Interview mit Sonderpreisträgerin "Spielecafé der Generationen"
Gesellschaftsspiele erleben eine Renaissance: Fast ein Drittel der Deutschen spielt wieder und das war auch schon vor der Corona-Pandemie so. Passend dazu hat das "Spielecafé der Generationen" den Sonderpreis der Bundeskanzlerin beim Wettbewerb "startsocial" erhalten. Die Vorsitzende, Petra Fuchs, berichtet über die Idee des Spielecafés und wie spielen den Zusammenhalt fördern kann.
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Frau Fuchs, welche genaue Aufgabe übernimmt das "Spielecafé der Generationen"?
Fuchs: Im Zuge des Generationenwandels und der zunehmenden Vereinsamung haben wir uns zur Aufgabe gemacht, Jung bis Alt mit dem Spielen von Gesellschaftsspielen zusammenzubringen. Gerade ältere oder alleinstehende Menschen sollen somit wieder in die Mitte der Gesellschaft geholt werden.
Unsere Begegnungsstätte in Pfarrkirchen (Niederbayern) - das "Spielecafé der Generationen" - ist so ein Ort des Zusammenkommens. Menschen unterschiedlichster Altersgruppen besuchen unsere Einrichtung, um miteinander in den Austausch zu kommen. Darüber hinaus kommt unser Team auch in zahlreiche Einrichtungen, wie beispielsweise Schulen, Klinken oder Pflegeheime. Dort bieten wir den Menschen eine Auswahl an altersgerechten Spielen an. Viele nutzen diese Möglichkeit, weil sie aufgrund ihrer Situation nicht zu uns vor Ort kommen können. Auch überregional haben wir bereits ein breites Netzwerk und Kooperationen aufbauen können.
Wie kamen Sie zu dieser Idee?
Fuchs: Die Idee kam mir vor ungefähr dreieinhalb Jahren. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir bereits eine kleine Spielertruppe, die sich gelegentlich zum Spielen traf. Durch die positiven Erfahrungen, die die Menschen dabei erlebt und geteilt haben, kamen immer mehr Interessierte dazu. In dieser Zeit ist mir aufgefallen, dass das Gesellschaftsspiel ein tolles Medium ist, um in Kontakt zu kommen und den gemeinsamen Austausch zu fördern.
Da mein größtes Hobby schon immer die Gesellschaftsspiele waren, mich der Gedanke herumtrieb, dass wir hier vor Ort zu wenig Generationsprojekte haben und ich die vielen positiven Erfahrungen mit unserer Spielergruppe gesammelt habe, war sie plötzlich da - die Idee eines "Spielecafés der Generationen".
Das "Spielecafé der Generationen" gibt es seit drei Jahren. Es wird von 35 Ehrenamtlichen, jeweils einer Erzieherin und einer Betreuungsassistentin sowie von Petra Fuchs als Sozialpädagogin und Geschäftsführerin unterstützt.
Für ihre Arbeit wurden Sie kürzlich mit dem "startsocial" Sonderpreis der Bundeskanzlerin ausgezeichnet: Was bedeutet dieser Preis für Sie?
Fuchs: Uns bedeutet der Sonderpreis wirklich sehr viel. Alleine dass unserer Arbeit gesehen wird, ist für unsere ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer und die gesamte Spielewelt eine riesige Wertschätzung. Der Preis hilft dabei, dass Menschen wieder mehr aufmerksam werden auf die Bedeutung des Spielens. Gerade jetzt in der Corona-Zeit kann es ein wichtiger Begleiter sein, um den Zusammenhalt und Austausch zu stärken.
Der Verein startsocial – Hilfe für Helfer ehrt jährlich in einem bundesweiten Wettbewerb Initiativen, die – vorrangig durch ehrenamtliches Engagement – an der Lösung eines sozialen Problems arbeiten. Schirmherrin des Vereins startsocial ist seit 2005 die Bundeskanzlerin.
Wie wichtig ist das Gesellschaftsspiel für den Zusammenhalt?
Fuchs: Sehr wichtig, denn es trägt dazu bei, sich besser kennen zu lernen und auszutauschen – dadurch wächst das gegenseitige Verständnis zueinander. Anderseits gibt das Spielen auch die Möglichkeit Dinge auszuprobieren und zu erleben, die im Alltag nicht existent sind, beispielsweise in eine andere Rolle zu schlüpfen. Es sind aber auch die Kompetenzen, die sich damit erweitert können - und das nicht nur bei Kindern. Das gegenseitige Helfen oder Taktiken entwickeln, Verlieren lernen, Frust auszuhalten oder die Freunde und den Spaß zu empfinden. Das sind alles Dinge, die man im Spiel erleben kann.
Welche Auswirkung hat die Corona-Pandemie auf Ihre Arbeit?
Fuchs: Wegen Corona mussten wir leider vorübergehend unsere Begegnungsstätte schließen. Das macht es natürlich nicht einfach für uns. Derzeit treffen wir uns deshalb per Videokonferenz: bestimmt Spiele lassen sich nämlich auch darüber gut spielen. Da Corona uns sicherlich noch einige Zeit begleiten wird, nutzen wir außerdem die Zeit um neue Konzepte zu entwickeln, die das digitale Spielen gerade für alleinstehende Menschen möglich machen. Plan ist: das vor allem Seniorinnen und Senioren mithilfe von Schulungen erlernen sollen, wie man selbständig an Videokonferenzen teilnehmen kann und wie bestimmte Online-Spiele funktionieren.
Ihr Verein vergibt für bestimmte Spiele das"Generationenspiel-Siegel": Was hat es damit auf sich?
Fuchs: Besonders geeigneten Spielen verleiht unser Verein das sogenannte "Generationenspiel-Siegel". Es ist ein institutionelles Siegel, dass von uns entwickelt wurde. Ein unabhängiges Beratungsgremium aus verschiedenen Akteuren unseres Netzwerkes kann Spiele vorschlagen, testen und Ergebnisse teilen. Nur wenn alle Kriterien, wie beispielsweise eine große und lesbare Schrift oder die Qualität des Materials erfüllt sind, erhält ein Spiel dieses Qualitätsmerkmal. Auf unserer Webseite findet man die Spiele, die das Siegel bereits erhalten haben – sie sind für alle Generationen geeignet.