Unterwegs mit der Kanzlerin

Tag der offenen Tür Unterwegs mit der Kanzlerin

Auch dieses Jahr hat Angela Merkel zum Tag der offenen Tür ins Kanzleramt geladen. Viele Interessierte folgten der Einladung und begleiteten die Kanzlerin bei ihrem Rundgang. Sie erfuhren, wie Merkel die deutsche Einheit bewertet. Und welches Erlebnis sie während der Fußball-WM besonders beeindruckt hat.

4 Min. Lesedauer

Kanzlerin Merkel umringt von Besuchern.

Großer Andrang beim Kanzlerin-Rundgang

Foto: Bundesregierung/Bergmann

Zunächst: falscher Alarm. Laut ruft ein kleines Mädchen über den Ehrenhof des Bundeskanzleramts: "Da kommt sie". Dutzende Smartphones schnellen in die Höhe. Dann, Ernüchterung. Das Mädchen hat eine Sicherheitsbeamtin entdeckt, nicht die Kanzlerin. Die kommt Punkt 15.02 Uhr. Applaus brandet auf. Dieses Mal bleiben die Handys länger über den Köpfen der vielen Besucher, die an diesem Tag zum "Kanzlerin gucken" ins Kanzleramt gekommen sind. So wie Familie von Bresinsky aus Bretten in Baden-Württemberg, die knapp eine Stunde auf die Kanzlerin gewartet hat.

Zur Begrüßung der Bundeskanzlerin und der vielen Gäste spielt das Stabsmusikkorps der Bundeswehr. Angela Merkel bedankt sich und begrüßt alle herzlich: "Schön, dass Sie heute hier sind." Und weil sich schlagartig der Regen verzogen hat, fügt sie hinzu: "Lieber ein Platzkonzert als ein Platzregen." Der schnelle Wechsel von Regen zu Sonnenschein: offenbar ganz hohe Regierungskunst.

Autogrammjäger haben gute Chancen

Der Ehrenhof ist die erste Station des Rundgangs der Kanzlerin. Hier begrüßt Angela Merkel normalerweise Staatsgäste und Regierungschefs. Doch an diesem Tag stehen die Besucherinnen und Besucher des Tags der offenen Tür im Mittelpunkt. Deshalb nimmt sich Angela Merkel für sie viel Zeit. Auf dem Weg zur nächsten Station, einem Hubschrauber der Bundespolizei, mit dem die Kanzlerin viel unterwegs ist, geht es vorbei an der Bildergalerie der bisherigen Bundeskanzler. Doch für die Gemälde interessiert sich heute kaum jemand. Stattdessen gilt es, ein Autogramm der Kanzlerin zu bekommen. Und Angela Merkel schreibt fleißig. Besonders an Kindern, die ihr Zettel oder mitgebrachte Bücher hinhalten, geht sie selten vorbei.

Nicht nur für die Kinder ein weiteres Highlight des Rundgangs: der blaue Polizeihubschrauber. Sein Landeplatz liegt wenige hundert Meter vom Kanzleramt entfernt, im Kanzleramtsgarten. Nur heute steht er direkt am Kanzleramt. "Wenn wir hier auch sonst starten würden, wäre das für die Mitarbeiter im Kanzleramt wohl ein wenig zu laut", sagt Merkel schmunzelnd.

Merkels Fußball-Erlebnis in China

Auch im Kanzleramtsgarten herrscht derweil dichtes Gedränge. Viele Interessierte verfolgen den Talk des Moderators Erkan Arikan mit dem ehemaligen Fußball-Nationalspieler Arne Friedrich. Als die Kanzlerin dazu kommt, ist schnell die Fußball-WM in Brasilien Thema. "Ich habe mich so wie alle gefreut, dass wir Weltmeister geworden sind. Und so gerne ich auch im Stadion Fußball schaue: Wenn ich dort mal nicht sein kann, verfolge ich ein Fußballspiel auch gerne zu Hause vor dem Fernseher. Dann kann ich meinen Gefühlen freien Lauf lassen", erzählt Merkel. Besonders beeindruckt habe sie aber ein Erlebnis bei ihrer China-Reise während der WM. Ein Gesprächspartner habe sie als erstes nach Schweinsteiger gefragt.

Zudem habe sie erfahren, dass ein Spiel mit deutscher Beteiligung 200 Millionen Chinesen geschaut hätten. Auf die Frage des Moderators, welche Position ihr als Politikerin in einer Fußballelf besonders liegen würde, meint sie spontan: "Zentrales Mittelfeld vielleicht, mit Tendenz nach hinten". Es sei immer wichtig, den Überblick zu behalten.

"Die Einheit ist doch gut gelungen"

Weiteres Thema des Talks war der inhaltliche Schwerpunkt des Tags der offenen Tür: 25 Jahre Freiheit und Einheit. "Der Mauerfall und die deutsche Einheit waren für mich Tage, die ich niemals vergessen werde", sagt Merkel. Es habe sich natürlich für viele Menschen sehr viel durch die Einheit verändert. Für einige seien es auch schwierige Umstände gewesen. Doch "alles in allem ist die Einheit doch sehr gut gelungen." Als Merkel diese Worte ausspricht, applaudieren die mehreren hundert Zuhörer. Zudem wirbt die Kanzlerin für eine starke europäische Gemeinschaft. "Es ist besser, wenn wir in Europa mit 500 Millionen Menschen gemeinsam die Probleme lösen, als wenn jedes Land für sich alleine steht."

Einige Meter neben der großen Bühne im Kanzleramtsgarten geht es noch einmal um das Thema Deutsche Einheit. Zeitzeugen berichten hier, wie im Bundespresseamt, wie sie persönlich die Friedliche Revolution erlebt haben. Angela Merkel, selbst Zeitzeugin dieses historischen Ereignisses, unterhält sich kurz mit Günter Nooke und Bernd Albani, damals Pfarrer in der Berliner Gethsemanekirche.

Kurz vor Ende ihres Rundgangs schaut die Kanzlerin noch an den anderen Stationen im Kanzleramtsgarten vorbei: beispielsweise dem Stand der Integrationsbeauftragten, bei der Geschäftsstelle Bürokratieabbau sowie den Ständen der Stiftung Gute-Tat, der Sepp Herberger-Stiftung und des Deutschen Behindertensportverbands. Nach eineinhalb Stunden ruft die Kanzlerin wieder der politische Alltag. Und die vielen Besucher strömen langsam nach Hause oder zu anderen Orten des Tags der offenen Tür. Auf dem Weg zum Ausgang fragt ein fünfjähriger Knirps seinen Papa: "Hast Du auch das Autogramm von Angela Merkel?" Der Vater sagt ja, und schaut dabei mindestens genauso fröhlich wie sein Kind.