Zwischen Menschen und Masten

Energiebotschafter Zwischen Menschen und Masten

Der Ausbau der Stromnetze gelingt nur mit der Unterstützung der Bürger, die in der direkten Nachbarschaft wohnen. Für die Netzbetreiber ist die Kommunikation mit den Anwohnern genauso wichtig wie das Errichten der Leitungen.

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Katja Horenk und Sven Riedel von 50Hertz vor Strommasten in Velten

Sven Riedel und Katja Horenk sehen sich als Schnittstelle zwischen ihrer Firma und den Bürgern

Foto: Judith Affolter

Vor lauter Gewicht kippen die drei Aktenordner auf dem Tisch im Veltener Rathaussaal um. Sven Riedel und Katja Horenk sind umgehend zur Stelle, um die kiloschweren Ziegel aus Pappe und Papier wieder aufzurichten.

Mit derselben Beherztheit gehen die beiden auf die zwei Männer zu, die den Saal gerade betreten, um an der Informationsveranstaltung teilzunehmen. Thema: das Planfeststellungsverfahren zum westlichen Abschnitt der Stromleitung 380-kV-Nordring Berlin.

Ziel: Stromversorgung sichern

Riedel und Horenk arbeiten beim Übertragungsnetzbetreiber 50hertz. Das Projekt "380-kV-Nordring Berlin" ist ihr "Baby": von der der ersten Planungsskizze bis zu dem Moment, wo der Strom fließt. Die neue Freileitung soll die bestehende auf 80 Kilometern ersetzen.

Ziel ist, die Versorgungsicherheit im Großraum Berlin zu erhöhen und die Netzanbindung des Stahlwerks in Hennigsdorf zu stärken. Nun stellen die beiden das Projekt im brandenburgischen Velten zur Diskussion.

Riedel, 41, leitet das Projekt. Kollegin Horenk, 29-jährige Ingenieurin für Ökologie und Umweltschutz, ist Expertin für die verschiedenen Umweltfragen, die bei einem Trassenbau auftauchen können. Beide brennen für ihren Job, obwohl eher der Zufall sie in diese Sparte brachte.

Bauingenieur Riedel hat die "offene Tür" genutzt, die sich auf seinem Berufsweg im Straßenbau und in der Strombranche bei 50hertz bot. Katja Horenk, einst Fachfrau für Rückbau und Altlasten von Kraftwerken bei Vattenfall, ist durch ein gemeinsames Projekt mit den Leitungskonstrukteuren zum Netzbau gekommen.

Kein Schema F

Zwei Ingenieure, könnte man meinen, die mit Vorliebe im stillen Kämmerlein an neuen Maschinen tüfteln. Nichts ist falscher als das. "Wir haben viel mit Menschen zu tun, und das ist super spannend", schwärmt Horenk. Beide lieben es, Schnittstelle ihrer Firma zu den Bürgern und Kommunen zu sein.

Es ist auch kein Problem, dass zu Beginn bei jedem Projekt erst mal wieder alles auf Null steht. "Diese Routine, die man hin und wieder in Bürojobs kennt, ist hier überhaupt nicht gegeben", sagt Riedel. In Horenks Worten: "Schema F, das geht hier nicht" – für jedes Projekt müssten die Lösungen neu zugeschnitten werden.

Dass nicht alle Menschen sie mit offenen Armen empfangen, sehen sie gelassen - und werben um sie. Ihnen ist wichtig, dass sie zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Leitungsplanung, noch vor dem Raumordnungsverfahren, mit den Betroffenen sprechen können. Dabei wollen sie den Menschen nicht das Blaue vom Himmel versprechen. "Wir sind offen, und was wir sagen, hat Hand und Fuß. Damit sind wir gut gefahren", sagt Riedel.

Beide stehen der Energiewende positiv gegenüber und freuen sich, dass das Thema "Stromnetze" in den vergangen Jahren immer mehr die Aufmerksamkeit der Medien gewonnen hat. Es hat sich ihrer Auffassung nach auch viel in der Sache geändert: was den Ausbau, die Genehmigung und die Beschleunigung der Verfahren betrifft.

Jenseits der Arbeit

Die beiden Netzbotschafter Riedel und Horenk sind auch als Privatmenschen energiebewusst. Aber: "Das würden wir auch tun, wenn wir nicht in der Energiebranche arbeiten würden", meint Riedel. "Ich habe auch vorher das Licht zu Hause ausgemacht", betont seine Kollegin.

Für den dreifachen Vater Riedel ändert sich das Verhalten im Alltag automatisch. Für ihn selbstverständlich: Mülltrennen, beim Einkauf auf gewisse Dinge achten, nicht so viel Verpackung produzieren und wegschmeißen, Wertstoffzyklen einhalten, Pfandflaschen nutzen. Es gehe nicht nur um Energie sparen, ein ganzes Bild wandle sich.

Das versuche er auch seinen Kindern mitzugeben. "Wir wissen, in 50 Jahren wird unsere Welt anders aussehen. Wir müssen dringend etwas tun. Ich bin nicht sicher, ob die Maßnahmen ausreichen. Zumindest können wir behaupten, wir waren dabei, wir haben versucht, etwas zu ändern."