aus Diskussionen im Länderfinanzausgleich.

Das Megathema Energiewende hat ebenfalls eine große Rolle gespielt die Frau Bundeskanzlerin ist darauf eingegangen. Hier geht es darum, dass wir in den kommenden Monaten die Architektur des Strommarktes in Deutschland und die Architektur des europäischen Strommarktes im Blick behalten. Wir wissen, dass eine preisgünstige, stabile und zuverlässige Energieversorgung Basis für unser Industrieland, für das Wirtschaftswachstum in Deutschland ist. Das dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren. Deswegen bin ich auch sehr froh darüber, dass der Bundeswirtschaftsminister heute in der Sitzung mit den Ministerpräsidentinnen und präsidenten angekündigt hat, dass er in den kommenden Monaten weitere Dinge auf den Weg bringen muss. Uns interessiert natürlich vor allen Dingen das betrifft Brandenburg, aber auch die anderen ostdeutschen Länder die Frage: Wie geht man weiter mit den vermiedenen Netzentgelten um? Sie wissen vielleicht, dass die Länder, die im Ausbau der erneuerbaren Energien am weitesten vorne sind, die höchsten Netzentgelte zu zahlen haben. Das heißt, die Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft in den entsprechenden Ländern werden gegenüber anderen Bundesländern benachteiligt. Diese Ungleichheit müssen wir in Deutschland möglichst schnell beseitigen, weil es sonst umso schwieriger mit der Energiewende wird. Andersherum gesagt: Wir brauchen eine solidarische Energiewende in Deutschland.

Bei einem weiteren Punkt, den ich noch kurz angesprochen habe, ist heute, glaube ich, ein wichtiger Erfolg erreicht worden: Wir haben uns im Hinblick auf die Abstimmung über das deutsch-polnische Polizeikooperationsabkommen im Deutschen Bundestag auf ein verkürztes Verfahren einigen können. Dafür bin ich der Frau Bundeskanzlerin, aber auch den beteiligten Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten sehr dankbar. Es ist dringend notwendig, dass das schon im Mai dieses Jahres von beiden Innenministern dem polnischen Innenminister, Herrn Sienkiewicz, und Thomas de Maizière unterzeichnete Polizeikooperationsabkommen endlich in den Bundestag kommt und dann möglichst schnell beschlossen werden kann. Wir müssen hier zu einer engeren, grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Polizeien, aber auch der Strafverfolgungsbehörden kommen. Dafür ist das eine gute Grundlage.

So viel vielleicht erst einmal von meiner Seite. Danke sehr.

MP Haseloff: Vielleicht noch einige Ergänzungen von meiner Seite: Wir haben heute einen Durchbruch bei der Regelungsmöglichkeit zur energetischen Gebäudesanierung erreicht. Seit Jahren kämpfen wir da um eine Lösung. Heute haben wir in der Ministerpräsidentenkonferenz vereinbart, dass jetzt eine Arbeitsgruppe die technischen Details auch unter Einbeziehung der steuerlichen Möglichkeiten mit dem Bund besprechen kann. Damit ist es auch möglich, dass dieses Gesetz im nächsten Jahr endlich auf den Weg gebracht wird das ist auch für die Energiewende und unsere Klimaziele ein ganz wesentlicher Punkt , sodass die Länder da jetzt ganz klar einen Konsens anbieten können.

Wir sind froh darüber, dass wir mit dem Hochschulpakt Planungssicherheit bis 2020 eigentlich in der Durchlaufphase bis 2023 haben. Damit können die Länder planen. Das haben wir heute auch unter anderem auf der Tagesordnung gehabt, sodass das jetzt also in den Vollzug gehen und es in den Landtagen auch zur Beschlussfassung kommen kann.

Es ist wichtig, dass wir hinsichtlich der Breitbanderschließung und der Ziele, die wir uns dabei gesetzt haben, jetzt auch die finanziellen Vereinbarungen so getroffen haben, dass mit der jeweils hälftigen Einsatzmöglichkeit für Bund und Länder entsprechend auch gerade im dünn besiedelten ländlichen Raum und in den Flächenländern die Erschließung so laufen kann, dass dann auch gemeinsam mit Herrn Dobrindt Projekte generiert werden, die dazu beitragen, dass wir die politischen Ziele erreichen.

Dass wir über die Hochwasserschutzhilfe auch sehr dankbar sind gerade auch als betroffenes Land, das 2013 schlimme Schäden über sich hat ergehen lassen müssen , will ich hier noch einmal ausdrücklich zum Ausdruck bringen. Da ist eine gute Lösung gefunden worden, und wir sind dem Bund dafür auch sehr dankbar.

Ansonsten war es eine sehr umfängliche Tagesordnung; es ist schon gesagt worden. Wir können zumindest zum Jahresende konstatieren, dass es eine hervorragende Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern gibt.

Frage: Eine Frage zum Bund-Länder-Finanzausgleich: Sind Sie sich denn an irgendeiner Stelle nähergekommen? Sie haben jetzt den Fahrplan bis Juli nächsten Jahres erwähnt. Aber ist die Frage nach der Eingliederung des Solidaritätszuschlags in das Einkommensteuersystem oder nach der insbesondere von Düsseldorf angestrebten Änderung beim Ausgleich zwischen den Ländern endgültig vom Tisch? Gibt es irgendwelche inhaltlichen Nachrichten im Zusammenhang mit der heutigen Verhandlung?

BK'in Merkel: Inhaltliche Nachrichten gibt es nicht, außer dass Herr Woidke noch einmal betont hat, worüber es Einvernehmen gibt, eben zum Beispiel darüber, dass die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag auch in Zukunft erhalten bleiben müssen. Darüber gibt es einen Konsens. Weder über die Aufteilung noch über den Modus der Aufteilung gibt es Konsens, aber es gab heute auch gar keine intensiven Gespräche darüber, sondern wir haben uns prozedural besprochen und gesagt, dass diese Gespräche an anderer Stelle fortgesetzt werden.

MP Woidke: Es geht dafür, dass das klar ist, bin ich der Frau Bundeskanzlerin und der Bundesregierung auch sehr dankbar nicht mehr um das Ob des Erhalts dieses Aufkommens, sondern es geht um das Wie. Auf dieser technischen Ebene, glaube ich, wird man in den nächsten Wochen und Monaten auch eine Verständigung finden können.

MP Haseloff: Dazu gibt es eine ganz klare sachliche Diskussion, die auch Unterschiede zwischen den Ländern zum Ausdruck bringt. Die B-Länder sind eindeutig der Meinung, dass die Einbuchung in den Steuertarif dazu führt, dass die Unterschiede zwischen den sogenannten reichen und ärmeren Ländern größer werden und in nachgeordneten Ausgleichsstufen nur ganz schwer einzufangen sind, sodass wir ein Interesse daran haben, dass das System, das es bis jetzt gegeben hat, fortgeschrieben und auch verfassungsrechtlich sauber begründet wird. Ich glaube, das kann man tun; denn es wird nach wie vor noch viele Jahre lang einigungsbedingte Sonderlasten in Deutschland geben, und zwar in allen Bundesländern.

MP Woidke: Aber eines ist in dieser Frage vollkommen klar: Egal, welches Modell auf dem Tisch liegt, es werden sich immer alle daran abarbeiten. Das passierte jetzt auch mit dem sogenannten Scholz-Schäuble-Modell.

Frage: Ich habe eine Frage zum Themenbereich der Asyl- und Flüchtlingspolitik. Frau Bundeskanzlerin, Sie sagten, die Zusammenarbeit solle weiter vertieft werden. Gab es da schon konkrete Absprachen, auch in Bezug auf die unbegleiteten Minderjährigen? Wird es ein Gesetz vom Bund geben?

BK'in Merkel: Es gibt ja drei Arbeitsgruppen, eine mit dem Bundesinnenminister und den Ländern, eine mit dem Gesundheitsminister und eine mit der Familienministerin.

Bei der Familienministerin geht es um die Frage, wie man mit minderjährigen Jugendlichen umgeht. Da ist man mitten in der Arbeit, wenn es darum geht, dass auch länderübergreifende Reisen und ähnliche Ortswechsel, sage ich einmal, solcher minderjährigen Jugendlichen ordentlich begleitet werden und dass bestimmte Kosten, die dabei entstehen, übernommen werden, wobei ja jetzt auch Geld für die Jahre 2015 und 2016 zur Verfügung steht.

Bei der Gesundheitsversorgung der Asylbewerber geht es um die Anwendung des sogenannten Bremer Modells. Hierüber wird das Gesundheitsministerium in den nächsten Wochen die Gespräche mit den Ländern fortsetzen und dann in Richtung Februar hoffentlich zu einer Meinungsbildung kommen.

Was der Innenminister vor allen Dingen dargestellt hat, ist die Frage: Wie können Bund und Länder in den Erstaufnahmelagern sozusagen besser zusammenarbeiten? Wie kann auch das BAMF immer vor Ort sein? Wie kann man sicherstellen, dass die entsprechenden Dolmetscher da sind? Das sind ja alles hochkomplexe Organisationsfragen, hinsichtlich der sich in den letzten Wochen angesichts der Dringlichkeit doch eine viel engere Kooperation herausgebildet hat, als wir sie früher gekannt haben. Diese Kooperation wurde heute noch einmal bekräftigt und wird auch im Detail fortgeführt.

Frage: Zum Breitbandausbau: Ich verstehe Ihre Äußerungen so, dass jede Seite ihre Frequenzerlöse komplett in den Breitbandausbau steckt. Gibt es schon Details zu Förderprogrammen?

BK'in Merkel: Die Kosten werden vollständig für die Digitalisierung verwendet, sage ich einmal, vorrangig für den Breitbandausbau. Die Länder bekommen die eine Hälfte des Erlöses der Versteigerung, der Bund die andere Hälfte. Die Länder werden ihrerseits ihr Geld nach dem Königsteiner Schlüssel verteilen.

Wir haben des Weiteren verabredet, dass wir, Bund und Länder, dann aber auch noch einmal enger in Bezug auf die Frage zusammenarbeiten, welche Art von Förderung vielleicht die am besten anwendbare ist und was für Flächenländer und was für Stadtstaaten gilt. Auch hier wird man also noch stärker aufeinander zugehen.

MP Haseloff: Im System sind aber auch die Systemumbaukosten enthalten. Das heißt, die werden nicht extra aufgebracht, sondern müssen auch aus den Erträgen erbracht werden.